AlteHKR1987-2

HEIMATKUNDE REIGOLDSW IL Von Paul Suter und M itarbeitern M itarbeiter Hans Feldner-Dettwiler, Elektrokaufmann Raymond Franz, Posthalter und Gemeindepräsident Fred Gysin-Siegmann, Bäckermeister und Gemeinderat Gottlieb Loertscher, Dr. phil., Kunsthistoriker, Solothurn Emil Plattner-Frey, pens. Uhrmacher, Camera-Club Reigoldswil Hans Preiswerk-Häfliger, ing. agr., Leiter der kant. Zentralstelle für landwirtschaftliche Beratung Paul Rudin-Fuchs, pens. Gem eindeverwalter Fritz Schaffner-Aebersold, Reallehrer und Gemeinderat Lilly Schaub-Perrenoud W illy Schaub-Perrenoud, pens. Sekundarlehrer Benedict Steiger, Pfarrer Adolf Suter-Meier, Masch.Ing.Techn.HTL, M uttenz Franziska Suter, Primarlehrerin Hans W agner, Gemeindeverwalter Liestal 1987 Verlag des Kantons Basel-Landschaft 3

Arbeitsgem einschaft zur Herausgabe von Baselbieter Heim atkunden Dr. Ernst M artin, pens. Schulinspektor, Sissach, Präsident Josef Baumann, pens. Sekundarlehrer, M uttenz Hans Buser, pens. Lehrer, Sissach René Gilliéron, pens. Lehrer, Pfeffingen Karl Graf, pens. Postinspektor, Basel Fritz Epple, Vorsteher der Kant. Schuh u. Bürom aterialverwaltung, Liestal Dr. M atthias Manz, Staatsarchivar, Pratteln Peter Stöcklin, Lehrer, Diegten Dr. René Salathé, Rektor des Gym nasium s Oberwil, Reinach Dr. h.c. Eduard Strübin, pens. Sekundarlehrer, Gelterkinden Dr. Paul Suter, pens. Rektor, Reigoldswil Dr. Peter Suter, Sekundarlehrer, Arboldswil Dr. Hans Sutter, pens. Staatsarchivar, Rickenbach Dr. Hans W indler, Schulinspektor, Reinach Bisher erschienene Heim atkunden Pfeffingen Gelterkinden Eptingen Anwil M uttenz Maisprach Pratteln Liestal Rünenberg Buus Ziefen Reinach 1966 1966 1967 1967 1968 1968 1968 1970 1971 1972 1973 1975 Birsfelden Binningen Bretzwil Ormalingen Allschwil Zeglingen Augst Sissach Aesch Lupsingen Frenkendorf Tecknau 1976 1978 1980 1980 1981 1983 1984 1984 1985 1985 1986 1987 Titelbild: Blick vom Baselweg unterhalb Dootsch auf Reigoldswil. Photo Emil Plattner. Satz und Druck: Landschäftler AG, Liestal Einband: Markus Schwab, Buchbinderei, Liestal ISBN-3-85673-509 4

Inhaltsverzeichnis V o rw o rt E in le itu n g N a m e u n d W a p p e n A u s d e r G e s c h ic h te d e s D o rfe s Älteste Vergangenheit M ittelalter und neuere Zeit L a n d s c h a ft u n d B o d e n Der Talschluss des hinteren Frenkentales Zur Geologie des Bodens von Reigoldswil Boden und W irtschaft V o m K lim a SeiteUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA R. Franz P. Suter P. Suter P. Suter P. Suter P. Suter 8 8 10 10 10 11 20 20 20 24 26 D ie G e w ä s s e r Die Hintere Frenke Stehende Gewässer Abflussmengen und HochwasserjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA31 P. Suter 27 27 28 P fla n z e n - u n d T ie rw e lt W . Schaub D ie P fla n z e n w e lt Buchenwaldgesellschaften W älder besonderer Standorte Flühe, Blöcke und Schutthalden Feuchtgebiete Stark vom Menschen beeinflusste Biotope D ie T ie rw e lt Säugetiere Vögel Kriechtiere, Lurche und Fische W irbellose Tiere M e n s c h u n d N a tu r Jagd und Fischerei Naturschutz und Reservate D e r G e m e in d e b a n n Lage und Umfang, Grenzen Von einer Grenzkorrektur Grenzzeichen Die Flurnamen D ie S ie d lu n g Lage und Dorfteile Strassen und W ege Brücken Die Einzelhöfe W . Schaub W . Schaub R. Franz P. Suter P. Suter P. Suter P. Suter 33 33 33 35 38 39 39 43 44 45 48 48 51 52 56 60 60 60 63 64 74 74 76 78 81 5

D a s H a u srqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Die Bauformen Vertreter der verschiedenen Bautypen P. Suter D ie In fra s tru k tu r Die Ortsplanung Die Landschaftsplanung Die W asserversorgung Die elektrische Stromversorgung Die Kanalisation Die Feuerwehr Die Zivilschutz-Organisation D ie B e v ö lk e ru n g Bevölkerungsbewegung u. -Zusammensetzung Die Familiennamen Die Dorfnamen Der Dorfgeist D ie B ü rg e rg e m e in d e Bedeutung und Aufgaben Die Verwaltung Der Grundbesitz Einbürgerungen D ie E in w o h n e rg e m e in d e Ihre Aufgaben Der Gemeinderat Der Gemeindepräsident Die Gemeindeverwaltung Die Gemeindeversammlung Gemeindefeiern Die Gemeindepolitik Bekannte Reigoldswiler D ie w irts c h a ftlic h e n V e rh ä ltn is s e D ie E rw e rb s s tru k tu r D ie L a n d w irts c h a ft H. W agner W . Schaub P. Suter/W . Schaub P. Suter H. W agner F. Schaffner H. Feldner P. Suter/H. W agner P. Suter P. Suter B. Steiger H. W agner R. Franz R. Franz R. Franz H. W agner R. Franz P. Suter H. W agner P. Suter P. Suter Rückblick in die Vergangenheit Die heutige Landwirtschaft (Arealverhältnisse u. Nutzungsarten, Kulturarten, Viehbestand, Landwirtschaftsbetriebe, Bürgerge meinde als grösste Landeigentümerin, Hofareale) P. Suter/H. Preiswerk H. Preiswerk D ie la n d w irts c h a ftlic h e P ro d u k tio n G e w e rb e , In d u s trie u n d V e rk e h r Alte Gewerbe Die Ladengeschäfte Von den W irtschaften Der Reigoldswiler Markt Die frühere Posamenterei Handwerkliche und gewerbliche Betriebe, Dienstleistungen 1987 Die Industrien Der Verkehr Die Post Die Pendelwanderung 6 H. Preiswerk P. Suter F. Gysin P. Suter P. Suter P. Suter F. Gysin P. Suter P. Suter R. Franz P. Suter 87 87 88 93 93 95 96 104 106 107 109 113 113 116 118 123 126 126 126 127 130 132 132 133 134 136 137 140 143 144 151 151 152 152 156 167 170 170 173 174 177 180 186 187 191 195 196

D ie L e b e n s w e is e W ohnung und W ohnen Die Kleidung Vom Essen und Trinken Schönheits- und Gesundheitspflege F a m ilie u n d K in d e re rz ie h u n g Statistisches Vornamen Kinderarbeit und Kinderspiele Kindergarten und Spielgruppe D ie S c h u le n Aus der Schulgeschichte Von den alten Schulhäusern Die Gründung der Sekundarschule und der Schulhausbau 191 2/13 Die heutigen Schulverhältnisse (Neue Schulbauten, Primar- und Realschule, Sekundarschule, Lehrerverzeichnisse, Haus «zum Feld», Jugendmusikschule) K irc h e u n d k irc h lic h e s L e b e n Zur Geschichte der Gotteshäuser Die Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Illustre und bemerkenswerte Pfarrherren Die religiöse Entwicklung der Gemeinde K ü n s tle r a u s u n d in R e ig o ld s w il Erica Maria Dürrenberger, Klaus Huber, Paul Kübli, Gustavo W ennberg, David W olf, Louis Zehntner Albert Zehntner John Brun, Fritz Fontana, Jakob Probst, Max Schneider, Louise Suter-Roth, Hans W eber, Heinrich W eber, Louis W eber D ie G e s ta ltu n g d e r F re iz e it Freizeit zu Hause und auswärts Das Vereinswesen F e s te u n d B rä u c h e im J a h re s la u f F e s te u n d B rä u c h e im L e b e n s la u f V o lk s k u n d lic h e s A b k ü rz u n g e n B ild e rn a c h w e is P. Suter P. Rudin P. Rudin P. Rudin P. Suter P. Rudin P. Suter B. Steiger P. Suter P. Suter P. Suter B. Steiger P. Suter B. Steiger F. Suter G. Loertscher P. Suter P. Suter P. Suter/H. W agner P. Rudin P. Rudin P. Suter 197UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 197 199 203 206 209 209 209 211 212 215 215 216 218 218 226 226 229 230 235 238 255 255 258 267 273 277 278 279 7

Vorwort Bereits im Jahre 1978 beschloss der damalige Gemeinderat die Heraus gabe einer Heimatkunde. Da ein Grossteil der Bevölkerung wenig über Reigoldswil in früheren Zeiten weiss, wünschte die Behörde ein W erk, das in W ort und Bild Vergangenes und Bewährtes aufzeigt und dam it einen Vergleich m it der Gegenwart erlaubt. Diese Schrift könnte dadurch zu einer besseren Kenntnis der Heimat und zur Stärkung der dörflichen Gem einschaft führen. Sie sollte aber auch zum Nachdenken anregen und zum tätigen M itmachen in der Gemeinde aktivieren. W ährend der vergangenen Jahre wurde nun W issenswertes und Interes santes zusammengetragen und verarbeitet. Unsere Gemeinde schätzt sich glücklich, dass der Geograph und Historiker Dr. Paul Suter das W erk redigiert hat. Ihm und seinen M itarbeitern ist es zu verdanken, dass die ses schöne Buch nun fertig vorliegt. Ich danke allen für ihren vorbildli chen Einsatz recht herzlich. Möge die Heimatkunde von Reigoldswil vie len Lesern Freude bereiten! Reigoldswil, im August 1987 Raymond Franz, Gemeindepräsident Einleitung Für die vorliegende Heimatkunde von Reigoldswil wurden seit Jahrzehn ten viele Vorarbeiten geleistet. 1863 verfasste der aus dem Kanton Zürich stammende Reigoldswiler Lehrer Heinrich Huber eine handschriftliche Heimatkunde. Später zeichneten die Primarlehrer M artin Traxler und Oskar Studer Karten für den heim atkundlichen Unterricht. In den letzten Jahr zehnten veröffentlichte der langjährige Gemeindepräsident Dr. Leo Zehnt ner verschiedene historische Aufsätze. Auch der Schreibende ist diesen Fussstapfen gefolgt m it Arbeiten über die Flurnamen, die Geschichte des W asserfallenweges und weiteren wissenschaftlichen Beiträgen. In unserer Heimatkunde werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen m itverarbei tet, und dam it geht diese über eine ausschliessliche Gegenwartskunde hinaus, indem sie die Entwicklung und die Veränderungen der heim atli chen Landschaft und ihrer Lebensformen aufzuzeigen versucht. An dieser Stelle danke ich allen Helfern herzlich für ihre M itarbeit. Eben so bin ich Dr. Eduard Strübin, Gelterkinden, für die Durchsicht des Ma nuskripts und weitere Ratschläge zu besonderem Dank verpflichtet. Schliesslich danke ich auch der Einwohnergemeinde Reigoldswil und dem Regierungsrat Basel-Landschaft für die Bereitstellung der finanziellen M it tel zur Drucklegung. Paul Suter 8

Name und W appen Reigoldswil hat seinen Namen von einer alemannischen Siedlung, die zur Zeit der fränkischen Herrschaft gegründet wurde. Es wird erstmals im Jahre 1152 urkundlich als Rigoltswilre erwähnt1; spätere Nennungen sind: Regotschwil 1354, Rigoltzwilr 1422, Richentschwil 1433, Rygentschwyl 1518, Reigitschwil 1550, Reigoltzwill 1681, m undartlich Reigetschwyl. Die Diphtongierung von i zu ei (vgl. Rifenstein-Reifenstein) vollzog sich schon im 16. Jahrhundert. Die Erklärung des Ortsnamens stösst auf Schwierigkeiten2; fraglich ist, ob er als W eiler des Rigold oder Rigwalt zu deuten ist. In das Gebiet der Volksetym ologie gehört die Deutung in der Heimatkunde 1863: «Nach der Dorfsage soll es dagegen so viel heissen wie Reingoldswil, benannt von dem an der W asserfalle entspringenden sogenannten Goldbrunnen.»3 Das Gemeindewappen: geteilt von Gold m it buntgefehtem Adler m it roten Fängen und Blau m it rechtem silbernem W ellenschrägbalken, ist eine Neuschöpfung. Es wurde auf Vorschlag der kantonalen Kommission für Gemeindewappen von der Gemeindeversammlung von 30. März 1937 angenom m en4. In seiner oberen Hälfte erinnert das Hoheitszeichen an die Zugehörigkeit zur Herrschaft Frohburg. Der untere Teil bezieht sich auf die Lage des Dorfes am Fusse der W asserfalle, von welcher zahlreiche Gewässer ins Tal herabfliessen. In den Farben des W appenschildes (gelb - blau) wird nochmals auf die historische Vergangenheit (Herrschaft Frohburg, Am t W aldenburg) hingewiesen (Abb. 1). Anmerkungen 1 ULB 9,2 vom 29. Juli 1152. 2 W alther Gessler, Baselbieter Orts- und Flurnamen. BHBI 2 (1941), 51; Heinrich Hän ger, Basierische Ortsnamen bis 1400. BHBI 7 (1967), 131. Nach Hänger könnte von Hunwalt-Onoltzwilr auf Rigwalt-Rigoltswilr geschlossen werden. 3 Heinrich Huber, Hk 1863, 460. 4 Suter, Gemeindewappen, 134. Abb. 1. Gemeindestempel Reigoldswil, Fassung 1937, Stempel der Bürgergemeinde, bereinigte Fassung 1952. 9

Aus der Geschichte des Dorfes Aelteste Vergangenheit Verglichen m it den reichen Fundstellen des m ittleren Ergolztales ist die Gegend von Reigoldswil arm an Spuren der ältesten Besiedlung. Zwar fin det man gelegentlich auf den Ackern Absplisse und behauene Horn- steine1 aus der Jüngeren Steinzeit (3000-1800 v.Chr.), doch fehlen ei gentliche Siedlungsplätze und Feuerstellen. Aus der Bronzezeit (1800 800 v. Chr.) stam m t ein seltener Fund. W illy Schaub konnte 1981 am neu erstellten W aldweg unter der Babertenflue ein spitznackiges Steinbeil bergen (Abb. 2). In der Nähe fanden sich auch einige Scherben eines Abb. 2. Steinbeil vom W aldweg auf Baberten. Masse: 137 x 48,5 mm, Gewicht ca. 350 g. grobkörnigen Topfes, so dass man daselbst einen Rast- oder Siedlungs platz annehmen kann. W ährend aus der nachfolgenden Eisenzeit (800-58 v. Chr.) keine Funde vorliegen, steht es besser um die Römerzeit (58 v.Chr. - 400 n.Chr.). Im Jahre 1938 wurde oberhalb Bütschen am Rande des Talbodens ein römisches Strassenstück angeschnitten und untersucht2. Einzelne Münzen fanden sich auf Gorisen (Severus Alexan der, 222-235), im Grund (Marc Aurel, 161-180) auf Chilchägerten (Dio cletian 284-305) und im Opferstock (!) der Kirche (Valens, 365-378)3. Römische Keramik kam beim Tämpel und eine vollständig erhaltene Grab urne beim Bau der Schuhfabrik auf der M oosm att zum Vorschein (Abb. 4). Römisches M auerwerk fehlt, doch stecken zweifellos, wie in anderen Ge meinden, die Fundamente römischer Gutshöfe noch im Boden. Anhalts punkte für das Vorhandensein solcher Siedlungen sind die Flurnamen4. Diese enthalten manchmal römisches Namengut, wie Gämpis zu cam pus, in campis, auf dem Feld. Andere Flurnamen verdanken wir alemanni schen Siedlern; sie beziehen sich aber auf römische Ruinen, welche die neuen Siedler angetroffen haben, oder auf gallo-römische Bewohner: Steinenmatt (unterhalb M archm att), nach der Bodenbeschaffenheit eher 10

Abb. 3. Römerstrasse bei der Bütschen- scheuer, Grabung 1938. Im Profil zeigt sich der linsenförmige Querschnitt des alten Strassenkörpers. Abb. 4. Römische Graburne, Moosmatt 1946. Die vollständig erhaltene Urne enthielt Asche und Knochenresten. humos als steinig; W olbächli, W olstel (gegen Flüegraben), zu W alen, W el sche (so wurden die gallo-römischen Rauracher wegen ihrer fremden Sprache von den Alem annen genannt). M ittelalter und neuere Zeit Das hintere Frenkental gehört zu den Landschaften, die verhältnismässig spät von der alemannischen Zuwanderung erreicht wurden. Und zwar er folgte die Besiedlung zum grossen Teil vom M ittelland her über die Jura pässe5. Zu dieser Zeit war in der gebirgigen Gegend des Faltenjuras noch eine kelto-rom anische Restbevölkerung ansässig, die m it den Einwande rern zusammen lebte, bis sie in der neuen Bevölkerung aufging. Dieser Vorgang erklärt sich aus den nebeneinander vorkommenden deutschen und romanischen Flurnamen. Über die frühe alemannische Zeit wissen wir wenig. Die Siedlungen bestanden aus einfachen Holzbauten, die kei ne sichtbaren Spuren hinterlassen haben. Besser steht es m it den Grab funden. Bis anhin sind mehrere Reihengräber6 aufgedeckt worden, so am Südhang des Ziegelhölzlis, hinter dem Gasthaus zur Sonne und im Bergli. Die Gräber enthielten wenig Beigaben und auch keine W affen, was auf christliche Bestattung hinweist. Von besonderer Bedeutung sind zwei Gräber. Das erste7 ist ein 1746 entdecktes, von Bruckner beschriebenes, 11

Abb. 5. Alemannisches Steinkistengrab am Ziegel- hölzli, 1938. Ca. 1 m unter der Rasendecke, Deck platten in der Mitte eingesunken. Skelett ohne Beiga ben, schlecht erhalten. Innenmasse des Grabes: 170 x 45/40 x 40 cm. gemauertes Grab bei der Ziegelhütte, «worbey ein metallener Ring, ein ei- sener Gürtel und Haften m it etwas Silber geziert, nebst vielen runden un gestalten durchlöcherten Corallstücken lagen». Der Fingerring hat eine runde Zierfläche m it einem kugeligen Zentralstein, vier Radialsteinen und 16 weiteren Steinen in Filigrantechnik. Interessant ist ferner eine röm i sche Siegelkapsel, die als Altstück ins Grab gegeben wurde. Das zweite Grab8 wurde 1933 entdeckt. Es war schlecht erhalten und enthielt das Skelett eines jungen Mädchens m it reichen Beigaben: Halskette aus Bernstein und Glasflussperlen, in der M itte als Altstück eine Ringperle, eine durchlöcherte Münze (m erowingischer Triens), ein ovales Arm band aus Bronze m it Scharnierverschluss, zwei Ohr- bzw. Schläfenringe aus Bronze und weitere Ringlein aus Bronzedraht. Nach den Beigaben stam m t dieses Grab aus der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts n. Chr., die Ring perle als Altstück aus dem 6. Jahrhundert n. Chr. (Abb. 6). In dieser Zeit standen die Alem annen unter der Herrschaft der fränkischen M erowin ger. Das Christentum war bereits eingeführt; auch die Namensform Ri- goltswilre und die Reigoldswiler und Lauwiler Kirchenpatrone St. Remigi us und St. Hilarius passen in diese Zeitepoche. Aus den genannten Grabfunden ist zu schliessen, dass in Reigoldswil ver schiedene Siedlungskerne vorhanden sind. Einer der ältesten ist die Flur Hofstätten im Oberbiel m it dem Begräbnisplatz am Ziegelhölzli in der Nähe des Chilchli St. Hilar. Dann folgen M ittelbiel m it den Gräbern hinter dem Gasthaus zur Sonne und Unterbiel m it den Gräbern im Gebiet der Bolstelm att und des Berglis9. Von den nächsten vier Jahrhunderten ist nichts Genaues bekannt. Erst um die M itte des 12. Jahrhunderts wird Reigoldswil als Bestandteil der Herrschaft W aldenburg der Grafen von Frohburg genannt, deren Dienst mannen auf der Burg Rifenstein östlich des Dorfes sassen. Burchard und Ulrich von Rifenstein traten 1145 als Zeugen bei der Gründung des froh- burgischen Klosters Schöntal auf10. Bald darauf verschwanden diese Ade ligen; unsicher ist, ob sie sich am 2. Kreuzzug (1147-1149) beteiligten 12

und nicht zurückkehrten oder im Mannesstamme ausstarben. 1226 wer den an ihrer Stelle die Edeln von Rigolswile urkundlich als W ohltäter des Klosters Schöntal genannt11. Da die Keramikfunde auf Rifenstein für eine Besiedlung der Burg bis zu Anfang des 14. Jahrhunderts zeugen, kann an genommen werden, dass die Edeln von Rigolswile ebenfalls auf Rifen stein hausten. Es besteht aber auch die M öglichkeit, dass sie im Dorf selbst ansässig waren; denn es ist von einem W eiherhaus im Oberbiel, in der Nähe der W eierm att, die Rede, von dem es um 1540 heisst: «das wy- gerhuss Rychenschwil ist abgangen, ist jetz ein wyger daseibs»12. Im Jahre 1345 verpfändete Graf Johann von Frohburg neben anderen Gü tern das Dorf Reigoldswil m it «lüte, guot, twing, ban, wasser, wasser run- se, vischentze, wunne, weide, holtz, agker, veld, die mülinen und das alles das recht» an die Edeln von Ramstein13. Als Johann 1366 starb, kam das Dorf an den Bischof von Basel. 1385 trat Bischof Imer von Ramstein die Hälfte seines Besitzes in Reigoldswil pfandweise dem Ritter Burkhard Münch ab. Aber schon 1392 löste der Bischof das Pfand ein und Münch musste auf seine Rechte zu Reigoldswil verzichten. Diese Hälfte gelangte m it der Herrschaft W aldenburg im Jahre 1400 durch Kauf an die Stadt Basel, welche bald darauf auch die andere Hälfte von den Ramsteinern erwarb. In der Zeit der Basler Herrschaft (1400-1798) war Schloss W aldenburg Sitz des Obervogts und damit auch M ittelpunkt des gleichnamigen Am tes. Aber auch Reigoldswil hatte damals gewisse zentrale Funktionen. Es besass m it Lauwil zusammen ein Gericht (Zivilgericht), das m it 10 M än nern besetzt war. Den Vorsitz führte der sogenannte Meier, dem zugleich m it vier Geschworenen zusammen die Verwaltung der Gemeinde Rei goldswil anvertraut war. Dann gab es einen Am tspfleger für die Aufsicht über W eg und Steg; derjenige von Reigoldswil war für die Gemeinden des Hinterlandes zuständig14. In den Dorfnamen Meierhänsi und Hansepfläger lebten Meier und Am tspfleger bis ins 20. Jahrhundert in unserem Dorfe fort. Obschon Reigoldswil kein Schützenhaus besass, war hier (auf der M oosm att) für die umliegenden Gemeinden ein Schiess- und M uste rungsplatz der Landmiliz15. Über die Beteiligung von Reigoldswilern in den Kriegszügen der Eidgenos sen im 16. Jahrhundert fehlen genaue Aufzeichnungen. Immerhin finden sich bei den Teilnehmerlisten der Burgunderkriege16 Namen von Reigolds wiler Geschlechtern; Hans Löpy, Hanns Rudy, unter den Spielleuten beim Zug nach Nancy (1477) Ulrich Negelin. Im Bauernkrieg 1525 und in der nachfolgenden Kirchenreformation (1529) war es in Reigoldswil eher still, während die Landbevölkerung an anderen Orten sich sehr ereiferte. Auch der sogenannte Bauernkrieg von 1653 schlug hier keine grossen W ellen, aber immerhin fanden sich Leute, die in die Ereignisse eingriffen17. So be tätigte sich eine Frau, Margareth Bartholome, als Kundschafterin, und der W irt Urs Schweizer eilte am 18. April 1653 über die W asserfalle nach M üm liswil, um die Oberländer aufzumahnen. In der darauf folgenden «Belagerung» Liestals, wo sich ein Basler Truppenkontingent befand, zeichnete sich der Reigoldswiler Hans Bernhard Roth aus. Der Mann m it dem roten Bart führte ein grosses Schlachtschwert m it sich. W enn er die- 14

ses emporhob, herrschte die tiefste Stille, wenn er es aber senkte, rief diese Bewegung das «unsinnigste Toben und W üthen des Landsturms» hervor. Roth beteiligte sich am 1. Juni 1653 m it 200 Baselbietern am Ge fecht zu W ohlenschwil und verhandelte nachher m it anderen Ausschuss m itgliedern m it General W erdm üller18. Nach dem Niederschlagen des Auf standes ergriff Roth wie Isaak Bowe die Flucht, stellte sich aber später. Bei den Verurteilten wird er nicht genannt, anscheinend wurde er nach einer kurzen Untersuchungshaft entlassen19. In der unblutigen Revolution von 1798 war der Sonnenwirt Madöry bei den Patrioten, den Anhängern der neuen Ordnung. Er nahm am Neujahr 1798 beim «Friedensschmaus» in der Bärenzunft zu Basel teil und war wohl auch die treibende Kraft, dass am 14. Januar 1798 «über zwanzig ledige Leut» von Reigoldswil und anderen Orten auf dem Schloss W al denburg erschienen, um Strafgelder zurückzufordern20. Der verhasste Landvogt J. J. Müller war aber schon geflohen, und der Schlossschreiber Munzinger konnte die aufgebrachten Leute beschwichtigen. Am 17. Ja nuar 1798 ging dann das Schloss in Flammen auf. S c h lo s s b ra n d gibt es eine volkstümliche Beschreibung in der handschriftlichen Vom UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Heimatkunde Ziefen 1863 des Lehrers Johannes Rippas21. Sie verbindet mit viel Phan tasie den Zug der Reigoldswiler und Holsteiner am 14. Januar 1798 mit dem Brand des Schlosses am 17. Januar 1798 zu einer Handlung, was aber nicht den tatsächlichen Geschehnissen entspricht. «Am meisten Anklang fand die Zerstörungswuth bei den Bürgern von Regoldswil und Hollstein, bei ersterem fand sich ein williges W erkzeug als Anführer ein Brechbühl (Berner Bürger), der schon mehrere Konflikte mit den Landvögten zu bestehen hatte, und sich dadurch rächen wollte. M it seinen Gleichgesinnten zog er Oberdorf zu, dort auf der Landstrasse (an)gekom- men, trafen sie eine Schaar Höllsteiner unter ihrem Anführer, dem bekannten Stoffel Christen, und so gingen sie vereint, mit Knütteln bewaffnet, den Schlossberg hinan. W ie diese Schaar gegen das Schloss anrückte, fragte der Landvogt, das Fenster öff nend, was ihr Begehren war. Da zog Brechbühl als Vormann einen Strick aus der Ta sche, schüttelte denselben, dieser sei für ihn bestimmt. Schnell schloss der Landvogt das Fenster, flüchtete sich so schnell er konnte, durch's Gebüsch Langenbruck zu, und von da (er) durch das Schwarzbubenland Kt. Solothurn in Basel anlangte. Im Schlosse angekommen, eignete sich jeder an, was er vermochte, und so machten sie sich dann an die Zerstörung der Burg. Diese wollte lange nicht glüken. Alle Böden, Bühnen, Seitenwände und der Dachstuhl waren aus lauter Eichenholz gefertigt, end lich fanden sich in einem Nebengebäude 200 dürre, buchene Reiswellen, diese wur den herbeigeschafft, und so stand in paar Minuten das stolze Gebäude in Flammen, von dem ein Stück um's andere mit donnerartigem Getöse in die Flammen stürzte. Das war das Ende dieser stolzen Burg, wo nur noch ein Schutthaufen als Zeuge auf die Nachwelt gekommen ist. Nach dieser heroischen That begaben sie sich wieder den Berg hinunter nach W alden burg in (den) Schlüssel, dort verrieth ein Bauer, dass der Landvogt noch ein fettes Schwein hier in Mästung habe. Dieses wurde schnell abgeschlachtet, und unter Trom melklang alle Einwohner zum Schmause eingeladen. Da wurde getrommelt, getanzt, gesoffen, gejubelt, bis die ganze Sippschaft benebelt, nicht mehr aufrecht stehen konnte, und so einer um den anderen seinen W eg nach der Heimat einschlug.» 16

Die Zeit der Basler W irren brachte dem Reigoldswilertal, das durch die Heimposamenterei eng m it Basel verbunden war, grosse Unruhe22. Die Talschaft war umgeben von Revolutionsgemeinden, m it denen auch die angrenzenden Schwarzbuben sym pathisierten. Im Januar 1831 hatte sich in Liestal eine provisorische Regierung gebildet, worauf die baseltreuen Gemeinden unter Druck gesetzt wurden. Auf die Hilferufe aus dem Rei goldswilertal beorderte die Stadt einige Offiziere, um den W iderstand ge gen Liestal zu organisieren. Auch W affen und M unition wurden geliefert. Am 11. Januar 1831 zog eine Abteilung von Aufständischen von Liestal her, um das Reigoldswilertal zu unterwerfen. Eine zweite Abteilung unter Hauptmann von Blarer rückte vom Schwarzbubenland her, doch war der W iderstand in Reigoldswil erfolgreich. Blarers Truppen wurden gefangen genommen, aber nachher gegen das Versprechen, nicht mehr gegen das Tal zu kämpfen, freigelassen. Als ein weiterer Angriff von Liestal m it gros ser Überm acht erfolgte, mussten sich die Reigoldswiler zurückziehen, und die Basler Offiziere kehrten über Bretzwil in die Stadt zurück. In Rei goldswil führten sich die Eindringlinge recht übel auf; auch das Pfarrhaus wurde geschädigt. Eine Flintenkugel in einem Deckenbalken der Stube im «Feld» zeugt heute noch von dieser Besetzung. Im September des gleichen Jahres kam es zu einer weiteren Bedrohung von Reigoldswil. Diesmal wurde unter dem Kommando des Basler Ober sten Frey auf der W asserfalle und am Dünnlenberg gegen Aufständische aus dem W aldenburgertal gekäm pft, und ein weiterer Einmarsch von Lie stal führte zu einer kurzen Besetzung des Dorfes Reigoldswil. Zum dritten Mal erlebte Reigoldswil die Schrecken des Krieges im Som mer 1833. Unterdessen war 1832 der neue Kanton Baselland gegründet worden, und die Regierung in Liestal betrachtete es als Lebensfrage, die städtischen Gebiete in Reigoldswil und Gelterkinden gütlich oder m it Ge walt zu unterwerfen. Am 2. August 1833 rief ein Signalfeuer auf der Hohwacht bei Lauwil die Stadt Basel um Hilfe. W iederum entbrannte der Kampf, diesmal in der Umgebung von Liedertswil; dabei wurde ein Sohn des Müllers Stohler in Reigoldswil erschossen. Am 3. August 1833 fand dann der verhängnisvolle Auszug der Basler Truppen zur Unterstützung der oberen Gemeinden statt. Die Niederlage bei Frenkendorf-Pratteln be siegelte das Schicksal der treu gebliebenen Gemeinden. Durch den Tag satzungsbeschluss vom 28. August 1833 wurde die Trennung beider Ba sel vollzogen, und säm tliche linksrheinische Gemeinden fielen an den Landkanton. Bei verschiedenen W iedervereinigungsbestrebungen (1838, 1861, 1906) m achte Reigoldswil eifrig m it; 1906 war Major Gustav Schneider sogar im Aktionskom itee der W iedervereinigungsfreunde23. Bei der endgültigen Abstim m ung über die Verfassung eines vereinigten Kantons Basel im Jahre 1969 standen dann den 621 Nein nur 47 Ja gegenüber. Aus der Zeit des Sonderbundskrieges (1847) besteht eine anschauliche Beschreibung der Rückkehr der «Milizen des 1. Auszugs» am 6. Januar 1848. Die schon heimgekehrten Soldaten zogen in Reihen unter Trom melklang den erwarteten W affenbrüdern entgegen. Diese wurden in einem bekränzten W agen in Liestal abgeholt. Beim Hause zum Reifen 17

stein fand der festliche Empfang m it Reden und Gesangsvorträgen statt24. Bei der M obilmachung anlässlich des 1. W eltkrieges beschloss der Ge meinderat, «die einrückende M annschaft auf W agen auf Kosten der Ge meinde nach Liestal zu führen». Arm e Familien und solche, deren Ernäh rer einberufen wurden, sollten unterstützt werden; ausserdem waren die Einwohner verpflichtet, bei Nachbaren, wo es an Arbeitskräften m angel te, Aushilfe zu leisten25. Im übrigen waren in Reigoldswil während der Grenzbesetzung 1914/18 nur vorübergehend Truppenteile einquartiert. Noch im guten Gedächtnis sind die Ereignisse des 2. W eltkriegs. Die Kriegsm obilm achung am 1. Septem ber 1939 rief in unserem Dorf 123 W ehrpflichtige unter die W affen. Das Dorf, resp. das Schulhaus war mehr oder weniger stark m it Truppen belegt; im Sommer 1940 musste zeitwei se die Schule in die Kirche verlegt werden. Am längsten waren einquar tiert zwei Kompagnien des solothurnischen Ter. Füs. Bat. 139, ferner Kompagnien der basierischen Ter. Füs. Bat. 127 und 128, des Schützen- bat. 5 und weiterer Einheiten. Es herrschte ein gutes Verhältnis zwischen M ilitär und Bevölkerung; auch Rationierung, Mehranbau und andere La sten werden m it guter Disziplin getragen. Die im Dezember 1939 einge führte Lohn- und Verdienstordnung enthob den zum W ehrdienst aufgebo tenen Bürgern vieler Sorgen um das W ohl ihrer Familien. Auf die Kriegsjahre folgten die Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs. Sie erforderten eine berufliche Um stellung des einstigen Posamenterdor fes zu anderer industrieller Betätigung, wobei allerdings mangels eigener Arbeitsplätze die Pendelwanderung notwendig wurde. So ist Reigoldswil heute in hohem Masse m it der engeren und weiteren Heimat verbunden. Und es teilt sein Schicksal wie so viele ländliche und städtische Orte m it der weiten W elt, m it ihrer Unsicherheit und ihren politischen und w irt schaftlichen Problemen. Anmerkungen 1 Hornsteine, Silices, Einzahl Silex, stammen aus Schichten des oberen Juras; sie lieferten das Rohmaterial für die steinzeitlichen W erkzeuge. - Gelegentlich findet man auch sogenannte Feuersteine (aus Frankreich eingeführte Hornsteine), die im 18. und 19. Jh. zum Feuerschlagen dienten und manchmal auf dem Felde verloren gingen. 2 KM, Fundarchiv 55. 4. 3 Suter, Gotteshäuser, in BHBI 7 (1969), 375 f. 4 wie 3, 376 und Suter, Flurnamen. 5 W ilhelm Bruckner, Schweiz. Ortsnamenkunde. Volkstum der Schweiz, Bd. 7, Basel 1945, 31 f. 6 Reihengräber in Reigoldswil: Gasthaus zur Sonne, BZ vom 18. 3. 1872; Ziegelhölzli 1925, BZ vom 4. 5. 1925; 1926, BZ vom 11. 12. 1926; 1933, KM Fundarchiv 55.4.14; 1938 KM Fundarchiv 55.4.6; Bergli 1903, 1934, 1937, Landsch. vom 12. 4. 1937. 7 Bruckner, Merkwürdigkeiten. Basel 1756, 1873 f. 8 Rudolf Moosbrugger-Leu, Das münzdatierte frühmittelalterliche Grab von Rei goldswil. BHB 13 (1977), 339-346. 18

9 Suter, Gotteshäuser. BHBI 7 (1970), 523. 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 ULB 6. Marz 1145, 6, 10 und Bruckner, Merkwürdigkeiten. Basel 1755, 1504 ff. ULB 1226, 18, 12 f. W alther Merz, Burgen des Sisgaus. Bd. 4, Aarau 1914, 236; siehe auch BHBI 7 (1967), 112. Ludwig Freivogel, Die Landschaft Basel in der zweiten Hälfte des 18. Jh. Basel 1893, 126; HBLS 5, 574. Paul Roth, Die Organisation der Basler Landvogteien im 18. Jh. Zürich 1922, 49 ff. Bruckner, Merkwürdigkeiten. Basel 1756, 1865. StAB Politisches G 1, 7. Andreas Heusler, Der Bauernkrieg von 1653 in der Landschaft Basel. Basel 1854, 80 f. wie 17, 117. Peter Ochs, Geschichte der Stadt und Landschaft Basel. Bd. 7, Basel 1821, 37 ff., Andreas Heusler, 124, 138. GLB, Bd. 2, 52; Gustav Steiner, Die Zerstörung des W aldenburger Schlossees. Der Rauracher 2. Jg. (1930), 22. Freundl. Hinweis von Dr. Eduard Strübin. GLB, Bd. 2,405 ff.; W ilhelm Vischer, Heimatkundliches aus der Gegend von Rei goldswil und W asserfalle. Mscr. 1942, 11 f.; R. W 'st, Aus den Basler Dreissigerwir ren. Sonntagsbi. Nat.ztg. 25. 8. und 1. 9. 1946. Ernst Baidinger, Geschichte der W iedervereinigungsbestrebungen beider Basel. SA aus Volkswille, Binningen 1925. HK 1863, 37 f. Ga, PrG, II 19,7. 19

Landschaft und Boden Der Talschluss des hinteren Frenkentales W er von Ziefen her durch das hintere Frenkental nach Reigoldswil wan dert, erblickt nach der Enge unterhalb Bütschen ein liebliches Bild. Das Tal weitet sich, und von den Anhöhen beider Talflanken grüssen stattliche Einzelhöfe. Im Hintergrund häufen sich die Hügel und Bergformen; schliesslich bilden die Hochketten des Faltenjuras einen imposanten Ab schluss. Noch einmal schliesst sich der Prospekt durch die steil abfallen den Felsen der Horniflue, dann erreicht man die Talweite von Reigoldswil. Hier hat die Kreuzung des Frenken-Quertales m it einem Längs- oder Schenkeltal für eine grössere Siedlung Platz geschaffen. Allerdings gebie tet im Süden die über 1100 m ansteigende Gebirgsbarriere einen ent scheidenden Halt, doch zeigen die Einsattelungen der Bergketten nach Süden, W esten und Osten, dass W egverbindungen m it den benachbarten Tälern m öglich sind. Zur Geologie des Bodens von Reigoldswil Bei der Entstehung der heutigen Landschaft wirken drei Kräfte m it. Der Jura besteht zum grössten Teil aus Kalk- und Tonschichten. Diese sind als Meeresablagerungen entstanden und breiteten sich in der ursprünglichen Lagerung flach und eben aus. Die im Banne Reigoldswil anstehenden Gesteine und Tone ge hören nach ihrem Alter (von unten nach oben) folgenden geologischen Zeitaltern an: Trias (vor 215-190 Millionen Jahren)UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA A n h y d ritg ru p p e , Tonmergel mit Kieselknollen, Gips (Schuflenberg, Dünnlenberg) H a u p tm u s c h e lk a lk , rauchgrauer, harter Kalkstein, (Babertenflue, Steinbruch Ziegel hölzli, Gillenflue) O b e re r M u s c h e lk a lk , rauchgrauer Dolomit und Mergelschiefer (Gillenplateau) K e u p e r, bunte Tonmergel (Vogelmatt, Stöckmatt, Marchmatt, Rüschelmatten) S c h ilfs a n d s te in , glimmerführender Sandstein (angeschnitten bei der Erweiterung der Elektro-Degen AG) R h ä t, weisser Sand, Sandstein (verschüttete Ausbeutungsstelle am W asserfallenweg oberhalb Stöckmatt) Jura (vor 190-126 Millionen Jahren) L ia s o d e r s c h w a rz e r J u ra , dunkelgraue, harte Kalke und schwarze Tonmergel (hervor tretende Geländekante Eichhöchi-Marchmatt-Zapfholderen-Neumatt-Unterdellen) Dogger oder brauner Jura O p a lin u s to n , graue Tone (Kulturland zwischen Zapfholderen und Niestelen) 20

graue und bräunliche Tone und Kalke (nördlicher Teil des Richten U n te re r D o g g e r,rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA bergs, zwischen Bärsberg und Birchhübel) H a u p tro g e n s te in , graue, hellbraune Kalke mit Mergel-Zwischenlagen (Glattenberg, Geissrain, Balsberg, Richtenberg, Horniflue, Rifenstein) O b e re r D o g g e r, V a ria n s s c h ic h te n , gelbe oder graue Mergel und Mergelkalke (Martis- weid) Malm oder weisser Jura S e q u a n , helle Kalke, Korailenkalk und Mergel (Schattberg, Bürtenflue, Enzianflue, Feld) E ffin g e r u n d B irm e n s d o rfe r S c h ic h te n , helle Kalke, graue Mergel (Chüeweid, Lucheren) O x fo rd to n e , graue Mergel und Mergelkalke (Gauset, Lucheren) Kreide (vor 136-65 Millionen Jahren) fehlt im nordöstlichen Jura Teriär (vor 65-2 Millionen Jahren) E o c ä n , Süsswasserkalke, Bohnerzton mit Bohnerz (nur kleine Vorkommen in Taschen auf dem Sequan aufiiegend, Lucherenhöchi, unterhalb Niestelen, beim Gorisenhölzli) O lig o c ä n , Süsswasserkalk (schmales Band Rüschel-W anne-Eichen-W identäli, auf der rechten Talseite Unterlage der Horniflue) M io c ä n , Süsswasser- und Meeresmolasse, Juranagelfluh (in unserem Gebiet nicht vor handen) P lio c ä n , Vogesenschotter, W anderblöcke (nicht vorhanden) Quartär (vor 2 Millionen - 10 000 Jahren) D ilu v iu m (Eiszeitalter) Ablagerungen der Risseiszeit, der zweitletzten und grössten der vier Eiszeiten (vor 240 000 Jahren), (Moräne, angeschnitten am rechten Talhang, an der Tittertenstrasse) A llu v iu m , (geologische Gegenwart) Bergstürze, Sackungen, Schuttkegel, künstliche Aufschüttungen (siehe unter Abtragung oder Erosion) Als zweite Kraft äusserte sich die Gebirgsbildung Nach der Jurazeit hob sich das Land; der ehemalige Meeresboden wurde Tafelland. Dam it begann in unserem Juragebiet eine lange Festlandperio de. Grosse Gebirgsmassen wurden abgetragen, und auch unsere Gegend war eine zerklüftete Karstlandschaft, in deren Versickerungstrichtern sich Roterde und Bohnerz absetzten. In der darauffolgenden Oligozänzeit (äl teres Tertiär) senkte sich zwischen Schwarzwald und Vogesen der tiefe Rheingraben ein, der m it dem Molassemeer des M ittellandes in Verbin dung stand. Dann setzte im heutigen Baselbiet und Fricktal neuerdings eine Hebung ein. Die Juratafel wurde zum Plateaugebirge, und zahlreiche Verwerfungen und Grabenbrüche zerhackten dieses in einzelne Schollen. Zu Ende der Oligozänzeit wurden die neu geschaffenen Landschaften wieder zerstört, und im Miozän erstreckte sich das Helvetische Meer vom M ittelland her bis ins m ittlere Baselbiet. Nach der Hebung des nördlichen Vorlandes schütteten Bäche aus dem Schwarzwald Schwemmkegel in das zurückweichende Meer (Juranagelfluh nördlich von Titterten). Indes sen begann im Pliozän (vor 2 M illionen Jahren) die Jurafaltung im südli- 21

Abb. 9. Profilblock Passwang-W asserfalle-Reigoldswil. Aus Gottlieb Burckhardt, Basler Heimatkunde, Bd. 3, 1933, 198. Von links nach rechts: Limmernmulde-Passwang (Bar- schwangl-Vogelberg-W asserfalle-Bürten-Chilchli-Reigoldswil-Dootsch-Richtenberg. Die schwarze Schicht bedeutet die weichen Gesteine unter den Muschelkalk-Schuppen. chen Teil der von neuem gehobenen Tafel. Im hinteren Frenkental führte die Faltung sogar zu einem Überborden, indem gefaltete Tafeljurastücke, wie zum Beispiel Horniflue, Richtenberg und Holzenberg, auf die flache Juratafel überschoben wurden. Durch die Faltung erfuhr die Entwässe rung eine grundlegende Änderung. Flossen die Bäche vor der Aufwöl bung von Norden nach Süden, so erfolgte nun eine radikale Umkehrung, indem sie fortan dem Rheingraben zuliefen. Zur Meeresablagerung und zur Gebirgsbildung gesellte sich als dritte Kraft die Abtragung oder Erosion Sie setzte bereits in früheren Landperioden ein, und auch heute arbeiten Hitze, Kälte, Niederschläge und Bäche an der Zerstörung der Landschafts form en. Nach Prof. Albert Heim hat das Juragebirge ungefähr die Hälfte an Höhe verloren (z. B. Passwang vor 2 Millionen Jahren 2200 m, heute 1204 m). W ährend der Eiszeit wurde der Baselbieter Jura nur in der zweitletzten, grössten Eiszeit vom Rhonegletscher erreicht. Der Gletscher überschritt die Jurapässe, liess einige Höhen (z. B. Barbertenflue, Chaste- lenflue) frei und bedeckte das Baselbiet bis an die Linie Liestal - Möhlin. Der Gemeindebann Reigoldswil wurde vom W aldenburgertal her über das Sigsfeld und das Frenkenplateau vom Gletscher erreicht. Bei einem Haus bau (1958) auf dem Plunihübel wurde eine Moräne angeschnitten und bei der Erweiterung der Liegenschaft der Elektro-Degen AG (1970) eine 2 m m ächtige Schicht m it Gerollen alpiner und jurassischer Herkunft festge stellt. In die Zeit nach dem Rückzug des Gletschers, als die Täler übertieft aus geräum t waren und die Vegetation nur langsam sich ausbreitete, fallen zahlreiche Erdschlipfe und Sackungen. Solche werden im Bergli, am Hog- genhübel, auf der Südseite des Richtenbergs und in der Gegend der Gori- sen auf der geologischen Karte angeführt. Moor- und torfartige Schichten 22

bei der Rego-Fix AG und auf der M oosm att beweisen, dass durch solche Erdschlipfe stellenweise das W asser gestaut wurde und es zu Seebildun gen kam. M it der Erosion in Zusammenhang steht auch die Höhlenbildung. Sie er folgte durch Zersetzung von Gesteinen durch die chemische W irkung des W assers und der in ihm gelösten Säuren oder durch tektonische Erschei nungen (Verwerfungen, Brüche, Kluftbildung bei Sackungen). Im Jahre 1985 erstellte die Arbeitsgem einschaft für Speläologie (AGS) im Auftra ge der Landschaftsplanung ein Höhlenkataster von Reigoldswil, das im Inform ationsblatt der AGS veröffentlicht worden ist. Es wurden folgende Objekte aufgenommen: 1 auf Schären, 2 im Felsband W anne bis Eichen, 3 auf Gillen, 3 im Schattberg, 6 im Bärengraben, 1 auf Geissrain, 3 unter halb Babertenflue, 2 auf der Chleine Baberte, 2 auf der Horniflue. Noch nicht untersucht wurden die Höhlen im Schelmenloch und am Burgfelsen von Rifenstein. Die grösste Höhle befindet sich auf Gillen. Sie ist tekto nisch durch Kluftbildung bei einer Sackung entstanden, m isst in der Län ge 76 m und ist in 3 Absätzen 22 m tief. Leider wurde sie in den letzten Jahren als wilde Abfalldeponie benützt und teilweise zugeschüttet. Hier gingen 1935 ein paar Schulknaben auf Erkundigungen aus, wobei Leo Dietrich, geboren 1923, beim Haupteingang der Höhle in der Nähe des Gillenweges zirka 12 m in die Tiefe stürzte. Glücklicherweise landete er auf einem Felsvorsprung, worauf er durch Klettern sich heraufschaffen und durch einen anderen engen Ausgang ohne grosse Verletzungen wie der ins Freie gelangen konnte. Zu diesen natürlichen Erscheinungen kamen in historischer Zeit auch künstliche Veränderungen des Reliefs. Steinbrüche (z. B. Gillenflue und Ziegelhölzli) legten das Innere eines Berges frei, Aufschüttungen wie z. B. der Aushub aus dem 1874/75 angefangenen W asserfallentunnel schaff ten Terassenflächen (z. B. Planie unterhalb der Talstation der Gondelbahn W asserfallen), und moderne Strassenbauten (Titterten-, W aldenburger- und Bretzwilerstrasse) führten zu Aufschüttungen und Einschnitten im Gelände. Boden und W irtschaft Die Talweite von Reigoldswil, begünstigt durch die Kreuzung eines Quer- und Längstales, ist auch ein Ausräum ungsgebiet der weichen Keuper schichten. Dam it wurde die Grundlage für eine intensive Landwirtschaft geschaffen. Am sonneitig gelegenen Abhang unterhalb Dootsch findet sich der heute ausgestorbene Flurname «m atten uf wingartten 1447», was sogar auf einen m ittelalterlichen Rebbau hinweist. Die W aldfläche des Gemeindebannes bedeckt Gebiete, die wegen des steinigen Untergrundes oder wegen der Steilheit der Abhänge für die landwirtschaftliche Bebauung ungeeignet sind. Sie ist m it 40 % der Ge sam tfläche des Bannes verhältnism ässig hoch und hat gegenüber 1774 um 80 % zugenommen, was m it dem Aufgeben des früher extensiv be triebenen Ackerbaus und der W eidewirtschaft zusammenhängt. 24

Über die technische Verwendung der Erdschichten in Reigoldswil orien tiert die folgende Zusammenstellung:UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA H a u p tm u s c h e lb a n k : Gillenflue (Bausteine für die Steinhäuser des Dorfes, zuletzt 1911/12 ca. 1000 m3 für den Schulhausbau); Ziegelhölzli (Baustei ne, seit 1923 Steinbruch für Mauersteine, Kies, Sand, Zementröhren und Gartenbauartikel der Firma Hermann Fontana, bis 1985 Abbau von ca. 75000 m3). Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde in der nahe gelegenen Ziegelhütte auch Kalk gebrannt. G ip s k e u p e r: Gipshübel am Schuflenberg, «am wissen W eg» beim Orli (frü her Gipsabbau, 1780 und 1796 Gipsmühle in der unteren Mühle erwähnt). R h ä t: lockerer Sandstein, kleine aufgelassene Grube am W asserfallenweg oberhalb Stöckm att (verwendet für die Herstellung von Kunststeinen im Betrieb von Franz Fontana). O p a lin u s to n : Bergmatten, W itzen. Verschiedene überwachsene Ausbeu tungsstellen (Mergel zum Düngen der Felder). Ausserdem verwendete die Ziegelhütte Opalinuston (Lehm) von der Bergweid vom 17. - 19. Jahrhun dert zu Ziegeln und Backsteinen. H a u p tro g e n s te in : grauer und bräunlicher oolithischer Kalkstein, Richten berg (Bewilligung zum Brechen von Bausteinen 1878), Schweini. Der Haus- und Flurname Chalchofen am nördlichen Dorfausgang weist auf einen ehemaligen Kalkbrennofen hin, wo Rogenstein-Kalk aus dem Horn gebiet zu gebranntem Kalk verarbeitet wurde. O x fo rd to n : dunkelgraue Tone, graue Mergel m it Kalkknauer-Lagen, W idenm att-Birchhübel und Gauset (in der zweiten Hälfte des 19. Jahr hunderts auf Eichenhof zu Ziegeln verarbeitet). G e h ä n g e s c h u tt: Marcheigruben im Gebiet des oberen Muschelkalkes, auf dem Sigsfeld am Nordhang des Dünnlenberges und im Äm listälchen (Strassenschotter); im Gebiet des Rogensteins, am Richtenberg, in der Risleten beim Rifenstein, im Griengässli. Verwendete Literatur Urs Ehrsam, Höhlenkataster von Reigoldswil. In: d’Höhleperle, Informationsblatt der AGS, Liestal 1985, 5 ff. Geologischer Atlas der Schweiz 1:25000, BI. 96-99: Laufen-Bretzwil-Erschwil-Müm- liswil. Bern 1936; Fritz Mühlberg, Geologische Karte des Hauensteingebietes 1:25000, Spezialkarte Nr. 73, Bern 1914; Lukas Hauber, Geologie des Tafel- und Fal tenjuras zwischen Reigoldswil und Eptingen. Beiträge zur Geologischen Karte der Schweiz, Neue Folge, Lieferung 112, Bern 1960; Lukas Hauber und Dietrich Barsch, Zur Geologie und pleistocänen Entwicklung des Talkessels von Reigoldswil. Regio, Bd. 18, Basel 1977, 85 ff; Ernst Lehner, Geologie der Umgebung von Bretzwil im nord schweizerischem Juragebirge. Beiträge zur Geologischen Karte der Schweiz, Neue Fol ge, Lieferung 47, Bern 1920; F. de Quervain und M. Gschwind, Die nutzbaren Gesteine der Schweiz. Bern 1934; Hansjörg Schmassmann, Die Verbreitung der erratischen Blöcke im Baselbiet. Tat. ber. Nat. Ges. Baselland, Bd. 20, Liestal 1955, 42 ff; Paul Su ter, Eine neue Moräne bei Reigoldswil. Regio, Bd. 3, Basel 1962, 297; Derselbe, Neue geologische Aufschlüsse in der Gegend von Reigoldswil. BHBI, Bd. 7, 1970, 519 ff. 25

Vom Klima In der W etterkunde (Meteorologie) versteht man unter Klima den Norm al verlauf der W itterung an irgend einer Stelle der Erdoberfläche. Das Klima von Baselland wird nach der Klassifikation des M eteorologen A. Köppen als warm gemässigtes Regenklima eingestuft. In der Heimatkunde von 18631 wird schon festgestellt, dass das Klima in Reigoldswil etwas rau her ist als im unteren Teil des hinteren Frenkentales. «Im Frühling bleibt der Schnee auf der W asserfalle und den benachbarten Bergen oft noch wochenlang liegen, während im Dorfe und talabwärts alles grünt und treibt.» Vorherrschend weht der W est- und Südwestwind die meiste Zeit des Jahres; er kündet sich durch das Glöcklein von Lauwil und das Geläu te von Oberkirch an und bringt in der Regel ausgiebige Niederschläge. Der helle Klang der Glocke von St. M artin in Titterten von Osten her zeigt be ständiges, im W inter kaltes W etter an. Bei Föhneinbruch lässt sich m it unter über die W asserfalle sogar das Geläute von M üm liswil - geisterhaft aus grosser Höhe - hören. Reigoldswil hat verhältnism ässig wenig Nebel tage. W enn im M ittelland oft wochenlang dicker Nebel herrscht, scheint bei uns die Sonne. Nur selten hängt eine Nebeldecke von der W asserfalle herunter: «s Gäu überchochet», lautet dann eine alte Redensart (Abb. 11). Die W itterungserscheinungen Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftbewegungen u. a. werden im Observatorium des Astronom ischen In stituts der Universität Basel in Binningen, zum Teil auch in Langenbruck gemessen. Ausserdem registrieren 19 auf den ganzen Kanton verteilte Stationen, darunter auch Reigoldswil, die Niederschläge. Die m ittlere Jahrestemperatur von Reigoldswil liegt zwischen 8 und 9° (in Langenbruck 7,4°). Für die Niederschlagsmengen bestehen in Rei goldswil folgende M ittelwerte2: zwischen 1901 und 1940 114 cm, zwi schen 1931 und 1960 109 cm, zwischen 1961 und 1970 112,9 cm. 1982 betrug die jährliche Niederschlagsmenge 157,9 cm, 1983 126,7 cm und 1984 129,8 cm. Nach Beobachtungen über die Zeit der Blüte3 ergibt sich der m ittlere Termin für den Blütenbeginn des Kirschbaumes in Liestal der 14./15. April, in Oberdorf und Reigoldswil der 20./22. April. Für das Be lauben des W aldes4 auf der Hinteren Egg (1168,6 m ü. M., höchster Punkt des Baselbietes) errechneten wir in einer Periode von ca. 40 Jahren als m ittleren W ert den 15. Mai. Im späten Frühling des Jahres 1985 verschob sich dieses Datum zum 24. Mai. Anmerkungen 1 Hk 1863, Bd. 6, 435. 2 Eduard Imhof, Atlas der Schweiz. Zürich 1965/78; Statistisches Jahrbuch des Kan tons Basel-Landschaft 1985, 8. 3 Alfred Meyer, Der Kirschbaum im Baselbiet gestern, heute und morgen. In: BHBI 8, 1959, 123. 4 Paul Suter, in: Baselland unterwegs. Liestal 1982, 33. 26

Abb. 11. Blick von der Ruhebank bei der Staacherhöchi gegen die W asserfalle, wo die Nebeldecke vom Mittelland ins Baselbiet überbordet: s Gäu überchochet. Die Gewässer Schildhälfte des Ein silbernes W ellenschrägband in der unteren, blauen jihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Gemeindewappens von Reigoldswil weist auf die W asserfalle, das Wahr Zeichen der Gemeinde. Der m ächtige Felszirkus des südlichen Talschlus ses ist nicht nur das grosse Einzugsgebiet der Hinteren Frenke sondern auch ein unerschöpfliches Reservoir von Quellwasser. Daniel Bruckner vergleicht in seinen «M erkwürdigkeiten» um die M itte des 18.Jahrhun- derts die im W inter zu Eis erstarrten W asserfälle sogar m it den «Eis Meeren» oder Gletschern der Alpen1. Die Hintere Frenke, kurz «der Bach» genannt, setzt sich im Gebiet der W asserfalle aus fünf Zuflüssen zusammen. Es sind dies: der Hauptbach aus dem W eiher bei der Talstation des Skiliftes unterhalb Chleiweidli, vom Choiloch, von der Vorderen W asserfalle, vom Goldbrunnen und von der Sauschwanki. Dann 27

folgt unter der Bürtenflue die durch einen W anderweg erschlossene ro m antische Partie des Schelmenloches, die im Eiset m it einem pittoresken W asserfall endet. Im weiteren Lauf nim m t der Bach zum grossen Teil ein- gedolte Bächlein von der Bergmatten, von der Vogelm att, vom Grund, vom Staacher und von Hoggen her auf. Im Dorfteil Oberbiel erfolgt die Vereinigung m it dem Äm lisbach, der auch den Überlauf der W eierm att quelle aufnim m t. Nach der Talstufe beim Biel fliesst die Hintere Frenke in einem tiefen Bett, bis sie beim Gasthaus Sonne, bedingt durch die Dorf platzkorrektion von I9602, in einem ca. 175 m langen Tunnel verschwin det. Im Dorfteil Unterbiel vereinigt sich der Dorfbach m it dem aus dem Lauwiler Bann herkommenden Rüschelbach, der von der Umgebung der M archm att, der Seileren und von Unter Gillen Zuflüsse erhält. Schliess lich kom m t von der rechten Talseite das W olbächlein; dieses sam m elt W asser aus dem Flüegraben, von der Reetschenweid und vom Neuhof. W eitere Zuflüsse von der Lehmatt, von der Niestelen und der Gorisen er reichen die Frenke von der linken Talseite, aus der Gegend der Bütschen von der rechten Talseite. In das Flussgebiet der Birs entwässert das Gausetbächlein. Dieses entspringt in der W idenm att und im W identäli, fliesst durch den Gauset und m ündet beim Linkenberg auf Seewenerboden in den Bretzwi- ler Seebach. W egen «Versumpfung» im Gebiet der Reigoldswiler Chüe- weid und im Gauset wurde dieses kleine Gewässer in den Jahren 1931/32 m it einem Kostenaufwand von 29 000 Fr., woran Bund und Kan ton zusammen die Hälfte übernahmen, drainiert3. Bei dieser M elioration kamen im Gauset Holzdünkel von einer Entwässerung aus den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts zum Vorschein. Stehende Gewässer als geologisch bedingte natürliche Becken fehlen im Juragebirge. Doch haben Aufschlüsse in Baugruben an der Tittertenstrasse und in der M oos m att Torfschichten m it Pflanzenresten und Holz zutage gebracht, die für S e e b ild u n g sprechen4. Dies könnte m it einem Bergrutsch vom Horn eine UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA (Südwestseite) in Zusammenhang stehen, der die Talweite von Reigolds wil im Norden abschloss und einen kleinen See oder Tümpel aufstaute. Nach der Altersbestim m ung der Pflanzen- und Holzreste (Methode C 14) kom m t für das Seebecken die Zeit vor 28 700 bis 32 220 Jahren in Frage, das heisst die Periode nach der grössten Eiszeit. Aus dem späteren M it telalter datiert der künstliche W eiher auf der W e ie rm a tt, wo auch der Standort eines W eiherhauses verm utet wird5. Etwas später datiert ein M ühleweiher am Ausgang des Ä m lis ta lc h e n s , dessen vertieftes Becken erst in den letzten Jahrzehnten aufgefüllt worden ist. Nach einem Gemäl de von M atthias Bachofen (1776-1829) befand sich am Fusse des R ife n - s te in s zu Beginn des 19. Jahrhunderts ebenfalls ein kleiner, künstlich an gelegter W eiher. W eitere, heute verschwundene stehende Gewässer: 28

Abb. 12. Peter Birmann, 1758-1854, Das Schelmenloch bei Reigoldswil. Sepiazeichnung im Kupferstich kabinett Basel. G a u s e tb ä c h le in , eingetragen auf Blatt 97 der Kleines W eiherchen am UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Siegfriedkarte 1:2 5 000, Ausgabe 18 8 5; längliche Tümpel am Fusse der R ie d h o ld e n und im Dorfteil U n te rb ie l, als Altwasser der Frenke festge stellt in den Jahren nach der Strassen- und Bachkorrektion von 18576. Verhältnismässig zahlreich sind die W e ih e ra n la g e n d e r G e g e n w a rt. Nur wenige von ihnen dienen praktischen Zwecken; viele entstanden aus Freude an der Natur und zum Schutz der Pflanzen und Tiere. Die nachfol gende Zusammenstellung beschreibt die ungefähre Fläche, die Entste hung, den Zweck und den (die) Eigentümer (-in) der einzelnen Anlagen. E ic h e n , ca. 80 m2. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts Feuerweiher, zugleich Sammelbecken für Turbinenanlage zum Betrieb einer Knochenstampfe, 1930 als Schwim m bad der ehemaligen Pension Eichenhof ausgebaut. Be sitzerin: Familie W üthrich-W irz. L e h m a tt, ca. 20 cm2, 1983 angelegt als Naturschutzweiher. Besitzer: Hermann Zehntner-Hug. 29

Abb. 13. W eiher im Rifenstein, nach der Fertigstellung, 1976.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA L e h m a tt, ca. 18 m2, 1982 angelegt als Zierfischweiher. Besitzer: Kurt Both-Dettwiler. N e u m a tt, ca. 20 m2, um 1920 angelegt als W eiher für W assergeflügel. Besitzer: Dr. W erner Krummenacher. P la tte n w e g 11, 15 m2, Zier- und Naturschutzweiherchen, angelegt 1981. Besitzer: Kurt Tanner-Schweizer. P ife n s te in , zwei Bassins, ca. 10 a, 1975 angelegt als Naturschutzweiher am W olbächlein. Eigentümer: Kanton Basel-Landschaft. Aufsichtsorgan: W eiherkommission der Gemeinde Reigoldswil. R ü s c h e lm a tte , ca. 15 m2, 1962 angelegt als Feuchtbiotop. Besitzer: W il helm Schaub-Perrenoud. S e k u n d a rs c h u lh a u s C h lä b e re n w e g , ca. 80-90 m2, 1965 angelegt als Na turschutzweiher, gespiesen durch die Fürstenbergquelle, die bis 1965 das Trink- und Gebrauchswasser für das Schulhaus geliefert hatte. Besitzerin: Gemeinde Reigoldswil. S te rn e n rü ti, sogenannter Chrotteweier, ca. 1 a, neben der alten Talstras se, gespiesen durch einen Zufluss vom Fraumattboden. Feuchtbiotop. Be sitzer: Hans Preiswerk-Häfliger, Hofgut Gorisen. 30

ca. 1 a, 1976 angelegt als Ausgleichsbecken am Überlauf der W e ie rm a tt,rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA W eiermattquelle, belebt durch W assergeflügel des W asserwerkwartes Hansueli Frey. Besitzerin: Gemeinde Reigoldswil. W a s s e rfa lle , ca. 10 a, angelegt um 1940 als Fischweiher. Sammelbecken der Quellflüsse von der Hinteren W asserfalle und vom Chleiweidli. Besit zer: Ernst Kleiber, Hof W asserfallen. Abflussm engen und Hochwasser Seit 1982 wird die A b flu s s m e n g e der Hinteren Frenke bei der Garage in der Meiermatt durch das Tiefbauamt Baselland registriert7. In den Jahren 1982 bis 1984 betrug der durchschnittliche Jahresabfluss in 1 Sekunde 0,48 m3 = 480 Liter. Als grösster m ittlerer Jahresabfluss wurde 1982 530 Liter je Sekunde, als kleinster m ittlerer Jahresabfluss 1984 460 Liter je Sekunde festgestellt. Im Jahre 1984 war am 7. Februar der grösste Ta gesabfluss 2 m3 je Sekunde, in 24 Stunden 1 728 000 hl. Der kleinste Ta gesabfluss betrug am 1. Septem ber 1984 0,14 m3 je Sekunde, in 24 Stun den 120 960 hl. H o c h w a s s e r. Nach Aufzeichnungen in Kirchenbüchern und Chroniken8 wurde das hintere Frenkental in jedem Jahrhundert etwa zweimal von Überschwemmungen heim gesucht. So verzeichnet das Kirchenbuch Bubendorf-Ziefen Hochwasser 1571 und 1612 (11. Mai), Daniel Bruckner 16 8 9, nach einer Ziefner Hausbibel 17 31 und 18309 (16. Juli, hauptsäch lich im W aldenburger Tal), 1855 (30. Juni) in Ziefen, 1924 (8. Juni) in Rei goldswil. In den letzten Jahrzehnten sind wohl infolge grosser Auffor stungen in Reigoldswil weniger Schadenfälle zu verzeichnen. Abschlies send folgen zwei ausführliche Berichte, die besonders Reigoldswil betref fen. D a n ie l B ru c k n e r10: «Man findet aufgezeichnet, dass in dem 1689. Jahre das W asser ab der W asserfalle so stark angeloffen, dass es 8 Schue hoch über sein Beth gestiegen, grosse Sägbäume aus den W urzeln m itgeführt, 5 Häuser und Scheüren weggerissen, und sehr grossen Schaden verursa chet, wobey auch verschiedene Personen ertrunken sind. In der Mühle zu Reigoltswil findet man hiervon einige Umstände und die Höhe des W assers an der Mauer aufgezeichnet.» H o c h w a s s e r in R e ig o ld s w il a m 8 . J u n i 1 9 2 4 ". «Infolge woikenbrucharti- ger Regen schwoll die Hintere Frenke am Sonntagnachm ittag (Pfingst sonntag) in wenigen M inuten zu einem m ächtigen, reissenden Strom an. Die Sturm glocken riefen Alarm. Die ganze Einwohnerschaft geriet in Auf regung; in mehreren Häusern drang das W asser flutartig und m it Schlamm in Stuben, Keller und Ställe ein. Starke Stützm auern unterfrass das W asser, dass sie zusam menstürzten. Ein 4 m langer Brunnentrog sam t Stock (bei der unteren Mühle) musste angekettet werden. Dank der wackeren Feuerwehr und den braven Soldaten des einquartierten Füs. Bat. 99, die tüchtig beim W ehren der Fluten m ithalfen ! 31

Abb. 14. Hochwasser in Reigoldswil, Pfingsten 1924. Blick von der Hauptstrasse auf die überschwemmte Bachgasse. Auch die Kulturen litten sehr; Gemüsegärten wurden überschwem m t, Kartoffeläcker zum Teil weggeschwem m t. Die meisten W iesen unterhalb des Dorfes, den Bachufern entlang, waren m it Schlamm und Reisig be deckt.» Anmerkungen 1 Bruckner, Merkwürdigkeiten. Basel 1756, 1871. 2 Dorfplatzkorrektion 1960, Häuserzeile auf der rechten Bachseite abgetragen, Ein dolung der Hinteren Frenke. 3 Ga, Entwässerung der Chüeweid, Schlussabrechnung vom 7. Juni 1932. 4 Lukas Hauber und Dietrich Barsch, Zur Geologie und pleistocaenen Entwicklung des Talkessels von Reigoldswil. Regio, Bd. 18, 1977, 85 ff. 5 Merz, Burgen, Bd. 4, 236; Paul Suter, Ein altes Burgenverzeichnis der Landschaft Basel. BHBI, Bd. 7, 1967, 109. 6 Zehntner, Erinnerungen, 16. 7 Hydrologisches Jahrbuch der Schweiz 1984, 329 Hintere Frenke Reigoldswil. 8 Hermann Senn und Franz Stohler, Das «grosse W asser» anno 1855 in Ziefen. BHBI, Bd. 6, 1965, 349 ff. 9 Paul Suter, Die W asserflut im Sommer 1830. In: Vom Bezirk W aldenburg. W alden burg 1982, 71 ff. 10 Bruckner, Merkwürdigkeiten. Basel 1756, 1868. 1 1 Landschäftler, Nr. 134 vom 10. Juni 1924. 32

Pflanzen- und Tierwelt Der Höhenunterschied zwischen Bütschen (465 m) und dem Grat des Schattberges (1160 m) von fast 700 m um fasst verschiedene Höhenstu fen der Vegetation. Zudem ist unser Bann stark durchtalt, die Hänge schauen nach allen Him m elsrichtungen und das Gestein wechselt häufig zwischen Ton, Mergel und Kalkfelsen. Dazu tritt der Mensch und sein Vieh und beeinflusst die Pflanzenwelt. Daher ist die Natur in unserem recht kleinen Gebiet sehr m annigfaltig. Diesen Reichtum ordnend zu be schreiben, sei die Aufgabe dieses Kapitels. Von der Pflanzenwelt hängt auch die Tierwelt ab. Sie passt sich den wan delnden Verhältnissen an, solange sie kann, aber W etterkatastrophen und m enschlicher Einfluss bringen auch hier Veränderungen. Unsere Be schreibung kann also nur eine M om entaufnahm e sein; trotzdem wollen wir versuchen, diese so genau als m öglich darzustellen. Die Pflanzenwelt Äusser einigen nach Süden gerichteten Schutthalden und den Felswän den wäre von Natur aus unser ganzer Bann dicht bewaldet. Noch heute bedeckt der W ald zwei Fünftel unseres Gebietes, vor allem Steilhänge, Kuppen und andere flachgründige oder schwer zugängliche Orte. Frühere W eidewirtschaft und moderne Forstwirtschaft haben ihn zwar verändert, doch ist er im grossen ganzen noch sehr naturnah. M it den W äldern wol len wir uns zuerst abgeben, dann auch die stärker vom Menschen verän derten Pflanzengesellschaften betrachten.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA B u c h e n w a ld g e s e lls c h a fte n Von der Talsohle bis zu den höchsten Gräten herrscht bei uns die Rotbu che überall dort, wo nicht besondere Bedingungen ihre Konkurrenzkraft schwächen. Buchenwälder zeigen deshalb am ehesten den Einfluss der Höhenlage an. Die Vorbergstufe (Submontan)1 Für die Hügelstufe (Kollin) m it der Obergrenze 400 m liegt unser Gebiet schon zu hoch. Doch kommen manche Arten des dort herrschenden Eichen-Hagenbuchenwaldes bei uns häufig vor. Die Traubeneiche gedeiht bis 600 m noch gut, das höchste Exemplar steht auf dem Grat am Hue- renwegli ziemlich genau auf 1000 m, krüpplige Pflanzen sogar auf dem Passwanggrat (1200 m). Hagebuche, Feldahorn und W ildkirschbaum sind häufig, der Goldhahnen fuss steigt im Bärengraben auf 800 m, stellenweise noch höher. Doch finden wir die Gesellschaft dieser Pflanzen immer nur den W aldrändern entlang; hier profitieren sie vom stärkern Lichteinfall, der die Rotbuche 33

hem m t. (Ich bin versucht, diese Gesellschaft «Pseudo-Eichenhagenbu chenwald» zu nennen2). W ir finden sie ums Horn, am Richtenberg, in den Feldgehölzen um Hoggen. Im Gegensatz zum W ald der Hügelstufe fehlen aber Lungenkraut und Buschwindröschen. Dieses finden wir wieder in der Bergstufe im M ittleren Stein, auf dem Grat des Binzenberges und ein geschleppt oder angepflanzt am Rüschelbächli und im Schulhag. S e g g e n -H a n g b u c h e n w a ld ist der eigentliche W ald der V o rb e rg s tu fe Der UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA (Submontan). Verschiedene Seggen (Sauergräser) bilden seinen Unter wuchs, daneben blühen hier Vielblütige W eisswurz, Einbeere, Aronstab (Ronechrut), als Sträucher der Gemeine Seidelbast (Ziland) und der Lor beerseidelbast, ebenfalls die Gemeine Heckenkirsche (Steiwydli) und - als Gast aus der Bergstufe - die Alpenheckenkirsche. Am Gillensüdhang wachsen das Rote, das W eisse und das Schm alblättrige W aldvögelein nahe beieinander, alle drei wunderschöne Orchideen. Nicht nur hier, aber in besonders kräftigen Stöcken, blüht das Grosse Knabenkraut, daneben eine besonders grosse Rasse der Gebräuchlichen Schlüsselblume (Zahmi Schlüssen)3. Auf Gillen bildet das Immergrün (Strytte) ganze Teppiche, und zwischen Horniflue und Riedholdenweg blüht die Pfirsichblättrige Glockenblume. Im Richtenberg und im Horn gedeiht hier auch der Els- beerbaum. Die untere Bergstufe (Untermontan) Zwischen 600 und 800 m Höhenlage herrscht die Rotbuche fast allein (R e in e r B u c h e n w a ld ). An Feuchtigkeit und W ärme stellt sie m ittlere An sprüche, daher behagen ihr die Hänge des Juras besonders gut. Unter ihrem dichten Schatten gedeihen nur wenige Pflanzen m it geringem Lichtbedarf, vor allem die Buche selbst. Auch verm odert ihr Laub so lang sam, dass Moose und die meisten Bodenpflanzen den dichten Teppich nicht durchstossen können. M oospolster finden wir nur an Baum stäm men, Steinen oder an W indecken, wo das dürre Laub weggeweht wird. Die Krautschicht ist sehr eintönig und lückenhaft, oft fehlt sie ganz. Ab und zu mögen W aldbingelkraut, Sanikel, einige Farnwedel oder ein Tep pich von Sauerklee sich behaupten, hie und da auch die Haselwurz. W o aber der Boden feuchter und tiefgründiger wird, steht der Bärlauch dicht, blüht unscheinbar grün die Breitblättrige Sum pfwurz. Auf den feuchten W egen schattiger Tälchen spriessen Hängesegge und W ilde Brustwurz. W ärmere Hänge beherbergen den W aldmeister, die Frühlingsplatterbse und die Fiederzahnwurz. Die obere Bergstufe (Obermontan) Zwischen 800 m und etwa 1100 m liegt das Reich des W e is s ta n n e n B u c h e n w a ld e s . Die W eisstanne stellt ähnliche Ansprüche an Boden und Klima wie die Buche, ist aber em pfindlicher gegen Trockenheit, W ildver biss, Tannentrieblaus und vor allem die Luftverschm utzung. In Tiefenla gen leidet sie mehr als in der Höhe. Ihre Obergrenze muss bei uns auf rund 1200 m liegen, am Nordhang noch tiefer, denn die W eisstannenm i 34

stel steigt am Nordhang nur auf 950 m, am Südhang auf 1040 m, d. h. nach den Erfahrungen in ganz M itteleuropa immer etwa 100 bis 150 m weniger hoch als die W eisstanne4. Als kennzeichnende Arten dieser Hö henstufe kann man W aldhaargerste, W aldschwingel und Riesenschwingel bezeichnen; auch W eisse Pestwurz, Quirlblättrige W eisswurz und W olli ger Hahnenfuss gehören hieher. Hochstauden wachsen hier schon, be sonders längs W aldwegen und in Schlägen. Typische Schlagpflanzen sind W aldgeissbart (Struuss) und Tollkirsche, ebenso Schm alblättriges W eidenröschen. Bescheidener sind Bergflocken blumen, Echte Goldrute, W aldwitwenblum e und Nickendes Perlgras. W ald erdbeeren und Himbeeren erfreuen den W anderer; bald stellt sich auch der Traubenholunder (Rote Holder) ein, er leitet die W iederbewaldung ein. An den Zäunen der Aufforstungen rankt die Schm erwurz. Die Stechpal me wird durch das Gem eindewaldreglem ent schon seit Jahren geschont, doch rauben ihr unverständige Leute immer noch ihren dekorativen Bee renschmuck. Die den montanen Buchenwäldern beigemischte Bergulme ist leider heute durch das Ulmensterben äusserst bedroht. Voralpine W älder (Subalpin) In den höchsten Teilen des Juras steht - wie in den Vogesen oder im Tes sin - anstelle des subalpinen Fichtenwaldes der UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA B e rg a h o rn -B u c h e n w a ld . Bei uns finden wir ihn nur andeutungsweise in den höchsten Teilen des Bannes. Am Schattberg löst, je höher wir steigen, die Rottanne die W eisstanne immer mehr ab, aber Buche und Bergahorn halten kräftig mit. Unter ihrem Schirm breitet sich ein Dickicht von etwa meterhohen Kraut pflanzen - botanisch Hochstauden genannt - aus. Grauer und Grüner Al pendost, Fuchskreuzkraut, Nesselblättrige Glockenblume, W aldspring kraut, Hasenlattich und Gelber W olfswurzeisenhut sind die bedeutend sten. Dazu kommen W aldfarn, W urm farn, W aldstorchschnabel und Glän zender Kerbel. Alpen-Heckenkirsche und Alpenjohannisbeere, oft auch die dunkelrot blühende Alpenhagrose fallen uns als Sträucher auf. Die Jura-Bärenklau ist bei uns vom Bärengraben bis hinauf auf den Grat des Schattberges häufig5. W ä ld e r b e s o n d e re r S ta n d o rte W o die Bodenverhältnisse aus irgend einem Grund die Buche zurückdrän gen, können W aldgesellschaften aufkom m en, die entweder einer frühe ren Klimaperiode oder einer andern Höhenstufe entsprechen.. So zieht sich vom Horn gegen das Bergli ein Rogensteinrücken hinab. Er trägt einen T ra u b e n e ic h e n w a ld . Auf dem mageren Boden bleiben die Bäume krüpplig und niedrig. Es erinnert uns an die Flaumeichenwälder im Birseck oder am Jurasüdfuss. Unter dem lichten Schirm der Eichen und M ehl beerbäume breitet sich ein Teppich von Blaugras und Seggen aus, wo nicht der nackte Stein hervorguckt und allerlei Felsenpflanzen trägt. Hier gedeihen Schwalbenwurz, Ästige Graslilie, Edelgamander, Echtes Salo- monsiegel und W iesen-W achtelweizen. Häufig finden wir das Im m enblatt und die Strauchige Kronwicke, beides Zierden warm er Jurahänge. Neben 35

60 0jihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA M eh I bee reKJIHGFEDCBA W eis stanne Bergahorn Tw a I d , ó h r e Blöcke mit Rohhumus 8,99 I lehmiger L eeG ehängeschutt Riese Ischutt Abb. 15. Querschnitt zwischen Tittertenstrasse (640 m ü. M) und Babertenflue (770 m ü. M). Nach Feldaufnahme vom 30. 6. 1980. A UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA W a ld ra n d . Rotbuche, W aldföhre, Traubeneiche, W ildkirsche, Bergahorn. Im Ge büsch Feldahorn, W olliger Schneeball, Hagrose. Im Saum z. B. Rapunzel, Zaun wicke, Baldrian, W aldwitwenblume, Immenblatt, W iesenplatterbse, etwas dahinter Nickendes Perlgras, Ruprechtskraut. B G e lic h te te r B u c h e n w a ld mit einzelnen Rottannen, Bergahorn, Bodenflora des Seg genbuchenwaldes. Dahinter Rot- und W eisstannen, Gemeine Heckenkirsche, W ald meister, W aldbingelkraut, Goldnessel. C Steilhang auf versacktem Muschelkalk. M o n ta n e r R o tta n n e n w a ld in s u b m o n ta n e r L a g e . Dicke Rohhumuspolster, Rottannen und W aldföhren, Kleines W intergrün, westlich vom Schnitt auch Korallenwurz und Moosorchis im Seggenrasen. Auf Blöcken Moosmiere und Alpengänsekresse, Ruprechtsfarn, W aldhabichtskraut, im Schutt W aldbingelkraut, W urmfarn, stellenweise Maiglöckchen. D S e g g e n -B u c h e n w a ld Buchen-Stockausschläge, dazwischen jüngere W eisstannen, wenig Bergahorn, eine Stechpalme. W aldbingelkraut, W aldmeister, Hasenlattich, Riesen- und W aldschwingel, Christophskraut, Fingersegge. E R o tta n n e n a u f B lo c k s c h u tt aber Unterwuchs wie D. Viel W urmfarn. W davon auch Alpenjohannisbeere in ehemaliger Steingrube. F U n te re r T e il d e r R ie s e ls c h u tth a ld e . Sommerlinde, Rottanne, Bergahorn, Gemeine und Alpenheckenkirsche, Alpenhagrose, Hirschzunge, Mauerlattich, Moosmiere, Rundblättrige Glockenblume, Traubenholunder. 36

G Rieselhalde, hand- bis kopfgrosse Trümmer, sehr beweglich. UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA H irs c h z u n g e n -A h o rn w a ld in typischer Ausbildung. Äusser der Hirschzunge auch Ruprechtsfarn, Ru prechtskraut, Goldnessel, W aldschwingel, Traubenholunder, Heckenkirsche, Berg ulme. In tiefem Laubtaschen Brennessein. H Fuss der Fluh, F e in s c h u tt. Auch hier dominiert Sommerlinde, dazu Trauben- und Schwarzer Holunder, Gemeiner Schneeball, Fuchs-Kreuzkraut, W aldbingelkraut, Geissbart, Niesswurz, Turm-Gänsekresse, viel Schmerwurz, Lappen-Schildfarn. I W a n d d e r F lu h a u s M u s c h e lk a lk . W aldföhre, Sommerlinde, W eiss- und Rottanne in den Bändern. Mehlbeere direkt am Fuss und in der W and, Blaugras, Efeu, Dreispal tiger Baldrian. K F lu h k ro n e mit einem Kranz von Mehlbeeren, darunter Immenblatt, Strauchige Kronwicke, Felsenmispel, W aldföhre, Traubeneiche. L S e g g e n -B u c h e n w a ld mit üblicher Begleitflora. M B u c h e n w a ld mit etwa einem Drittel z. T. eingebrachten W eiss- und Rottannen. B e m e rk u n g : Dass es sich bei diesem Querschnitt nicht um eine zufällige Anordnung handelt, zeigt ein fast identisches Profil, das in ähnlicher Höhenlage und Exposition in der Rauhen Alb aufgenommen wurde. (Th. Müller 1975, pubi, in Ellenberg, Vegetation Mitteleuropa 2. Aufl. p. 288.) der Feldrose wachsen hier auch alle Sträucher, denen wir dann wieder an den W aldrändern begegnen. Entsprechende Standorte in der Bergstufe tragen den B la u g ra s -B u c h e n w a ld . Seine Baum schicht wird von eher krüppligen Buchen, Mehlbeeren und W aldföhren gebildet, die Vogelbeere wächst oft baum artig aus. Al penhagrose und Alpenheckenkirsche sind auch hier verbreitet, stellen weise auch die Filzige Zwergmispel. Neben der Ästigen Graslilie kom m t auch der Alpenbergflachs vor. Nur die W aldföhre kann trockene F e ls g ra te besiedeln. Zwischen den Blaugras- und Erdseggenhorsten wachsen manche Felsenpflanzen, dane ben blüht - trotz ihrem Namen eine Trockenpflanze - die Purpurrote Sum pfwurz, die M oosorchis und das in der Schweiz nur im Jura heim i sche Bergtäschelkraut. An der Horniflue ersetzt die Elsbeere teilweise die Föhre, unter ihr blüht die hübsche Bergaster. Ein besonderer Schm uck sind die Blüten der Felsenmispel (Fluebirli). Auch W acholder (Räckholder) kann hier wachsen. Steile Ton- und Mergelhänge können ebenfalls nur von der genügsamen W aldföhre gemeistert werden. Solche Böden saugen sich bei Regen m it W asser voll, bei längerer Trockenheit dörren sie tief m it Rissen aus. Hier wachsen das Blaue Pfeifengras und der Adlerfarn. Deshalb nennt man die Gesellschaft P fe ife n g ra s -F ö h re n w a ld . Am schönsten trifft man ihn ob der Horniflue an, aber auch über den Felsen des M ittleren Steines. Hier kom m t der Gelbe Enzian in recht tiefer Lage vor, und rings um die Stöcke stehender und gefällter Föhren grünen lustige Kräglein von Heidelbeeren. Steile Mergelhänge in Schattenlage tragen E ib e n b e s tä n d e , so am Jeger- wägli. Hier gefällt es dem Alpenm assliebchen am besten. 37

Die Föhren auf gutem Boden und in günstiger Lage im Bärengraben und im M ittleren Stein sind hingegen Überreste ehemaliger W aldweide. Da sie geradschäftig wachsen und einen regelmässigen Kern zeigen, pflanzt man ihre Nachkommen gern in entsprechenden Höhenlagen des ganzen Juras an. M öglicherweise sind die Heidelbeerbestände, die wir überall längs den Gratnordseiten finden, z. B. an der Ankenballe oder auf dem Schattberg, ein Rest von nacheiszeitlichen Bergföhrenwäldern6.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA F lü h e , B lö c k e u n d S c h u tth a ld e n W irklich nackte Felsen kann man nur in Steinbrüchen und Felssturzabbrü chen sehen. Sonst sind alle Felsen m it Krustenflechten bedeckt, die ih nen die grau-blaue Patina verleihen. In Ritzen und auf Bändern klammern sich Moose und Blütenpflanzen an den Stein - wahrscheinlich kaum als Pioniere, sondern als letzte Nachhut, denn die W and wittert ja fortwäh rend zurück, wie uns die freigelegten W urzeln und abgestorbenen Stäm me ehemals dort wachsender Bäume zeigen. Schon im Vorfrühling blü hen hier Blaugras und Felsenhungerblümchen, dann folgen Herzblättrige Kugelblume, Hufeisenklee, Scheidige Kronwicke, Kugelschötchen, Bergtä- schelkraut, Felsensteinbrech und Berggamander. Im Sommer blühen dann Sonnenröschen, Niederes und Stengelumfassendes Habichtskraut, Bergdistel und Bergbaldrian. Als Seltenheit finden wir - als Eiszeiterb stück - oft im Tropfbereich der Rinnsale in den Felskesseln am Jegerwägli die Felsenaurikel (Flüeblüemli). Über 1000 m gedeiht sie auch am nur leicht beschatteten Südhang. W o noch etwas mehr Humus den Fels be deckt. können sich Sträucher halten, etwa Felsenmispel, Filzige Bergmis pel, Strauchige Kronwicke und sogar krüpplige Föhren. Liegt der Fels im eigenen und im Baum schatten, so überziehen ihn, wie die grösseren Blöcke in den Schutthalden, dichte M oospolster und darin allerlei Klein farne, nämlich Mauerraute, Grüner und Brauner Streifenfarn, unterhalb Gillen der seltene Brunnen-Streifenfarn, daneben Bruchfarn und als grösster der Lappen-Schildfarn. Hier ist auch der Standort der Moosmiere und der Alpen-Gänsekresse. Besonders hübsch blüht die Kleine Glocken blume (Steiglöggli), und der M auerlattich spendet als Kontrast die gelbe Farbe dazu. Jede W and verwittert. Der abstürzende Schutt wird durch die Schwer kraft sortiert. Direkt unter der Fluh stockt im Feinschutt oft die Mehlbeere zusammen m it dem Blaugras. W eiter unten, im beweglichen Rieselschutt m it handgrossen Steinen, ist der H irs c h z u n g e n -A h o rn w a ld zuhause. Un ter dem Bergahorn bilden Hirschzungen, Ruprechtsfarn und W urm farn als Schuttstauer ihre Horste. Unter der Gillenflue gedeihen hier ganze Beete der Frühlingsknotenblum e (Ramsele, Schneeglöggli); später überragt die M ondviole m it ihren blasslila Blüten das Heer der Farne und der Goldnes sel, und halbmeterhohe Blütenstände des Aronstabes (Ronechrut) lassen trotz der kühlen Schattenlage das Bild fast tropisch üppig erscheinen. W eiter im W esten geht dann das Gillenholz in einen W eisstannenbestand m it Hohlem Lerchensporn über. Schutthalden in Südlagen sind oft frei von Pflanzen; wo sie sich beruhigt haben, gedeiht die Sommerlinde, da 38

unter Hasel, M aiglöckchen (Maierysli) und W aldhabichtskraut. In den Hochlagen beherbergen solche Stellen Turm-Gänsekresse und Alpen ziest; die Stinkende Niesswurz steigt vom Taiboden bis hier hinauf. Der vom Bergwasser durchfeuchtete Feinschutt am Jegerwägli birgt das Ge meine Fettkraut, eine fleischfressende Pflanze, dazu den im Jura nur bei uns häufigen Schwalbenwurzenzian, wie die Aurikel ein Eiszeitrelikt. Im oberen Teil der aufgelassenen Schottergrube im Rifenstein hat sich eine fast alpin anmutende Blaugrastreppe gebildet. Hier findet man auch das Gewim perte Perlgras. W o sich am Fuss einer Schutthalde die grössten Blöcke stauen, gibt es viele Hohlräume, durch welche kalte Luft streicht. Hier bekom m t die Buche kalte Füsse, sie überlässt daher den Platz der Rottanne. Auch wenn es nur Einzelbäume sind, besitzt doch jede Fluh am Fuss ihrer Schutthalde ihr Kränzlein davon. In einer Sackungsmasse aus Muschelkalk unter der Babertenflue wachsen hier Korallenwurz und M oosorchis unter subalpin anmutenden Rottannen und Föhren auf Roh hum uspolstern in submontaner Höhenlage. (Siehe Profil S. 36).UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA F e u c h tg e b ie te Sie sind bei uns m it Ausnahme der Bäche und Rinnsale selten. Die weni gen W eiher sind von Menschenhand angelegt und bepflanzt worden. Von den Riedwiesen, die die Beckersche Karte von Baselland noch um die Jahrhundertwende unter der March angab7, ist nur noch ein winziges Stücklein geblieben, nämlich am Schlangenweg, aber auch es verdankt seine Erhaltung nur dem Menschen. Hübsch sind unsere Quellen und Rinnsale, wenn im Frühjahr die Dotterblum en (Bachbumbele) sie bekrän zen. Quellen im W ald sind manchmal vom W echselblättrigen M ilzkraut um rahm t. Die meisten Bachauen sind durch Rodung zu Gebüschen zu sam m engeschrum pft. Als Bäume überwiegen hier Eschen und Schwarz erlen. Nur unter dem W asserfallenweiher hat sich in m ontaner Lage ein Grauerlenauenwäldchen erhalten. Auf den Kiesbänken im Bach spriessen W asserminze, Bachbungen-Ehrenpreis und Rote Pestwurz (Lüs-Chappe). S ta rk v o m M e n s c h e n b e e in flu s s te B io to p e M enschliche Besiedlungsspuren reichen bei uns bis in die Jüngere Stein zeit zurück. Seit damals hat der Mensch als Viehzüchter und Ackerbauer auf guten Böden den W ald m it Axt und Feuer gerodet. Sein Vieh erweiter te die Lichtungen durch Tritt und Biss. So ist eine Kulturlandschaft m it W iesen, W eiden, Äckern und Gärten entstanden. Hört die Nutzung auf, so erobert sich der W ald die verlorengegangenen Gebiete rasch wieder zurück. In die Rodung sind von Süden und Osten oder von natürlichen Bergwiesen herunter allerlei Berg- und Steppenpflanzen eingewandert. Heute verdrängt sie der Mensch durch die intensive Landwirtschaft wie der aus den Gebieten, die er ihnen vor Jahrtausenden geöffnet hat. Auch die Zusammensetzung der W a ld rä n d e r, F e ld h e c k e n und B a c h h ö lz le in ist durch den Menschen indirekt beeinflusst. Ohne die daneben lie gende Rodung könnten lichtbedürftige Pflanzen nicht gedeihen. Liguster, W olligen (Schwilche) und Gemeinen Schneeball, Roten Hornstrauch, 39

W eiss- und Schwarzdorn, Berberitze finden wir überall, im Bärengraben dazu noch Kreuzdorn, Holzapfel und Holzbirne. Oben am Vogelberg über wiegt der Alpen-Kreuzdorn. In den Bachhölzlein wachsen unter W eiden, Erlen und Eschen auch Pfaffenhütlein, bereifte Brombeere (Tubechröpfli), und hie und da rankt sich der wilde Hopfen empor. Vom abgefallenen Laub profitieren Stickstoffzehrer, etwa Gemeiner Baldrian, Spierstaude, Zottiges und Kleinblütiges W eidenröschen, W asserdost, Bachnelkenwurz, Goldnessel und Gefleckte Taubnessel. Hier klettert auch die Zaunwinde. An trockenen, sonnigen W aldrändern finden wir Sichelblättriges Hasen ohr, Grossen Chostets, auch Dost genannt, Grossen Ehrenpreis, W ald ziest, im Bärengraben das Rindsauge, am Dürsiwegli und am Adelberg die Grosse Fetthenne, in der Höhe den W irbeldost und den Alpenziest. Der Bergaster blüht äusser auf dem Horn auch noch im Hoggenweidli, am Gil lensüdhang (früher auch am Richtenberg). Sennenweid und Eiset wurden grossflächig UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA a u fg e fo rs te t. Erlen helfen Humus bilden, dann pflanzte man Rottannen, Douglasien und Lärchen ein. W o die Gehölze nicht dicht schliessen, gucken als Rest der ehemali gen feuchten Fettwiese noch Kohldistel und Geflecktes Knabenkraut her vor. Bei W ie s e n u n d W e id e n spielt die Art der Bewirtschaftung eine Rolle. In tensive Düngung, Heubelüftung und Silo erlauben frühere und häufigere Mahd. Dadurch verarmen aber unsere W iesen an Arten. Das Hauptgras der T a lfe ttw ie s e n ist der Glatthafer. Im Vorfrühling schm ückt sie die Früh lingsknotenblum e (Ramsele), leider immer seltener, später das W iesen schaum kraut (Bettseicherli), dann Löwenzahn (W ejefäckte) und Scharfer Hahnenfuss (Ankeblüemli), zuletzt der W iesenpippau und der W iesenker bel. Nach dem Heuen m acht sich die Bärenklau (Bäretope) breit, zuletzt kom m t noch die Herbstzeitlose. Ihre im Frühling erscheinenden Frucht stände heissen «Chüebubbe». Auch die B e rg fe ttw ie s e n sind eintöniger geworden. Sie werden vom Goldhafer beherrscht. Die Pracht der Roten W aldlichtnelke (Pfingstnägeli) und des W aldstorchschnabels über einem Teppich von Vergissm einnicht ist seit Jahren verschwunden. Nur der Schlangenknöterich hat überlebt, er steigt den Bächen entlang weit hin ab. Die wenigen M a g e rm a tte n gehören zu den bedrohtesten Lebensräu men. Lässt man sie liegen, verbuschen sie, düngt man sie, so werden sie zu Fettwiesen. Dam it besiegelt man aber das Schicksal manch schöner Blumen. Hier blühen über dem Rasen der Aufrechten Trespe die Ge bräuchliche Schlüsselblume (Zahmi Schlüsseli), dann Zittergras, M argri ten, W iesensalbei, Bocksbart (Habermarch), Akelei, Labkräuter, Hornklee, W iesen-W itwenblum e (Gulfechüssi) und Flockenblume, hie und da auch der Klappertopf, an feuchten Stellen die Hohe Schlüsselblume (W ildi Schlüsseli). Am trockeneren Bord finden wir noch W undklee, Bergklee, Knolligen Hahnenfuss, W iesenplatterbse und Gamander-Ehrenpreis. Ge- Abb. 16. Typische Pflanzen unseres Gebietes. Nach einer Federzeichnung von Lilly Schaub. 1 Märzenbecher (Ramsele), 2 Schwalbenwurzenzian, 3 Felsenaurikel (Flüe- blüemli), 4 Spitzorchis, 5 Korallenwurz, 6 Bienenragwurz, 7 Rotes W aldvögelein. 40

nau so weit, wie am Dürsiwegli nie gedüngt wurde, findet man schöne Orchideen: Nach dem Grossen Knabenkraut blüht - selten - die Helmor chis, dann folgen Handwurz, Spitzorchis, Zweiblatt und Fliegenorchis. Als Krone kom m t zuletzt eine besonders schöne Spielart der Bienenor chis. Im Bärengraben sind die tiefsten Standorte der Kugelorchis. Auf feuchterem Boden spriessen das Gefleckte Knabenkraut und die Kuckuckslichtnelke. Sogar die Prachtnelke lässt sich hie und da sehen, etwas seltener die Klebrige Salbei. Gegen den Herbst hin bringen Skabiosen-Flockenblume, Teufelsabbiss und Taubenskabiose wieder Far be in die W iesen. Auf ganz trockenen W aldm atten stocken Echtes Salo monssiegel und Gemeines Kreuzblümchen. Auf Klee und Labkraut schmarotzen verschiedene Som merwurzarten (Chleetüfel). W o man jah relang nicht gem äht hat, wuchert die Fiederzwenke und unterdrückt m it ihrer kaum verrottenden Streu die feineren Kräuter. Die drahtigen Stengel des Johanniskrautes sind von Hand kaum zu mähen. Soweit die W eiden auf Bürten und W asserfallen nicht gedüngt werden, kann man sie als UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA p s e u d o a lp in e W e id e n bezeichnen8. Unter der Herrschaft des Kammgrases sprossen hier die meisten Arten der Magerwiesen. Lei der ist auf Bürten das Kleine Knabenkraut dem Dünger zum Opfer gefal len, der Frühlingsenzian stark zurückgegangen und der Grossglockige oder Clusius-Enzian bis auf wenige Pflanzen verschwunden. Auch das früher häufige Katzenpfötchen (Ufertblüem li) ist selten geworden. Bunter ist vorläufig noch die Gegend des Chleinen W eidlis zwischen W asserfalle und Vogelberghöchi. Hier konnte ich neben der Kugelorchis noch das Breitblättrige Knabenkraut finden; daneben blühen W eisses Breitkölb chen, Grünliches Breitkölbchen, Sonnenröschen, Bitteres Kreuzblüm chen, Heilziest, Kümmel, Blassgelber Klee, Rundköpfige Rapunzel, Alpen W undklee, Gelber Enzian und im Spätsom m er und Herbst Gefranster En zian, Deutscher Enzian, und Schwalbenwurzenzian. Alle diese Arten ka men zusammen m it dem Kreuzenzian vor wenigen Jahren noch auf der M artisweid beieinander vor, heute sind sie alle verschwunden, denn diese W eide wird überdüngt. Hagrosen und Disteln stechen und versperren Platz auf der W eide. Aber es sind höchst dekorative Pflanzen. W ir finden Silberdistel, Klettendistel, Stengellose und W ollige Kratzdistel, diese m it fast faustgrossen Blütenköpfen. Im Cholloch blühte auch der Krautholun der. Die Rundblättrige Glockenblume kom m t im ganzen Bann vor; im obe ren Teil m ischt Scheuchzers Glockenblume aus den Alpen mit, wir finden alle möglichen Übergangsformen. Schon Bauhin hat sie zusammen m it Sterndolde und Alpenhelm - diese sind schon lang verschwunden - auf «Mons W asserfalle» gesam m elt9. Den ebenfalls von ihm erwähnten Salz burger Augentrost haben wir trotz eifrigem Suchen nie gefunden. Neuer dings ist auch das Silbermänteli auf der Vogelberghöchi an einer Überdo sis Dünger verstorben. Zusammen m it den im Herbst blühenden Enzian arten beschliessen Studentenröslein und Gemeiner Augentrost das Blü tenjahr. Die Brennessein und der Gute Heinrich bei der W eidhütte bilden eine kleine Lägerflur. Über die A c k e rflo ra ist wenig zu berichten. Offenes Land wird bei der Kleegraswirtschaft nach wenigen Jahren wieder begrünt, Saatgutreini 42

gung und Herbizide sorgen für Sauberkeit. Den Klatschmohn (Füürblue- me) treffen wir höchstens noch auf Schuttstellen an. W egränder und an dere unbebaute Orte lassen noch Platz für W allwurz, Gänsefingerkraut, Gemeines Leinkraut, Acker-Kratzdistel und Acker-Schachtelhalm (Chatze- wadel). Auf dem Holzlagerplatz im Bärengraben fand man einige Jahre hindurch die Hundszunge. G ä rte n zog man früher vor allem Gemüse für den Eigenbedarf - In den UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Schnittblum en durften höchstens bescheiden am Rande stehen. Heute sind Gemüse und Beeren zweitrangig, man legt Rasen und Rabatten an, pflegt allerhand Gewächse aus aller Herren Ländern. Doch die Einheimi schen geben nicht so leicht auf. Besonders ausläufertreibende «Unkräu ter» breiten sich trotz dem Jäten im m er wieder aus: Kriechhahnenfuss, Kriechendes Fingerkraut, Baum tropfen (Feuffingerlichrut), Quecke (Sprätt- gras) und Acker-Gänsedistel lassen sich kaum ausrotten. Bemerkens wert ist, dass das Eisenkraut, vielleicht ein Rest der hier schon im 15. Jahrhundert abgegangenen Rebberge - nur im Bergligebiet vorkom m t. W ie aber W ildpflanzen in die Gärten eindringen, so verwildern auch Gar tenpflanzen und können sich oft jahrzehntelang halten. So warf man vor Jahren einen blühfaulen Narzissenstock auf Bütschen auf den M ist, seit her blüht es in den W iesen rings darum. Auch unter Gillen kann man sie seit über sechzig Jahren finden10. Osterglocken gibt es hie und da. Am Bergli schm ückt Bisamhyazinthe das W ieslein am W aldrand, am Bach beim Chilchli m acht sich asiatischer Buchara-Knöterich breit11. M ögli cherweise ist auch das Echte Schneeglöcklein beim Fürstenberg ein Flüchtling aus dem 1882 abgegangenen Hof, vielleicht auch der Doldige M ilchstern. Die Tierwelt Tiere sind als Pflanzenesser direkt, als Fleischesser indirekt von den Pflanzen abhängig. W ird durch Florenveränderung die Nahrungskette un terbrochen, so müssen auch die Tiere darunter leiden. Eine reiche Pflan zenwelt erlaubt auch ein reiches Tierleben, Verarmung fördert höchstens einige Kuturfolger, die dann durch Massenvermehrung zu Schädlingen werden. Für manche Tiere ist aber in unserer Landschaft kaum noch Platz. Luchs, W olf, Bär und Hirsch sind schon lange ausgerottet, der letz te Baselbieter Fischotter wurde 1933 bei uns vom Fäldruedi geschos sen12. Unauffällig, aber nicht minder betrüblich, ist das Verschwinden mancher Grossinsekten. Doch gibt es auch Neuzuzüger, gefreute und an dere. W ir wollen versuchen, ein M om entbild der immer noch reichen Tier welt zu geben, und hoffen, dass der Verfasser der nächsten Heimatkunde in hundert Jahren ebensoviel berichten kann. 43

S ä u g e tie re rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Kleinsäugetiere leben m eist nächtlich und versteckt. Nur die Beutereste von Fleischessern - z. B. Eulengewölle - oder ihre Spuren im Schnee oder auf feuchtem Boden verraten ihr Vorkommen. Noch haben Schneckengift und Autoräder den Igel nicht ausgerottet. Der M aulwurf (Schär) scheint nicht sehr häufig zu sein. Von den Spitzmäusen (Mützer) hört man oft nur ein feines W ispern und sieht ein winziges Mäuschen durchs Laub huschen. Sicherer lassen sich die Arten am Gebiss erkennen. Aus Eulen gewöllen gewann ich W aldspitzmaus, Feldspitzmaus, Hausspitzmaus und vielleicht Zwergspitzm aus. Sum pf- und W asserspitzmaus lassen sich am Gebiss nicht unterscheiden, daher ist es unsicher, zu welcher der beiden Arten die gefundenen Reste gehören. Alle Fledermäuse sind selten ge worden. Die Kolonie der Riesenfledermaus im Bergli scheint erloschen. Ab und zu sieht man noch irgend eine Baumfledermaus um die Strassen lampen flattern. Nager sind noch zahlreich. Am unbeliebtesten ist die Grosse W ühlmaus (Molli), besonders in den Obstanlagen. In den W iesen wim m elt es m anch mal von Feldmäusen, daneben finden wir Erdmaus und Kurzohrmaus, im W ald auch die Rötelmaus. Hausmaus und Hausratte wohnen auf den Hö fen, die W anderratte folgt dem Bach und den Kanalisationen. Im W ald hüpfen die hübschen W aldmäuse (Gumpmuus), die grössere Art, heute Gelbhalsmaus genannt, scheint häufiger zu sein13. Der Siebenschläfer be zieht gern Nistkästen. Vom Gartenschläfer fand ich nur einmal im Schel menloch einen angefressenen Hinterteil, doch meldete mir Emil Plattner auch aus einem Bienenhaus in der Bütschen «Grossi Haselmüüs». Zwei mal bekam ich auch Haselmäuschen, aber ich habe immer dafür gesorgt, dass diese «De-Lux-Mäuslein» wieder am Fundort ausgesetzt wurden. Das Eichhörnchen kann in manchen Jahren sehr häufig sein, dann, z. B. 1980, wieder beinahe fehlen. Als Jagdwild wird der Hase geschätzt, man trifft ihn auch öfters im Berggebiet. Zu den Raubtieren gehört der Dachs14. In alten Scheunen und auf Dach böden sorgt der Steinmarder für Nachtlärm ; im W ald dürfte auch der Baummarder vorkom m en15. Hermeline sind in Mäusejahren häufig, fehlen diese, so sieht man kaum eines. Das Mauswiesel soll auch da sein16. Frü her sah man am Schlangenwegbächli auch noch Spuren des Iltis. Der Fuchs wird als Tollwutträger kurzgehalten. Hauskatzen verwildern gele gentlich, vielleicht ist auch noch W ildkatzenblut bei den Dorfkatzen vor handen17. Von mehreren Seiten wurde mir auch erzählt, im Frühjahr 1980 habe sich auf dem Sigsfeld ein W aschbär gezeigt. Das W ildschwein treibt sich wühlend vor allem im nördlichen Teil des Bannes umher. Das Reh ist häufig. Vor hundert Jahren scheint es gefehlt zu haben, denn in Hubers HK heisst es: «Früher gab es auch Rehe». Tat sächlich ist es erst 1930 bei uns wieder erschienen13. Auch Gemsen vom Rehag durchstreifen ab und zu den Bann, haben sich aber noch nicht an gesiedelt. Bruckner19 gibt 1756 noch den Hirsch an, bald darauf ist er ver schwunden. Der 1891 erlegte Hirsch in der Ortssammlung ist ein irgend wo ausgebrochener Damhirschkümmerer. 1920 fand man in einer Höhle 44

am Vogelberg verschiedene Steinbockschädel, die so frisch sind, dass sie aus dem M ittelalter stammen könnten. Leider weiss man darüber nichts Näheres20.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA V ö g e l Die Vogelwelt ist noch reichhaltig. Von den 130 Arten, die ich in den letz ten zwanzig Jahren hier beobachten konnte, sind etwa die Hälfte Brutvö gel, andere sind nur regelmässige Durchzügler oder W intergäste, wieder andere müssen als Ausnahm eerscheinung gelten, die sich bei besonde ren W etterlagen hieher verirrt haben. B ru tv ö g e l Von der Finkensippe brüten Hausspatz, Feldspatz, Goldammer (Gäälfink), Buchfink, Girlitz, Distelfink und Grünfink, ebenfalls der Gimpel. Erschien dieser früher unterhalb des Gämpis, so kündete dies Schnee an; heute brütet er m itten im Dorf. Neu zugezogen ist - vielleicht durch die Nadel hölzer in den Gärten angelockt - der Bluthänfling (seit 1976). Kirschkern beisser (Chirsifink) und Kreuzschnabel treten eher sporadisch auf. Im und ums Dorf brüten Kohlmeise, Blaumeise, Sumpfmeise, Kleiber und Garten baumläufer, neuerdings auch die Tannenmeise. Die Haubenmeise zieht eher abgelegene Tannenwälder vor, ebenso der unauffällige W aldbaum läufer. Äusser im Bärengraben sieht man die Schwanzmeise nicht regel mässig. Ein Brutversuch 1978 in den Pappeln beim Schulplatz misslang, das Nest wurde von Krähen oder Katzen heruntergerissen. Am seln, Sing drosseln und Misteldrosseln sind häufig, auch Hausrotschwanz, Grau schnäpper und Trauerschnäpper. Der Gartenrotschwanz hat stark abge nommen, scheint sich aber wieder zu erholen. Bis 1969 war die W achol derdrossel nur W intergast, jetzt brütet sie regelmässig im Gebiet, m anch mal in Kolonien, z. B. 1971 im Hörnli, 1980 im Gauset, 1983 beim W as serfallenweiher; kleinere Kolonien und Einzelnester kann es überall geben. Gartengrasmücken und M önchsgrasm ücken (Äschechützli) jubeln aus al len Hägen, der Zilpzalp und der W aldlaubvogel sind häufig. Den Berglaub vogel trifft man vor allem um den Rifenstein herum an, den Fitis etwa noch im W idenholz oder oben an den Südhängen beim Vogelberg. Im Tan nenwald wispern Sommer- und W intergoldhähnchen. Allgem ein ist der Zaunkönig (Hagschlieferli) verbreitet. Im Hörnli hat er vor Jahren sein Nest in das einer M ehlschwalbe eingebaut. Die W asseramsel brütet gern unter den Bachbrücken, etwa bei der Obern Mühle oder beim Chrotten- weier. Die Heckenbraunelle gehört auch zu den Neuzuzüglern. Bis 1966 fehlte sie ganz, seither hat sie sich allgemein verbreitet. Da sie gern im Tannenjungwuchs brütet, kommen ihr die Aufforstungen sehr gelegen. Eichelhäher und Rabenkrähe sind häufig, auch die Elster nim m t zu. Im Herbst streicht der Tannenhäher (Nussheer) bis ins Dorf den Haselnüssen nach. Seit 1960 brütet auch der Kolkrabe wieder, m eist in der Gegend um Enzianflue und Bürtenflue. Gewöhnlich treibt sich nur ein einzelnes Paar umher, es scheint auch nicht jedes Jahr zu brüten. Unverpaarte Jungvö gel können sich zu Schwärmen zusam m enrotten, ich sah schon genau 45

vierzig Stück beieinander. Dem Pirol ist unsere Gegend zu rauh, doch scheint 1978 ein Paar im Richtenberg gebrütet zu haben. Dafür gibt es überall Stare. Fast jedes Jahr brütet auch der Rotrückenwürger in den Bachhölzlein oder am W estende des W idenholzes. Der Rotkopfwürger liess sich einige Jahre im Gebiet Fürstenberg beobachten. 1979 fand ich auch sein Nest auf einem Apfelbaum . Seither ist er leider wieder ver schwunden, ohne dass sich die Umgebung des Brutplatzes verändert hat. Die Bergstelze hält sich an die Bäche bis hinauf zum Jegerwägli, die Graue Bachstelze brütet auch auf den Höfen. Ums Vogelgrichthölzli und um Gorisen singt der Baumpieper (Bodelerche) sein Lied im Flug. Der Mauersegler brütet am Primarschulhaus und auch sonst hie und da unter den Dachziegeln. M ehlschwalben gibt es im Dorfe, die Rauch schwalbe hat sich auf die Höfe verzogen. Leider fehlt bei uns die in den Nachbargemeinden häufige Feldlerche; nur auf Eichenägerten hört man etwa im Frühjahr ein singendes Männchen. Bis vor wenigen Jahren gab es auf Bürten und W asserfallen noch die Heidelerche. W ir wissen nicht, warum sie verschwunden ist, Klima und Düngung können eine Rolle ge spielt haben, sie liebt nämlich kurzes Gras, in dem sie Futter suchen kann. Grauspecht, Grünspecht und Grosser Buntspecht sind nicht selten. Der Schwarzspecht brütet im Berggebiet, wahrscheinlich ist es nur ein einzi ges Paar. Seit dem kalten Juni 1969 ist der W endehals fast verschwun den. Gleich ging es dem Kuckuck, der vorher aus jedem Holz rief; er ist heute eine seltene Ausnahme. Klein- und M ittelspecht treiben sich im Bann umher, eine Brut konnte ich aber nie finden. Eulen heissen bei uns «Hugelma». Recht verbreitet ist der W aldkauz, viel rarer die W aldohreule, ganz selten der Rauhfusskauz, den ich im Mai 1980 im Bärengraben singen hörte. Ein ausgesetzter Uhu treibt sich (1983) im Rifenstein um her21. Nachdem 1956 die Schleiereulen den Kirchturm ver lassen hatten, ging es bis 1978, bis sie sich wieder in einem Schopf im Ischlag niederliessen und seither jedes Jahr ihre Jungen aufziehen. Von den Tauben brüten Ringeltaube, Hohltaube, ab und zu die Türkentau be. Der Auerhahn ist seit 1959 verschwunden, das Vorkommen des Ha selhuhnes wird verm utet. Rebhühner gibt es keine; obwohl Bruckner sie 1756 verzeichnet hat. Von den öfters ausgesetzten Fasanen hat sich des rauhen Klimas halber keiner gehalten. Gut vertreten sind zum Glück die Greifvögel. Am häufigsten ist der M äu sebussard; vom Rotmilan brüten alljährlich ein oder zwei Paare, m eist im Horn, aber auch im Gebiet Richtenberg-Birchhübel. 1983 brütete im Horn auch der Sperber wieder, allerdings wurde sein Horst entweder vom Rot milan oder vom Uhu geplündert. Auch der Schwarzm ilan fliegt bei uns zur Brutzeit umher. Manche Jahre sieht man den W espenbussard auf Bürten oder in der Chüeweid regelmässig, 1983 schien er zu fehlen. 1978 hat der Turmfalke auf einer Tanne beim Hof W iden gebrütet. Am Bach lebt die Stockente, wahrscheinlich brütet sie auch ab und zu. Seit 1979 hat sich auch der Graureiher beim Chrottenweier in der Gorisen zum Brüten ent schlossen, seither ist aus dem Einzelhorst eine kleine Kolonie von vier Horsten entstanden. Gern jagt er in den M atten unter der M archm att, dort aber sicher nicht nach Fischen. 46

R e g e lm ä s s ig e D u rc h z ü g le rrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Die Rotdrossel kann im Herbst und W inter in grossen Scharen auftau chen. Gibt es im April späten Schneefall, so kann man im Gebiet Chüeweid-M archm att manchmal einzelne oder kleine Schwärme der Al penringamsel antreffen. M eist halten sie sich gerade unter der tem porä ren Schneegrenze auf. Nicht jedes Jahr sieht man Braunkehlchen, viel leicht hat es schon unter der March und im W identäli gebrütet. Der Steinschm ätzer zieht im August über die Hochweiden, im Frühjahr be sucht er frisch gepflügte Äcker. Saatkrähen und Turmdohlen ziehen im Herbst hoch über die Chüeweid. Durchzügler sind auch W asserpieper, W iesenpieper und Schafstelze. Im Herbst jagt manchmal der Alpensegler im Gebiet, im W inter sucht der Bergfink in den W äldern nach Buchnüss- lein22. Auf dem Frühjahrszug rasten ab und zu Turteltauben im Gebiet Für stenberg. Habicht und W anderfalke durchstreifen unseren Bann. Rohrweihen, Korn- und W iesenweihen ziehen nur vorbei, ebenso der Fischadler und der Baumfalke. Der Merlinfalke erscheint etwa in strengen W intern als Gast. Zu den eher seltenen Durchzüglern gehören W ildgänse und Kraniche. Meistens sieht man sie bei Nebel oder Schneesturm , wenn sie sich in un sern Talkessel verfliegen und eine zeitlang hängen bleiben. In den letzten Jahren konnte man auch immer öfter Kormorane den W eg über die W as serfallen suchen sehen (am 18. Oktober 1983 dreiunddreissig Stück aufs mal). Ab und zu erscheinen auch Schwarzstörche, so 1978 ein Jungvogel über dem Dorf, 1983 sogar viermal 1 bis 3 Stück. Auch der W eißstorch kann vorbeiziehen. Gelegentlich erscheinen auch Lachmöven auf unsern Feldern, und am 20. November 1983 konnte ich - zum erstenmal bei uns - in den W iesen unter der M archm att einen Kiebitz beobachten. Schwierig festzustellen ist, was nachts vorbeizieht. Ich hörte schon Fluss uferläufer, Bruchwasserläufer und Grossbrachvogel aus dem Nachthim mel rufen. Andere, wie W asserralle, Teichhuhn, Bekassine wurden mir als Verkehrsopfer gebracht. Letztere habe ich auch schon unter der M arch m att bei Schnee an einem aperen Quellenaufstoss beobachten können. Irrgäste sind auch Haubentaucher und Blässhuhn. Beide bekam ich innert zwei Nächten, als sie den nassen Dorfplatz m it einem W eiher verwech selten. Ein anderes Blässhuhn fanden wir zwischen zwei Stämmen eines Ahorns am Dürsiwegli eingekeilt. Nach seiner Befreiung flog es gesund davon. Als Ausnahmeerscheinung muss man Zaun- und Zippammer, Sum pfrohr sänger, Teichrohrsänger und Gelbspötter betrachten, diese drei um den Schulweiher herum. Dort fielen auch zwei Eisvögel den Fensterscheiben und einer Katze zum Opfer23. Einen Frühling lang trieb sich ein W iedehopf zwischen Chüeweid und Schulplatz herum. Leider muss man heute auch die Dorngrasmücke zu den Ausnahmen rechnen. Im Ischlag sang vor etwa sechs Jahren einige Nächte lang ein W achtelhahn. Leider ver stum m te sein Lied nach einem nächtlichen Hagelschlag. Ein ganz selte ner W intergast ist der Seidenschwanz. 1965 hielt sich ein Schwärmlein 47

dieser «Pestvögel» am Plattenweg auf und plünderte eine Cotoneaster- hecke. Ihren Schlafplatz hatten sie ob der W anne.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA K rie c h tie re , L u rc h e u n d F is c h e An warmen W iesenhängen findet man die Zauneidechse; in Dorfnähe ist sie aber der Katzen wegen selten geworden. Die warmen Felsen des Ri- fensteins behagen der Mauereidechse, im feuchten Teil des Bärengrabens kom m t auch noch die Bergeidechse vor. W ie die verbreitete Blindschlei che ist sie lebendgebärend. Am Bach trifft man die Barrenringelnatter, an warmen Hängen die Schlingnatter und immer seltener die Juraviper. Die Am phibien brauchen zum Aufwachsen W asser. Der Feuersalamander (Gmööl) legt seine schlüpfreifen Eier in klare Bächlein ab; sonst sieht man ihn auch weit vom W asser entfernt, sogar in trockenen Schutthalden. Ebenso weit entfernt sich der Grasfrosch vom W asser. Schon im März laicht er im Chrottenweier, im Rifensteinweiher und in meinem Garten teich. Erst im Mai finden wir seine Laichklumpen im W asserfallenweiher. Die Erdkröte (Chrott) zieht den Schulweiher und den Rifensteinweiher vor. Da bei diesem auch Schutthalden in der Nähe sind, gefällt er der Ge burtshelferkröte (Steichröttli, Glögglifrösch) besonders gut. An warmen Vorsommerabenden kann man zwischen Risleten und Neuhof Hunderte davon rufen hören; es tönt wie das Läuten feiner Glöcklein. W esentlich lauter ist die Kreuzkröte. Ihr dröhnendes Plärren konnte ich allerdings nur einen Sommer lang am Gartenteich geniessen. Die Bergunke soll vorkom men, ich selber habe sie leider nie gesehen24. Berg- und Fadenmolch sind die häufigsten Schwanzlurche. Es ist zu hoffen, dass die neu geschaffe nen W eiher die Am phibienfauna erhalten helfen. Leider gehen viele Lur che auf ihren Laichwanderungen durch Autoräder zugrunde. Im Bach leben an Fischen nur noch Bach- und Regenbogenforellen. Frü her soll es auch Groppen gegeben haben. W ahrscheinlich wurden sie das Opfer verschiedener Gewässerverschm utzungen25. Im Schulweiher hält der Abwart Goldfische und Haseln aus dem Bielersee. Im Rifensteinwei her wollen wir noch keine Fische, bevor sich der Am phibienbestand gefe stigt hat. W irb e llo s e T ie re Die Formenfülle und meine bescheidenen Kenntnisse erlauben m it kein Eingehen ins Detail. Trotzdem seien einige auffallende oder als Anzeiger für ökologische Probleme wichtige Arten erwähnt. W ie die im Boden als wichtige Um wandler zerfallenden Pflanzenmaterials lebenden Springschwänze gehört auch der an Felsen um herkletternde Felsenspringer zu den flügellosen Urinsekten. Auch das Silberfischchen (Schabefischli) zählt hieher. Eintagsfliegen, Steinfliegen und Libellen leben als Larven im Bach und W eiher. Am ehesten trifft man noch die grösste unserer W asserjungfern, die Königslibelle, an, daneben den Plattbauch und verschiedene Schlankjungfern. Doch scheint mir die Artenfülle in den letzten Jahren deutlich abzunehmen. Am W iesenbord zirpen die Grillen, in den Häusern stört die Hausgrille (Muchheime) durch ihre Ausdauer. An 48

warmen Sommerabenden trillern in Garten und Feld die W erren (W ääri) ununterbrochen. Ein Schwirren im Geäst m acht uns auf das Grüne Heu pferd aufmerksam. Auf M agerm atten hüpfen noch verschiedene kleine Heuschrecken (Heugümper) umher. Eine der schönsten, die Rotflügelige Ödlandschrecke, die beim Abfliegen so schön schnarrt, ist seit ungefähr dreissig Jahren von unsern Bergweiden verschwunden, auch dort, wo nicht gedüngt wurde. Florfliegen und ihre Larven machen Jagd auf Blatt läuse, ihr Verwandter, der Ameisenlöwe, gräbt sich Fangtrichter im sandi gen Boden26. Die Bettwanze, früher ein Plage, scheint ausgestorben zu sein, aber die Schwalbenwanze quält noch immer die Jungvögel in den Nestern. Die grüne Blattwanze (Gauch, Chirsistinker) ist zwar hübsch, teilt aber den von ihnen angesaugten Früchten ihren W anzengestank m it. Auch andere W anzen können sehr schön sein, so die rot und schwarz gezeichnete Streifenwanze. Auch am W asser leben W anzen. Über der Oberfläche jagt der W asserläufer (Schnyder), unter ihr der Rückenschwimmer, nach In sekten. Blattläuse und Zikaden saugen an Pflanzen. Jedermann kennt die «Guggerspeuede», m it dem sich die Larven der Schaumzirpe einhüllt. Als Seltenheit fand ich im Bärengraben schon die Bergzirpe, sie ist eine Be wohnerin warm er Gegenden. Das bunte Heer der Tagfalter ist zusammengeschmolzen, manche früher häufige Arten sind verschwunden. Es ist ein Fest, wenn man wieder ein mal einen Segelfalter oder einen Schwalbenschwanz antrifft. Verschwun den ist auch der Apollofalter im Passwanggebiet. Noch gibt es im Früh jahr den Kleinen Fuchs, den Zitronenfalter, Kohlweissling und Aurorafal- ter, etwas später vielleicht noch den C-Falter oder Bläulinge. Gegen den Sommer hin fliegen Schachbrett, Posthörnchen, verschiedene Augen- und Mohrenfalter; am W asserdost und Alpendost saugen Kaisermantel und Perlm utterfalter, manchmal auch Bärenfalter. Gegen den Herbst hin erscheinen Admiral, Distelfalter und Tagpfauenauge, alles W anderformen. Zwischen den Tag- und Nachtfaltern stehen W idderchen und Dickkopffal terarten. Das Taubenschwänzchen ist ein bei Tag fliegender Schwärmer. Andere Schwärm er sind m eist Ausnahmen, so kom m t etwa der Linden schwärmer, der W indenschwärm er (1983 besonders oft) oder der W ein schwärm er vor. Seine Raupen habe ich schon öfters an W eidenröschen gefunden. Ein seltener Zuwanderer ist der Totenkopf. Eulenfalter und Spinner wie der Nagelfleck unserer Buchenwälder sind m eist nur dem Kenner bekannt. Gespinstm otten bauen ihre Nester auf Zwetschgenbäu men; Apfelwickler, Eichenwickler und Kleiderm otte (Schabe) sind Kleinschm etterlinge, die uns durch ihre Schäden auffallen. Überzieht im Spätherbst der erste Reif die Büsche, so fliegt auch der Frostspanner. In den Gewässern kriechen die Larven verschiedener Köcherfliegen (Stäcketierli). Mücken und Fliegen sind nicht unbedingt beliebt, stechen uns doch Bremsen (Rossbräme, Spitzbräme) und Stechmücken (Schnoogge). Daneben gibt es aber auch eine Menge hübscher und sogar nützlicher Schwebfliegen. Die Kirschenfliege hat man bis jetzt m it Gift bekämpft, heute sucht man sanftere W ege, des Chirsiwurm s Herr zu werden. 50

Noch gibt es einige Haufen der Roten W aldameise (W aleiste). Sie gehö ren als Forstnützlinge unbedingt geschützt. Auch andere Am eisenarten (Umpeisse) sind zum Teil noch häufig, ebenso die Gemeine W espe m it ihren Erdbauten, die Feldwespe und die Hornisse (Hornuse), daneben gibt es verschiedene Arten von Hummeln (Umbele). Manchmal kriecht aus einem schon lange verbauten Balken eine hornissengrosse W espe m it langem Legestachel aus und erschreckt die Leute. Sie hat sich aus ihrer Larve im Holz entwickelt, die Grosse Holzwespe ist aber völlig harmlos. Sandwespen tragen lebende, aber gelähmte Spinnen oder Raupen in ihre Erdröhren ein, um dam it ihre Larven zu füttern. Reichhaltig ist das Käfervolk. An warm en Borden jagt der Sandlaufkäfer, um die blühenden Rosen schwirrt laut brummend der Rosenkäfer. Das Marienkäferchen (Himmeltierli) und seine Larve nährt sich von Blattläu sen. Der Koloradokäfer benagt die Kartoffelstauden. In warmen Som m er nächten gleicht der Boden feuchter Orte einem Sternenhimm el, z. B. im Schelmenloch. Es sind die W eibchen der Glühwürmchen (Zünderli), die so ihre Männchen locken. Der M aikäfer muss schon vor hundert Jahren selten gewesen sein27. Vor zwanzig Jahren fand man ihn wieder häufiger, seither ist er von neuem verschwunden, vielleicht als Folge starker Spät fröste in einem Flugjahr. Früher wurde die W einbergschnecke als Delikatesse m assenhaft gesam melt. Seitdem sie völlig geschützt ist, hat sie wieder etwas zugenom men, die Rote W egschnecke ist noch gleich häufig und in den letzten Jahren eine wahre Landplage. Sie ist im Frühjahr bei uns dunkel gefärbt, im Tal sieht man im Sommer auch rote, auf dem Berg bleiben sie dunkel. Die einzige Muschel in unserm Bann ist das im Chrottenweier m it W as serpflanzen eingeschleppte Erbsenmüschelchen. Als Ausnahme kom m t in unsern Bächen noch der Flusskrebs vor, man sieht ihn aber selten genug. Auch bei den Spinnen gibt es schöne Arten. So wurde mir schon die Vierfleck-Kreuzspinne gebracht, und in meinem Garten baute die auffallend grosse und bunte W espenspinne ihr Netz und später ihren wie ein kirschengrosser Ballon geform ten Eikokon28. Mensch und Natur Nicht nur als Landwirt, Förster und Gärtner setzt sich der Mensch m it der Natur auseinander. Hier wollen wir uns m it denjenigen Tätigkeiten befas sen, die dem Menschen zur Freude und Erholung im Umgang m it der Na tur dienen, ohne dass er davon leben müsste. Bis in die M ittelsteinzeit war der Mensch ausschliesslich Sammler und Jäger. Dieser Urtrieb ist noch heute da. So geht man gerne spazieren und trägt ein Büschelein Blumen heim. Zum Glück verschwinden heute immer mehr die Riesensträusse, die mühsam in eine Konservendose gepfercht auf den Fenstersimsen stehen. Auch das Pflücken von Schlüsselblumen 51

zu heilsamem Tee hat mangels Rohmaterial stark nachgelassen29. Noch eifrig sam m elt man «Ronechrut» und schreibt ihm trotz seiner Giftigkeit als erstem Vitam inspender im Frühjahr allerlei Heilkräfte zu. Auf Schlägen und längs W aldwegen können eifrige Sammler noch manch Krättlein Himbeeren ernten. W alderdbeeren pflückt man meistens von der Hand in den Mund; Brombeeren spielen kaum eine Rolle. Nur wenige Kenner sam meln Pilze, halten aber ihre ergiebigen Plätze geheim. Die Ernte schwankt je nach W itterung von Jahr zu Jahr. Im ersten Frühjahr findet man etwa Morcheln, später Eierschwämme und Semmelstoppelpilze, im Frühherbst dann Steinpilze, Rotkappen, Totentrompeten, M önchsköpfe und andere Arten. W enn schon die ersten Fröste kommen, verraten die Hexenringe unter Apfelbäum en den M askenritterling. Nur wenige eifrige Holzer sammeln noch Leseholz, kaum aus wirtschaftli cher Notwendigkeit, viel mehr aus Freude über den Samm elerfolg und die Arbeit draussen im W alde. Das noch in den sechziger Jahren bei der Schuljugend zum Aufbessern des Sackgeldes beliebte Schneckensam meln ist heute aus Naturschutzgründen verboten.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA J a g d u n d F is c h e re i Das Erfolgserlebnis ist sicher auch für J a g d und F is c h e re i der Haupt grund. W er sich an der Natur freuen will, kann das auch ohne Flinte und Angelrute. Beide Gerechtsamen werden von der Einwohnergemeinde an die Berechtigten verpachtet. Doch reguliert der Jäger die W ildbestände anstelle der ausgestorbenen grossen Fleischesser. Bei Übervermehrung könnte etwa das Reh grosse Schäden an W ald und Flur anrichten, ohne Hege und Jagdaufsicht wäre es wohl schon längst W ilderern zum Opfer gefallen. In diesem Sinne sind auch die Naturschützer m it der Jagd ein verstanden. Zudem legen die Jagdgesetze dem Jäger enge Schranken auf. Eine strenge Prüfung über Schiessfähigkeit, W ildkunde, Naturschutz, Jagdregeln und Jagdbrauch wird für den Erwerb des Jagdpasses voraus gesetzt. Unser Revier wird von den zehn Pächtern der Jagdgesellschaft «Bären graben» betreut30. Dazu kommen noch zwei Jagdaufseher; diese werden jeweilen vom Statthalter in Pflicht genommen. Die Pächter wohnen zum grossen Teil in der Gemeinde. Dies hat den Vorteil, dass sie auch ausser halb der Jagdzeit häufig im Revier sind und es daher gut kennen. Für die Pacht nehmen die Jäger allerhand Kosten auf sich, neben den Pachtzin sen an die Gemeinde auch noch die jährliche Jagdpassgebühr, die der Kanton einzieht. Darin ist die Versicherung und die Vergütung der W ild schweinschäden eingeschlossen. Auch an die Schutzzäune im Staats wald und um private Obstanlagen müssen die Jagdpächter einen Drittel der Kosten leisten. Das erlegte W ild gehört nicht dem Schützen, sondern der Gesellschaft. W er Rehrücken will, muss ihn also kaufen. Vom Erlös lässt sich rund ein Viertel der Pachtkosten bestreiten. Bevor am 1. Juli die Jagd aufgeht, wird der Abschussplan auf Grund der W ildzählungen festgelegt. In der Nähe der Reviergrenzen stehendes W ild 52

wird dabei nur zur Hälfte gezählt. Zunächst ist nur der Abschuss schlech ter Rehböcke - d. h. m it geringem Gehörn oder offensichtlich kranke Tiere - im Ansitz m it der Kugelbüchse gestattet. Nach dem 16. August dürfen so auch brave Böcke erlegt werden; dann kann man annehmen, dass sie ihre guten Eigenschaften auf ihre Nachkommen vererbt haben. Kapitale Böcke werden geschont, wenn auch der Reviernachbar dazu Hand bietet. In der zweiten Oktoberhälfte dürfen auch Geissen m it der Kugel erlegt werden. Für den Abschuss von Kitzen unter 12 kg Gewicht ist die Bewilligung der Direktion des Innern erforderlich. Geissen- und Kitzabschuss ist nötig, wenn man das Verhältnis der Geschlechter ver bessern und den Bestand in zulässigem Rahmen halten will. Vom ersten Oktober bis zum Silvester ist die Zeit der «Lauten Jagd» m it Treibern und Jagdhunden. Man trifft sich im Burestübli, dann fährt man gemeinsam ins Revier und stellt sich nach den Anordnungen des Jagdleiters auf. Ge laden wird erst auf dem Stand, so will man Schiessunfälle vermeiden. Nach dem Anblasen ziehen Treiber und Hunde los. Das erlegte W ild wird durch Hornstösse gemeldet. Nach dem Abblasen nach etwa anderthalb Stunden bringt man das erlegte W ild zum Sammelplatz und hängt es auf gebrochen zum Abschweissen (Ausbluten) und Belüften auf. Um den «Aufbruch» (= nicht verwertbare Eingeweide) küm m ert sich bei uns der Kolkrabe. M eist kom m t er schon auf den Schuss herbeigeeilt. Auch die laute Jagd verlangt vom Schützen allerhand W issen und Können, muss er doch das W ild viel rascher und ebenso sicher ansprechen können wie auf der Pirsch und Ansitz. Führende Geissen, kenntlich am M uffelfleck, star ke Kitze und Kahlböcke sind zu schonen. Geissen m it langen Beinen und langem Körper gelten als alt und stehen zum Abschuss frei. Kom mt es zu Fehlabschüssen, bezahlen die Sünder eine kräftige Busse in die Vereins kasse. So finden an einem Jagdtag vier bis fünf Treiben statt, unterbro chen vom Äser am Lagerfeuer m it dem nötigen Jägerlatein. Ganz zuletzt wird die Strecke (= die Beute) ausgelegt und verblasen. Nachher geht es zum fröhlichen Schüsseltreiben. Bei der lauten Jagd gehört die Leber den Treibern, sonst dem Schützen. Jedes Revier sollte zur Aufsuche angeschossenen W ildes einen Schweisshund besitzen. Dessen Dressur ist sehr zeitaufwendig, muss auch immer wieder wiederholt werden. Aus diesem Grunde zieht man im Bedarfsfall den Schweisshund der Ziefner bei. Die vom Kanton geführte Jagdstatistik, die aber auf den Angaben der Jagdpächter beruht, gibt uns Auskunft über die Jahresstrecken31. Dazu enthält sie auch die Angaben über die Zahlen des noch lebenden W ildes am 31. März des Folgejahres. Da inzwischen die Jungtiere gesetzt wer den, ist der Bestand zu Beginn der Jagd grösser, als es die Zahl angibt. Aus einem Grundbestand von 40 bis 60 Rehen erlegt man pro Jahr zwi schen 15 und 25 Tiere. Von etwa 25 Hasen müssen jährlich 5 bis 10 dranglauben. Je nach den Fellpreisen und dem Stand der Tollwut wird der Fuchs ganz unterschiedlich bejagt. Die Abschusszahlen schwanken zwi schen fünf anno 1978 und 45 im Jahre 1967. Fast jedes Jahr werden auch etwa drei Dachse, ab und zu ein Steinm arder erlegt. Äusser auf Krä hen, Elstern und Eichelhäher, deren Abschuss vom Kanton periodisch ver- 53

langt wird, jagt man kaum auf Flugwild. Trotzdem das W ildschwein vor kom mt, hat man seit Beginn der Statistik 1965 bis heute noch keines erlegt. Sie kommen m eist nur nachts und haben ihre Einstände in den Nachbarrevieren. Äusser durch die Jagd, die man als reguläre Nutzung unserer W ildbestän de betrachten kann, fordern auch Krankheiten und Unglücksfälle ihre Opfer. So starben durch die Strongylose, einer durch Fadenwürmer aus gelöste Darmerkrankung, zwischen 1966 und 1973 jährlich 1 - 2 Rehe. 1981 flam m te sie wieder auf. Von 1969 bis 1974 tötete die Rachenbrem se jedes Jahr 1 - 5 Rehe. In den letzten sechs Jahren forderte die Tollwut vor allem unter den Füchsen ihre Opfer. Gross ist die Zahl der verunglück ten Tiere. Die meisten wurden von Fahrzeugen verletzt. Laut Statistik waren es zwischen 1965 und 1981 total 83 Rehe (rund 5 pro Jahr), 21 Hasen, 5 Füchse, 6 Marder und 13 Dachse. Dabei ist noch m it einer Dunkelziffer zu rechnen, denn nicht alle Fälle werden gemeldet. Die ge fährlichste Zeit ist der W inter, wenn das Streusalz die Tiere auf die Stras se lockt, dann die Brunftzeit, wenn der Bock seine Ricke treibt und dabei alle Vorsicht vergisst. Auch sind in der Berichtsperiode mindestens fünf zig Rehkitze und fünf Junghäschen den Messern der Mähmaschinen zum Opfer gefallen. Einige Landwirte lassen ihre W iesen vor dem Mähen durch den Jagdaufseher absuchen, auch das Verblenden m it an Stangen aufge hängten Säcken am Vorabend veranlasst die Geiss, ihr Kitz über Nacht aus dem gefährdeten Gebiet wegzuführen. Sieben Rehe und drei Hasen wurden durch wildernde Hunde gerissen. Zweibeinige W ilderer soll es auch geben, doch hat die W ilderei m erklich nachgelassen. Die schlim m ste Zeit war, als man die Gasleitung baute. Manche Arbeiter wollten da mals durch Schlingenstellen ihr Menu aufbessern. Unser Dorfbach, offiziell Hintere Frenke genannt, ist immer noch ein gutes Fischgewässer. Nachdem viele Jahre hindurch die Fischweid an Auswärtige verpachtet war, hat sich seit 1979 eine Gruppe vorwiegend Einheimischer zum Sportfischerclub Reigoldswil vereinigt. Der Verein zählt heute zehn Mitglieder. Gefischt wird nur m it der Rute, nicht mehr wie früher m it der «Bären», wie man sie noch im Ortsmuseum Feld sehen kann. Jährlich setzt man 1400-1600 Sömmerlinge der Bachforelle aus. Der frühere Pächter hat auch Regenbogenforellen eingesetzt, doch wan dern diese, da sie tieferes W asser lieben, in die unterliegenden Reviere ab. Nur bei Hochwasser steigen sie wieder auf, alljährlich fängt man noch etwa fünf davon. Andere Fische, für den Fischer zwar uninteressant, gibt es leider keine mehr; für das Gesamtgefüge des Bachlebens wären aber auch Groppen und Grundeln nötig. Die Reiher - deren Fischpatent der Herrgott ausgestellt hat - sind daher auf Forellen angewiesen. Der Rückgang der Erträge ist aber nicht allein ihre Schuld. W ohl hat die Kläranlage den Bach sauberer werden lassen, ihm aber viele Nährstoffe entzogen. Der Fischbestand muss sich diesem kleinern Angebot anpas sen. Auch die Reiher passen sich an, wohl sind es mehr Horste als vor vier Jahren, aber pro Horst kommen nur noch ein bis zwei Junge auf, statt drei oder vier, so reguliert sich der Bestand auch ohne Abschuss. Auf die Fangergebnisse wirken auch W itterung und W asserführung ein. 54

Jagdstatistik Zusammenzug 1965-1986 CO 1 CN 1 N co N co LO N CO N LO CN CN CN CO CN CO CN O — CN — CN CO — LO CN CD —+ CN CN P s CO CN I CO 1 CN CO I CO 1 CN 00 — LO CN CO «+ CO CN «+ CO LO CN CO CN CO CN 1 1 & co co r CN O CN 1 - E CO CN CO CN O co CD CN = CO CO CO CN CO LO CO CD CN LO CN CD CN «+ CO LO CO CN CO CO 00 LO CN CO CN CD CN co St— I CN CN 1 LO st P LO P O CO =+ co co co CN • CO CN s LO s CO co 0 LO 0 s co LC C - C o C 0 00 00 — 1 N £ 0 c do o28 ob P N‘ 00 o P O ) O — 0 0) — LO t t= -+ < — — LO — 00 LO «+ — — CO — N e s /P L — — co CO — co — 0) — LO — - Q o co co co co — co 0) N co co — LO co «+ — —+ N co — s CO CO Q 0) LO — • LO CO CO CO 00 co co — o N co N - LO — — s N O H LP — - LO $ s O 0N 0 0 ) LO r- & 2 N 8 X d o co 1 O) co o C I co CO © C3 & 8 8 8 — O — O CO — co — N CO — N LO — co — O CO CN CO P N LO — 0) co I «+ co 1 — s LO CN 1 o O LO 1 — N CO CO r — LO — co l o — o co N co 00 CO Q — «+ LO _ o o O + O SO E O O O C X o O O O v C 0 2 O :O O— q s Q O Y U 6 O 9 () O I • C O D 00 0) CD 0) o CD o co œ «+ CD co co * co «+ CD co co CD 00 co 00 OD co CD co CD o s t CD N I 0 o F 1 1 1 1 1KJIHGFEDCBACO co co 1jihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA co — CN co CN LO CO P o LO CO co co s co s —, CD CN P CD — ! CN — CN CN LO CN co LO LO CN st s — CN s LO O 1 CN — 1 CN CN CO st st — st o t S o E s O L o ° — CD 9 0 0 ( (O T I g o F o O o 0 C O 2 0 CD o 0 o ( • ) CD o € O s O 0) O 0 O o CD c CD O O 0 0 O o 8 c E u o C CD C ( X c O CD O CD Q C CD 0) E CD O g 8 CD O CD Q C CD CD CD CD Restbestände geschätzt am 31. 3. des Folgejahres. Alle Angaben nach der kant. Jagd statistik auf Grund der Meldungen unserer Jäger. 55

Sie lassen sich anhand der erst seit vier Jahren geführten Statistik nicht klar deuten. 1980 fing man nur 98 Forellen, 1981 deren 177. Die m eistbe fischte Strecke liegt zwischen dem Dorfplatz und der AGR-Garage, sie ist leicht zugänglich. Von dort bis zur Gemeindegrenze sind die Fänge gerin ger, die dichte Bebuschung der Ufer wird dabei eine Rolle spielen. Am forellenreichsten soll der Abschnitt zwischen Dorfplatz und Pfarrhaus sein, doch werden die Fischer dort oft von Zuschauern gestört32.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA N a tu rs c h u tz u n d R e s e rv a te Auch der N a tu rs c h ü tz e r gibt sich m it der Natur ab; statt einem Stück W ildbret oder einer Trophäe trägt er vielleicht die Photographie einer schönen, selten gewordenen Blume nach Hause, oder er freut sich am Gesang der Vögel und am Geflatter vieler bunter Insekten, deren Heimat er durch seine Bemühungen hat erhalten helfen. W enn der Staat Listen geschützter Tiere, Pflückverbote für gewisse Pflanzen erlässt, so ist da m it noch gar nichts gewonnen, wenn man nicht zugleich dafür sorgt, dass der Lebensraum dieser Pflanzen und Tiere erhalten bleibt. Noch le ben wir in einer reichen Natur, aber wie lange noch? Intensivlandwirt schaft, Strassen- und Häuserbau, aber auch der immer mehr zunehm en de Erholungsdruck auf die Landschaft zerstören einen Standort nach dem andern. Hier zu retten, was noch m öglich ist, haben sich einheimische Organisationen und auch private Liebhaber vorgenommen. Der Obstbau- und Vogelschutzverein hat ursprünglich seine Nistkästen aus rein materiellen Gründen aufgehängt, dadurch wollte man nützliche Vögel fördern, die schädliche Insekten vertilgten. Dank der Spritzerei war man aber nicht mehr auf die Vögel angewiesen. Trotzdem fuhr man weiter m it Nistkästen, weil man an den Vögeln nun einfach Freude hatte. Erst die negativen Folgen der Landschaftsvergiftungen machen uns wie der auf die gefiederten Helfer aufmerksam. Durch jährlich zwei Exkur sionen, die eine in Dorfnähe, die andere ins Bergebiet, hofft man, den Leuten die Schönheit des Vogelgesanges und den Reichtum unserer Na tur ans Herz zu legen und das Verständnis für Naturschutz allgemein zu fördern. S c h u tz g e b ie te (Reservate) wurden bei uns bis jetzt nur wenig eingerich tet, da dies bei der traditionellen Bewirtschaftung kaum nötig war. Der ganze obere Teil unseres Bannes gilt als Stück einer Landschaft von na tionaler Bedeutung33. Hier hat der Staat das Gebiet des Schelmenlochs und des Jegerwäglis unter Schutz gestellt. Im Rifenstein hat er, angeregt durch Dr. Paul Suter und Peter Suter, den W eiher gebaut und unter Schutz gestellt. Pflege, Unterhalt und Aufsicht hat die Gemeinde über nommen. Auch der Chrottenweier unter Gorisen ist durch die gleichen In itiatoren entstanden. Der Verfasser küm m ert sich um die Bärengraben weidteile, um diese als Magerwiesen zu bewahren, ebenso um die Gebü sche unter dem Richtenberg und um ein kleines Riedlein am Schlangen weg. Es geht heute beim Naturschutz nicht nur darum, die Natur einfach walten zu lassen, je nach dem Schutzziel müssen W iesen gemäht, W ei her bepflanzt und gesäubert, Hecken im Schach gehalten werden. All 56

F is c h e re i F a n g s ta tis tik 1 9 7 9 -1 9 8 2 rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Nur Forellen Länge in cm -23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35- Total 1979 1980 1981 1982 21 5 21 15 26 40 31 11 15 28 14 34 28 15 29 12 29 34 20 15 10 8 8 13 7 6 9 6 4 4 9 3 3 2 5 3 4 4 4 1 2 1 1 1 1 3 4 9 5 166 98 177 142 F a n g g e b ie te Total der vier Jahre Länge in cm -23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35- Total Abschnitt 1 16 16 26 20 12 Abschnitt 2 16 23 51 41 Abschnitt 3 Abschnitt 4 Abschnitt 5 Abschnitt 6 Abschnitt 7 12 11 15 23 13 15 1 19 11 2 3 4 12 14 11 2 4 4 25 12 5 3 5 10 14 1 7 1 2 1 10 6 2 3 2 2 9 8 1 2 7 2 3 1 5 2 2 1 2 2 1 2 2 1 1 8 6 4 3 Gemeindegrenze Ziefen bis Brücke AGR AGR bis Dorfplatz Dorfplatz bis Dig (Grossglauser) Dig bis W asserfalle Abschnitt 1: Abschnitt 2: Abschnitt 3: Abschnitt 4: Abschnitt 5: W olbächli Abschnitt 6: Abschnitt 7: Rüschelbächli Ämlisbächli 143 194 96 75 4 49 22 Hintere Frenke Angaben nach der Statistik des Sportfischervereins dies verlangt Opfer an Zeit und Geld. Hier sehe ich weitere Aufgaben für den Vogelschutzverein und die Gemeinde. Die Landschaftsplanung ist ebenfalls im Tun, wir hoffen, dass dadurch noch weitere Gebiete erhalten werden können. Es braucht aber das Verständnis des Landbesitzers. Eine Nutzung wird nicht verhindert, wohl aber m it Auflagen versehen (z. B. Düngeverbot). Im W ald soll in den geschützten Gebieten Holz nur soweit nötig und m öglichst schonend geschlagen werden; Naturverjüngung ist anzustreben. Man glaube aber ja nicht, solche Aufwendungen seien «un produktiv». Eine von verschiedenstem Leben erfüllte Landschaft hat viel mehr M öglichkeiten, sich selbst zu regulieren und W unden zu heilen, als eine auf reinen Massenertrag getrim m te, eintönige und deshalb viel anfäl ligere Kultursteppe. 57

Abb. 18. Der letzte Fischotter (Lutra lutra L.), 1933 erlegt in Bütschen, an der Hinteren Frenke durch Rudolf Plattner. Kantonsmuseum Liestal. AnmerkungenUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA P fla n z e n w e lt 1 Im J u ra unterscheiden Max Moor und andere folgende H ö h e n s tu fe n d e r V e g e ta tio n : über 1 200 m Voralpenstufe Subalpin Buche,Bergahorn 1000 - 1200 m obere Bergstufe Obermontan Buche, W eisstanne 600 - 1000 m untere Bergstufe Untermontan Buche herrscht vor 400 - 600 m Vorbergstufe Submontan Buche und andere Laubhölzer unter 400 m Hügelstufe Kollin Laubmischwald, weinbaufähig An Sonnenhängen können die Grenzen höher, im Schatten viel tiefer liegen. 2 So möchte ich ihn in Anlehnung an Favargers «pseudoalpine Matte» nennen, d. h. m it ähnlicher Artenzusammensetzung, aber in einer andern Stufe gelegen und nur durch menschlichen Einfluss entstanden. Vgl. Anm. 8. 3 Hess, Landolt und Hirzel, Flora der Schweiz, 1972, nennen sie Primula columnae. 4 nach Plagnat, 1950 zit. in Ellenberg Vegetation Mitteleuropas 1963. 5 Binz, Flora v. Basel, 3. Aufl. 1911 gibt Studenweid und Hochwacht als nördlichste Punkte an. 6 Die Bergföhre kommt im Lauwilerbann auf sehr trockenen Felsgräten vor. 7 Die Karte ist leider nicht datiert, aber mein Onkel hat sich 1898 als Schüler darauf verewigt. Vgl. auch Fin «Sormatt». 8 Favarger, Flore et Végétation des Alpes Bd. 2. 1958. 9 Caspar Bauhin, Catalogus plantarum circa Basileam sponte nascentium 1671. 10 Hans Breitenstein, geb. 1917, kannte sie schon als Knabe. 11 Polygonum cuspitatum. 58

T ie rw e ltrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 12 Vgl. W. Schaub, Ausgestorbene Tiere unserer Heimat BHbl Bd. 7, 1970, 541 ff. Der Fischotter steht im Kantonsmuseum Liestal. 13 Von 24 Schädeln aus Eulengewöllen liessen sich 21 der Gelbhalsmaus, aber kein einziger sicher der W aldmaus zuordnen. 14 Huber HK gibt ihn als «selten» an. 1 5 Ein Schädel in der Schulsammlung und Spuren um Enzianflue weisen auf ihn hin. 16 W alter Vogt meldete es mir vom Bergli (mdl.). 17 1963 wurde an der W asserfalle ein vermutlicher Blendling (W ildkatze - Haus katze) erlegt; Skelett und Fell in der Schulsammlung. 18 Der damals erlegte Bock steht als Kopfpräparat in der Schulsammlung. 19 Bruckner, Merkwürdigkeiten. Basel 1756, 1888. 20 Belege im Naturhistorischen Museum Basel. 21 Der Uhu war um die Jahrhundertwende noch da. Zwei Belege Sammi. R. Plattner, jetzt im Ortsmuseum und in der Schulsammlung. 22 Bekannt ist der Schlafplatz im Glattenberg, wo im W inter 1953/54 mehrere Millionen übernachteten. Siehe auch Paul Suter, BHBI Bd. 4, 1955, 353 f. 23 Schulsammlung, dazu am 28. 11. 1983 zwei Exemplare am Rüschelbächli beob achtet. 24 G: Erich Plattner. Zu Hubers Zeiten (HK) sogar unter dem Volksnamen «Mönli» be kannt. Verwechslung mit der Geburtshelferkröte nicht ausgeschlossen. 25 Oft bezeichnen die Leute bei uns auch Amphibienlarven als «Groppen». So melde te mir Ernst Schneider «Groppe mit Beinli» im Mettlenmattbächlein, also Salaman derlarven. 26 z. B. beim Heuschopf im Ischiag. 27 Huber, HK, meldet lakonisch: Maikäfer hat es keine. Dafür gibt er den Hirschkäfer an, der heute fehlt. 28 Man nennt sie auch Zebraspinne. Nach Pfletschinger, Einheimische Spinnen, 1976 soll sie früher nur warme, trockene Orte besiedelt haben, breitet sich aber heute stark aus. M e n s c h u n d N a tu r 29 Es sollte am besten ganz unterbleiben, denn die Pflanze lebt nur 4-5 Jahre und muss sich dann wieder versamen. 30 Die Angaben über die Jagd verdanke ich Herrn Max Dettwiler-von Känel. 31 Herr August Lander von der Direktion des Innern hat sie mir gerne zur Verfügung gestellt. 32 Nach Mitt. Dr. Peter Suter, Arboldswil und Fangstatistik des Sportfischerclubs. 33 Inventar der zu erhaltenden Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Be deutung, 1963. Reigoldswil (BZ vom 14. Dezember 1903) Dass es in unseren wilden Jurabächen auch grosse Fische gibt, kann ich als Au genzeuge beweisen; denn gestern wurde in einem Nebenbach der hinteren Frenke, im sogenannten Rüschelbächli, ein L a c h s gefangen, welcher das stattli che Mass von 42 cm Länge und 9 cm Höhe hatte. Die Nachbaren sagen, es sei noch ein viel grösseres Exemplar gesehen worden, konnte aber nicht gefangen werden. Ein solches Exemplar wäre jeder Haushaltung einmal zu gönnen, es ginge das sogar über «gschwellti Härdöpfel»! 59

Der Gemeindebann Lage und Umfang Der Reigoldswiler Bann m it seinen 925,17 Hektaren weist die Merkmale einer Tal- wie einer Berggemeinde auf. Er wurzelt an der Passwangkette (höchster Punkt 1160 m über Meer, Schattberg) und steigt hinunter bis 470 m über Meer (Gebiet Bütschen). Der schön gestaltete und zentral ge legene Dorfplatz liegt auf 509 m über Meer. Das Dorf bildet an der Kreu zung des Frenkenquertals m it zwei Seitentälern den M ittelpunkt der übri gen Gemeinden des Hinterlandes, was sich auch in seiner Stellung als M arktort und Schulort einer Kreissekundarschule ausprägt. M it seinen zahlreichen Ladengeschäften, Restaurants und Haltestellen der Postautos (Basel - Liestal - Reigoldswil der Autobus AG Liestal und W aldenburg - Reigoldswil - Bretzwil der Autom obilgenossenschaft Reigoldswil) darf Reigoldswil als das eigentliche Verkehrs- und Handelszentrum am Fusse der W asserfalle oder im hinteren Frenkental bezeichnet werden. Das langestreckte Bach- und Strassenzeilendorf nim m t die M ittellage der Gemarkung ein und folgt, verschiedene Bachzeilen und Haufenkerne bil dend, auf einer Länge von 2 km der Hinteren Frenke und dem Rüschel- bächlein. Eine ähnliche topographische Lage finden wir in Oberdorf (W al denburgertal) und in Läufelfingen (Homburgertal). M it der genannten Flä che von 925,17 Hektaren ist der Bann im Bezirk W aldenburg der viert grösste, im Kanton m it seinen 73 Gemeinden steht Reigoldswil an elfter Stelle. In der Nord-Südrichtung gemessen dehnt sich der Bann gegen 5 km aus, in west-östlicher Richtung gemessen sind es 3 km. Die Grenzen Reigoldswil grenzt an 9 Gemeinden: an 6 Gemeinden des Bezirks W al denburg (Arboldswil, Titterten, Liedertswil, W aldenburg, Lauwil und Bretzwil) m it einer Grenzlänge von zusammen 10,4 km, an den Bezirk Lie stal m it der Gemeinde Ziefen und einer gemeinsamen Grenze von 2,2 km, sowie an den Kanton Solothurn m it den beiden Gemeinden M üm liswil und Seewen. M it den letzten beiden solothurnischen Gemeinden teilen wir die Grenze auf einer Länge von 1,6 km. Die gesamte Grenzlänge des Bannes beträgt 14,2 km. Von einer Grenzkorrektur In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts verlief die Kantonsgrenze zwi schen Reigoldswil und M üm liswil noch auf dem Passwanggrat; som it trennte die «schneeschmeltzine» die Stände Basel und Solothurn. Aller dings nutzten von alters her solothurnische Bauern aus den Limmerenhö- fen W eiden und Rüttenen nördlich der W asserscheide1. Sie entrichteten 60

Abb. 20. Grenzstein auf der Vogelberg- höchi, Basel-Solothurn, Baselstab, 1727. Abb. 21. Grenzstein im Strick, Basel- Solothurn, mit Baselstab. hiefür «einem Vogt zuo W aldenburg jährlich einen Käs». Im Jahre 1531 gelang es dann den Solothurnern im sogenannten Galgenkrieg, aus dem Gewohnheitsrecht ein geschriebenes Recht zu schaffen, indem ein basie rischer Landstreifen in ihre hohe Herrlichkeit einbezogen wurde. Ein Schiedspruch bestim m te den Grenzverlauf zu ungunsten Basels und Rei- goldswils folgendermassen: «durch Vögelisweyd (Vogelberg) haruff zum schürlin, dann grad hinab an die strass der W asserfallen und durch die Schaffm atten haruff an die flu Gätzisboden (Chellenchöpfli) genannt»2. Im 17. Jahrhundert waren die Grenzverhältnisse auf der W asserfalle recht unsicher. Die W eide auf der Nordseite der Hinteren Egg diente als Söm merung des Schlossgutes W aldenburg, während Reigoldswil das Behol zungsrecht auf der Enzionen und auf dem Chellenchopf besass. Im Grenzstreit 1722 zwischen Reigoldswil und W aldenburg wurde das strit tige Gebiet aufgrund der Eintragungen im Gemeindebuch W aldenburg (Reigoldswil konnte nichts Schriftliches vorweisen) dieser Gemeinde zu geschlagen, doch blieb das Holzrecht den Reigoldswilern. Nachdem die W eide und das Sennhaus der Vorderen W asserfalle nach der Revolution von 1798 in Privatbesitz gekommen war, wurde 1841 erneut zwischen den Gemeinden Reigoldswil und W aldenburg verhandelt. In einem Kauf und Tauschvertrag3 verzichtete Reigoldswil endgültig auf das Behol zungsrecht auf der Hinteren Egg und dem Chellenchöpfli, behielt aber 62

Abb. 22. Grenzsteinsammlung beim Sekundarschulhaus. Gemeinde-Grenzstein R = Reigoldswil, HG = Hilari Gwidum, HW = Hochwaldstein, Kantonssteine mit Basel stab, einer mit Baselbieterstab, Fenstergewandstein mit Steinmetzzeichen. dieses im Enzionengraben bis zur «Ankeballe» und bezahlte an W alden burg ein «Nachgeld» von 275 Franken. Noch heute besitzt die Gemeinde Reigoldswil das Beholzungsrecht in dieser ausgesteinten W aidfläche von 12 ha im Banne W aldenburg4. Diese Tatsache erinnert die heutige Genera tion immer noch an den Verlust eines ansehnlichen Gebietes, wozu auch der höchste Punkt des Baselbietes, die Hinteri Egg, 1168,6 m ü. M., ge hört. Grenzzeichen Als schönes Beispiel einer natürlichen Grenzlinie erwähnen wir den Pass- wanggrat, der bis 1531 Reigoldswil und M üm liswil abgrenzte. Aber auch die heutige Grenze von der Vogelberghöchi zur W asserfalle wird durch ein m it Gebüsch bestandenes Rinnsal angedeutet; der Gebüschstreifen steigt dann in der Fortsetzung empor bis zum Chellenchöpfli5. Der Grenz verlauf wird wie überall durch UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA G re n z s te in e festgelegt. Ältere Steine m it Kantonswappen und Jahrzahl finden sich im Süden auf der Vogelberghö chi und im Norden auf Gauset und im Strick. Die Gemeindesteine sind meistens jüngeren Datum s und bestehen aus Granit. In den W äldern ste hen gelegentlich noch H o c h w a ld s te in e m it der Bezeichnung HW, herrüh rend von der Aussteinung der W aldungen in den Jahren 1723, 1727 und später6. Im Jahre 1763 wurden auch die B ä c h e ausgesteint; diese Steine 63

G ü te rs te in e besass das Kirchengut St. Hilar tragen Nummern7. Ehemalige UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA (Bezeichnung HG = Hilari Gwidum ); ebenfalls ausgesteint waren die Her rengüter Gorisen und M archm att8. Eine Sammlung verschiedener G re n z z e ic h e n wurde 1965 in einer Rabatte zwischen der Turnhalle und dem Se kundarschulhaus aufgestellt9. Anmerkungen 1 Paul Suter, Der W asserfallenweg, ein vergessener Juraübergang. Basler Jahrbuch 1932, 107; 2 StAL 554 G 3; StAL 554 G 1, 1506. 2 StAL 554 G 3; 403 F 2. 3 Ga 31/5 vom 1. November 1841. 4 Paul Suter, W ie Reigoldswil die W asserfalle verloren hat. Neujahrsblatt 1987 der Gesellschaft zum Feld. 5 August Heitz, Grenze und Grenzzeichen der Kantone Baselstadt und Baselland. QuF, Bd. 5, 1964, 147. 6 Paul Suter, Gespenster auf der Reigoldswiler Chüeweid. BHBI, Bd. 8, 1974, 477 ff. 7 Ga II 11/1, Gescheidsprotokoll 1716-1813, 54-61 Bachsteinung. 8 W ie 7, II 11/1 Marchmatt, Herbstmonat 1754. 9 Steinsammlung beim Sekundarschulhaus, 1987 bei der Erweiterung des Schulhau ses neu gruppiert. Die Flurnamen Seitdem unsere Gegend von Menschen besiedelt worden ist, haben die verschiedenen Örtlichkeiten der Gemeinde Namen bekommen. Diese wurden von Geschlecht zu Geschlecht weiter vererbt und dann auch bei behalten, wenn man ihren Sinn, ihre Bedeutung nicht mehr verstand. Erst im späten M ittelalter ging man daran, in Verträgen und Verzeichnissen die zinspflichtigen Besitzer und Güter schriftlich festzulegen. Diese Doku mente sind zum grossen Teil noch vorhanden und werden in den Archiven sorgfältig aufbewahrt. Für Reigoldswil wichtig sind die Bereine (Güterver zeichnisse) des Klosters Schöntal vom Jahre 1447 und der sogenannte Schallerberein vom Jahre 15341. Diese grundlegenden Quellen werden durch Gerichtsbücher, Teilbücher, Kaufbriefe, Gerichts- und Gescheids protokolle ergänzt. Auch konnten Flurnamen, die nur m ündlich überliefert worden sind, erhoben werden. Im ganzen erbrachte die Sammelarbeit über 400 Orts- und Flurnamen, von denen allerdings nahezu 170 ausge storben sind. Auf dem Flurnamenplan im Anhang des Buches werden noch 247 Namen aufgeführt, auf dem Gemeindeübersichtsplan 1 : 5000 ca. 130 Namen, auf dem Topographischen Atlas 1 : 25 000 69 Namen und auf der neuen Landkarte 1 : 25 000 noch 51 Namen. Die nachfolgende Zusam m enstellung der Orts- und Flurnamen nach Sachgruppen gibt Aufschluss über die Art und W eise der Namengebung; sie bietet aber auch ein anschauliches Bild der geographischen Beschaf fenheit des Gemeindebannes Reigoldswil. In vielen Namen spiegeln sich die wirtschaftlichen und rechtshistorischen Verhältnisse früherer Zeiten, 64

während andere von längst vergangenen Geschlechtern Kunde geben. Die Schreibweise der Namen entspricht derjenigen des Grundbuchüber sichtsplanes. In Klammern werden die Bennenungen in der ortsüblichen Aussprache beigefügt, deren Schreibweise sich nach den eidgenössi schen W eisungen von 1948 richtet. Bei den ausgestorbenen Flurnamen wird die älteste urkundliche Namensform angeführt. Ein alphabetisch angeordnetes Verzeichnis säm tlicher Flurnamen m it al len urkundlichen Belegen und genauen W orterklärungen wird in einer be sonderen Studie veröffentlicht2. Ich danke dem Gem eindeverwalter Hans W agner und dem Staatsarchivar Dr. Hans Sutter für ihre M ithilfe und den Gewährsleuten (Rudolf Plattner auf Feld und Dr. Leo Zehntner, a. Gemeindepräsident) für die freundlich erteilten Auskünfte. 1. Viele Flurnamen beziehen sich auf die UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA o ro g ra p h is c h e n V e rh ä ltn is s e . Entsprechend der Lage im reich gegliederten Faltenjura und im Überschie bungsgebiet erweist sich die Umgebung von Reigoldswil als eine Land schaft der Kleinformen. Grosse, e b e n e F lä c h e n fehlen, was auch in der Namengebung zum Ausdruck kommt. An der Eby, jetzt am Bürch (1754) ist der einzige Flurname für eine Ebenheit. Kleinere, einigermassen ebene Flächen am Berghang heissen -b o d e n : Brunn-, Grien-, Grimmen-, Muni-, Nessel-, Riesen-, W asenboden. Zahlreich sind die Benennungen für die verschiedenen Bodenerhebungen. Bewaldete Höhenzüge bezeichnet der Volksmund als B e rg oder B e rg li: z. B. Bals-, Binzen-, Dünnlen-, Glatten-, Richten-, Schatt-, Schuflen-, Vogelberg. Kleinere Erhebungen heissen H ü b e l: Birch-, Gips-, Gutschen-, Hosenhübel, B ie l oder B o h l (zu m ittel hochdeutsch bühel, entrundet Biel, althochdeutsch boi, beides Hügelfor men): Ober-, Unterbiel, Bohl, Bohlhübel, während F lu e , S te in . K o p f d ie Ge gend überragende Felsen bedeuten: Baberten-, Bürten-, Horniflue, Rifen- stein, M ittler Stein, Schärenkopf, Maiakopf, Spionskopf. Bergabhänge werden B a in und H o ld e n genannt: Ämlis-, Balstall-, Chüefer-, Geiss-, Gil lenrain, Holden, Hagen-, Ried-, W eiers-, W intterholden. Bei den Flurnamen für die Talformen wiegen die im Faltenjura häufigen Kerbtäler und Tobel als G ra b e n und S c h lu n g 3 vor: Bären-, Bürten-, Flüe-, Hitze-, Lankgraben, Schlung, Schmid- und W itschlung. T a l ist im ausgestorbenen Mülital (heute Am iis), dann auch in den W iden (in dem forderen und hinderen tal, 1447) vertreten. G ru n d bezeichnet den Talgrund im Gegensatz zur Höhe. D e lle (Unter Dellen) heisst eine nur schwach angedeutete Bodenmulde am Richtenberg, W a n n e eine der so genannten Getreideschwinge ähnli che Hohlform am nördlichen Dorfausgang, L o c h und K e s s e l: Cholloch, Kessiloch bedeuten kesselförmige Vertiefungen. 2. B o d e n a rte n u n d B o d e n q u a litä t erfahren in verschiedenen Flurnamen eine treffende Charakterisierung. Gipshübel und wyssen weg erinnern an die ehemalige Ausbeutung von G ip s zu Düng- und Bauzwecken. Lätten, Leimbronnen, Leimgrubenmatten bezeichnen le h m h a ltig e n B o d e n (Opali- nuston). Auch der ausgestorbene Flurname Degelm att bezieht sich auf m ittelhochdeutsch tegel=Ton, Lehm. Der Name Rötelen (abgegangener 65

Einzelhof, nach seinem Besitzer auch Fürstenberg geheissen) geht auf den rot-blauen Keupermergel zurück. Im Gegensatz zu den Ton- und M er gelschichten gilt der Name UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA S te in für anstehende Kalkschichten: M ittler Stein (Felsband am alten W asserfallenweg), Steinigen, wo viele Steine liegen, Steim ertenacker (daselbst Lesesteinhaufen). Im Flur- und Haus namen Chalchofen am Fusse des waldreichen Horns ist die einstige Ge winnung von gebranntem Kalk festgehalten. Bei der B o d e n q u a litä t stehen in den Flurnamen vor allem die schlechten Eigenschaften im Vordergrund. Dürrenberg, Dürrenm att, Sormatt be zeichnen trockene Landstücke, im moss, M oosm att, im nassen garten feuchte Standorte. Ruchacker, Rüche, Ruchenrütten heissen schwer zu bearbeitende Grundstücke, ebenfalls Staacher (starchacker 1447, Bemer kung 1763: so schwärs Landt, dass ohne m it 6 Stückh Haupt nicht kenne gepflügt werden) und Dootsch (uf Dorritsch 1534, zu dornig). Der böz- zenberg beim Ziegelhölzli wird von den Fachleuten aus sprachlichen Gründen als keltische Namenbildung angesehen; es handelt sich aber um steiniges, unfruchtbares Land (Bösenberg!). 3. Verschiedene Namensformen beziehen sich auf Q u e lle n , B ru n n e n und W a s s e rlä u fe . Die für die frühere W eidewirtschaft typischen Feldbrunnen sind heute zum grossen Teil eingegangen, weil ihre Quellen von der Dorf siedlung und von den im 18. Jahrhundert gegründeten Einzelhöfen bean sprucht worden sind: Hilario Brunnen4 (identisch m it der Hofstetten- oder W eierm attquelle der W asserversorgung), Gänsbrunnen (bei der Strassen kurve vor der Fabrik von Fritz W eber, 1515 erwähnt), Goldbrunnen (am al ten W asserfallenweg, seit 1902 für die W asserversorgung von Titterten gefasst), Hirschbrunnen (auf Lucheren), zum kalten Brunnen (vor den Eichen, 1446), Klingelbrunnen (bei M archm att, zu chlinge = rauschen, einen hellen Ton von sich geben), Leimbronnen, Sennenbrunnen (beim Gämpisgut). Die W asserläufe heissen meistens B a c h oder B ä c h li: Ämlis- bach, Rüschelbach (Mündung im Dorfteil Rüschel), W olbächli (aus dem Flüegraben, Zusammenhang m it dem Flurnamen W olstel, zu W alen, W elsche, Römer, daselbst wohl der noch nicht gefundene Standort eines römischen Landgutes); der Dorfbach, die Hintere Frenke, wird nam entlich in den Urkunden nicht genannt, er heisst bei den Anwohnern einfach «Bach». Das W ahrzeichen von Reigoldswil, die W asserfalle (erstmals 1399 als die W asservallen erwähnt) bezieht sich auf den Steilabfall der Bürten- und Enzianflue, wo das W asser «vom Berge fällt». Der Name ging später auf den Passweg und die daran liegenden Höfe über. An ein einsti ges stehendes Gewässer erinnert der Flurname W eierm att, wo sich im M ittelalter inm itten eines W eihers das wygerhuss Rychenschwil erhob. Im 16. Jahrhundert wurde eine W irtschaft in der Nähe weigerhaus ge nannt; der W eiher diente noch im 19. Jahrhundert als Deuchelweiher zum Einlegen der Deuchel=W asserleitungsröhren aus Föhrenholz. W eitere stehende Gewässer: das Chrotteweierli neben der Frenke in der Nähe der Banngrenze gegen Ziefen und der 1975 angelegte Naturschutzweiher am Fuss des Rifensteins. In der Talaue wird das am Bach liegende Gelände wie andernorts Ei (entrundet aus Au) oder Eiland genannt. W eitere feuch- 66

te Standorte heissen im moss (am Rüchelbach, 1447), Moosmatt. W o früher ein W uhr (W ehr) zum Ableiten des Baches für die W ässerung der Bachm atten angelegt war, erhielt die 1824 erbaute, gewölbte Brücke den Namen W ührebrücke (W üeribrugg). Der auf einer hochgelegenen Terras se über dem Talboden unterhalb dieser Brücke gelegene Einzelhof hat den Namen Gstad. Schon 1447 hiess diese Örtlichkeit an dem gestad, im Sin ne von Ufer, Uferböschung. L a g e eines Grundstückes kann zu verschiedenen Namengebungen 4. Die UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA führen. Sonnenhalb (1753) wurde später zu Sonnhaldm att um gedeutet, während der gegenüberliegende Nordabhang als Schattenm att bezeichnet wurde. Die gleiche Benennung (Schattberg) gilt auch für die Nordseite des Vogelberges. Ein ausgestorbener Flurname aus dem 16. Jahrhundert am Schattenhang des Flüegrabens führt den treffenden Namen wintter- halden. Entsprechend dem häufigen W echsel von Erhebungen und Sen kungen finden wir neben Hohacker, Hohenm att, hochenriedt, Hoher Gau set auch den Flurnamen Tiefenägerten. Oder die Lage einer Örtlichkeit wird m it den Präpositionen Ober, M ittel, Unter differenziert: Ober- und Unterbergli, Ober-, M ittel- und Unterbiel (Dorfteile), Unter der Bürtenflue, Unter Dellen, Unter Gillen. Der Flurname M ittler Stein steht zwar allein, setzt aber einen Unter- und Oberstein voraus. Die Letztgenannten betreffen ein namenloses Felsband (unten) und die Enzian- oder W asser- fallenflue (oben). 5. Die F o rm eines Landstückes kann ebenfalls namengebend sein. Lang acker, langen Ägerten, Langm att, lange Rütenen, Breit Acker weisen auf langgezogene oder breite Parzellen hin. Auch Strick kann ein langge strecktes Landstück bedeuten. Spitzwinklige Äcker heissen Spitzacker oder Gerii (zu m ittelhochdeutsch ger = Spiess), gebogene, krumm verlau fende Grundstücke krum bacher (in nüschelen, 1447). Die Fläche eines Landstückes wird gelegentlich m it Gross oder Klein umschrieben: Grosse Bündten, Grossm att, Grosse Rütti, Kleinweidli (Chleiweidli). Bildliche Be zeichnungen sind: Ankeballe (Felskopf auf der Enzianflue), Hand (hand förm ige W eggabel), Horniflue (hornartiger Felskopf), Hörnli (bei der Eröff nung einer W irtschaft im äusseren Hörnli habe man den Kopf eines Schafbocks über der Haustüre angenagelt), Stelzehübel (Landstück m it einem Vorsprung), W inkel (Geländewinkel bei der Einmündung eines Sei- tentälchens). 6. Die V e rtre te r d e s P fla n z e n re ic h s finden sich in Reigoldswil in vielen Flurnamen. W a ld b ä u m e : Birch (uf birchen 1515), Birchhübel, zu buchen (1447), Eichen (vor den eichen 1446), Eichenägerten, Eichenkeller, Ei- chenrüti, Fohrenacker (am Schuflenberg 1760), bei der hohlen Eich (auf Lucheren), Örli (hinder den erlen 1446), Reckholtern, zu dem rotten boum (Rottanne, 1447), W iden, -holz, -m att, -rein (in widen 1447), bi der W iss fohre (mü. Überlieferung). Die Nennung von W aldbäumen in Flurnamen bedeutet nicht immer ein flächenhaftes Auftreten; es konnte im Gegen teil die auffällige Erscheinung einer Baumgruppe oder eines Einzelbaumes 67

namengebend sein. Der Flur- und Hofname Stöckm att (stockm at 1695) weist auf eine Rodung hin, wobei anfänglich noch einzelne Baumstrünke im bebauten Land stehen blieben. Das Nameninventar enthält ferner eine grosse Zahl von UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA O b s tb ä u m e n , die für eine recht frühe Kultivierung ver schiedener Obstsorten spricht: bisbim poum (1447, vielleicht Bisam Apfel), by dem grübligen nussboum (1541, Grübel-Nuss = harte, kleine Nuss), zue kirsbäumen (1575), by dem kungsboumen (1447, Königsbirn baum), zum maltzenboum (1447, M alzecher-Apfelsorte), Maucher (alte, süsse Apfelsorte), by den nussböumen (1446, am Richtenberg), bim schwartzen Kirsbaum (1712, schwarze Kirschensorte), an speckbirboum an berglen (1446, Speckbirne), Zapfholderen (1447 zu krutz apffalteren = Apfelbaum m it eingeschnittenem Kreuz als Grenzzeichen). W e ite re P fla n z e n n a m e n -. Binzenberg (vielleicht zu m ittelhochdeutsch binez = Binse), Bippeliflüeli (zu Fohrebippeli = Föhrenzapfen), Chläberen (ze Klebern 1447, zu Klette), Haberm att (M atteneinschlag auf der Ackerzeig), Hirs- acker (zu Hirse = alte Getreideart), M oosm att, Nesselboden (Teil der ein stigen Bergweide, zu Brennessel), zu der salen (1447, zu m ittelhoch deutsch salle=Salweide). 7. Auch die T ie rw e lt ist in den Flurnamen vertreten. Auf W ild tie re weisen hin: Bärengraben (1717 genannt, vielleicht im Zusammenhang m it der Erle gung eines «sehr grossen alten bären» im Jahre 1614 im W asserfallenge biet), Fuchsacker (1753), Hirschbrunnen (1813 auf Lucheren, an der Grenze gegen Ziefen). An die einheimische V ie h - u n d W e id e w irts c h a ft erinnern Chüeweid (Küehweid 1720), Kühstelle (im Gämpis 1691, auf der Chüe weid 1720: Sammelstelle für das W eidevieh während den heissen Tages stunden), M unim att, Säuschwänke (beim W asserfall unter der Enzianflue, wo die Schweineherde sich aufhielt und sich an Eicheln und Bucheckern gütlich tat, 1553), Geissrain, Schafweidli, vischwendy (Viehschwende, Rodung zu W eidezwecken, 1447). Die V o g e lw e lt ist vertreten in folgen den Namen: finkental (1534), Gänsbrunnen (1515), Gauset (zu Gans, in Gannssert 1530), Vogelgricht (Vogelfangstelle am Binzenberg), Vogel m att (Hof- und Flurnamen, nach dem Namen eines Besitzers). Schlangen weg (gewundene Form des W eges), Am eisenweg (Umbeisseweg). 8. Der B e s itz e rn a m e kann in einem Flurnamen weiterleben, auch wenn das Grundstück schon längst in andere Hände gekommen ist. An ehema ligen kirchlichen Besitz erinnern Gwidematt und Pfaffelen (in faffen 1447, zu Pfaff =W eltgeistlicher, im Gegensatz zu Münch =Klostergeist- licher); beide gehören zum ehemaligen Kirchengut von St. Hilar. T a u f o d e r V o rn a m e n liegen vor in Äm lis (Amelheris), Bärsberg (zu Berht, Berchtold), Debisgarten (zu Debi, Kurzname für M atthäus), Deigs (zu Daigis oder Daniel), Dürsiwegli (zu Durs, Ursus), Gallym att (zu Gallus), Gillen (zu Aegilius, Kurzname Gill), Gladacker (zu Claudius, Gladi), Gorisen (zu Gregorius, Gorius), M artisweid (zu Martin), Mussenächerli (zu Hiero nymus), Rüschel (zu Rutschmann, Rutzschi), Thewisbrunnen (zu M at thäus), Züsiboden (zu Susanna). Von F a m ilie n n a m e n leiten sich ab: Anckhensm att (Hans im anckhen 1447), im castel (Castellen gut 1447), 68

Dünnlenberg (zu Tuomo, heute Thommen, 1385), Fürstenberg (Erbauer und Besitzer Fürstenberger-Iselin aus Basel), Grimmen Boden (Jacob Grimm, 1608), Jundtewegli (Fussweg vom Ruschel zur W irtschaft und Bäckerei Eugen Jundt-Roth), Richenrütin (Rutsche Rich 1534), schwitzer acker (Pentheli Schwytzer 1641), Suterhübel (Fridlin Suter 1608), W aibel loch (Stollen 1828, angelegt durch den Mineralogen W aibel aus Basel). UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D o rfn a m e n leben weiter in folgenden Flurnamen: Bütschenhans (Hans Frey, der Bütschenhans, 1792), Kaisergärtli (Hans Müller, genant Keyser, 1586), Plunygass (Dorfname einer Familie Plattner, nach dem M utterna men Appolonia Dürrenberger, 1593), W äberheinis Los (Jägersprache, Ort wo Brennholz aufgeschichtet wurde), W eltschhansenrain (Hans Roth, ge nannt W eltschhans, erbaute 1603 eine neue Mühle). B e ru fs n a m e n oder Zugehörigkeit zu einem G e w e rb e b e trie b finden sich in mehreren Beispie len: Beckenm att, bottenacker (1698), Chüeferrain, Sageracker, Säge m att, Salzmatt (später M ühlematt genannt, vielleicht im Besitz des Salz meisters. 1772 wird Hans Georg Grätiger, der Salzmeister genannt), Schm idgarten, Schneidergarten, Schreinergarten, Seileren (zeinleren 1446, vielleicht zu m ittelhochdeutsch zeinler - Korbflechter, später zu Seileren um gedeutet), Zimmergässli. 9. Über die W irts c h a fts g e s c h ic h te der Faltenjuragemeinde Reigoldswil geben verschiedene Flurnamen Auskunft. Die Namen Feld, Reifenstein-, Richtenberg- und Niestelenzelg, der ausgestorbene Zelchweg sprechen für das uralte Landbausystem der D re ife ld e rw irts c h a ft. Vom ehemaligen Dorfhag oder Etter ist der Hag längs des Bielweglis übriggeblieben; an einen Durchgang im Hag von der Chilchägerten bis zum Bad erinnert der Gätterliacker. Ausserhalb der ebenfalls durch Häge abgeschlossenen Zei gen lagen die M a tte n , m eist in der Talaue oder an steilen, schattigen Berghängen: z. B. Bach-, Berg-, Hohen-, Hübel-, Langm att, Lehmet, March-, Meyer-, M ettlen-, Moos-, Mühle-, Neu-, Rüschel-, Schatten-, Seben-, Sor-, Stein-, Stock-, Sunnhold-, Vogel-, W eier- und W idenm att. Die grosse Zahl von 56 Flurnamen auf -m att gegenüber nur 27 auf - acker, z. B. beyelacker (1696), Bodenacker, Breit-, Fohren-, fuchs-, Gätterli-, Glad-, Hirs-, Hof-, Hoh-, Lang-, Räb-, Ruch-, Sager-, Spitz-, Stap- felacker, Staacher (starchacker 1447), Mussenächerli, lässt darauf schliessen, dass entsprechend dem rauhen, regenreichen Klima die G ra s - u n d V ie h w irts c h a ft auch zur Zeit der Dreifelderwirtschaft von Bedeutung war. Im Zusammenhang m it diesem Zweig der Landwirtschaft steht die W e id e w irts c h a ft vergangener Zeiten. Reigoldswil besass ausgedehnte Gemeindeweiden5. Nach dem Einernten wurden auch die Ackerzeigen ge weidet. Erst 1847 gab man den allgemeinen W eidgang auf: das W eidland wurde parzelliert und den Bürgern pachtweise als sogenannte W eidteile zur Benutzung übergeben. Flurnamen: Chüeweid, Gustweid, Bergweid, Chleiweidli, Melkgass, Kuhstelle. Private W eiden: Hoggenweidli, Sennen weid, M artisweid. W eitere Einrichtungen des alten Landbaus: E in s c h la g 6 (Ischlag), verschiedene Örtlichkeiten. Einschläge wurden hauptsächlich im 18. Jahrhundert für Grundstücke auf der Ackerzeig bewilligt; sie wur den gegen ein Gebühr vom Ackerland abgetrennt, «eingeschlagen» (ein- 69

gehagt) und als M attland genutzt. Aus noch älterer Zeit stammen die UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Ä g e rte n , wenig fruchtbare Landstücke, die ohne die übliche dreijährige Zeitfolge ein paar Jahre als Ackerland benützt wurden, solange ein Ertrag m öglich war. Nachher dienten sie als Magerwiesen oder W eiden: Chilchä- gerten (heute Dorfteil), Eichenägerten, Tiefenägerten. Als R ü tte n e n (Ein zahl Rütti oder Rüti) bezeichnet man Rodungen im Gebiete des W aldes. Vom 17. und 18. Jahrhundert weiss man, dass die Obrigkeit vorzugswei se ärmeren Gemeindegenossen gegen ein bescheidenes Entgelt (Rütti- zins) die Anlage von Rüttenen erlaubte. Nach dem Ausreuten schlug man eine Rütti ein und betrieb während einigen Jahren einen bescheidenen Ackerbau: Eichen-, Geiss-, Glocken-, Grosse Rüti, Kesselrüti, in den lan gen Rütenen, Richenrüttin, Ruchenrütten, Steinrütte, Sternenrütti. An weitere R o d u n g e n bei der Urbarisierung des Landes erinnern die Namen Hochenriedt (in den Bergmatten), Riedholden (heute zum grossen Teil wieder W ald), Schweini (zu sweinen = mindern, abnehmen, heute wieder W ald), Aufm Stock (auf Lucheren), Stöckmatt, in der Vehschwendi (auf Örli). Zur Zeit der Selbstversorgung wurde auch der einheimische G e s p in s tp fla n z e n - u n d G e m ü s e b a u in dorfnahen Bünten und Gärten be trieben: Bündtenm att (in den bünden 1447), Grosse Bündten, Biel-, Debis-, Dürssel-, Grünblat-, Pluny-, Schmid-, Schneider- und Schreinergar ten, im nassen garten (1534). Die Flurnamen Räbacker, in de Räbe (auf Eichen, 19. Jahrhundert), m atten uff wingartten (1447, am Plattenweg) beweisen, dass auch die W e in re b e in Reigoldswil heimisch war. W eitere Namen für frühere g e w e rb lic h e E in ric h tu n g e n : Chalchofen (einstiger Kalk ofen am Fusse des Horns, 1586 erstmals erwähnt), Cholloch ( auf Bür ten, Herstellung von Holzkohle), Ziegelhütte (beim Chilchli, 1612 erstmals genannt). 10. S ie d lu n g s g e s c h ic h tlic h e s . Durch einzelne Bodenfunde ist die Besied lung von Reigoldswil in vorröm ischer Zeit erwiesen. Vielleicht steckt in den folgenden Namen k e ltis c h e s S p ra c h g u t: Baberten (Fund eines Stein beils am Fusse der Baberten), Balsberg, bözzenberg (analog Bötzberg AG, keltisches W ort), Bürten (zu keltisch borda = Hütte). An die R ö m e rz e it er innern die Namen Gämpis (an gemppen 1447, zu campus = Feld), Stei nenm atten (unterhalb M archm att, kein steiniges Gelände, Hinweis auf Römersiedlung?), ein rütten hinden im wolstal7, 1447. Die beiden letztge nannten Namen weisen auf W alen=W elsche, Römer hin, verm utlich da selbst Standorte eines römischen Gutshofes? Der a le m a n n is c h e n S ie d lu n g s e p o c h e gehören an: Hofacker, Hofstetten, Höfli, der Ortsname Rei goldswil (Rigoltswilre 1152). Die beiden Kirchen St. Hilarius und St. Remi gius (letzere im Banne Lauwil) dürften im 7. oder 8. Jahrhundert entstan- Abb. 23. Blick von der Babertenflue auf Reigoldswil. Nach einer Federzeichnung von Georg Friedrich Meyer, 1681. garen = geerntet, broch = brach, weydt = Weide. Orts und Flurnamen: (Schloss) ramstein, ballsperg (Balsberg), grienfluo (Grienflue), march matt, zeileren (Seileren), Jm richtenberg, auff bürch (Birch), Zeig z'kläberenhaupt (Chläberenzelg), In der röti (Rötelen), güllenfluo (Gillenflue), Huggenhübel (Hoggenhü- bel), weyer (W eiher am nördlichen Dorfausgang), Locus auff baberten fluo (Standort des Zeichners auf Babertenflue), nach Titterten (Fahrweg nach Titterten). 70

den sein, als unser Gebiet unter fränkischer Herrschaft stand. Aus der UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Z e it d e s F e u d a lw e s e n s (11./12. Jahrhundert) stammen Rifenstein, W iger- haus (auf der W eierm att), eventuell auch der Name Schanz, weil dort ein Gefässdeckel aus der Burgenzeit gefunden wurde. Von den E in z e lh ö fe n werden Butschen, Gorisen und M archm att bereits im 17. Jahrhundert als Herrschaftsgüter genannt. 11. Von den re c h tlic h e n V e rh ä ltn is s e n vergangener Zeiten zeugen eben falls einige Namensformen. Lehmet kann als Lehen gedeutet werden, Zins acker, über den der Inhaber ohne Einspruch des Grundherrn verfügen konnte. M eyerm att, Glockenrütti und Salzmatt beziehen sich wahrschein lich auf Grundstücke, die Am tspersonen gehörten (Meier, Sigrist, Salz meister) oder ihnen zur Nutzung überlassen wurden. Grenzangaben fin den wir in March (gegen Titterten) und M archm att (gegen Bretzwil). 12. E in b lic k in d a s V e rk e h rs w e s e n erhalten wir durch mehrere Flurnamen. Bretzwiler-, Seewen-, Titterten-, W aldenburger- und Ziefnerstrasse geben Aufschluss über die Verkehrsverbindungen zu den Nachbargemeinden. Am frühesten wird die W aldenburgerstrasse erwähnt (1534 und als weg, der uf die festen gat, schon 1447), weil Schloss W aldenburg als Sitz des Obervogtes wichtig war. Für den Fernverkehr war der Saumpfad über die W asserfalle von Bedeutung sowie der Baselweg als kürzeste Verbindung nach Basel. Da die Pfarrkirche von Reigoldswil bis in das 16. Jahrhundert im Banne Lauwil lag (St. Romai), führte der Kilchweg durch das Müli- oder Äm listal. An ein W egkreuz in katholischer Zeit, zugleich an eine W egkreuzung des Titterter Kilchweges und des Hoggenweges, erinnert der Name Chrüzweg, heute eine Quartierstrasse. Die Neben- oder Feld wege des Gemeindebannes heissen -weg oder -gass: Bergmatten-, Platten-, Staacherweg-, Bach-, Grund-, Melk-, Rüschel-, Schmidtengasse. Fusswege werden in der Verkleinerungsform -wegli (wägli) genannt: Becke-, Dürsi-, Jeger-, Schanzwegli. Als Bestim m ungswörter dienen m ei stens die Flurnamen der Örtlichkeiten, zu denen die W ege führen. 13. W illk ü rlic h e N a m e n b ild u n g , an eine B e g e b e n h e it anknüpfend oder scherzhafter Natur, finden sich auch in Reigoldswil. Eine Stelle am alten W asserfallenweg, in der Nähe der Säuschwänke, wo eine Felsplatte bei einer grossen Buche lag, nannte man früher «bim Brotträger». Über die Herkunft des Namens weiss niemand mehr Bescheid. Eine Notiz des Geo meters Georg Friedrich Meyer erklärt eindeutig «beym brotträger, welcher aida erm ört worden» (1681). In der Nähe der genannten Örtlichkeit heisst der schluchtartige Bachlauf der Hinteren Frenke Schelmenloch. Dieser Name bezieht sich wahrscheinlich auf eine Begebenheit, die der Solo thurner Chronist H. F. Haffner 1666 geschildert hat: «Ist ein böser Mörder / dessen 12 Gesellen sich auff der W asserfallen eine gute Zeit lang in einer Höli / so sie in den Felsen gegraben / auffenthalten / und vii Perso nen erm ordet / in der Vogtey Dorneck behändiget / nacher Solothurn ge fänglich eingebracht uns justificiert worden». Ebenfalls an ein geschicht liches Ereignis knüpft der ominöse Name Huerewägli, ein Fussweg vom 72

Chleiweidli auf die Bürtenweide an. Diese beschwerliche W egverbindung wurde 1622 in der Zeit konfssioneller Spannungen zwischen Solothurn und Basel durch den Lehenmann der Hinteren W asserfalle widerrechtlich angelegt. Die schon 1681 bezeugte derbe Namensform, gelegentlich m il dernd als Häxe- oder Hurtigwegli bezeichnet, galt wohl als Verwün schung des von Basel angefochtenen W eges. UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA S c h e rz b ild u n g e n sind An- kenballe, ein Felskopf auf dem Grat der Enzianflue. Ein alter Vers, der an den Verlust einer grossen W aldfläche bei der Ankenballe an die Gemeinde W aldenburg erinnert, lautet: Z Reigetschwyl in der Sunne, isch d Anke- balle verrunne; weitere Beispiele: Chläppergässli (Schallwirkung beim en gen Durchgang zwischen zwei Häusern im Unterbiel), Chatzetal (früher schwer gangbarer W eg), W aggis (Platz beim W achthaus vor dem Gast haus zur Sonne). Die Anteilnahme der Reigoldswiler an der W eltpolitik bezeugen die Namen Malakopf (Hügel zwischen dem vorderen und hin teren W identälchen), benannt während des Krimkrieges nach M alachow Kurgan, südliche Hauptbastion der Festung Sewastopol, 1855 von den Franzosen erstürm t, sowie Spionskopf (Felskopf an der Bürtenstrasse), beim Bau des ersten W egstückes dieser Strasse im Jahre 1902 von den W egarbeitern geprägt, in Erinnerung an den Berg Spionskop in Südafrika, bekannt durch die Kämpfe zwischen Engländern und Buren im Jahre 1900. 14. D u n k le N a m e n s fo rm e n fehlen in keiner Gemeinde: Das Cheigel- wüschhölzli (Sandgruben under dem Keygullwüsch, 15./16. Jahrhundert), am Hoffalor (1447), W itzen (uf witzzen 1446), beym W yselbaum (1754). Anmerkungen 1 StAL Berein 1447, Schallerberein, Original im StAB, Copie im StAL. 2 Siehe auch Paul Suter, Die Flurnamen von Reigoldswil. TNGB, Bd. 8, 1930. Die erweiterte Arbeit erscheint in der Reihe «Quellen und Forschungen». 3 Schlung statt Schlund weist darauf hin, dass analog Brang statt Brand (Bretzwil) und bei den Ortsnamen Gelterkinden (Gelterkingen 1103) und Känerkinden (Kenni- chingen) auch in unserer Gegend wie im Schwarzbubenland Ching für Chind ge sprochen wurde. 4 Der nach der Kapelle St. Hilarius (ca. 425 m südöstlich der Quelle) genannt Flur name Hilario Brunnen spricht dafür, dass diese starke und qualitativ gute Quelle kultische Bedeutung gehabt haben muss. 5 Siehe Paul Suter und Leo Zehntner, Zur Geschichte der Reigoldswiler Allmend. BHB. Bd. 1, 1942, 219 ff. 6 Siehe Samuel Huggel, Die Einschlagsbewegung in der Basler Landschaft. QuF, Bd. 17, 1979. 1 7 wolstel: Der Standort des römischen Gutshofes könnte bei P. 556, daselbst merk würdige, isolierte Hügelform, zu suchen sein. 73

Die Siedlung Lage und Dorfteile Die Lage in der obersten Talweite des hinteren Frenkentales, wo auch zahlreiche Quellen zutage treten, begünstigte die Entstehung einer grös seren Siedlung. Im geschichtlichen Kapitel (Seite 12) haben wir die durch Reihengräber festgestellten m ittelalterlichen Siedlungskerne genannt: Hofstetten-Chilchli, M ittelbiel und Unterbiel. In den Skizzen des Dorfes von Georg Friedrich Meyer aus dem Jahre jihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 16811 erscheint Reigoldswil als locker überbautes Strassen- und Bachzeilendorf. Ansätze zu ge- Abb. 24. Ausschnitt aus dem Grundriss 1681 von Georg Friedrich Meyer. Einmündung des Rüschelbaches in die Hint. Frenke. Lockere Häuserzeilen auf der rechten Bachseite. a Brunnen , b Schindeldach, d, g, i Strohdä cher, die übrigen Ziegeldächer. schlossenen Häuserzeilen finden sich an der linken Strassenseite unter halb des Gasthauses zur Sonne und im Rüschel, ein kleiner Haufenkern oberhalb der «Sonne». Von den über 70 W ohnhäusern sind damals noch etwa 12 strohbedeckte Ständerbauten und 6 Häuser m it Schindeldä chern. Die in der Mehrzahl vorhandenen Steinbauten m it harter Beda chung hängen wohl m it der Ziegelhütte zusammen, die schon 1612 er wähnt wird. 73 Jahre später zeigt eine Federzeichnung von Emanuel Bü chel (1754) eine bemerkenswerte Verdichtung des Dorfbildes2. Die Stän derbauten haben ziegelbedeckten Steinhäusern Platz gemacht. Nach 74

Abb. 25. Reigoldswil 1754. Ausschnitt aus einer Zeichnung von Emanuel Büchel. Be reits geschlossene Häuserzeilen im Dorfkern. Kirche und Schulhaus. Im Gebiet Bergli- Horn noch grosse Flächen W iesen und W eiden. Daniel Bruckners M erkwürdigkeiten3 bestanden 1756 nur noch 2 Schin deldächer. Eindeutig dominieren nun die Häuserzeilen, während einzeln stehende Bauten selten sind. Der beträchtliche Zuwachs der Siedlung steht m it der Einführung der Heimposamenterei im Zusammenhang; im Jahre 1754 waren in Reigoldswil bereits 130 Bandwebstühle in Betrieb. Auch die Bevölkerungszahl war im Zeitraum von 1681 bis 1743 von 420 auf 550 Personen angewachsen. Die Blütezeit der Heimindustrie hatte im 19. Jahrhundert eine weitere Zunahme der Bevölkerung zur Folge. Im Jah re 1870 wurde das M axim um m it 1409 Einwohnern erreicht. Es entstan den am nördlichen Dorfeingang (Unterbiel und Lehmet), im Rüschel, an der Bretzwilerstrasse sowie im Oberbiel (Hofstetten, Chilchli) zahlreiche Posamenter- und Kleinbauernhäuser. Nachdem noch 1913 die Höchstzahl von 361 Posamentstühlen in Betrieb waren4, setzte nach dem Ende des 1. W eltkrieges die Krise in der Bandweberei ein. Sie hatte eine berufliche Um stellung zur Folge, die sich auch im Hausbau auswirkte. Die vormals vorherrschenden Kleinbetriebe der Posamenterbauern gingen ständig zu rück; Ökonomiebauten wurden in W ohnungen oder Garagen um gewan delt. In den letzten Jahrzehnten entstanden an der Peripherie des Dorfes 75

zahlreiche Einfamilienhäuser: Bolstelm att-Bergli (nach 1930), Chläberen- Rüschelmatten-Baselweg (Baulandumlegung 1962/72), Ruchacher- Chrüzweg (nach 1970), Bad-Staacher (nach 1965). Im Dorfkern wurde 1960 durch Abfragen einer kurzen Häuserzeile und Überdeckung der Hin teren Frenke ein geräumiger Dorfplatz geschaffen, der seine Aufgabe als Geschäftszentrum , Endstation der Autobus AG, Haltestelle der Autom o bilgenossenschaft AGR, M arkt- und Parkplatz vollauf erfüllt. Strassen und W ege In der Heimatkunde 1863 vergleicht Heinrich Huber recht anschaulich das W egnetz m it dem Netz der Kreuzspinne: «Die strahlenförm igen Hauptfäden desselben geben ein kleines Bild von den Strassen und W egen, welche von einem Ort nach allen Richtungen auslaufen.» Der äl teste Zeuge für den Verkehr im hinteren Frenkental ist das Teilstück einer UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA R ö m e rs tra s s e 5, das am Talrand beim W ohnhaus (ehemals Bütschenschür- li) im Jahre 1938 entdeckt und eingemessen wurde. Einzelfunde (M ün zen) auf Gorisen und im Grund, eine Graburne auf der M oosm att sowie verschiedene Flurnamen bestätigen die Anwesenheit der Römer in Rei goldswil. Ungewiss ist der weitere Verlauf dieser Strasse. Sie konnte ins W aldenburgertal oder in westlicher Richtung bis ins Laufental führen, wo für die spätröm ischen befestigten Siedlungen auf der Portiflue bei Nün ningen und auf dem Stürm enchopf bei W ahlen sprechen. Ein weiterer, vom M ittelalter bis in das 19. Jahrhundert viel begangener W eg ist der Saumpfad über die W a s s e rfa lle 6. Als kürzeste Verbindung zwischen dem M ittelland und der Oberrheinischen Tiefebene war er besonders für die Solothurner von Bedeutung. Aber auch die Reigoldswiler benützten seine nördliche Fortsetzung, den sogenannten B a s e lw e g (Reigoldswil-Luche- ren-Seewen-Hochwald-Dornach-Basel), wenn sie im «Laden» ihres Band fabrikanten oder auf dem M arkt etwas zu besorgen hatten. W ie steht es nun m it den Verbindungswegen zu den Nachbardörfern? Die Talstrasse nach Z ie fe n wurde in der Zeit von 1770/80 von der W ühre- brücke am linken Talrand entlang bis zur Talenge unterhalb Bütschen an gelegt. Sie war nach der Heim atkunde 1863 sehr uneben und holprig und ist auch heute zum kleinen Teil als Feldweg erhalten. In den Jahren 1857/58 wurde dann durch Insassen des Zuchthauses Liestal die heutige Talstrasse m it einer Breite von 18 Schuh und 2 % Gefälle m it einem Ko stenaufwand von 33 000 Franken, woran der Staat Baselland 8 000 Franken leistete, erbaut8. Der W eg nach B re tz w il führte früher vom Rü schel, dem heutigen Fussweg zum «Burestübli» folgend, über Bünten- m att-Hörnli durch den Lankgraben und dann steil hinauf zur Eichhöchi. Im korrigierten Lankgraben befindet sich auch heute noch die Abzweigung nach L a u w il. In den Jahren 1925/26 erstellte der Staat als Notstandsar beit für die arbeitslosen Posamenter die heutige Strasse nach B re tz w il, wobei anstelle der schattseitigen Lank die Führung über M archm att- Hohacher gewählt wurde. Die Verbindung nach L ie d e rts w il und ins vorde re Frenkental ging früher vom Dorfplatz in den Dorfteil Oberbiel zur obe- 76

Abb. 26. Blick vom Hoggenhübel auf Mittelbiel, Rüschel und Chläberen nach 1910. Vom Dorfzentrum aus W ege nach Bretzwil, Chläberenweg, Baselweg und Plattenweg. ren Säge, wo der Bach überquert und in steilem Anstieg der Grundgasse die Passhöhe des Sigsfelds erreicht wurde. Ausserdem führt ein früher viel benutzter Feld- und Fussweg vom Oberbiel durch den Staacher eben falls auf das Sigsfeld. Der W eg nach UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA T itte rte n begann einst an der Schmidtengasse. Am «Feld» und am Neuhof vorbei erstieg man die Tit- terter Höchi beim Einzelhof March. Von diesem W eg zweigte unterhalb Hoggen ein Fussweg Richtung Kirche ab, das Titterter Chilchwegli ge nannt. In die Jahre 1927/29 fällt der Bau der Staatsstrassen Reigoldswil- Titterten und Reigoldswil-Liedertswil®. Diese neuen Strassen, in den dreissiger Jahren geteert, ersetzten die früheren Verbindungen, welche zum Teil als Feld- und Fusswege weiter bestehen. Im Gebiet des Dorfes sind ferner die Fussweglein zu erwähnen, die dem ehemaligen Etter (Dorfhag) entlang liefen. Sie haben sich erhalten als B ie lw e g li vom Ober biel (Pfarrhausgarten) bis zum Restaurant Burestübli, dann als G ä tte rli- a c h e rw e g von der Kirche bis zum Bad, am Gätterliacher vorbei, wo einst ein kleines Gatter den Etter unterbrach. Im Jahre 1858 verbesserte die Gemeinde den Zugang zur Bretzwilerstrasse durch die Verbindung Ge meindehaus bis zur W irtschaft Jundt-Roth (heute Burestübli). Dieses Strassenstück wurde in der Folge viele Jahre «Neuströssli» genannt10. Die Baulandumlegung Chläberen-Rüschelfeld (1962/72)11 veranlasste die Anlage mehrerer neuer Q u a rtie rs tra s s e n -. Unter Dellen, Obere, M ittlere 77

und Untere Chläberen, Baselweg, Plattenweg, Schulweg, Rüschelmatte, Im Ischlag, Fürstenbergweg. Ebenso erhielten die neuen W ohnquartiere Bergli (Bergliweg, Im Bergli, Bolstelm atte), Schmidtengasse-Ruchacher (Plunigasse, Schützenweg, Tittertenstrasse, In der Steimerten, Im Chrüz- weg), Staacher (Im Staacher) ihre zugeordneten Strassenstücke. Brücken Die Anlage der Siedlung Reigoldswil als Strassen- und Bachzeilendorf brachte es m it sich, dass an verschiedenen Orten Bachübergänge erstellt werden mussten. Da Bachmauern erst im 19. Jahrhundert erbaut wur den, war das Bachbett an vielen Stellen sanft geneigt und besonders im unteren Teil des Dorfes m it W eiden bepflanzt. Daselbst gab es auch ver schiedene Einfahrten, wo im Sommer die Pferde in die Schwemme gerit ten wurden12. Im Dorfe selbst bestanden zahlreiche, aus zwei Hälblingen aus Tannenholz, (die Sägefläche nach oben gekehrt) bestehende prim itive Stege. In seinen Feldskizzen verzeichnet der Geometer Georg Friedrich Meyer im Jahre 1681 in Reigoldswil 9 Stege und 5 Brücken13. Über die Konstruktion der Letztgenannten sind wir im Unsicheren; wahrscheinlich waren sie analog den hölzeren Brunnentrögen ebenfalls Holzbauten. Die gewölbten Steinbrücken, welche die Heimatkunde 1863 erwähnt, ent standen erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts14. Als Ausnahme gilt die gewölbte Steinbrücke in der Sternenrütti, die sehr wahrscheinlich m it dem Bau der alten Landstrasse zwischen 1770 und 1780 erstellt wor den ist. Die nachfolgende Zusammenstellung führt den heutigen Bestand der Brücken und Stege auf. An dieser Stelle wendet sich der Berichterstatter an die Behörden und an die Öffentlichkeit m it der Bitte, auf die gewölbten Brücken als Zeugen der alten M aurerkunst ein besonderes Augenm erk zu halten und diese in ihrem Bestand zu sichern. Verzeichnis der Brücken und Stege 1987UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA H in te re F re n k e 1 Schelmenloch, Bachüberdeckung am W anderweg Schelmenloch 2 Eiset, Brücke aus Beton, mit Geländer 3 Eiset, Brücke aus Beton, mit Geländer 4 Vogelmatt, Brücke aus Beton, ohne Geländer 5 Chilchli, Brücke aus Beton, ohne Geländer 6 Grundgasse, Gewölbte Steinbrücke, mit steinernen Brüstungen, Gd. R 1852 7 Staacher, Brücke aus Beton, m it einseitigem Geländer 8 Oberbiel, Staacherweg, Brücke aus Beton, mit Geländer 9 Altersheim Moosmatt, Brücke aus Beton, mit Geländer (für Fussgänger) 10 Altersheim Moosmatt, Brücke aus Beton, mit Geländer (für Autos) 11 Sägegasse, Gewölbte Steinbrücke, mit Geländer, 1987 durch Brücke aus Beton ersetzt. 78

Abb. 27. Alte gewölbte Strassenbrücke Bütschen, 18. Jahrhundert, Im Hintergrund die Einzelhöfe Untere und Obere Bütschen. 12 Obere Mühle, Brücke aus Eisen und Beton, mit einseitigem Geländer 13 Untere Mühle, Brücke aus Eisen und Beton, ohne Geländer 14 Dorfplatz, Bachüberdeckung aus Beton, mit Geländer, 1960, ca. 175 m lang. W eg gefallen sind 4 Brücken (Gasthaus z. Sonne, Restaurant Rössli, Schmiede, Unt. Säge) und 1 Steg (oberhalb Unt. Säge) 15 Unterbiel Nr. 13, Hölzerner Steg mit Geländer 16 Unterbiel Nr. 16 (Post), Gewölbte Steinbrücke, mit steinernen Brüstungen 17 Unterbiel, Gemeindezentrum Brücke aus Beton, mit Geländer 18 Unterbiel, unterhalb Gemeindezentrum, Brücke aus Beton, ohne Geländer 19 Unterbiel Nr. 33, Schreinerei H. Zehntner, Brücke aus Beton, mit Geländer 20 Unterbiel Nr. 41, Chalet, Brücke aus Eisen und Beton, mit Geländer 21 Unterbiel Nr. 45, Gewölbte Steinbrücke, mit Geländer 22 Unterbiel Nr. 47, Steg aus Beton, m it Geländer 23 Unterbiel Nr. 51, Gewölbte Steinbrücke, mit Geländer 24 Unterbiel Nr. 55, Steg aus Beton, ohne Geländer 25 Unterbiel Nr. 71, Gewölbte Brücke, ohne Geländer 26 W ührebrücke, Gewölbte Steinbrücke, mit Brüstungen und Geländer, 1824 27 Automobilgenossenschaft, Betonbrücke, mit Brüstungen 28 Automobilgenossenschaft, Betonbrücke, mit Brüstungen 29 Meyermatt, Gewölbte Steinbrücke, ohne Geländer 30 Meyermatt, unten, Gewölbte Steinbrücke, ohne Geländer 79

Abb. 28. Gewölbte W ührebrücke, Südseite. Baudatum 1824. 31 Kläranlage, Brücke aus Beton, ohne Geländer 32 Bütschen, Brücke aus Beton, ohne Geländer 33 Sternenrütti, Gewölbte Steinbrücke, ohne Brüstungen, 18. JahrhundertUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Ä m lis b a c h 1 Deigs, Gewölbte Steinbrücke, ohne Geländer 2 Ämlis, Brücke aus Beton, ohne Geländer 3 W eg auf W eiersholden, Gewölbte Steinbrücke, ohne Geländer 4 Oberhalb Holzschopf, Holzsteg, ohne Geländer 5 Scheune H. U. Frey, Steg aus Beton, ohne Geländer 6 Ämlisweg Nr. 17, Steg aus Beton, ohne Geländer 7 Ämlisweg Nr. 18, Strassenbrücke, obere Seite gewölbte Steinbrücke, untere Seite Beton, ohne Geländer 8 Ämlisweg Nr. 6, Holzsteg, ohne Geländer 9 Ämlisweg Nr. 6, Verbindung m it Hauptstrasse, Steg aus Beton, m it Geländer 10 Mündung Ämlisbach, Strassenbrücke aus Beton, mit Geländer R ü s c h e lb a c h 1 Schattenmatt, Brücke aus Beton, ohne Geländer 2 Vor Gillenmatt, Holzsteg, ohne Geländer 3 Büntenmatt, Brücke aus Beton, ohne Geländer 4 Schulweg bei der Büntenmatt, Bachüberdeckung aus Beton, ohne Geländer 80

5 Rüschel Nr. 7, Steg aus Beton, ohne Geländer 6 Rüschel Nr. 5, Strassenbrücke, gewölbt und verstärkt, mit Geländer 7 Rüschelgasse Nr. 1, Steg aus Beton, ohne Geländer 8 Bachgasse Nr. 7, Brücke aus Beton, mit GeländerUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA W o lb ä c h le in 1 Ablass zum Rifensteinweiher, Holzsteg mit Geländer 2 Zufahrt zur Risleten-Griengrube, Betonbrücke ohne Geländer 3 Bergliweg, Brücke aus Beton ohne Geländer 4 Mündung des W olbächleins, Strassenbrücke aus Beton, mit Geländer Die Einzelhöfe Die Einzel- oder Nebenhöfe bilden in Reigoldswil ein wichtiges Element der Siedlungstätigkeit. Mehr als zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Gemeindebannes werden heute von den Einzelhöfen (ei gener Besitz und Pachtland) bewirtschaftet. Die Höfe liegen alle ausser halb des Dorfes; sie haben einen arrondierten Grundbesitz und eine gün stige Verkehrslage. Ursprünglich besass jeder Hof eine eigene W asserver sorgung; seit 1965 sind 9 Höfe der linken Talseite m it Gruppenversorgung an das Dorfnetz angeschlossen. M it Ausnahme der drei schon im 17. Jahr hundert bestehenden Herrengüter (Bütschen-Bürten, Gorisen, M arch m att) wurde die Mehrzahl der Einzelhöfe nach der Aufhebung des Flur zwanges im 18. und 19. Jahrhundert gegründet, wobei in vielen Fällen das W ohnhaus an eine schon bestehende Feldscheune angebaut worden ist. Die nachfolgende Zusammenstellung der Einzelhöfe verwendet die Anga ben aus der Dissertation von Peter Suter15 und die Hofbeschreibungen von Hans W agner16. W eitere Betriebsdaten konnten aus den Erhebungen der Gem eindeverwaltung Reigoldswil (Flächenbeiträge) für die bewirt schafteten Flächen von 1985 entnom m en werden17. Leider dürfen die ge nauen Angaben der Betriebszählung 1985 wegen des Datenschutzes nicht veröffentlicht werden. H ö fe m it h a u p tb e ru flic h e r L a n d w irts c h a ft B ä rs b e rg (Bärschbrg) Gegründet zwischen 1770 und 1780, Erbauer Jacob Schneider. Exposi tion: Osten, 685 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,8 km. Acker- und W iesland 2000 a17, W ald 36 a. Besitzer: Hans Räuftlin-Tschopp. B irc h h ü b e l (Birchhübel) Gegründet 1761, Erbauer Johann Rudolf W agner, Gorisen. Exposition: Norden, 635 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,6 km. Acker- und W iesland 1222 a, W eide 758 a. Besitzer: Hans Gisin-Kunz. 81

(Bürte) B ü rte n rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Neues Bürtenhaus (im Banne Reigoldswil), erbaut 1929 durch Paul Fueter-Chappuis. Altes Bürtenhaus (im Banne Lauwil), Typus des Hochju rahauses m it giebelseitigem Eingang. Das Bürtengut war im 17. Jahrhun dert Som m erweide des Herrengutes Bütschen. Von seiner Fläche 5536 a befinden sich 1099 a im Banne Reigoldswil. Das alte Bürtenhaus wird 1823 erstmals als Dauersiedlung erwähnt. Exposition des neuen Alpho fes: Norden, 992 m ü. M „ Distanz zum Dorf 6,2 km. Acker- und W iesland 1050 a, W ald 49 a. Besitzer: Hans Hartmann-Schweizer. O b e re B ü ts c h e n (Oberi Bütsche) Herrschaftshaus des früheren Bütschengutes, erstmals erwähnt 1675, Besitzerin 1695: Frau Ratsherr Respinger. Exposition: W esten, 535 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,8 km. Acker-, W iesland und W eide 273 a, W ald 6,3 a. Besitzer: Karl Benedikt Schaffner-Linder und Gem einschaftsstif tung Pensionskasse für Unternehmer, Künstler und Freischaffende. U n te re B ü ts c h e n (Underi Bütsche) Erstmals erwähnt als Sennerei 1615, Besitzerin 1695: Frau Ratsherr Re spinger. Ehemaliges Bauernhaus des Herrschaftsgutes Bütschen-Bürten. Exposition: W esten, 505 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,9 km. Acker- und W iesland 1372 a, W eide 186 a, W ald 252 a. Besitzer: Rainer Sax-Tödtli. D o e ts c h (Dootsch) Erbaut 1832, neben eine bereits bestehende Scheune. Erbauer: Hans Ul rich Nägelin, Lehenmann auf Gorisen. Exposition: Süden, 598 m ü. M., Distanz zum Dorf 0,7 km. Acker- und W iesland 784 a, W ald 103 a. Besit zer: W alter Mollenkopf-Spranger. E ic h e n (Eiche, Eichehof) Erbaut 1766, neben 1761 erstellte Oekonomie, Erbauer beider Gebäude: Durs Frey. Exposition: Süden, 615 m ü. M „ Distanz zum Dorf 1,7 km. Acker- und W iesland 3000 a, W eide 1000 a, W ald 400 a. Besitzerin: Familie W üthrich-W irz. G o ris e n (Gorise, Goris) Erstmals als Herrengut erwähnt 1628, erster bekannter Besitzer Frantz Hentzgen, Bürger von Basel. Exposition: Osten, 535 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,4, km. Acker- und W iesland 1840 a, W eide 160 a, W ald 1300 a. Besitzer: Hans Preiswerk-Häfliger, ing. agr., Pächter: W erner Thomann-Nyfeler. G rie n (Grien) Gegründet 1778, Anbau an eine schon bestehende Feldscheune, Erbauer: Hans Uli Nägelin. Exposition: Süden, 622 m ü. M „ Distanz zum Dorf 1,4 km. Acker- und W iesland 977 a, W eide 160 a, W ald 60 a. Besitzerin: Familie Emma Oberli-Nägelin. 82

Abb. 29. Hoflandschaft westlich von Reigoldswil. Im Vordergrund rechts Vogelmatt schür, im Mittelgrund von links nach rechtts: Marchmatt, Kleine Marchmatt, Zapfhol deren, Bärsberg, Grien, Kleine Zapfholderen, Seileren.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA O b e r G ru n d (Ober Grund) Erstmals 1808 erwähnt, Erbauer: Heini Vögelin. Exposition: Süden, 615 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,5 km. Acker- und W iesland 832 a, W ald 216 a. Besitzerin: Rosa Rindlisbacher-Fiechter. U n te r G ru n d (Under Grund) Gegründet 1840, neben einer schon bestehenden Scheune, Erbauer: Heinrich Zehntner. Exposition: Norden, 595 m ü. M., Distanz zum Dorf 1, 4 km. Acker- und W iesland 1716 a, W eide 100 a, W ald 141 a. Besitzer: Hans Rudolf Schaad-Krähenbühl. G s ta d (Gstad) Gegründet 1850, vorher W eidstall des Gorisengutes, Erbauer des Hofes: Urs W agner. Exposition: Osten, 560 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,5 km. Acker- und W iesland 1014 a, W eide 186 a, W ald 141 a. Besitzer: Gottlieb W agner-Thomann. H o g g e n (Hogge) Gegründet 1792, Anbau an eine vorhandene Scheune, Erbauer des Ho fes: Jacob Madöry, Lehenwirt in Reigoldswil. Exposition: W esten, 605 m ü. M., Distanz zum Dorf 1 km. Acker- und W iesland 1495 a, W eide 310 a, W ald 100 a. Besitzer: Hans Rieder-Lang. 83

M a rc h m a ttrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA (March) Erstmals als Sennerei erwähnt 1608, Besitzerin 1695: Frau Ratsherr Re spinger, Baudatum im Keller 1719. Exposition: Süden, 600 m ü. M., Di stanz zum Dorf 1,8 km. Acker- und W iesland 977 a, W eide 415 a. Besit zer: Robert Plattner-Vögelin. N ie s te le n (Nieschtele) Gegründet 1782, Anbau an vorhandene Scheune, Erbauer: Durs Frey. Ex position: Süden, 605 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,1 km. Obstbauhof, Acker- und W iesland 570 a, W eide 93 a, W ald 178 a. Gastwirtschaft 1918 - 1952. Besitzer: W alter W irz-Burgdorfer. S e ile re n (Seilere) Gegründet 1779 auf einem Einschlag, Erbauer: Hans Jakob Frey. Exposi tion: Süden, 617 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,3 km. Acker- und W iesland 1259 a, W eide 100 a, W ald 30 a. Besitzer: Emil Sutter-Bader. S tö c k m a tt (Stöckm att) Gegründet 1885, Anbau an vorhandene Scheune, Erbauer des Hofes: Hans Tanner. Exposition: W esten, 700 m ü. M., Distanz zum Dorf 2,3 km. Acker- und W iesland 3000 a, W eide 600 a, W ald 790 a. Besitzerin: Theurillat-Stiftung Stöckm att, Verwalter: W alter Singer-Mangold. W id e n (W idematt) Gegründet 1840, Anbau an eine 1794 erstellte Ökonomie, Erbauer des Hofes: Heinrich Schneider auf dem Bärsberg. Exposition: Osten, 660 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,9 km. Acker- und W iesland 499 a, W eide 189 a, W ald 183 a. Besitzer: Hermann Flückiger-W üthrich. G ro s s e Z a p fh o ld e re n (Grossi Zapfholdere) Gegründet 1784, Anbau an schon bestehende Scheune und Stallung, Er bauer des Hofes: Heinrich Althaus, Sohn des älteren Ramsteiner Senns. Exposition: Süden, 660 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,7 km. Acker- und W iesland 1713 a, W eide 287 a, W ald 162 a. Besitzer: Max Schneider- Klumpp. H ö fe m it n e b e n b e ru flic h e r L a n d w irts c h a ft F ü rs te n b e rg (Gloggerütti) Erbaut 1950-1959 durch Hans Baumgartner-Felber. Exposition: Süden, 575 m ü. M., Distanz zum Dorf 0,83 km. Acker- und W iesland 116 a, W eide 58 a. Besitzer: Hans Baumgartner-Felber, Rentner und Ziegenzüch ter. 84

(Gille) G ille n rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Gegründet 1810, Anbau an eine schon 1757 bestehende Feldscheune. Er bauer des Hofes: Heini W alliser. Exposition: Norden, 625 m ü. M., Distanz zum Dorf 1 km. Acker-, W iesland und W eide 556 a, W ald 299 a. Besitzer: Karl Omlin-Brunner, M aschinist. Schafzucht. H ö rn li (Hörndli) Gegründet vor 1838, Besitzer 1838: Jonas Schneider, Schreiner. Exposi tion: Norden, 555 m ü. M., Distanz zum Dorf 0,8 km. Acker-, W iesland und W eide 203 a. Besitzer: Anton Stalder-Rathgeb, Spengler, Schaf zucht. K le in e M a rc h m a tt (Chlini March) Erster Bau 1851, Umbau der bestehenden Scheune zu einer Behausung durch Hans Nägelin-Jörin, Neubau 1868 durch Friedrich Grünblatt. Expo sition: Süden, 590 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,9 km. Acker- und W ies land 365 a. Besitzerin: Therapeutische Gem einschaft Kleine M archmatt. V o g e lm a tt (Vogelmatt) Gegründet 1877, Erbauer: Christian Vögelin. Exposition: Süden, 570 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,2 km. Acker- und W iesland 92 a, W eide 98 a, W ald 18 a. Besitzer: Leo Vogt-Senn, Schafzucht. H ö fe o h n e L a n d w irts c h a ft N e u h o f (Neuhof) Gegründet 1850, Erbauer: Johannes Nägelin. Exposition: Norden, 598 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,1 km. Acker- und W iesland 1285 a, W ald 56 a. Zur Zeit nicht bewirtschaftet, verpachtet. Besitzerin: Anna-Rosa Plattner Grünblatt. N e u m a tt (Neum ättli) Gegründet 1868, Erbauer: Friedrich Grünblatt. Exposition: W esten, 608 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,2 km. W iesland 15 a. Besitzer: Dr. jur. W erner Krummenacher-Meyer, Advokat. S ta a c h e r (Staacher) Gegründet 1797 durch Anbau an eine bestehende Scheune. Erbauer: Durs Schweitzer, der Geschworene. Exposition: W esten, 555 m ü. M., Distanz zum Dorf 0,9 km. Acker- und W iesland 223 a, W ald 3,8 a. Heute W ohnhaus und Land im Besitz von Hermann Fontana-Schaad. K le in e Z a p fh o ld e rn (Chlyni Zapfholdere) Gegründet 1797 durch giebelseitigen Anbau an bestehende Scheune, Er bauer: Hans Frey. Exposition: Osten, 645 m ü. M., Distanz zum Dorf 85

1,4 km. Acker- und W iesland 40 a. Besitzer: Prof. Dr. phil. Hans Schaub- Nidecker.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA F rü h e re H e rre n g ü te r u n d E in z e lh ö fe F ü rs te n b e rg o d e r R ö tle n (Fürschtebärg) Auf einem Einschlag m it Feldscheune und Brunnen erbaute 1798 J. Fürstenberger-Iselin, Kaufmann aus Basel, den Einzelhof m it Herrschafts wohnung. 1830 gehörte das Gut m it der M archm att dem Pflegeamt Basel. 1851 erwarb die Gemeinde Reigoldswil beide Güter; in der Folge wurden einzelne Parzellen an Private verkauft. 1882 zerstörte ein Brand den Fürstenberg. Exposition: Süden, 550 m ü. M., Distanz zum Dorf 1,6 km. Acker- und W iesland 6 Jucharten. Besitzer 1882: Karl Schweizer Bürgin und Johannes Bürgin. G ä m p is g u t (Senneguet) Gegründet um 1687 von Frau Zunftm eister Burckhardt in Basel. Acker- und W iesland 24 Jucharten, W eide 40 Jucharten. Das Gut umfasste den Südhang des Äm listälchens und den Gämpis. Das Herrenhaus und die Ökonomiegebäude befanden sich im Dorfteil Oberbiel. Besitzer um 1805: Professor Huber in Basel, 1850: Familie Dettwiler in Reigoldswil. Auftei lung des Besitzes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Herren haus: W irtschaft zur W asserfalle, Umbau der Ökonomiegebäude in W oh nungen, W eidstall im Äm lisstälchen 1899 durch Brand zerstört. H o ld e n (Holde) Erbaut 1771 durch Hans Schneider, Müller Hans genannt. Exposition: Süden, 655 m ü. M., Distanz zum Dorf ca. 1,5 km. M attland 5 Jucharten. 1864 durch Brand zerstört, Fassung der ehemaligen Hofquelle noch vor handen. Anmerkungen 1 StAL Georg Friedrich Meyer, Entwürfe 1681, 199, 200, 214, 217, 484 v, 485, 485 v, 486. 2 Federzeichnung von Emanuel Büchel. Blick von der Gillenflue auf Reigoldswil, da tiert den 1. August 1 754. Original im Staatsarchiv Basel, als vergrössertes W and bild in der Eingangshalle des Sekundarschulhauses Reigoldswil. 3 Bruckner, Merkwürdigkeiten. Basel 1756, 1484. 4 Elektra Reigoldswil, Geschäftsbericht 1913. 5 Historische Ortssammlung Reigoldswil, 344, Grabungsbericht über Römerstrasse bei der Bütschenscheune, Oktober-Dezember 1938. 6 Paul Suter, Der W asserfallenweg, ein vergessener Juraübergang. Basler Jahrbuch 1932, 99 ff. 7 Heimatkunde 1863, Bd. 6, 446 ff. 86

8 W ie 7, 446. 9 StAL, Bau-Akten G 2/1. 10 Leo Zehntner, Erinnerungen, Separatdruck BHBI, 1987, 13 f. 1 1 Ga Reigoldswil, Baulandumlegung Chläberen-Rüschelfeld. 12 W ie 10, 2. 13 W ie 1, 200, 204. 14 Heimatkunde 1863: 10 Brücken davon 6 gewölbt, ausserdem 2 Stege. 1 5 Peter Suter, Die Einzelhöfe von Baselland. QuF, Bd. 8, 1969, mit genauen Angaben über die Reigoldswiler Einzelhöfe. 16 Hans W agner, in: M itteilungsblatt der Gemeinde Reigoldswil, Jahrgang 1984/85. 17 Bei sämtlichen Fiächenangaben ist das Pachtland inbegriffen. Das Haus Die Bauformen Im Rückblick auf die 2000jährige Geschichte unserer Gegend müssen wir feststellen, dass sich über das Bauernhaus im ersten Jahrtausend nichts Sicheres aussagen lässt, da weder Bilder noch Überreste von Bau ten aus jener Zeit vorhanden sind. Nach Ausgrabungen in Fundstellen be nachbarter Landschaften folgten auf die Steinbauten der Römer einfache Holzbauten der alemannischen Siedler, aus denen sich im späten M ittel S tä n d e rb a u te n m it s te ile m S tro h w a lm d a c h entwickelten. An alter die UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA fänglich als reine Holzbauten konstruiert, erhielt der W ohnteil später Mauerwerk. In der Einteilung (W ohnung, Tenn, Stall) entsprach der Stän derbau bereits dem späteren Dreisässen- oder Vielzweckbau. Er prägte noch im 16. Jahrhundert das Ortsbild der Baselbieter Dörfer. Die prim itive Inneneinrichtung m it der kaminlosen Rauchküche leistete oft der Entste hung von Feuerbrünsten Vorschub. Es ist daher begreiflich, dass die Bas ler Obrigkeit, vor allem zum Schutz der übernützten W aldungen, strenge Bestim mungen über den Holzbau und die weiche Bedachung erliess. So wurde in den W aldordnungen von 1758 und 1781 der Steinbau vorge schrieben und durch Förderung der Ziegeleien eine Verbesserung der Be dachungen angestrebt1. Die Feldskizzen von Georg Friedrich Meyer aus dem Jahre 1681 verzeich nen in Reigoldswil noch 20 % der Häuser m it Stroh- oder Schindeldä chern. Da die Ständerbauten kein Kellergeschoss besassen, wurden die Vorräte von Getreide und Obst in nahe gelegenen Speichern verwahrt, die entweder als hölzerne Blockbauten oder m it gemauertem Unterteil kon struiert waren und ein steiles Satteldach trugen. Die oben erwähnten Feldskizzen führen mehrere solche Speicher an; ein letztes Beispiel ist der Zehntenspeicher von St. Hilar. Er befindet sich im Oberbiel (Haus Nr. 11) und wurde noch vorJahrzehnten «Spycher» genannt, trotzdem darin eine kleine W ohnung untergebracht war. 87

Vom 16. Jahrhundert an verdrängte der UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA s e k u n d ä re V ie lz w e c k b a u , auch q u e rg e te ilte s E in h a u s oder D re is ä s s e n h a u s genannt, den Ständerbau. Dieser städtische Steinbau war ursprünglich selbst aus dem Bauernhaus entstanden und wanderte nun wieder zurück auf das Land. Vom Ständer bau übernahm er die Einteilung und das Steildach. Verschwunden hinge gen sind die W alme der Giebelseiten, die beim Aneinanderbauen in Zeilen unm öglich wurden. Auch die Laube an der Giebel- oder der hinteren Traufseite, vom Schwarzwaldhaus oder vom Berner M ittellandhaus über nommen, wurde ein wichtiger Bestandteil des Hauses. Gelegentlich finden sich auch Anklänge an das H o c h ju ra h a u s , das giebel seitig zur Strasse steht und den Eingang auf der Giebelseite hat (Rüschel Nr. 5). Die verschiedenen Schindeldächer (ohne W alm) auf den Feldskiz zen weisen ebenfalls auf diesen Bautypus hin. Eine besondere Gattung sind die L a n d h ä u s e r von Stadtbaslern, angelegt in Stilarten des 18. und 19. Jahrhunderts: Obere Bütschen, Gämpisgut (heute Restaurant z. W asserfalle), Gorisen, M archm att sowie das Pfarr haus. Es handelt sich um freistehende Bürgerhäuser m it landwirtschaftli chen Nebenbauten. Zu den W ohnhäusern gehören auch die alten S c h u lh ä u s e r. Sie stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert und enthalten äusser der Schulstube eine Lehrerwohnung. Zwei von ihnen, die M ittel- und Oberschule, besas sen auch einen Ökonomieteil. Seit den dreissiger Jahren des 20. Jahrhunderts setzte in Reigoldswil eine rege Bautätigkeit ein. Im Dorfkern entstanden durch Umbau aus Bauern häusern W o h n b a u te n u n d G e s c h ä fts h ä u s e r und an den Aussenseiten E in fa m ilie n h ä u s e r. Die Ortsplanung trat in Tätigkeit. Leider konnte man sich nicht für eine geordnete Gesamtüberbauung entschliessen. So finden wir heute neben den der Landschaft angepassten traufseitigen auch giebel ständige Bauten sowie steile und weniger steile Sattel- und W almdächer. Einige M e h rfa m ilie n h ä u s e r u n d B lö c k e , zum Teil m it Sozialwohnungen, entstanden im Oberbiel (W ohnblock «zum Tämpel» der Bürgergemeinde, m it Zivilschutzzentrum ), am Dorfplatz (W ohnblock der Bäckerei Fr. Gysin) und an der Bretzwilerstrasse (M ehrfam ilien- und Geschäftshaus des Re staurants z. Burestübli). Sie entsprechen der herkömmlichen Bauweise und fügen sich gut in das Dorfbild ein. Vertreter der verschiedenen Bautypen D a s P fa rrh a u s Als die Kirchgemeinden Reigoldswil und Lauwil 1514 zusammengelegt wurden, wohnte der Priester und später der reform ierte Pfarrer in Rei goldswil. Nach den Bereinen von 1447, 1541 und später war das Pfarr- oder Pfrundhaus an der Stelle, wo heute die «Höfli» genannte Liegen schaft (Unterbiel 11) sich befindet. Nach dem Zusammenschluss der Ge meinden Bretzwil m it Reigoldswil und Lauwil zu einer Kirchgemeinde (1555) wohnte der Pfarrer in Bretzwil. Erst 1765 erfolgte die Loslösung 88

Abb. 30. Pfarrhaus Reigoldswil, erbaut 1765/67. von Reigoldswil, das m it Titterten zu einer Pfarrei vereinigt wurde. Da die Liegenschaft im Unterbiel unterdessen in private Hand gelangt war, sah sich das Deputatenam t nach einem geeigneten W ohnhaus um. Verschie dene Angebote (Oberbiel 15, Äm lisweg 4 und Hitzengraben) wurden als ungeeignet begutachtet. Schliesslich erwarb das Deputatenam t im Dürselgarten 2 Jucharten Land und erstellte darauf 1765/67 ein neues Pfarrhaus (heute Oberbiel 2). Ingenieur Lucas Stähelin lieferte die Pläne und hatte die Bauleitung inne. Baustil: Später Barock. Zwei Stockwerke, Fassade m it vier Fensterachsen, Eingang m it Freitreppe in der M itte, Sat teldach m it Krüppelwalm en und Mansardenausbauten. Ein geräumiger Hof m it Brunnen und W aschhaus, das ehemalige Ökonomiegebäude m it einem rundbogigen Scheunentor, ebenfalls m it Satteldach und Krüppel walmen. Das Pfarrhaus wurde zu mehreren Malen ausgebessert, die Ofenheizung durch eine Zentralheizung ersetzt, im Ökonomiegebäude ein Unterrichtslokal eingerichtet. Letzte Gesam trenovation 1985. 89

Abb. 31. Ehemaliges Posamenterhaus Oberbiel Nr. 15. Abb. 32. Grundriss, aufgenommen 1933.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA E h e m a lig e s P o s a m e n te rh a u s , O b e rb ie l 1 5 3 Das geräumige M ehrfam ilienhaus wurde 1762 vom Tischmacher W ilhelm Schneider erbaut. Es kehrt, wie alle sekundären Vielzweckbauten, eine Traufseite der Strasse zu. Der m ächtige W ohnteil m it Platz für drei Haus haltungen weist auf die aufblühende Heimindustrie der Posamenterei hin; bedeutend kleiner ist das Ökonomiegebäude. Die Dreiteilung in W ohnung, Tenn und Stall wiederholt sich auch im W ohnteil: Stube, Küche, Keller. Bemerkenswert sind die grossen Stuben m it je vier Fenstern, wo früher die Posamentstühle standen. Der Laubenanbau auf der hinteren Traufsei te ist wie der Schopf eine spätere Zutat. Steiles Satteldach m it Knick (W ürgi). Keller wie üblich als dritter Raum des W ohntraktes im Erdge schoss und im 1. Stock (2 Stufen tiefer, kleine Fensterluken). Der Keller m it Laden und Treppe im Hausgang gehörte zur W ohnung im 1. Stock; er wurde erst in jüngerer Zeit angelegt. Städtischen Einfluss (Aneinander bauen) verrät die W eglassung der Dachvorsprünge auf der Giebelseite. Eigentümerin der vortrefflich restaurierten Liegenschaft ist seit 1981 Familie Paul und Ursula Bischof. 90

Abb. 33. Bauernhaus «Feld», Schmidtengasse 5, erbaut 1765. Auf der Frontseite Kel lereingang, abgedeckt mit Muschelkalkplatten.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA B a u e rn h a u s « a u f F e ld » , S c h m id te n g a s s e 5 4 Typisches Bauernhaus (sekundärer Vielzweckbau oder Dreisässenhaus), erbaut 1765 durch M artin und Daniel Schneider. Das dreiteilige, spätgoti sche Fenster im Erdgeschoss wahrscheinlich vom abgebrochenen alten Pfarrhaus in Bretzwil, dessen Dachstuhl 1764 von den Erbauern erwor ben wurde. W ohnteil (für zwei Familien) und Ökonomie befinden sich un ter einem Dach. Der geräumige Hausgang wird durch einen zweistufigen Treppenaufgang erreicht. Daselbst ist auch die Treppe für die obere W oh nung untergebracht. Die W ohnungen sind in Stube, Küche und Kammer unterteilt. Ein erst 1873 angebauter W ohnteil auf der hinteren Traufseite enthält auf jedem Stockwerk einen weiteren Raum für die Heimposamen terei. Gewölbte Keller, durch einen m it M uschelkalkplatten abgedeckten Kellerhals auf der vorderen Traufseite sowie durch einen Kellerladen im Hausgang begehbar. Besitzerin des unteren Teiles: seit 1978 Johann Ru dolf Plattner-Stiftung der Sekundarschule Reigoldswil, enthält die Histori sche Ortssammlung dieser Schule; des oberen Teiles: seit 1978 Frau An- narös Bürgin-Plattner. 91

Abb. 34. Ehemaliges Kleinbauernhaus, Rüschelgasse 1. Aufnahme 1936 durch Sekun- darschüler.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA K le in b a u e rn h a u s R ü s c h e lg a s s e 75 Das schmale, zweistöckige Haus steht am Ende einer Häuserzeile im Rüschel. Da sein Eingang sich auf der Giebelseite gegen den Rüschel bach befindet, wird es heute der Rüschelgasse zugerechnet. Das Haus wird schon auf einer Feldskizze von 1681 verzeichnet, gehörte aber wahr scheinlich als Teil der Ökonomie zum Nachbarhaus Rüschel 14 und wurde erst später als W ohnhaus umgebaut. Der durch Sekundarschüler im Jah re 1936 aufgenommene Grundriss verzeichnet im Erdgeschoss eine Stu be, damals Schlafzimmer, früher Posamenterstube, dann einen Haus gang, daneben ein Tenn, einen Ziegenstall und einen Schopf. Die W ohn stube und die Küche befanden sich im oberen Stockwerk, wo im Ökono mieteil auch der Heustock untergebracht war. Die Liegenschaft wurde 1976 in vollem Umfang zu W ohnzwecken um gewandelt und durch einen 92

Mansardenausbau um ein weiteres Zim m er erweitert. An die Zeit der Er stellung des W ohnhauses erinnern die heimeligen Fenster im Biedermeier stil an der Frontseite. Erster bekannter Eigentümer Durs Rudy, um 1800, heutiger Besitzer Peter Roth-Recher. Anmerkungen 1 Peter Suter, Einzelhöfe 121. 2 Das Bürgerhaus der Schweiz. Bd. 23, Zürich 1931, 81, Tafel 146. - Paul Suter, Zur Geschichte des Pfarrhauses Reigoldswil. Baselbieter Kirchenbote 1969, 120. - Der selbe, Zur Geschichte der Gotteshäuser des Baselbieter Hinterlandes. BHBI, Bd. 8, 1975, 569. 3 Paul Suter, Das Baselbieter Bauernhaus. In: Basel, Basel Stadt und Land. Basel 1937, 261 f. - Derselbe, Die Siedlungen im Baselbiet. BHBI, Bd. 9, 1977, 142 f. 4 Paul Suter, Das Haus «auf Feld». Neujahrsblatt der Gesellschaft zum Feld, 1985, 7 ff. 5 Ga Kataster 1801, Nr. 78. Die Infrastruktur Die Ortsplanung «Die Schönheiten Eures Dorfes m it einer geeigneten Ortsplanung als ein Stück liebe, alte Heimat zu erhalten, soll und darf das Ziel des Zonenpla nes sein», meinte Hochbauinspektor Arnold anlässlich der Gemeindever sammlung vom 2. Mai 19491. Denn er hatte sich damals bereit erklärt, die Stimm bürger von der Notwendigkeit einer solchen Planung zu über zeugen. Dies gelang ihm denn auch, denn die Gemeindeversammlung stim m te dem ersten Zonenplan von Reigoldswil m it 20 gegen 13 Stim men zu. Der Plan wurde von Ingenieur Eduard Holinger, Liestal, angefer tigt und enthielt im Vergleich zu heute sehr einfache Zonenvorschriften. So gab es beispielsweise eine Zone «Niedriger W ohnbau, 1-2 Geschos se». Diese entsprach der heutigen Zone W 1, für die folgende Vorschrif ten gelten: 1 Vollgeschoss, 2 W ohnungen pro Baukörper, Bebauungsziffer 20 %, Nutzungsziffer 18 %, Sockelgeschosshöhe 3,0 m, Fassadenhöhe 3,5 m, Gebäudehöhe 7,0 m, Gebäudelänge 20,0 m, Sattel- oder W alm dächer m it einer Neigung von m indestens 20° und Dachaufbauten nur über Fassaden m it Sockel kleiner als 1,5 m. Durch das am 1. Januar 1969 in Kraft gesetzte neue Baugesetz wurden die Gemeinden verpflichtet, ihre Planungen den neuen Vorschriften anzu passen. So wählte die Gemeindeversammlung am 20. Oktober 19702 eine Planungskommission, bestehend aus zwei Gemeinderäten und fünf von der Gemeindeversammlung gewählten M itgliedern. An der gleichen Versammlung wurde auch ein Kredit von 38 000 Fr. bewilligt, und m it der 93

Revision betraute man das Planungsbüro Schwörer, Liner und Partner AG, Liestal. Am 11. März 1974 wurde der neue Zonenplan anlässlich einer Orientierungsversamm lung allen Interessierten vorgestellt. Der damalige Entwurf entsprach einer Kapazität von 2 850 Einwohnern. Am 21. Okto ber 1974 genehmigte die Gemeindeversammlung den Zonenplan samt Zonenvorschriften sowie den Strassennetzplan. Aufgrund des anschlies send durchgeführten Planauflageverfahrens gingen 19 Einsprachen ein (wovon eine Kollektiveinsprache), von denen 14 auf dem Verhandlungs weg durch den Gemeinderat erledigt werden konnten, 5 Einsprachen wurden an den Regierungsrat zur Entscheidung weitergeleitet. Durch die erzielten Vergleiche drängte sich eine Änderung des Zonenplanes auf, die von der Gemeindeversammlung am 8. April 1975 gutgeheissen wurde. Dieser Beschluss brachte erneut 3 Einsprachen ein, die mangels Einigung ebenfalls dem Regierungsrat zum Entscheid überwiesen werden m uss ten. Am 20. Januar 1976 wurden säm tliche Einsprachen durch den Regie rungsrat abgewiesen, oder es wurde gar nicht darauf eingetreten, und der Zonenplan sam t Vorschriften und Strassennetzplan fand Zustim mung. Von der Genehmigung wurden allerdings die Baugebietserweite rungen im Gebiet Fürstenberg/Chläberen und im Gebiet Gstad sowie der Perimeter für eine spätere bauliche Entwicklung ausgenommen. M it die ser regierungsrätlichen Genehmigung kehrte aber nicht etwa eine planeri sche Ruhe in unser Dorf ein, denn schon bald merkte man, dass auch W aldbaulinien notwendig sind, und so genehmigte die Gemeindever sammlung am 12. April 1976 den W aldbaulinienplan Unter Bergli- Chalchofen, der für die Realisation eines Bauvorhabens sehr rasch erstellt werden musste; am 24. Oktober 1977 fand auch der W aldbaulinienplan M ühlem att bis Chilchli, der den ganzen Rest um fasst, die Zustim m ung der Gemeindeversammlung. 1978 war die umfangreiche Ortsplanung ab geschlossen3 und die Subvention des Kantons konnte ausbezahlt werden. Darauf wurde die Planungskommission m it Hans Preiswerk als Präsident unter bester Verdankung für die geleistete Arbeit aufgelöst. M it einer grossangelegten Baulandumlegung im Gebiet Chläberen- Rüschelm atten in den Jahren 1962-1967 erhielt die Bautätigkeit in unse rem Dorf einen starken Impuls. Durch diese um sichtige Planung erm ög lichte die Gemeinde am schön gelegenen Südhang des Richtenbergs eine zweckmässige Überbauung (Abb. 35). Grosse Flächen innerhalb dieses Gebietes waren zudem im Besitz der Einwohnergemeinde, die in weiser Voraussicht dieses Land zu günstigen Preisen erworben hatte. Dadurch wurde eine allzu erhebliche Bodenspekulation verhindert, und manche Familie konnte eine Bauparzelle zu anständigen Bedingungen erstehen. Heute besitzt die Gemeinde nur noch Land, das in der Zone für öffentli che W erke und Anlagen liegt. Die umfangreichen Arbeiten für die Landumlegung wurden von einer Vollzugskom m ission4 (Präsident Hans Preiswerk, Kassier Heinz Vogt) und einer Schätzungskommission (Präsident Hans Frey, Giebenach) bewältigt, während das Ingenieurbüro Daniel Rohner, Arlesheim, die Vermessungs arbeiten ausführte. Die Kosten beliefen sich auf 107 000 Fr.; sie wurden 94

Abb. 35. Gebiet der Landumlegung Chläberen-Rüschelmatten. Ausschnitt aus dem Grundbuchübersichtsplan 1 : 5000, nachgeführt bis ca. 1980. von den Besitzern der Beizugsflächen (92 200 m2) aufgebracht und be trugen per Quadratm eter Fr. 1.15. Anmerkungen 1 Ga, PrG 1949. 2 Ga, PrG 1970. 3 Ga, PrG 1978. 4 Ga, Pr Bauland-Umlegungs-Genossenschaft 1962-67, letzte Sitzung 4. Juli 1972. Die Landschaftsplanung Immer mehr Leute wohnen in unserem Land. Sie alle stellen Ansprüche an die Landschaft: Dem Landwirt dient sie als Erwerbsgrundlage, der ge stresste Städter m öchte sich darin erholen, der Naturschützer ihren Reichtum erhalten. All dies und mehr führt zu Interessenkonflikten. Da soll die Landschaftsplanung ordnend eingreifen. Dies ist nicht ohne Ein schränkungen der persönlichen Freiheit möglich, aber auch sonst brau chen wir im Zusammenleben gegenseitige Rücksichtnahme. Bedauerli cherweise können wir erfahrungsgemäss nicht von jedem erwarten, dass er diese freiwillig ausübt, daher braucht es leider Reglemente, um eine zweckmässige, allen dienende Raumordnung zu erhalten. Das Bundesgesetz über die Raumplanung überträgt den Kantonen diese Aufgabe. Unser Kanton legt m it dem Regionalplan Landschaft und den 95

Richtlinien die Grundlagen fest und verpflichtet die Gemeinden, die ent sprechende Planung durchzuführen. Der Gemeinderat hat dam it das Ingenieurbüro Sutter und Gudenrath, Ar- boldswil, beauftragt. Nachdem dieses an einem Orientierungsabend die Bevölkerung m it den Aufgaben und Zielen der Planung bekannt gem acht hatte, wählte die Gemeindeversammlung acht M itglieder der Land schaftsplanungskom m ission, und der Gemeinderat delegierte noch drei seiner Mitglieder, so dass die Kommission elf Leute aus allen Kreisen um fasst. M it einer gut benützten Fragebogenaktion wurden dann die W ünsche und Bedenken unserer M itbürger festgestellt. Sie waren eine wertvolle Grundlage für die Arbeit. Unterkomm issionen bearbeiteten die einzelnen Teilgebiete, wie Land schafts- und Naturschutz, Erholungszonen und Verkehrseinrichtungen, Kulturgüterschutz, Deponien und Abbaugebiete. Ihre Ergebnisse wurden darauf der Gesam tkom m ission zur Prüfung und Beschlussfassung vorge legt und in Plänen und Reglementen festgehalten. Auch die Bevölkerung erhielt die Gelegenheit, diese einzusehen und dazu Stellung zu nehmen. So konnten Missverständnisse beseitigt und berechtigte Korrekturen an gebracht werden. Der Verfasser hat im Auftrag der Kommission ein Inventar der Natur schutzgebiete bearbeitet. Gegenwärtig liegen Pläne, Reglemente und Inventar in den Am tsstuben des Kantons. W ir warten ab, ob sie von diesen Stellen abgesegnet wer den. W enn darauf noch die Gemeindeversammlung ihr Jawort gegeben haben wird, erwächst dem Plan und den Reglementen Rechtskraft. Die W asserversorgung Nach Daniel Bruckner1 besass Reigoldswil um die M itte des 18. Jahrhun derts «8 laufende Brunnen, welche von einer Quelle hergeleitet werden». Bei dieser handelte es sich um die W eierm att- oder Schreinermattquelle. Eine weitere Quellfassung befand sich im 19. Jahrhundert gegenüber der oberen Säge im Chilchli2. Von dort aus führte eine Deuchelleitung zum öf fentlichen Brunnen am Äm lisweg. Auch die Brunnleitung von der W eier m att bestand aus hölzernen Deucheln. Ein Vorrat dieser W asserleitungs röhren aus Föhrenholz befand sich in einem W eiher daselbst, der vom Überlauf der W eiermattquelle gespeist wurde. Im Jahre 1825 wurden die vorher hölzernen Brunntröge und -stöcke durch solche aus Solothurner stein ersetzt. Es sind dies die heute noch vorhandenen langen Brunntröge m it der Jahrzahl 1824 oder 18253. Damals musste das Trink- und Ge brauchswasser noch bei den öffentlichen Brunnen geholt werden; nur die untere Mühle und das Gasthaus zur Sonne besassen eine Hausleitung. Die Arbeiten am W asserfallentunnel (1874/75) brachten die Quelle beim Chilchli zum Versiegen. Die Gemeinde klagte nach dem Abbruch der Bahn arbeiten und verlangte Schadenersatz4. Statt der geforderten 30 000 Franken erhielt sie alles durch den Bahnbau beanspruchte Land sowie 96

Abb. 36. Dorfbrunnen bei der unteren Mühle mit langem Trog. Mühlezeichen und Jahr zahl 1824. zwei W ohnhäuser, die bei der Fertigstellung der Bahnlinie hätten abgebro chen werden müssen. Der Erlös aus dem Verkauf des Landes und der Lie genschaften brachte mehr als 30 000 Fr. ein; er wurde für die Neufas sung der W eierm attquelle und den Einbau von gusseisernen Röhren für die Brunnleitung verwendet. Ausserdem erhöhte man die Zahl der öffent lichen Brunnen um weitere 14. Es sind dies die noch zum Teil vorhande nen kurzen Brunntröge m it der Jahrzahl 1881 am Brunnstock. Um die gleiche Zeit erfolgten in vermehrtem Masse die Hausanschlüsse. Da für den Dorfteil Oberbiel der Leitungsdruck ungenügend war, fasste man 1899 die Haberm att- oder Ämlisquelle5. Für die Häusergruppe Chilchli wurde die im Stollen des Vortunnels des angefangenen W asserfallentun nels zum Vorschein gekommene alte Chilchliquelle verwendet, doch wa ren der Druck und die Qualität des W assers ungenügend. Aus diesen Gründen und auch zur Verbesserung der Feuerlöscheinrichtun gen war man anfangs des 20. Jahrhunderts bestrebt, unter Benützung der hochgelegenen Eisetquelle eine Hochdruckwasserversorgung einzu richten. Ein von Ingenieur H. Peter aus Zürich vorgeschlagenes Projekt vom 8. Juli 19106 sah eine neue W asserversorgung m it Gussleitung, Re servoir auf dem Hoggenhübel, 24 Überflurhydranten m it einem Kostenbe trag von 43 000 Fr. vor. Viele Reigoldswiler, vor allem die m it W eiermatt- 97

Abb. 37. Dorfbrunnen im Oberbiel, bei der mittleren Säge, datiert 1881, mit kurzem Trog. wasser versorgten Einwohner im M ittel- und Unterbiel, konnten sich für diese Lösung nicht begeistern. Da entschloss sich ein Anhänger des Eisetquellen-Projekts zu einem Gewaltstreich. Er schüttete auf seiner Lie genschaft auf der sogen. Planie in ein gegrabenes Loch zu verschiedenen Malen Jauche und verunreinigte auf diese W eise die W eiermattquelle. Darauf grosse Aufregung im Dorfe ! In der Folge wurde eine Brunnenkom mission gewählt, die unter Zuzug von Fachleuten Massnahmen ergriff, um weitere Verunreinigungen zu vermeiden und die etwas vernachlässig te Quellfassung in Ordnung zu stellen7. Dam it wurde aber die W asserver sorgung für die höher gelegenen Dorfteile nicht verbessert. Als 1912 das Schulhaus auf Chläberen erbaut wurde, genügte der W asserdruck der W eierm attquelle ebenfalls nicht, und es musste die Quelle auf der Glog- genrüti zugeleitet werden. Erst 1936, nachdem bereits in den Jahren 1932/33 genaue Messungen und Untersuchungen der Eisetquellen vorgenommen worden waren, ent schloss sich die Gemeinde zur Erstellung einer modernen W asserversor gung8. Und zwar kam das frühere Projekt Peter, diesmal durch Ingenieur Ed. Holinger aus Liestal, in verbesserter Form zur Ausführung. Das Hoch 98

druckreservoir wurde auf dem Hoggenhübel plaziert, m it Steigleitung von der Chilchägerten her. Die gesamte Anlage m it Quellfassung, Haupt- und Hausleitungen, Hydranten und Reservoir kam auf 160 000 Fr. zu stehen. Dank dem Einsatz des Kapitals der W asserkasse, der Subventionen von Bund und Kanton, blieb nur eine Schuld von 49 800 Fr. bestehen, wel cher Betrag von der Elektra Reigoldswil zu einem mässigen Zins zur Ver fügung gestellt wurde. Im gleichen Zeitpunkt (1937) stellte Reigoldswil der Nachbargemeinde Ziefen einen Teil der W eierm attquelle zur Verfü gung, wobei die Grabarbeiten für die Hauptleitung im Dorf von beiden Gemeinden gemeinsam erfolgten und die öffentlichen Brunnen im Mittel und Unterbiel an diese Leitung angeschlossen wurden. Da die Eisetquel len zeitweise zu wenig ergiebig waren und nach starken Regenfällen Trü bungen aufwiesen, wurde 1939 die W eierm attquelle wieder in die W as serversorgung einbezogen und m it einem Pumpwerk versehen. Bei dieser Gelegenheit kam ein origineller und energiesparender Vorschlag des Pum- penwarts Heiri Grossglauser zur Ausführung. Man richtete in der W eier m att eine Turbinenpumpe ein, die vom trüben Eisetwasser angetrieben wurde und welche das relativ saubere W eierm attwasser in das Leitungs netz drückte. Im Jahre 1962 bildete sich ferner in Reigoldswil eine Hofgruppen- W assergenossenschaft9, die m ittels einer Pumpanlage auf Chläberen seit 1967 W asser aus dem Leitungsnetz von Reigoldswil bezieht. Die Bauar beiten fanden von 1963 bis 1967 statt. Die Kosten beliefen sich auf 464 435 Fr., woran die öffentliche Hand 375 000 Fr. beitrug. Ange schlossen sind 9 Einzelhöfe, 4 weitere Liegenschaften sowie 4 Hydran tenanlagen von Höfen m it eigener W asserversorgung. Zweckverband W asseraufbereitung Reigoldswil-ZiefenUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA G e s c h ic h te Früher war man es gewohnt, dass ab und zu bei starkem Regen unsere Hahnen trübes W asser lieferten. Unangenehm war, wenn das Badewas ser leicht bräunlich erschien und nicht nur ein bisschen nach Stall roch. Die Reigoldswiler hatten sich drein geschickt, aber immer mehr rekla mierten Leute, die nicht aus unserer Gegend stam m ten. Unser klüftiges Jurakalkgestein kann leider das W asser, wie es an der Oberfläche ein sickert, nicht selbst reinigen. Das Lebensm ittelinspektorat und das W as serwirtschaftsamt drängten auf eine Sanierung. Daher bestellte die Ge meinde 1963 eine W asserbaukommission. Diese suchte zusammen m it dem Ingenieurbüro Itin und Kipfer AG nach m öglichen Lösungen. Auch Ziefen strebte nach einer Verbesserung der W asserqualität und suchte im Obertal eigenes W asser. So wurden in beiden Gemeinden Projekte erstellt und wieder verworfen. W as lag aber näher, als sich zu einem gemeinsa men Vorgehen zusammenzuschliessen. Ein erster Anlauf scheiterte da ran, dass Reigoldswil den Ziefnern einfach aufbereitetes W asser verkau fen wollte, Ziefen aber sich auf die 1937 erhaltenen W asserrechte und 99

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auf seine baulichen Anlagen im Bann Reigoldswil berief und den vorge schlagenen Vertrag bachab schickte. Am 22. Januar 1970 kamen die beiden Gemeinderäte, das W asserwirt schaftsam t und das Lebensm ittelinspektorat zu einer Vorbesprechung zu sammen, am 24. März 1970 trafen sich auch die beiden W asserbaukom missionen. Aus diesen wurde dann eine paritätische W asserbaukomm is sion m it gleichviel Vertretern der beiden Gemeinden gewählt. Das schon m it den vorherigen Projekten vertraute Ingenieurbüro küm m erte sich um die technischen Belange. Als günstigsten Standort für beide Gemeinden wählte man die W eiermatt und als Reinigungssystem die Ozonisierung der Firma VAR, die später von Sauter AG Basel übernommen wurde. Ne ben diesen technischen und baulichen Beschlüssen musste sich die Kom mission auch m it der rechtlichen Form der Zusam m enarbeit der beiden Gemeinden auseinandersetzen. Man wählte die Form des Zweckverban des, entwarf den Vertrag und die Statuten. Beide Gemeinden stim m ten nun zu, und am 23. November 1971 gab auch der Regierungsrat seinen Segen dazu. Die Quellrechte und baulichen Anlagen gingen in den Besitz des Zweckverbandes über, das Bauland stellte die Einwohnergemeinde Reigoldswil im Baurecht zur Verfügung. Die eingeschossenen W erte wer den als Kapital verzinst und - soweit es sich um vergängliche W erte, wie Bauten, handelt - auch am ortisiert. Die W RZ liefert das W asser den Ver tragspartnern zum Selbstkostenpreis. Nun musste noch der letzte Papier krieg m it W aldbaulinie und Ausnahm ebewilligung (das Gebiet liegt im Landwirtschaftsgebiet) und die Beschaffung des Baukredites durchge standen sein; sobald die Bewilligung vorlag, konnte man im Oktober 1972 m it dem Bau beginnen. Am 7. Mai 1974 konnte man die Anlage in Betrieb nehmen und zuerst Reigoldswil, etwas später auch Ziefen m it aufbereitetem W asser belie fern. Beide Gemeinden mussten vorher noch verschiedene Anpassungen ihres Netzes vornehmen. Am 29. und 30. November 1975 durften wir m it Stolz das gelungene W erk der Öffentlichkeit vorstellen und eine schlichte Feier abhalten. Seither hat es einwandfrei funktioniert, wenn man von kleinen Störungen und nicht vorhersehbaren Schäden durch Korrosion absieht. Die W asserbaukommission konnte m it bestem Dank aufgelöst werden. Seit dieser Zeit küm m ert sich die ebenfalls paritätische Verwaltungskom mission m it je drei Vertretern der Gemeinden um die Geschäfte der W RZ. Der Schreibende durfte ihr bis 1984 vorstehen. Als Verwalter am tete bis 1978 Daniela Hug-Schmid, Ziefen, und seither Hans W agner-Buess, Ge m eindeverwalter von Reigoldswil. Hansueli Frey-Gosteli betreut als Be- triebswart die Anlage treu und sachgemäss. Abb. 38. Funktionsschema Aufbereitung W eiermatt. 100

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T e c h n is c h e s rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Durch die tiefere Lage der Aufbereitungsstation war es auch möglich, die untere Eisetquelle m itzuerfassen. Alle drei Quellen speisen zuerst ein Sammelbecken, von dort fliesst das W asser zum Teil durch die alte Turbi nenleitung in die Aufbereitung. Das W asser von W eierm att und Haber m att muss in die Anlage gepum pt werden. Daher nutzt man sie nur noch, wenn aus dem Eiset zu wenig zufliesst oder die Eisetquellen trübe laufen. Ein photoelektrischer Trübungsmesser schaltet dann die Eisetquelle auto m atisch auf Überlauf um. Im Rohwasserbecken kann sich der gröbste Sand schon absetzen, auch werden Eisenverbindungen ausgeflockt. Dann durchfliesst das Rohwasser langsam die Kontaktkolonnen. Hier perlt das in der Anlage selbst auf elektrostatischem W eg erzeugte Ozon durch das W asser und tötet Bakterien und andere Kleinlebewesen ab. An schliessend sickert das nun keimfreie W asser durch Sandfilter und sam m elt sich als Reinwasser im untersten Becken. Von hier aus werden die beiden Ortsnetze über W asseruhren versorgt. Nach Ziefen genügt das Gefälle, für Reigoldswil arbeiten zwei Pumpen, die je nach Bedarf einge schaltet werden. Selbstverständlich wird die ganze Anlage autom atisch gesteuert. Sinkt das W asser im Reservoir zu stark ab, so wird sofort W as ser angefordert. Auch die Filter werden autom atisch gespült. Am Anfang konnte aber der Vorfluter, das «Dyg», das anfallende Spülwasser nicht fassen und überlief. Aus diesem Grunde erstellte man vor der Anlage als Ausgleichsbecken den W eiher, seither hat man Ruhe. M it seinen Enten ist er ein Anziehungspunkt für die Kinder der Umgebung. Dam it im Gebäude kein Kondenswasser entsteht, ist die ganze Anlage klim atisiert. Ein eben falls autom atisches Alarm telefon sucht sich bei Störungen solange einen Mann, der für die Behebung zuständig ist, bis der Anruf quittiert wird. M it dem Bau der Aufbereitungsanlage wurde auch die Fassung der W eier m attquelle saniert. Beim W eiheraushub konnte ein hölzerner Brunntrog der alten W eierm attquelle geborgen, leider aber nicht konserviert werden. W ie die regelmässigen Kontrollen des Lebensm ittelinspektorates zeigen, bringt es die Anlage fertig, das oft m ittelm ässig bis stark verschm utzte Quellwasser in einwandfreies Trinkwasser umzuwandeln. F in a n z e n Die Gesamtkosten des W erkes beliefen sich auf rund 1,4 Millionen Franken10. Der Baukredit wurde uns von der Kantonalbank zur Verfügung gestellt und nachher konsolidiert. Die Hoffnung, durch eine immer wieder als «Göttibatzen» in Aussicht gestellte Subvention aus dem Grundwas serfonds, m it der man die Zinsenlast erleichtern und das W asser billiger abgeben könnte, hat sich leider in Luft aufgelöst, da anscheinend nur Ge meinden, nicht aber Gemeindeverbände als Bezüger vorgesehen sind. A k tu e lle s Im Jahre 1985 wurde auf das Flachdach der W asseraufbereitungsanlage, das durch pickende Vögel Schaden erlitten hatte, ein Satteldach aufge setzt. 102

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Nachdem sich der Kanton erkundigt hatte, ob es m öglich sei, noch ande re Nachbargemeinden an die W asserversorgung Reigoldswil-Ziefen anzu schliessen, wurden 1987 m it Liedertswil und Titterten Verträge abge schlossen und ihnen zur Ergänzung ihrer W asserversorgungen gewisse Quanten (Tagesbezug mindestens durchschnittlich 60 m3 für Liedertswil und 140 m3 für Titterten) zugesichert. Anmerkungen 1 Bruckner, Merkwürdigkeiten. Basel 1756, 1864. 2 Zehnter, Erinnerungen, 21. 3 W ie Anmerkung 2, 22. 4 W ie Anmerkung 2, 22. 5 H. Peter, Bericht an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft betreffend die W asserversorgungsverhältnisse der Gemeinde Reigoldswil. Zürich, 8. Juli 1910. 6 W ie Anmerkung 5. 7 Ga, Protokoll der Brunnenkommission 1910/11. 8 Ga, Protokoll der W asserkommission 1936/38. 9 Suter, Einzelhöfe, 94 f. (mit Karte). 10 Itin und Kipfer AG, Schlussbericht und Schlussabrechnung vom 31. Dezember 1976. Abb. 39. W asserwerk W eiermatt. Aufbereitungsanlage. 103

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Die elektrische Stromversorgung Die Einführung der elektrischen Kraft hängt in Reigoldswil eng m it der Heimindustrie der Posamenterei zusammen. Der Basler Bandfabrik Gebr. Sarasin gelang um 1900 die Erfindung einer Vorrichtung zum Kraftbetrieb der Bandwebstühle. Darauf wurden einige Posamenter und weitere In teressenten aus Reigoldswil zur Besichtigung eines in der Fabrik zu St. Ludwig aufgestellten Probestuhles eingeladen. Am 1. Juni 1902 fand dann in Reigoldswil eine Besprechung über die Einführung der elektri schen Energie zu Kraft- und Lichtzwecken statt. In einer zweiten Ver sammlung setzte man ein Komitee ein, das m it den Fabrikanten zu unter handeln, aber auch die Zuleitung des elektrischen Stromes zu studieren hatte. Am 15. Januar 1903 erfolgte dann die Gründung der Genossen schaft «Elektra Reigoldswil». Es kam zum Vertragsabschluss m it der Elektra Baselland über die Stromlieferung. Im gleichen Jahr wurde durch die Firmen Kummler und Cie., Aarau, und Graf und Buser, Liestal, die ge samte Anlage erstellt. Die nachstehende Zusam m enstellung schildert die Entwicklung der Elek tra Reigoldswil, die zur Zeit die zweitgrösste der noch bestehenden 6 Dorfgenossenschaften in Baselland ist. 1903-1928 Sekundärnetz m it Transformarstation am Bielwegli und zwei Ringleitun gen. Ab 1905 Anschluss verschiedener Einzelhöfe und Erstellung des Freiluft-Transformers Gorisen. Ab 1919 Krise und beginnender Rückgang der Heimposamenterei, in der Folge Rückerstattung und teilweise Erlass der Stromgebühren an arbeitslose Posamenter. 1903 160 Genossenschafter, 199 Posamentstühle (1913 361, Maximum), 487 Lampen, Leistung 51,2 PS. 1928 294 Genossenschafter, 264 Posa mentstühle, 2096 Lampen, 18 Kochherde, Leistung 86,2 PS, Stromver brauch 202 205 kW h. 1929-1953 Bau des Dreschschopfs m it Magazin, neue Dreschmaschine, Einbau von Zählern und Schaltuhren, Erweiterung der Primärleitung ins Chilchli und Erstellung einer weiteren Transformerstation, Bau der W asserfallenlei tung, Spannungsänderung im Dorfnetz, Zählereinbau abgeschlossen. 1953 326 Genossenschafter, 55 Posamentstühle, 2953 Lampen, 234 Kochherde, 91 Boiler, 155 M otoren. Leistung 346 PS, Stromverbrauch 708 295 kW h. 1954-1978 Hochspannungsleitung auf die W asserfalle für den Betrieb der Gondel bahn und eines Skiliftes, Netzkommandoanlage m it Sendeeinrichtung, neue Transformerstationen: beim Dreschschopf, bei der Kläranlage und bei der W asseraufbereitungsanlage, verschiedene Schaltposten im Bau gebiet Chläberen, Verkabelung eines grossen Teiles des Dorfes und der 104

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Abb. 40. Dorfzentrum Reigoldswil 1904 m it den neuen Masten und Drähten der Nie derspannung. Links eine Petrollampe der alten Strassenbeleuchtung. neuen Baugebiete, zirka 100 neue Hausanschlüsse (Ein- und M ehrfam i lienhäuser, Gewerbebetriebe), 1977 Ende der Hausposamenterei. 1977 481 Strombezüger, 429 Kochherde, 291 W aschautom aten, 351 Boiler, maximale Leistung 817 kW (1111 PS), Stromverbrauch 4 599 850 kW h. 1979-1986 Neue Transformerstationen: Alters- und Pflegeheim M oosmatt, Schulan lage, Skilift am Chellenchöpfli, 42 neue Hausanschlüsse (Einfamilienhäu ser, ein Mehrfamilienhaus). 1986 568 Strombezüger, davon 366 Genossenschafter, 499 Kochherde, und Rechauds, 378 W aschautom aten, 311 Boiler, 99 elektrische Raum heizungen über 5 kW , 3 W ärmepumpenanlagen, Stromverbrauch 6 613 900 kW h bei 1153 kW m axim aler Leistung. Die Elektra Reigoldswil stand 1903-1921 und 1925 unter der Leitung des Hauptinitianten der Elektrifizierung, Gustav Schneider, Ständerat, dann von 1926-1972 unter Robert Dürrenberger, Arzt, seit 1979 unter W erner Krummenacher, Dr. iur. - Verwalter: 1926-1963 Johann Rudin-Roth, seit 1963 Hans Feldner, Elektrokaufmann. Die Elektra Reigoldswil erfreut sich seit jeher einer gesunden finanziellen Lage. Es ist auch üblich, dass ein 105

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Teil des jährlichen Überschusses als Vergabung an gem einnützige Institu tionen der Gemeinde verwendet wird. Quellen Geschäftsberichte der Elektra Reigoldswil 1905 ff. (1. Geschäftsbericht 1903 nicht er schienen). 10., 50., 69. und 75. Geschäftsbericht enthalten Rückblicke auf 10, 50, 70 und 75 Jahre Elektra Reigoldswil. Die Kanalisation W enn man glaubt, die Kanalisation sei eine neuzeitliche Erfindung, so täuscht man sich gewaltig. Denn das häusliche wie auch das industrielle Abwasser wird schon seit Jahrzehnten über Kanalisationsleitungen weg geführt. Bis in die fünfziger Jahre flossen diese schm utzigen W ässerlein allerdings meistens in öffentliche Gewässer! In vorbildlicher W eise erliess sodann der Kanton Baselland am 30. Oktober 1952 das Gesetz zur Abwasser-Reinigung und aufgrund dieses Gesetzes entstanden allm äh lich im ganzen Kanton grössere und kleinere Abwasserreinigungsanlagen. Diese Anlagen wurden in der Regel durch den Kanton erbaut. Für die Zu leitung des Abwassers wurden aber die Gemeinden verantwortlich ge m acht. Unsere Gemeinde beauftragte im Jahre 1954 das Ingenieurbüro Eduard Holinger, Liestal, m it der Ausarbeitung des Generellen Kanalisa tionsprojektes (GKP) und am 17. Januar 1955 wurde dasselbe durch die Einwohnergemeindeversammlung genehm igt. Dam it war der Grundstein für die Abwasserentsorgung unserer Gemeinde gelegt. Bereits zwei Jahre später, nämlich am 17. Juni 1957, legte der Gemeinderat der Gemeinde versammlung das erste Kanalisationsreglem ent vor. Dem Protokoll ent nehmen wir: «Präsident Erwin Dettwiler bedauert, dass zur Behandlung dieser eher trockenen, aber nichts desto weniger wichtigen Materie nicht mehr Bürger erschienen sind.» Verm utlich ahnten die Bürger damals noch nicht, wie stark eine Kanalisation den Geldbeutel belasten kann und so wurde das Reglement oppositionslos genehmigt. Ganz anders reagierten die Bürger auf eine Änderung dieses Réglementes, die vom Gemeinderat vorgeschlagen wurde, um der Kanalisationskasse aus den roten Zahlen zu verhelfen. Die Versammlung wurde in der Turnhalle abgehalten, denn gross war der Aufm arsch und die Opposition. Der Gemeinderat empfahl die Erhebung von Vorschussbeiträgen für unüberbaute Grundstücke so wie eines Um weltschutzbeitrages von 100 Franken pro Person. Beide An träge wurden massiv verworfen. Am 8. Septem ber 1975 wurde der Ge meindeversammlung ein revidierter Reglem entsentwurf vorgelegt, wel cher zwar immer noch den Vorschussbeitrag enthielt, aber nur noch m it einem Ansatz von 4 Franken pro Quadratm eter und nicht mehr 7 Fran ken, wie in der ersten Vorlage. Anstelle des Um weltschutzbeitrages schlug der Gemeinderat eine Sonderschwem m gebühr vor. Ohne Gegen stim m e wurde diesen Anträgen zugestim m t. Diese Sanierungsmassnah men für eine notleidende Regiekasse war eine Pionierleistung, auch wenn 106

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dam it mancher Bürger verärgert wurde. Dank dieser Massnahme konnte aber die Kasse saniert werden und heute ist sie sogar eine sehr verm ö gende Regiekasse. Daran war aber nicht allein die erwähnte Gesund schrumpfungsaktion beteiligt. Denn unsere Gemeinde ist schon seit eini gen Jahren vollständig kanalisiert. Dank einer regelmässigen Bautätigkeit fliessen so immer wieder Anschlussgebühren in die Kasse, denen keine Ausgaben entgegenstehen. Zu einer sehr kostspieligen Angelegenheit wurde der Betrieb und Unter halt der Abwasserreinigungsanlagen, eine Aufgabe, die vom Kanton zwar übernommen wurde, doch müssen sich die Gemeinden finanziell daran beteiligen. So betrug unsere Abgabe für das Jahr 1985 Fr. 43.90 pro Ein wohner. Zur teilweisen Finanzierung dieser Gebühr erheben wir eine Schwemm gebühr von derzeit 30 Prozent des W asserzinses. W enn die Kanalisationskasse heute gesund dasteht, so darf dennoch nicht übersehen werden, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird, bis die ältesten Kanäle erneuert werden müssen und dann wird das Polster bald einmal dahinschmelzen. Quellen Ga, PrG 1955, 1957, 1975, 1985. Die Feuerwehr Am 8. März 19851 wurde das neue Tanklöschfahrzeug vom Typ Magirus TLF 160 FA an die Feuerwehr Reigoldswil übergeben. Ein seit Jahren of fener W unsch wurde an diesem Tag erfüllt. Modern ausgerüstet, absol vieren die Feuerwehrmänner seither ihre Übungen und helfen, wenn es nötig ist. Einige spärliche schriftliche Aufzeichnungen geben einen kleinen Einblick in die Geschichte der Reigoldswiler Feuerwehr. Eine Eintragung vom Jah re 1668 im Gemeindebuch2 lautet: «Von feürsbrünsten ist geordnet, dass wan feür auffgehen solte, darauff die W ächter fleissig achtung haben sol len, dass solches gleich den Am bts Leüthen kund thun und selbige ein solches den bestelten feürlaüffern, deren 6 oder 8 bestelt sind, anzeigen, dass sie ohne Verzug denen nothleidenden zu hilff kommen, sollte es aber färner, dass n . . (niemand) eigentlich weiss, wo es ist, so sollen gleich wohl etliche feürlaüffer geschickht werden, dam it mann wüssen möge, wie es zugangen.» Im Jahr 17243 bestand das «Inventar» der Feuerwehr aus »25 St. Eymer 2 Feuwr Hoggen». In den Jahren 18 5 2 bis 18564 scheint in den Gemein deversammlungen m ehrfach von der Feuerwehr die Rede gewesen zu sein. Es wurde beschlossen, eine zweite Feuerspritze anzuschaffen. Der Lieferant war Ferd. Schenk in W orblaufen. Gleichzeitig wurde auch von J. Plattner und Hrch. W eber für 814 Fr. Land für ein Spritzenhaus gekauft. 1856 beschloss die Gemeindeversammlung diesen Bau, «weil in der Pfarrscheune die Spritze verstaube». (!) Ein Jahr später5 schon gab der 107

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Souverän grünes Licht, dem neu erstellten Spritzenhaus ein Stockwerk aufzusetzen, um darin eine dritte Schulabteilung, die «Hinterschule», ein zurichten. Das Obergeschoss blieb aber mehrere Jahre unausgebaut, erst 1874 hielt die Schule Einzug. Nach dem Bau des Schulhauses auf Chlä beren (1912/13) wurde in den gleichen Räumen die Gem eindeverwaltung untergebracht. Die Feuerwehr behielt ihr Magazin in der «Hinterschule» bis zum Jahre 1975 und zügelte dann in die ehemalige Garage der AGR neben dem Gemeindezentrum. Dieses wesentlich grössere Magazin er laubte auch die Anschaffung des eingangs erwähnten Tanklöschfahrzeu ges, denn neben diesem steht das 1974 erworbene Pikettfahrzeug. Die beiden M otorspritzen vom Typ II - die eine «gehört» dem Zivilschutz - wurden 1969, bzw. 1978 in Dienst genommen. Nebst den übrigen Gerätschaften verfügt die Feuerwehr über 1900 m Schlauchm aterial. W ohl ist der Brandschutz der Höfe seit der Erstellung der Hofgruppenwasserversorgung im Jahre 1967 und der Errichtung von Löschposten m it insgesam t 1100 m Schlauchlänge einfacher geworden. Es gibt aber trotzdem noch einige abgelegene Objekte, die diese grosse Menge Schlauchm aterial nötig machen. Glücklicherweise musste die Feuerwehr zu wirklichen Grossbränden sel ten ausrücken. Kleinere Einsätze gibt es aber im m er wieder. So hat sie 1986 bei einem Fahrzeugbrand und zwei Kaminbränden Hilfe geleistet; je ein Einsatz fand bei Sturm und Hochwasser statt. Der Bestand betrug 1986 total 66 Mann, davon 5 Offiziere, 11 Unteroffi ziere, 16 Gefreite und 34 Soldaten, aufgeteilt in Stab, Motorspritze, Ver kehrstrupp, Elektra und zwei Löschzüge. Der Feuerwehrdienst dauert vom 21. bis zum 41. Lebensjahr. Die Alarm ierung erfolgt über Telefon. Drei Gruppen zu zehn Mann sind daran angeschlossen. Um die gesamte Feuerwehr aufzubieten, dienten bis 1984 die «Sturmglocken» der Kirche. Die in diesem Jahr neu auf dem «Dröschschopf» errichtete Zivilschutz-Sirene erlaubte das Aufschalten eines cis-gis-Tones für die Feuerwehr. Die Übungen finden jährlich zwischen Februar und November statt. Für die M annschaft sind fünf Übungen vorgesehen, Unteroffiziere und Spe zialisten (Motorspritze, TLF, Atem schutz) leisten das Doppelte und die Of fiziere noch mehr. Dazu kom m t noch für alle eine Alarm übung. Die einfachsten Brände sind diejenigen, die gar nicht erst entstehen. Je des Jahr im Dezember machen sich aus diesem Grund die Offiziere und Höheren Unteroffiziere auf die Feuerschau und kontrollieren die Sicher heit der Feuerstellen in den Häusern. Standesgemäss - so hört man - werde noch da und dort den Kontrolleuren m it einem Gläschen «Feuer wasser» Anerkennung gezollt. . . Die adm inistrativen Arbeiten und Probleme rund um die Feuerwehr erle digt eine Kommission, bestehend aus den Offizieren, dem Feldweibel, dem Fourier und einem Vertreter des Gemeinderates. Die Rechte und Pflichten jedes Feuerwehrmannes sind im Feuerwehrreg lem ent von 1986 geregelt. Der Gemeinderat als Aufsichtsorgan pflegt ein gutes Einvernehmen m it Kader und M annschaft der Feuerwehr und ist bestrebt, dies auch in Zukunft so zu halten. 108

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Abb. 41. Die Feuerwehrkompagnie mit ihren Fahrzeugen, vor dem Magazin beim Ge meindezentrum, 1987. Verzeichnis der Feuerwehrkommandanten seit 1919 1919-1925 Karl Tanner-Plattner 1926-1938 Emil Schweizer-Vogt Erwin Dettwiler-Thommen 1939-1943 Karl Tanner-Plattner 1939-1945 (Kriegsfeuerwehr) Adolf Plüss-Roth Hans Nägelin-Schäfer Ernst Schneider-Rast 1944-1951 1952-1959 1960-1967 Anmerkungen Alfred Dettwiler-Gloth Otto Rudin-Lüthy Marcel Schäublin-Berger Hanspeter Vogt-Tschopp W erner Roth-Roth Marcel Nägelin-Pitarro (Stellvertreter) 1968-1971 1972-1977 1978-1979 1980-1985 seit 1 986 seit 1986 1 PrFk vom 19. Februar 1985. 2 Ga, Gemeindebuch 1739, Eintragung 1668 aus dem alten Gemeindebuch. 3 StAL 259, 59 vom 4. Januar 1724. 4 Ga PrG 18. Juli 1852, 31. Oktober 1852, 17. Juli 1853, 6. April 1856. 5 Ga PrG vom 27. September 1857. Die Zivilschutz-Organisation Reigoldswil - eine Chronologie Der Zivilschutzgedanke ist alt und geht auf die Zeit vor dem 2. W eltkrieg zurück, denn bereits 1934 legte der Bundesrat dem Parlament einen Bun desbeschluss betreffend den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung vor. 109

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1954 erlässt der Bundesrat eine Verordnung über die «zivilen Schutz- und Betreuungsorganisationen», wird der Schweizerische Bund für Zivilschutz gegründet. 1955 bezeichnet der Gemeinderat Reigoldswil Ernst W agner-W agner als Ortschef. Dieser besucht den ersten Kurs und baut auf freiwilliger Basis ein Kader auf. 1958 wird die Zivilschutzkom mission ins Leben gerufen, wird die Ge meinde Reigoldswil in 3 Blöcke aufgeteilt. 1959 der Zivilschutzartikel wird in die Bundesverfassung aufgenommen, findet der erste Zivilschutzkurs in Reigoldswil statt, es werden die Gebäudechefs der Hauswehren ausgebildet, wird Reigoldswil bau pflichtig, d. h. in allen W ohnhausneubauten müssen Schutzräume eingebaut werden. Der erste Schutzraum wird im Haus des heuti gen Ortschefs erstellt. 1962 tritt das Bundesgesetz über den Zivilschutz in Kraft, die allgemeine Zivilschutzpflicht wird dam it eingeführt. 1963 das Bundesamt für Zivilschutz wird geschaffen und dem Eidg. Justiz- und Polizeidepartement unterstellt. 1964 von den zwischen 1960 und 1964 ausgebildeten Kaderleuten wer den die ersten Zivilschutzpläne der Gemeinde erstellt, die Gemein de wird nunmehr in 2 Blöcke aufgeteilt, findet eine grosse Plan spielübung unter Leitung des kantonalen Am tes für Zivilschutz statt. 1966 wird die Zivilschutzstelle in der Gemeinde geschaffen, erster Leiter derselben ist Gemeinderat Jakob Oehler. 1967 werden neue Pläne erstellt. 1969 erfolgt die Inbetriebnahme des Ortskom m andopostens, welcher an das M ehrfam ilienhaus Tämpel der Bürgergemeinde angebaut ist. Auf letzterem befindet sich auch die erste Sirene. 1971 erlassen die Bundesbehörden die sogenannte Konzeption 1971. Darin wird festgehalten: «Jedem Einwohner der Schweiz einen Schutzplatz». 1972 tritt Ernst W agner-W agner nach 17-jähriger Tätigkeit als Ortschef auf Ende Jahr zurück. An seiner Stelle wählt der Gemeinderat Hans Feldner-Dettwiler zum Ortschef. 1973 wird weisungsgemäss die «Generelle Zivilschutzplanung (GZP)» erstellt. Neben verschiedenen Plänen um fasst diese auch eine schriftliche Beurteilung des Dorfes und dient als Grundlage für wei tere bauliche Massnahmen etc. Es fehlen noch 590 belüftete Schutzplätze. W ie 1958 wird die Gemeinde wieder in 3 Blöcke aufgeteilt. 110

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1974 Nachdem der Aufgabenkreis der Ortsleitung immer grösser wird, erhalten auch Gemeinden unserer Grösse einen Ortschefstellver treter. Auf Antrag der Ortsleitung betraut der Gemeinderat Heinz Vogt-M inder m it diesem Posten. 1975 erstellt die Ortsleitung den ersten Teil des «Zivilschutz-Aufgebots», d. h. die M obilm achungsunterlagen für den ZS. 1976 findet die erste grössere M annschaftsübung in der Gemeinde statt. Gleichzeitig wird ein öffentlicher Orientierungsabend m it Ausstel lung und Schülerwettbewerb durchgeführt. 1977 wird der 2. Teil des Zivilschutz-Aufgebots erstellt, findet m it Vertre tern des Bundesamtes ein Augenschein statt. Dabei erfolgt die Subventionszusicherung für einen Schlafraumanbau im Komm an doposten und für den Sanitätsposten und die öffentlichen Schutz räume im geplanten Altersheim -Neubau. 1978 wird die sogenannte ZUPLA, d. h. die Zuweisungsplanung für die Einwohner auf die vorhandenen Schutzräum e erstellt, tritt das revi dierte Bundesgesetz über den Zivilschutz in Kraft. 1979 genehmigt das Bundesamt die Pläne für den Sanitätsposten und die Schutzräum e im Altersheim . 1980 findet eine grössere M annschaftsübung statt, erstmals sind gleich zeitig 4 verschiedene Dienste im Einsatz, wird m it dem Bau der Zi vilschutzanlagen im Altersheim begonnen. 1982 sind die vorerwähnten Zivilschutzbauten fertig erstellt und es fin det die erste Übung im Sanitätsposten statt, werden GZP und ZUPLA überarbeitet, es fehlen immer noch sehr viele Schutzplätze, beantragt die Ortsleitung dem Gemeinderat den Bau einer Bereit stellungsanlage, kom biniert m it einem weiteren öffentlichen Schutz raum für 200-250 Personen, wird der Erweiterungsbau für den Kommandoposten (Schlafräume m it Toiletten und W aschanlagen, sowie Ortschefbüro) von der Gemeindeversammlung genehmigt. 1983 wird der Kommandopostenanbau erstellt. 1984 findet im Mai die erste Aufgebotsübung für das obere Kader m it Übernachtung im Kommandoposten statt, wird im Oktober eine Übung für die gesamte Organisation m it auf gebotsmässigem Einrücken durchgeführt. Am ersten Übungstag dauert der Dienst bis in die Nachtstunden, wird die 2. Sirene auf dem Drescheschopf installiert. 1985 findet die Übung des Schutzraum dienstes zur Kontrolle aller priva ten Schutzräum e statt. 111

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1986 wird die Küche im Kommandoposten erweitert, findet eine grosse M annschaftsübung statt, wird die Zivilschutzplanung gemäss kantonaler Vorlage neu er stellt, nehmen der Ortschef und sein Stellvertreter am ersten eidgenössi schen W eiterbildungskurs für Ortschefs teil. Der Sollbestand der Organisation beträgt 178 Personen, der IST-Bestand per Ende 1986 leider nur 112 Personen, wovon erfreulicherweise 20 Frau en, welche freiwillig Zivilschutzdienst leisten. Ortschef: Ortschef-Stellvertreter: Zivilschutzstellenleiter: 1955-1972 seit 1973 bis 1973 seit 1974 1966-1967 1968-1972 1973 1974-1976 seit 1977 Ernst W agner-W agner Hans Feldner-Dettwiler jeweils der Nachrichtenchef Heinz Vogt-Minder Jakob Oehler-Schneider Hans Feldner-Dettwiler Heinz Vogt-Minder Marcel Schäublin-Berger ist die Zivilschutzstelle in die Gemeindeverwaltung integriert. Quellen: Ernst W agner, alt Ortschef. Protokolle der Zivilschutzkommission 1958-1986. Akten und persönliche Notizen des Verfassers. 112

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Die Bevölkerung Bevölkerungsbewegung und -ZusammensetzungUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 1 5 .-1 9 . J a h rh u n d e rt' Eigentliche Volkszählungen auf der Landschaft Basel setzten erst am Ende des 18. Jahrhunderts ein. Doch waren schon vorher bei Anlass der Auf nahme der Fruchtvorräte die Zahlen der Haushaltungen und der Familien angehörigen der Untertanen festgestellt worden. Die früheste Erhebung von 1497 konnte anhand der Reichssteuerakten errechnet werden, wäh rend die Zahlen von 1585 aufgrund der M annschaftsrötel bestim m t wur den. Für 1680 erfolgte die Erm ittlung der Bevölkerungszahlen m it Hilfe einer Behausungsziffer (5,75 je W ohnhaus), die m ittels der genauen Dorf pläne des Geometers Georg Friedrich Meyer und der vorhandenen Ein wohnerzahlen der 5 Dörfer der Kirchgemeinde Rümlingen errechnet und dann auch für die anderen Baselbieter Gemeinden angewendet wurden. Einwohnerzahlen von Reigoldswil 1497 1585 1680 1698 1699 1709 1743 90 (Reichssteuer) 260 (Mannschaftsrötel) 420 (Behausungsziffer) 445 (Fruchtvorräte) 471 (Fruchtvorräte) 459 (Fruchtvorräte) 550 (Fruchtvorräte) 1770 1774 1798 1811 1815 1837 758 (Fruchtvorräte) 740 (Volkszählung) 862 (Volkszählung) 780 (Volkszählung) 865 (Volkszählung) 1 108 (Volkszählung) Die Zahlen von 1497 und 1585 sprechen für eine ausserordentlich dün ne Besiedlung des Gemeindebannes. Ähnliches wurde auch im schwei zerischen M ittelland festgestellt. Es kann aber an eine Folge der Pest- und Kriegszeiten im 14. und 15. Jahrhundert gedacht werden (Einfall der Gugler 1375, der Arm agnaken 1444). Auf der anderen Seite hängt die starke Zunahme der Bevölkerung im 18. und 1 9. Jahrhundert offensicht lich m it der aufblühenden Heimindustrie der Posamenterei zusammen. 113

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1 8 5 0 -T 9 8 5 2rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Die vorstehende Graphik zeigt in einer Kurve die Bevölkerungsbewegung in Reigoldswil in den letzten 135 Jahren. Zunächst wird in steilem An stieg von 1850 bis 1870 die M aximalhöhe von 1409 Einwohnern erreicht. Es war die Blütezeit der Heimposamenterei (1856: 308 W ebstühle): aus reichende Beschäftigung für alle Angehörigen der m eist grossen Fami lien. In den folgenden Jahrzehnten ist ein zweimaliges Absinken und An steigen der Kurve festzustellen, offensichtlich im Zusammenhang m it ein zelnen Krisenjahren. Die Höchstzahl der W ebstühle wurde im Jahr 1913 m it 361 erreicht. Dann setzte der endgültige Niedergang der Band industrie ein, und die Einwohnerzahl betrug 1941 nur noch 1141. Zu die sem Tiefstand trugen die Abwanderung und die vorherrschenden Klein fam ilien bei. In den Jahrzehnten 1960 bis 1980 begann eine rege Bau tätigkeit; Reigoldswil wurde als W ohngemeinde entdeckt. Neue Industrie zweige (Feinmechanik, Elektronik) brachten Zuzüger und veranlassten junge Arbeitskräfte zum Verbleib im Dorfe. H e im a tz u g e h ö rig k e it3 Abb. 43. Bevölkerung nach Heimat 1941 und 1980. Aus der graphischen Darstellung geht hervor, dass der Anteil der Orts bürger von 1941 bis 1980 um 20,4 % zurückgegangen ist. Nicht stark verändert hat sich die Zahl der Kantonsbürger, während die Schweizer bürger anderer Kantone nun ein gutes Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen. Die Ausländer haben von 0,3 % auf 4,1 %, in Zahlen von 4 auf 54 zugenommen. Sie verteilen sich 1980 auf folgende Heim atlän der: Bundesrepublik Deutschland 9, Frankreich 1, Grossbritannien 3, Ita lien 15, Spanien 15, Tschechoslowakei 2, Ungarn 1, Indien 1 und Viet nam 7. 114

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65 u.mehr 15.7 A lte rs a u fb a u d e r B e v ö lk e ru n g 4 60-64rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 4.8 Die Gegenüberstellung der Prozentzah len von 1950 und 1980 zeigt eine leich te Abnahm e der Altersklasse 0-14, eine Zunahme der Jugendlichen von 15-19, während die m ittleren Altersklassen 20-39 und 40-59 sich nicht stark ver ändert haben. Eine leichte Abnahm e verzeichnen die 40-64 jährigen, dafür eine Zunahme die über 65 jährigen. i 123 #l##E 6,0 Jills 3 23.9 40-59 25.8 — 28,3 20-59 ===== 6,3 15-19 Ml il 27.2 ===== 10 m 0- 14 20,5UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 1950 1980 Abb. 44. Altersklassen der Bevölkerung 1950 und 1980 in Prozentzahlen. B e v ö lk e ru n g s b ila n z 5 Jahr Geburten Todes 1961 1965 1970 1975 1980 1985 30 28 22 19 11 17 fälle 7 21 10 17 16 12 Geburten überschuss W anderungs bilanz Bevölkerungs bilanz + 23 + 7 + 12 + 2 - 5 + 5 + 36 + 16 - 66 - 16 + 57 - 7 + 59 + 23 - 54 - 14 + 52 - 2 Die obige Zusammenstellung dokum entiert den auch andernorts festge stellten Geburtenrückgang. Die negative W anderungsbilanz der siebziger Jahre hängt m it der krisenbedingten Abwanderung der Arbeitskräfte, die Zunahme von 1980 m it dem verm ehrten Zuzug von Einwohnern (1979/80 20 neuerstellte W ohnungen) zusammen. Anmerkungen 1 Franz Gschwind, Bevölkerungsentwicklung und W irtschaftsstruktur der Land schaft Basel im 18. Jahrhundert. QuF, Bd. 15, Liestal 1977, 28 f., 594 (Tabelle 92). 2 Statistisches Jahrbuch des Kantons Basellandschaft 1986 (W ohnbevölkerung). 3 W ie 2, 1941 und 1980 (Heimatzugehörigkeit). 4 W ie 2, 1950 und 1980 (Altersaufbau). 5 W ie 2, 1961 bis 1985 (Bevölkerungsbilanz). 115

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Die Familiennamen1 Der Brauch, dem Taufnamen einen zweiten Namen beizufügen, geht bis in das 11. oder 12. Jahrhundert zurück. Voran ging der Adel m it der Anga be des W ohnsitzes: Ulricus von Rifenstein (1145), Graf Ludwig von Fro- bürg (1244), dann folgten die Städte und schliesslich im 13. bis zum 15. Jahrhundert die Landleute. Als Parallelerscheinung entstanden in unseren ländlichen Siedlungen die sogenannten Dorfnamen, worüber im nächsten Abschnitt berichtet wird. Für die Bildung der Familiennamen waren fol gende M öglichkeiten ausschlaggebend:UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA B e ru f o d e r A m t d e s e rs te n N a m e n trä g e rs : Meier (Vorsteher des Dorfge richts), Müller, Plattner (Rüstungs- oder Plattenmacherschm ied), Preis werk (Posamenter), Schlegochsen (Metzger), Schneider, Suter, Sutter (lateinisch sutor = Näher der Schuhe, Schuhflicker), Vogt (Untervogt), W agner, W eber (Leinen- oder Tuchweber), Zehntner (Zehnteneinzüger). T a u fn a m e n d e s V a te rs : Bürgin (Kurzname von Burghart), Franz, Dietrich, Jenni (Kurzname von Johannes), W olf (Kurzname von W olfram). H e rk u n ft d e s e rs te n N a m e n trä g e rs : Dettwiler (von Dättwil AG), W alliser (aus dem W allis). S p itz - o d e r Ü b e rn a m e d e s e rs te n N a m e n trä g e rs : Bart, Roth (körperliche Eigenschaften), im Ancken (im Überfluss), Rich, Süss (angenehmer Mensch), W üthrich (aufbrausender Mensch). Die nachstehende Zusam- ‘menstellung der Familiennamen von Reigoldswil in verschiedenen Jahr hunderten spricht für einen starken W echsel. Geschlechter kamen und starben wieder aus; Kriegszeiten, Hungersnöte und Pestzeiten (vor allem im 15. und 17. Jahrhundert) rissen unzweifelhaft grosse Lücken in die Be völkerung. U rk u n d e n b u c h d e r L a n d s c h a ft B a s e l2 : Heintzi Bart 1499, Henman Böuri 1422, Niclaus Bucheier 1399, Claus Grünenberg 1423, Hans Kübler 1491, Heini Meyer 1422, W erner Regenasz 1422, Hans und Bertschy Rich 1456, Hans und Heini Rümppin 1433. S c h ö n ta lb e re in 1 4 4 7 3: Hanns im Ancken, Rudi Bonas, Peter Eben, Erni, Ertzberger, Heintz in der Gassen, Chuntz Günther, Hegler, Hanns Heini- man, Clewi Hindier, Ingold, Jenne Itten, Peter und Heini Krattinger, Hanns, Peter und W ernli Kübler, Uli und Rutzsche Locher, Claus Meiger, Hans und Bertschy Rich, Hans und Herman Rümppi, Heini Schlegochsen, Schöler, Halbsetter, Clevi und Heintze Spantzer, Tüllerli, Clewi W eber, W ildi. S c h a lle rb e re in 1 5 3 4 '1: Hans Ackerman, Hans Bader, Fridlin Erbser, Ulin Grim, M athis Günthart, Hans und Heini Günther, Claus und M athis Häner, Franz Hegler, Bertschy Hindier, Hans Kübler, Franz Meier, Cuni Müller, Jerg Regenas, Romey und Rütsche Rich, Heine Steiger, Penteli Süss, Ul rich Vögelin, Heini und Bernhard Vogt, Ludwig W ild. 116

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A m tlic h e s V e rz e ic h n is d e r F a m ilie n n a m e n 1 9 3 8 5-.rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA (+ =ausgestorben) Anderegg+, Althaus+, Belin+, Brunner, Bürgin, Dettwiler, Dietrich, Dür renberger, Frey, Gysin, Gättelin, Grünblatt, Heimlicher-l-, Heuberger, M ei er, Müller, Nägelin, Osiander + , Plattner, Probst, Roth, Rudin, Salathe + , Schmutz, Schneider, Schweizer, Stohler, Tanner, Vögelin, Vogt, W agner, W alliser, W eber, Zehntner, Zimmermann. Hiezu kommen noch 33 auswär tige Bürger, darunter wiedereingebürgerte Frauen, die durch Heirat ihr Schweizer Bürgerrecht verloren hatten sowie eingebürgerte Schweizer und Ausländer. O rts a n s ä s s ig e B ü rg e r, S ta n d 3 1 . M ä rz 1 9 8 7 6 m it Angabe der Zahl der Fa milienangehörigen: W eber 66, W agner 52, Dettwiler 48, Plattner 38, Probst 33, Schneider 29, Roth 25, Frei 23, Vogt 17, Nägelin 16, Dietrich 14, Vögelin 14, Sutter 12, Tanner 10, Blaser 9, Rudin 9, Gisin 7, Hoffm ann 6, Schweizer 6, Tschudin 6, Franz 5, W alliser 5, Zehntner 5, Feldner 4, Jenni 4, Jutzi 4, Schaffner 4, Stohler 4, Thommen 4, Bieri 3, Gysin 3, Meier 3, Preiswerk 3, Bürgin 3, M üller 2, Solyomvari 2, Schär 2, Schaub 2, Schäublin 2, Suter 2, W üthrich 2, De Pilla 1, Feser 1, Kübli 1, Schulz 1. Die 1987 am zahlreichsten vertretene Familie W eber war schon im 15. Jahrhundert in Reigoldswil ansässig. Ihr gehören auch der Bildhauer Louis W eber und die Maler Hans und Heinrich W eber an. Und der zur Zeit grösste industrielle Betrieb in Reigoldswil, die Rego-Fix AG, wurde von Fritz W eber-Roth begründet. Die ebenfalls grossen Familien Dettwiler, Plattner und Schneider sind im 17. Jahrhundert aus Langenbruck zugezo gen, die Familie W agner im 18. Jahrhundert aus Läufelfingen. Im 16. Jahrhundert besass Solothurn in Reigoldswil 31 Eigenleute (Leibeigene)7. Zu ihnen gehörten verm utlich die Geschlechter Frei, Probst, Roth und Vö gelin. M it Ausnahme der Roth und Vögelin können diese Familien um 1600 aktenmässig in Reigoldswil nicht belegt werden, finden sich aber als M üm liswiler Geschlechter im dortigen Kirchenurbar von zirka 1600. Die Familien Bürgin, Dietrich, Gisin, Meier, Müller, Nägelin, Rudin, Schweizer, Stohler, Tanner, Vogt und W alliser gehören auch zu den seit langem in Reigoldswil heim atberechtigten Geschlechtern, während die übrigen Familien der obigen Zusamm enstellung durch späteren Einkauf oder W iedereinbürgerung das Reigoldswiler Bürgerrecht erworben haben. Anmerkungen 1 Herbert Maas, Von Abel bis Zwicknagel. Lexikon deutscher Familiennamen. Mün chen 1964. 2 Heinrich Boos, Urkundenbuch der Landschaft Basel. Basel 1881/83. 3 StAL, Schöntalberein 1447. 4 StAL, Schallerberein 1534 (Copie, Original im StAB). 5 Justizdirektion Baselland, Verzeichnis der Familiennamen der Bürger des Kantons Basellandschaft. Liestal 1938. 6 Ga, Einwohnerkontrolle. 7 Bruno Amiet, Die Solothurnische Territorialpolitik 1344-1532. Jahrbuch für solo- thurnische Geschichte. Bd. 1, 1928, 173. 117

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Die Dorfnamen Unzweifelhaft gehen die Dorfnamen bis ins M ittelalter zurück. Sie sind als Zunamen zu deuten, indem man die wenigen Familiennamen zur bes seren Unterscheidung durch Dorfnamen ersetzte. Zwar fehlen Dorfnamen in den schriftlichen Quellen (Bereine oder Güterverzeichnisse) des 15. und 16. Jahrhunderts, doch finden sie sich in den Kirchenbüchern des 17. und 18. Jahrhunderts in grosser Zahl. Die nachfolgende Zusam m enstel lung der wichtigsten Namen geht auf Erhebungen kurz vor dem 2. W elt krieg zurück1, wobei uns der damalige Gemeindepräsident Dr. Leo Zehnt ner behilflich war. Eine weitere Namenliste verdanken wir a. Gemeinde verwalter Paul Rudin. Die Dorfnamen beschränken sich im allgemeinen auf die alteingesesse nen Bürgergeschlechter. Doch erhielten gelegentlich auch Einsassen einen Zunamen, z. B. die Familie des Maurermeisters Franz Fontana «sFranze», des Schuhmachers Georg W olfsberger «sJörke». Der starke Zuzug von Einwohnern aus anderen Gemeinden des Kantons, der Schweiz und des Auslandes brachte es m it sich, dass der Gebrauch der Dorfnamen in den letzten Jahrzehnten stark zurückging. Es sind vorwie gend die älteren Einheimischen, die sich ihrer bedienen. Zur genauen Bezeichnung eines Einzelnen behalf man sich oft m it dem UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA V o rn a m e n d e s V a te rs : Adamheiri Baldigrit Bänethans Dürsihardi s Franze Fritz s Fritze Chöbi Heirechdölfi Joggelikarligüschti Jönisalbert s Jörke Hans s Meise Juli Naziruedi Ruedelis Joggi s Paul Pauls Pauli Heinrich, Sohn des Adam Tanner, 18. Jahrhundert2 M argrit, Tochter des Theobald Vögelin, *1864. Hans Dietrich, *1900, Nachkomme des Bernhard Dietrich, *1648. Reinhard, Nachkomme eines Durs Roth, 18. Jahr hundert. Sohn von Franz Fontana, *1864. Jakob, Sohn von Fritz Schneider, 19. Jahrhundert. Adolf, Sohn des Heinrich Schweizer, 19. Jh. August, Sohn des Karl, Grossohn des Jakob Tanner, 19. Jahrhundert. Albert, Nachkomme des Jonas Schneider, *1785. Hans, Nachkomme des Georg W olfsberger, 19. Jh. Julius, Grossohn des Jeremias Schweizer, *1764. Rudolf, *1871, Nachkomme eines Nathanael Plattner. Jakob, *1887, Nachkomme eines Rudolf Rudin. Paul, *1900, Grossohn des Paul W agner. W eniger häufig erscheint der V o rn a m e e in e r M u tte r. Meistens handelt es sich um Frauen m it einem seltenen Vornamen oder Frauen m it dom inie render Stellung in der Familie (z. B. W itfrauen, die nach dem frühen Tod des Gatten den Hausstand tatkräftig weiterführten): Evliguschti 118 August, *1886, Nachkomme einer Eva W alliser, 18. Jahrhundert.

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Kätterhans Paulineguschti M adleneheinis Leo Pluniruedi Sophiehans Vrenibärt Johannes Roth, *1865, Nachkomme einer Katharina Roth, 18. Jahrhundert. August Frey-Plattner, *1867, Sohn der Pauline Frey- Kellerhals.jihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA *1899, Leo W eber, Nachkomme einer Magdalena W eber, 19. Jahrhundert. Rudolf Plattner, *1885, Nachkomme der Appolonia Plattner-Dürrenberger, *1626. Hans Dettwiler, *1895, Sohn der Sophie Dettwiler- Schneider. Albert W alliser, *1884, Sohn der Verena W alliser- Nägelin, *1855. Interessanter W eise haben sich in Reigoldswil die Namen von UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA g e rn während Generationen erhalten: A m ts trä Hansepfläger Meierhänsi Poschtemil s Presidänte Miggel Schuelhanse Schuelheiri W ächteremil W eibel Hans Dettwiler, Gemeindekassier, *1842, geht zu rück auf Hans Jakob Dettwiler, Am tspfleger (Aufse her über W aldungen, W eg und Steg), *1765. Johannes Roth, *1860. In diesem Dorfnamen lebt der Meier, Ortsvorstand und Vorsteher des Zivilge richtes weiter. Namengebend war aber bereits ein gleichnam iger Hans Roth, der 1782 Inhaber des Meieramtes war. Emil W eber, *1863, Posthalter. Emil Dettwiler-Bader, *1887, Sohn von Reinhard Dettwiler-Vögelin, Gemeindepräsident von 1913 bis 1925. Nachkommen des Schulm eisters Hans Bürgin, als Lehrer 1809 im Alter von über 80 Jahren zurückge treten. Heirech Roth, W irt und Bäcker im nachmaligen Bu- restübli, dessen Vater, Durs Roth, Schulmeister von 1749 bis ca. 1770 war. Emil Dürrenberger, W ächter von 1911 bis 1942. Emil Vögein, *1860 und Nachkommen, W eibelheini, W eibelruedi. Fraglich ist, ob W eibel als Gerichtsbote zu deuten ist. Zahlreich sind die Dorfnamen, die den B e ru f eines Trägers oder dessen Vorfahren bezeichnen: Durslimurer Beckemeisehansene Berta Probst-Schweizer, *1865, ihr Vorfahre Jere- mias Schweizer, der Beck, *1764, Erbauer des Hau ses Rüschel Nr. 18. Durs Rudi, der Murer, *1783, ein Nachkomme war Hans Rudin-Roth, *1884, Elektraverwalter. Hans Grünblatt-Schaub, *1884, einer seiner Vorfah ren war Gerber. Gärberhans 119

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Geissdolfi M etzgerreinhard s Molerbecke Lina Murerjoggi Adolf Stohler-Dietrich, *1863, ein Vorfahre war Geissuli, Geiss vielleicht Hinweis auf Hirt für das Kleinvieh.jihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Reinhard Dettwiler-Rudin, Obstbaumwärter, *1897, ein Vorfahre war Metzger. Lina Hartmann-W eber, *1889, ihr Vater war Bäcker und W irt, ein Vorfahre Maler. Jakob Schneider-Rudin, *1883, ein Vorfahre war Maurer. Poschtmüllers Fritz Fritz Müller, Restaurant zum Rössli, *1888, sein Va Spänglerjoggeli Spänglerreinhard Schmidkarline s W äberhansuelis Ziegeljoggi ter war Führer der Pferdepost Reigoldswil-Liestal. Jakob Frei, *1873. Reinhard Frei, *1888, beider Vorfahre war Spengler. Karoline Müller, *1878, ihr Vater war Schmied. Karl Plattner, Sigrist, *1871, W eber = Leinenweber. Jakob Frey-W alliser, *1877, sein Vorfahre Hans Frey, Zieglerhans, *1796, Ziegler. An den UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA O rt d e r W o h n u n g erinnern viele Dorfnamen: Bielhänsi Cheesimoser Chilchlijoggeli Fäldheiri oder Fälder Hütte Läufer Neuhüsler Hans Rudy, *1785, wohnte am Bielstich. Gustav Moser-Vögelin, *1887, im Milchlokal. Jakob Frey, *1848, ursprünglich im Chilchli (Kapelle St. Hilar) wohnhaft. Heinrich Probst, *1856, im Bauernhaus auf Feld, eine Familie Dettwiler in der Ziegelhütte, Hans Ja kob Dettwiler, Hüttenhansjoggi, *1773. Nachkom me: Hüttejilksjakob (Jilk ist die Abkürzung für Juli us), Jakob Dettwiler-Müller, *1874. Der Dorfnam e Läufer bezeichnet die Herkunft der Familie aus Läufelfingen. Albert W agner-Dietrich, *1888, Läuferhansuelis Albärt3. Hans Dätwiler, *1791. Hinweis auf einen Neubau, aber kaum Herkunft vom Neuhüsli (Oberbeinwil SO), das erst 1836 als Restaurant erbaut wurde. Manche Dorfnamen beziehen sich auf die Herkunft aus E in z e lh ö fe n : Bütschehans Bütschemiggel Büntemiggel Gaitedolfi G illekarli Grienchöbi Holdejuli Nietschelejoggi Seileremoser 120 Hans Rudin-Roth, *1884, aus der oberen Bütschen. Emil Plattner-W alliser, *1884, aus der unteren Büt schen. Emil W agner-Frey, *1900, aus der Büntenmatt. Adolf Dettwiler-Rudin, *1882, von der Gaiten ober halb Lauwil. Karl Tanner-Vögelin, *1850, auf Gillen. Jakob Nägelin-Schweizer, *1865, auf Grien. Julius Frey-Schneider, *1859, auf Holden. Jakob W irz-Niklaus, *1887, auf Niestelen. Adolf Moser-Vögelin, *1888, auf Seileren.

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Abb. 45. Karl Tanner-Plattner, geb. 1890, mit Dorfnamen «Gille-Karli», der älteste Reigolds- w iler. Staachergüschti Tummetejuli August Probst-Nägelin, *1859, im äusseren Staacher. Julius Frey-Vögelin, *1886, Dorforiginal, aus der Tummeten bei Oberdorf. Siehe M üschterli us em Ba selbiet Nr. 667-669. Die Kennzeichnung UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA zu den eigentlichen Über- oder Spitznamen: k ö rp e rlic h e r u n d c h a ra k te rlic h e r E ig e n s c h a fte n führt Bümmischül Chrusihans Hööcheguschti Julius Rudin-Räuftlin, *1873. Bümmi kann eine klei ne, rundliche Person bedeuten. Hans Vögelin, *1865, m it Kraushaar. August Frey-Plattner, *1867, betrifft einen hochge wachsenen Mann. Goggel und Güggel Heini Roth, Goggelheiny, *1799, Heini Roth, Güggel- heini, *1819. Goggel und Güggel bezeichnen wohl • impulsive, aufbrausende Leute. Eine wohlhabende Roth-Familie, die einen Krämerla den (heute Coop) führte, bekam den Zunamen. Ein anderer Roth, der als W egmacher die Sandgrube zu beaufsichtigen hatte, wurde so genannt. Sandgoggel Guldgoggel An fre m d e D ie n s te a ls S ö ld n e r erinnern die Dorfnamen: Holender Prüss Prüssli Joggi Tanner, *1775. Hans Ruhdy, alt Prüss, *1790, grosse stämm ige Leute, und Johann Rudin-W olfsberger, *1883, m eist m it kleiner Statur. Abschliessend nennen wir noch einige w illk ü rlic h e D o rfn a m e n und sol che m it s c h e rz h a fte r B e d e u tu n g : Chunkli Duttli Fuschti Hans Dürrenberger, genannt Kunklin, *1819. Heini W alliser, Dutly, *1808. Lina Vögelin, *1867, d Fuschtjogglene. 121

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Gäggel Heusi Kayser Laubikarli Ruppe Spatzeheiri Tschudeli s LandvogtejihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Rudolf Gättelin, W achtm eister und Exerzierer der Landmiliz, *1734. Reinhard Dettwiler-W olfsberger, Heusireinhard, *1880. Seine M utter war eine geborene Heussi aus Mühlehorn GL. Hans Müller, *1580, wahrscheinlich ein hochtraben der Reigoldswiler, ebenso Hans Joggi W alliser, sogenannt Landvogt, *1792. Eine Familie m it diesem Zunamen wohnte in den 1860-iger Jahren im spätgotischen Haus, Äm lisweg 16, heute «Im Mülital». Karl Degen, *1871, aus Liedertswil. Eine alte, halb weisse Kirschensorte, Lauber genannt, steht m it die sem Liedertswiler Dorfnamen im Zusammenhang. Heinrich W eber, Robbeheinis, *1803, Emil W eber, *1868, Ruppemiggel. Es gibt keine sichere Erklä rung dieses Namens. Der Vorname Rupprecht findet sich nicht in den Kirchenbüchern. Hans Jakob Roth, Spatzeheinis, *1803, Hans Dettwiler, genannt Tschudeli, *1812, Paul Dett wiler-Dettwiler, Tschudelipaul, *1878, Zivilstands beamter. Schlussendlich erwähnen wir noch drei scherzhafte W ortspiele: Goggel-Güggel-Gäggel! Der alte Heirech (Heinrich Schweizer) hatte neun Söhne und zwei Töchter und wohnte im Oberbiel Nr. 16. Die neun Buben machten sich im damals kleinen Dorfteil Oberbiel sehr stark bemerkbar. Das gab Anlass zu dem Scherzwort: «W enn der Heirech nit weer, weer s Oberbiel ganz leer!»4 Aus der Zeit, als bei den Männern der Bartschm uck noch selten war: statt Paul (Probst) im Bad — Paul im Bart! Statt Zehntner (Emil Zehntner-Schäfer) im Bärgli — Zehntner im Bärtli! Die vorstehende Aufzählung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständig keit. Über die Reigoldswiler Dorfnamen allein könnte eine umfangreiche Arbeit geschrieben werden. Anmerkungen 1 Quellen: Reigoldswiler Gerichtsprotokolle, Kirchenbücher, Kataster 1801/02, im StAL, Kataster 1856 Ga Reigoldswil. 2 Adamheiri. Von ihm wird erzählt, dass er mit Unterstützung der Gemeinde nach Amerika auswandern wollte. Als er aber in Le Havre angekommen war und das Meer erblickte, rief er: «Nüt as W asser und kei Stüdeli druff!» Er kehrte enttäuscht nach Hause zurück. — Zu den Nachkommen Adamheiris gehörte auch Hans Hein rich Tanner, Pfarrer in Langenbruck und später Schuldirektor in Bern, 1833-1891. 3 Bürgeraufnahmen von Zuzügern aus Läufelfingen: Hans Jacob W agner, 1767, Frie drich W agner, 1792. Nach Gemeindebuch Reigoldswil, 1739-1816. 4 Legatenbuch der Gemeinde Reigoldswil, verfasst von Dr. Leo Zehntner, Gemeinde präsident, 1934, im Ga Reigoldswil. 122

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Der Dorfgeist W er nach Reigoldswil zugezogen kom mt, ist erstaunt, dass bis heute recht viel vom althergebrachten Dorfstolz und Zusam m engehörigkeitsge fühl spürbar geblieben ist. Ein anonymes Hierwohnen gibt es eigentlich kaum. Neuzugezogene werden sehr bald ins Dorfleben integriert, in Ver eine aufgenom m en und in Behörden und in Kommissionen gewählt. Moderne W ohnanonym ität wird verhindert, weil in Reigoldswil praktisch keine W ohnblöcke (nur drei), sondern nur Einfamilienhäuser bestehen. Obwohl Reigoldswil längst kein eigentliches Bauerndorf mehr ist, hat sich noch weitgehend ein bäuerliches Denken erhalten. Viele aus der Land wirtschaft stam mende Reigoldswiler finden seit langem ihr Auskommen in der Industrie. Aber das ererbte Land und die Obstbäume werden in der Freizeit m it Liebe und Sorgfalt gepflegt. Dass Reigoldswil nicht zur sogenannten Schlafgem einde geworden ist, hat seinen Grund auch in der Tatsache, dass sehr viele Familienväter, die in der Industrie im W aldenburgertal oder in der Gegend von Liestal be schäftigt sind, dank der guten Autobusverbindungen zum M ittagessen heimkommen können. Ein weiterer Umstand, in Reigoldswil eine gewisse Eigenständigkeit, ein einigermassen geschlossenes Dorfleben, eine weitgehend homogene Be völkerung und einen starken Dorfgeist zu erhalten, ist, dass unser Dorf zuhinterst im Tal liegt, wo der Durchgangsverkehr gering ist, da er nur über die Jurahöhen Richtung Laufen oder Oberdorf zu- und abfliessen kann. Aus all diesen Gründen kennt man sich im Dorf und grüsst auch selbstverständlich auf der Strasse, nim m t Anteil an Freud und Leid der Dorfgenossen und gönnt einander das W ort. Bis vor wenigen Jahren kannte man im Dorf die üblichen politischen Parteien kaum. Die Dorfpolitik wurde von den althergebrachten Familien Parteien bestritten. Seit einigen Jahren hat sich das geändert. Man pflegt zu sagen, die Menschen seien so eng wie das Tal, in dem sie wohnen. Für Reigoldswil trifft das nicht zu. Die Bevölkerung hat sich seit jeher als aufgeschlossen erwiesen. Es ist eine Art Charakteristikum für unser Dorf, dass, wenn schon etwas in Angriff genommen wird, es im mer auch gerade recht grosszügig gem acht wird. Als Beispiele mögen dienen: der Kirchturm m it fünfstim m igem Geläute 1890; die Dorfplatzkor rektion 1960; der Primarschulbau 1913, wie die Schulbauten m it Hallen bad 1965; die W asseraufbereitungsanlage 1974; das Gemeindezentrum 1975. Jedoch stiessen solche W erke, bevor es zum guten Ende kam, im mer schon auf vehemente Opposition. Z. B. ging beim Kirchturm bau 1890 gegen den Initianten des fünfstim m igen Geläutes m it dreistim m i gem Viertelschlag ein Spottvers in den Tönen des Geläutes um1: Pluni-Hans! S Chilcheglüt Choscht vili Gäld! W är zahlt das? D Gmein! D Gmein! D Gmein! 123

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Abb. 46. Tannzapfesuuger. Sgraffito von W alter Eglin am Café «Im stiesse Egge». Dass die Reigoldswiler im hinteren Frenkental m it dem grossen, wald reichen Gemeindebann auch von aussen her als eine Einheit empfunden, bezeugt auch der Neckname, den sie seit alters her im Baselbiet tragen: d Tannezäpfesuuger2. Heute noch unterscheidet sich die Eigenart und der Dorfgeist von Rei goldswil merkbar von anderen Gemeinden, wenn auch solche Dinge, wie zu Beispiel sprachliche Eigenheiten (die etwas «breite» Aussprache der Reigoldswiler)3, durch die heutige Bevölkerungsmischung langsam, aber sicher nivelliert werden.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA S o z ia le V e rh ä ltn is s e Die sozialen Unterschiede früherer Zeiten ergaben sich aus der Tatsache, dass die M ehrheit der Bevölkerung von der Posamenterei und von einer kleinen Landwirtschaft (oft nur auf dem weit entfernten Bürgerland)4 leb te. Viele waren gezwungen, m it saisonbedingten Tagelöhnen auf den grösseren Höfen etwas hinzuzuverdienen. Neben ihnen gab es eine kleine Schicht von Hofbauern. Zwischen diesen beiden Schichten figurierten die Gewerbetreibenden als weitere schmale Gruppe. Vor der Mechanisierung der Landwirtschaft war die saisonbedingte Hilfe von Taglöhnern auf den grösseren Höfen eine absolute Notwendigkeit, musste doch z. B. das Heugras alles von Hand gemäht, gewendet und ge- 124

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recht werden. So ergab sich aus dieser regelmässigen wiederkehrenden Hilfsarbeit auf den Höfen nicht selten eine Verbundenheit der Familien über Generationen hinweg. Auch heute noch ist das gegenseitige Ein springen von Haus zu Haus eine häufige und für viele eine selbstver ständliche Arbeit. M it der sozialen Entwicklung des Arbeiter- und Angestelltenstandes seit dem 2. W eltkrieg haben sich die althergebrachten sozialen Unterschiede weitgehend ausgeglichen, ja zuweilen sogar fast ins Gegenteil verkehrt. So hat sich seit dem Krieg die Anzahl der W ohnhäuser fast verdoppelt, ohne dass die Bevölkerungszahl entsprechend gestiegen ist. Die Altbau ten sind meistens renoviert oder um gebaut worden. Der heutige, indu striell bedingte W ohlstand hat die Lebensgewohnheiten und speziell die W ohnansprüche sehr verändert.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D a s V e rh ä ltn is z u d e n N a c h b a rg e m e in d e n Dieses ist schwer zu umschreiben, ganz besonders, weil es wenig kon stant ist und von den jeweiligen Umständen abhängt. Besonders enge Beziehungen bestehen zu Lauwil und Titterten, seit der gemeinsamen W asserversorgung und dem Anschluss an den Sekundarschulkreis Reigoldswil auch zu Ziefen. Im allgemeinen weiss man im Fünflibertal, dass man sich über alles hinweg nötig hat und m iteinander rechnen darf, trotz den natürlichen, freundschaftlichen Rivalitäten. Anmerkungen 1 Volksmund 2 Heinrich Martin, Die Scherznamen der Baselbieter Gemeinden. BHB1, Bd. 5, 1958, 187, Fussnote 55. 3 Spottlied auf die Reigoldswiler: S isch schad, s isch schad für d Reigetschwyler, si hai, si hai gar breiti Müüler! 4 Suter/Zehntner, BHB, Bd. 1, 337 ff. 125

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Die Bürgergemeinde Bedeutung und Aufgaben Ist die Bürgergemeinde noch sinnvoll? Diese Frage ist verm utlich fast so alt wie die Institution selbst. Man kann sie aber m it einem klaren Ja beantworten. Nicht etwa wegen des Gabholzes oder der W eidteile - letztere gibt es ohnehin nur noch auf dem Papier. Die Bürgergemein de bedeutet nämlich gar manchem ein Stück Heimat, was am Bann tag immer wieder zum Ausdruck kom mt, wenn zahlreiche auswärtige Bürger den W eg «nach Hause» finden. Im § 136 des Gemeindegesetzes ist dies sogar wie folgt festgehalten: «2. Sie (die Bürgergemeinde) för dert die Heim atverbundenheit und unterstützt kulturelle Bestrebun gen.» Die Hauptaufgabe unserer Bürgergemeinde ist unbestritten die Bewirt schaftung des W aldes nach fachmännischen Grundsätzen. Sie besitzt aber nebst W ies- und W eideland auch zwei Mehrfamilienhäuser. Diese sind nicht nur eine sinnvolle Kapitalanlage, sondern m it insgesam t 14 W ohnungen besonders bei der jungen Generation sehr begehrte M ietob jekte. Eine weitere Aufgabe der Bürgergemeinde ist die Erteilung des Gem ein debürgerrechts. In früheren Jahren gehörte auch das Fürsorgewesen (da mals Arm enpflege genannt), zu ihren Aufgaben. Im Jahre 1974 entschied aber das Baselbieter Volk an der Urne, dass das Fürsorgewesen an die Einwohnergemeinde übertragen werden müsse, was sich im übrigen für unsere Gemeinde eher positiv ausgewirkt hat, denn Unterstützungen von Einwohnern sind selten, während unter den Reigoldswiler Bürgern im ganzen Schweizerland doch manche Unterstützungsfälle zu finanzieren sind. Die Verwaltung Nach Gemeindegesetz kann die Bürgergemeinde einen Bürgerrat oder den Einwohnergemeinderat als vollziehende Behörde einsetzen. Unse re Bürgergemeinde unterstand schon immer dem Gemeinderat. Die Verwaltung wurde bis zum Jahr 1947 von nebenam tlichen Funktionä ren (Bürger- und Armenkassier) besorgt. Die Gemeindeversammlung vom 13. Oktober 1947 beschloss die Schaffung eines Vollamtes, des Gemeindeverwalters, und am 1. Dezember des gleichen Jahres trat Paul Rudin-Fuchs dieses Am t an. Durch dieses Vollam t werden säm t liche Nebenämter aufgehoben, und so wird seit dem Jahre 1948 auch die Bürgergemeinde durch den Gem eindeverwalter betreut. Zu seinen Aufgaben gehören die Führung der Buchhaltung, Erstellen des Voran schlages und der Jahresrechnung, Fakturierung säm tlicher Holzver käufe (Industrie- und Brennholz) sowie die gesamte Liegenschaftsverwal tung. 126

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Der GrundbesitzUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA W a ld u n g e n Der Stolz unserer Bürgergemeinde ist der W ald1. Reigoldswil besitzt nicht weniger als 290 ha W ald, davon 15 ha ausserhalb des eigenen Gemein debannes. Auf dieser W aldfläche stehen rund 90 000 Kubikmeter Holz, das sich nach Holzart wie folgt zusam mensetzt: Tannen/Fichten 33 %, Föhren 12 %, Buchen 41 % und übriges Laubholz 14 %. Unser W ald ist in 31 Abteilungen eingeteilt: Abt. Nr. Flurnamen Horn Risleten Baberten Ziegelhölzli Oerli Dünnlenberg Nord Dünnlenberg Süd Geissrain W itzenberg Bärengraben M ittlerer Stein Säuschwenki Schattberg Ob der Bürtenflue Unter der Bürtenflue 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Martisweid Abt. Nr. 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 2 7 28 29 30 31 Flurnamen Glattenberg Handhölzli Gämpis Chalchofen Deigs Gillenholz Richtenberg Schweini Strick Gauset W idenholz Höch Gauset Lucheren Eichechäiler Gorisenhölzli Der W ald wird vom Förster gepflegt. Bis 1956 war der Förster ein neben am tlicher Gemeindeangestellter. Am 1. Januar 1957 wurde Max Roth als vollam tlicher Förster angestellt, und so besorgt er schon seit 30 Jahren m it fachm ännischem Geschick «seinen» W ald. Anfänglich standen ihm tem porär Arbeiter zur Verfügung. Es waren m eist Landwirte, die während der W interm onate durch die Holzerei zu einem Nebenverdienst kamen. Später stellte die Bürgergemeinde einen W aldarbeiter im Vollam t an, und seit bald 20 Jahren bildet der Förster auch ständig Forstwartlehrlinge aus. Derzeit besteht das Forstpersonal aus dem Förster und zwei Lehrlingen. Ihnen stehen ein guter M aschinenpark und das entsprechende W erkzeug zur Verfügung. Die schwierige und gefährliche Arbeit des Holzschleifens wird stets an einen Unternehm er vergeben. W ährend langer Zeit wurden während der W interm onate Holzschläge durch Einheimische im Akkord ausgeführt. Doch auch dies gehört der Vergangenheit an, und heute wer den solche Holzschläge, zwar immer noch im Akkord, aber durch ein aus wärtiges Forstunternehmen ausgeführt. Den grössten Teil der Holzschlä ge besorgt das eigene Forstpersonal, welchem übrigens auch der W ald der Bürgergemeinde Lauwil anvertraut ist, denn die beiden Gemeinden bilden zusammen einen Forstkreis. W ie wird nun unser Holz verwertet? Das schöne und gute Stam m holz wird als Industrieholz verkauft. W ährend langer Zeit war Italien unser be- 127

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Abb. 48. Blick vom Binzenberg auf die Chüeweid. Links W idenholz, dann die beiden W identäli, getrennt durch den Malakopf-Hügel, rechts Einzelhof Bärsberg. Bergkuppe im Hintergrund: Chastelenflue. ster Kunde für das Laubholz, während das Nadelholz von einem Händler aus dem Aargau aufgekauft wurde. Glücklicherweise fand man dann aber Kontakt zu zwei Firmen aus Bubendorf, die nun seit einigen Jahren dafür besorgt sind, dass keine Absatzprobleme entstehen. Gross ist bei uns auch der Bedarf an Brennholz. Beim Brennholz nim m t das Gabholz eine Sonderstellung ein, denn es ist das Privileg der Bürger, pro Jahr 2 Ster Holz zu einem sehr günstigen Preis zu erwerben. Von diesem Bürgernut zen machen zur Zeit immerhin rund 70 Bürger Gebrauch. Seit wenigen Jahren werden unsere Schulanlagen m it einer modernen Holzschnitzel feuerung geheizt, so dass nun jährlich 600 bis 700 Kubikmeter Holz der minderen Qualität zu feinen Holzschnitzeln verarbeitet werden. Abschliessend sei erwähnt, dass es bei uns auch zahlreiche Privatwald besitzer gibt. Die Oberaufsicht über Privat- und Gemeindewald hält das Kantonsforstam t, welches sehr eng m it den Gemeindeförstern zusam menarbeitet.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA W ie s - u n d W e id e la n d Die Bürgergemeinde Reigoldswil ist auch eine bedeutende Landbesitze rin. So gehört ihr das ganze Gebiet der Chüeweid2, das sich von der Lu cheren über die Lucherenhöchi durchs W identäli zieht und auch das W i denholz, den Binzenberg, den Strick und den Gauset um fasst. Dieses Ge biet ist in unzählige Parzellen zu je 18 Aren aufgeteilt, denn in früheren Zeiten hatte jeder Bürger auch Anrecht auf einen sogenannten W eidteil, bestehend aus 36 Aren. Da aber die Kleinbauern im Dorf verschwanden, gingen diese W eidteile je länger je mehr in Pacht der Grossbetriebe über. 129

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So wurden denn im Jahre 1982 m it dem neuen W eidteilreglement neue Grundlagen für dieses Bürgerland geschaffen. W eidteile besass die Bür gergemeinde aber auch im Gebiet Vogelm att-W itzen, doch ist diese Grundstückfläche wesentlich kleiner.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA G e b ä u lic h k e ite n 3 Die finanzielle Lage der Bürgerkasse war vor allem in früheren Zeiten sehr gut, und dies erm utigte denn auch den Gemeinderat der sechziger Jahre, einen Teil des Kapitals in ein M ehrfam ilienhaus zu investieren. So entstan den im «Tämpel» neun W ohnungen, die heute eine äusserst günstige W ohngelegenheit bieten. Es stehen drei Zweizimmer-, vier Dreizimmer- und zwei Vierzim merwohnungen zur Verfügung. Die Einwohnergemeinde verband m it dem Bau dieses M ehrfam ilienhauses gleichzeitig den Bau des Kommandopostens für den Zivilschutz, was damals als Pioniertat der Baselbieter Gemeinde am Fusse der W asserfalle galt. Nicht weit entfernt von dieser neuen Liegenschaft besass die Bürgerge meinde am Äm lisweg 14 ein altes Gebäude, das seinerzeit als Armenhaus gedient hatte. Der sehr schlechte bauliche Zustand drängte nach einer Lösung, und abermals bewilligten die Bürger einen Kredit für den Bau ei nes Mehrfamilienhauses. So entstand in den Jahren 1978/79 das «Mühli- täli» m it 5 W ohnungen (2 Zweizim m er- und 3 Dreizimm erwohnungen). Bei dieser bestens gelungenen Sanierung wurde darauf geachtet, dass die gotischen Fenster und die prächtige Rundbogentüre bestehen bleiben konnten. W enn die W ohnungen flächenm ässig auch etwas klein sind, so sind sie trotzdem sehr gefragt, weil sie heimelig gestaltet wurden. Im Inventar der Bürgergemeinde finden wir auch den W eidstall Binzen berg, wo vom Frühjahr bis zum Herbst ein Teil des Viehs des W eidpäch ters untergebracht ist. Und schliesslich wäre auch noch der Holzschopf im Äm lis zu erwähnen. Er dient der Lagerung von Brennholz und anderem Material. Bei ausgesprochen schlechtem W etter bereitet das Forstperso nal in diesem Schopf die Holzlieferungen für den privaten Bedarf vor. Anmerkungen 1 Kantonale Forststatistik 1985. 2 Ga W eidteilreglement vom 7. Juni 1982. 3 Ga Katasterbuch Einbürgerungen Einbürgerungen sind Sache der Bürgergemeinde. Am 24. August 1835 erliess der damals neue Kanton Basel-Landschaft das Gesetz betreffend Erwerb, Verlust und Genuss von Bürgerrechten. Seit 1965 ist das neue Bürgerrechtsgesetz in Kraft, das auch erleichterte Einbürgerungen er m öglicht. Aufgrund dieses Gesetzes wurde dann am 31. März 1966 das Einbürgerungsreglement unserer Gemeinde erlassen. Bei der Einbürge rungspraxis verhält man sich in Reigoldswil seit jeher zurückhaltend, denn schon an gar mancher Bürgergemeindeversammlung wurde seitens 130

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Abb. 49. Oberbiel mit Mündung des Ämlistälchens. Links W eierholden mit W asserauf bereitung, rechts aussen Bürgerhaus «Tämpel», vorne Hauptstrasse, Abzweigung Äm lisweg mit W irtschaft z. W asserfalle. der Bürger m it beschwörender Stimm e erm ahnt, nicht jedem Einbürge rungsgesuch stattzugeben. Nun, der Gemeinderat prüft jedes Gesuch eingehend, und wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind , be steht eigentlich kein Grund zur Verweigerung. Solche Einbürgerungsge suche liegen aber nicht sehr oft vor; in der Regel sind es ein bis zwei Ge suche pro Jahr. Dabei handelt es sich entweder um alteingesessene Fa milien oder um Ausländer, die eine Reigoldswilerin geheiratet haben. Die se sorgen denn auch dafür, dass in unseren Familienregistern nicht nur Dettwiler, Frey, Plattner, Probst, Roth, Schneider, W agner oder W eber an zutreffen sind. Die genannten Familiennamen sind allerdings die häufig sten Reigoldswiler Geschlechter. Daneben findet man aber ganz «un schweizerische» Namen, wie beispielsweise Amrouche, Böhme, Bugada, Ben Saad, Blanzejovska, Hov, Hughes, King, Mickley, Machado, Rossi, Saez, Tschig, Taskin oder Teneza. Die meisten dieser Namensträger er langten aber nicht über den W eg der Einbürgerung unser Bürgerrecht. Vielm ehr sind es Frauen hiesiger Abstam m ung, die sich m it einem Aus länder verheiratet haben und die Beibehaltung des schweizerischen und dam it auch des Reigoldswiler Bürgerrechts wünschten. Die Einbürgerungsgebühren betragen für Schweizerbürger mindestens 20 Franken, im M axim um 400 Franken. Ausländer entrichten mindestens 100 Franken, höchstens 4000 Franken, in der Regel aber 1500 Franken. 131

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Die Einwohnergemeinde Ihre Aufgaben Die Einwohnergemeinde ist die eigentliche Grundlage des politischen und kulturellen Lebens. Die Einwohnergemeinde Reigoldswil ist eine, auf Grund von § 35 des Gemeindegesetzes vom 28. Mai 1970, öffentlich rechtliche Körperschaft des Kantons Basel-Landschaft. Die Gemeinde er füllt eine Anzahl selbstständiger Aufgaben, ist also autonom, daneben werden ihr Aufgaben und Pflichten von Bund und Kanton übertragen. In nerhalb der Schranken, die die Bundesverfassung, die Kantonsverfassung und die Gesetze aufstellen, ordnet die Einwohnergemeinde ihren Aufga benkreis selbständig. Für Aufgaben, die für den Kanton erledigt werden, besteht eine gewisse Ermessungsfreiheit, allerdings müssen Gesetze und Beschlüsse des Kantons eingehalten werden. Das Gemeindegesetz ord net das Verhältnis zum Kanton. Zu den selbständigen Aufgaben der Ge meinde Reigoldswil zählen: — Sicherstellung von Ordnung und Sicherheit, Strassenreinigung, Keh richtabfuhr, Feuerwehr, Ortspolizei, Haus- und Krankenpflege, — Erleichterung des Verkehrs auf dem Gemeindegebiet durch den Bau oder die Verbesserung von Strassen, — Errichtung von W erken, die die Einwohner m it W asser versorgen, — Bau von Kanalisationen, — Unterhalt der Primär- und Realschulen, — Durchführung von eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Ab stim m ungen und W ahlen, — Führung einer Einwohnerkontrolle, — Führung eines Zivilstandsam tes (Geburten, Trauungen, Todesfälle), — Fürsorgewesen und Vorm undschaftswesen, — Einzug der Steuern, — Bestattungswesen. W eitere Aufgaben sind, sich im Rahmen der Gesetzgebung eine zweck mässige Organisation zu geben, die Behörden zu bestellen, sowie den Gemeindehaushalt nach den Grundsätzen einer gesunden Finanzverwal tung zu führen. Nur dank kräftiger M ithilfe des Kantons in Form des Fi nanzausgleiches, früher Gemeindehilfe genannt, ist es möglich, dass un sere finanzschwache Gemeinde ihre vielfältigen Aufgaben auch finanziell verkraften kann. Die Gemeinde hat die sogenannte ordentliche Gemeindeorganisation: Or gane der Gemeinde sind die Gesam theit der Stim mberechtigten, der Ge meinderat und die in der Gemeindeordnung aufgeführten weitern Behör den, Kontroll- und Hilfsorgane. 132

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Auswärtige Beziehungen Im Rahmen der «Regio Basiliensis» interessierte sich die Gemeindebehör de des Badischen Badeortes Beilingen für einen Kontakt m it einer Schweizer Gemeinde. Die W ahl fiel auf Reigoldswil. Es war für unser Dorf eine grosse Ehre, als am 30. Juni 1980 der Gemeinderat von Bad Beilin gen an der Einwohnergemeindeversammlung Reigoldswil teilnahm . In der Folge beteiligte sich der Gemeinderat Reigoldswil an einer Diskussions runde im Schloss Schliengen (Nachbargemeinde von Bad Beilingen), wo Behördem itglieder von Bad Beilingen und Petit Landau (Elsass) vertreten waren. Bei dieser Gelegenheit wurden freundschaftliche Beziehungen zu unseren Nachbarn in Baden und im Elsass angeknüpft und auch seither weiter gepflegt. Abb. 50. Gemeinderat Reigoldswil 1987. Von links nach rechts: F. Schaffner, A. Abt, H. R. W irz, H. R. Sutter, Gemeindepräsident R. Franz, F. Gysin, E. Vogt, Gemeindever walter H. W agner. Der Gemeinderat Der Gemeinderat ist die verwaltende und die vollziehende Behörde der Einwohnergemeinde und der Bürgergemeinde Reigoldswil. Er ist befugt zum Erlass von Ausführungsbestim mungen zu Gemeindereglementen und zu Gemeindeversammlungsbeschlüssen. Der Gemeinderat vertritt ganz allgemein die Einwohner- und die Bürgergemeinde und hat im Rah- 133

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men seiner Befugnisse zu sorgen, dass die Aufgaben der Gemeinde er füllt werden. Die Behördem itglieder haben nach bestem Vermögen das Ihre dazu beizutragen, dass die Behörde ihrer nicht immer leichten Aufga ben gerecht wird. Die Sitzungen des Gemeinderates finden im Gemeinderatszimmer im Gemeindezentrum statt; Sitzungstag ist in der Regel der Montag. Der Gemeinderat zählt gemäss Gemeindeordnung sieben Mitglieder. Im Jahre 1987 betreuten folgende Gemeinderäte die folgenden Departe- mente:UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA P rä s id e n t R a y m o n d F ra n z Stellvertreter: Fred Gysin Finanzen Polizei Verwaltung Vormundschaft inkl. Inventare F re d G y s in Stellvertreter: Hansruedi Sutter Schule Sport Kultur Verkehr A n d re a s A b t Stellvertreter: Hansruedi W irz Friedhof- und Bestattungswesen Kirche Handel, Gewerbe und Industrie Baugesuche Planung H a n s ru e d i S u tte r Stellvertreter: Raymond Franz Forstwesen Jagd und Fischerei Umweltschutz inkl. Deponien F ritz S c h a ffn e r Stellvertreter: Ernst Vogt H a n s ru e d i W irz Stellvertreter: Andreas Abt Feuerwehr Militär Zivilschutz W asser Kanalisation Gesundheit Landwirtschaft Fürsorge Öffentliche Gebäude Gantmeister E rn s t V o g t Stellvertreter: Fritz Schaffner Bau- und Strassenwesen, Bachläufe Der Gemeindepräsident Der Gemeindepräsident ist der Vorsteher der Gemeinde und übt ausser dem die staatlichen Funktionen nach Massgabe der Gesetzgebung aus. Als Vorsteher der Gemeinde hat der Gemeindepräsident vor allem die fol genden Aufgaben: -— Er hat in der Gemeindeversammlung und in den Gem einderatssitzun gen den Vorsitz, wom it auch deren Vorbereitungen verbunden ist. — Er sorgt dafür, dass die Zuschriften an die Gemeinde unverzüglich an das zuständige Gemeindeorgan weitergeleitet werden. — Er überwacht den Vollzug der Beschlüsse der Gemeindeversammlung und des Gemeinderates. 134

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— Er ist der oberste Vorgesetzte der Gemeindebeamten, soweit diese nicht einem einzelnen Gem einderatsm itglied oder einer Spezialbehör de unterstellt sind. Er überwacht ihre Am tsführung. — Er handelt für den Gemeinderat, wenn unverzügliche Massnahmen zu treffen sind. Daneben betreut der Gemeindepräsident seine ihm zugewiesenen Depar- temente. Für viele im Dorfe ist der «Preesi» diejenige Person, bei der man Rat und Auskunft holen kann.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D ie R e ig o ld s w ile r G e m e in d e p rä s id e n te n d e r le tz te n 1 0 0 J a h re ' Johann Dettwiler 1875-1894 Johannes W agner 1894-1899 Johann Dettwiler-Roth 1900-1912 Reinhard Dettwiler-Vögelin 1913-1925 Dr. Leo Zehntner 1926-1941 Jakob Schwander-Dettwiler 1942-1947 Leo Roth-Schäfer 1948-1956 Erwin Dettwiler-Thom m en 1957-1967 W alter Frey-Schweizer 1968-1975 Raymond Franz-Bürki 1976- Anmerkung 1 Ga PrG W ahl von Gemeindebehörden II 1/4-1/8, 28/2 135

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Die Gem eindeverwaltung Bis im Jahre 1947 wurde das Am t des Gemeindeschreibers und des Ge meindekassiers im Nebenamt geführt. Im Jahre 1948 wurde Paul Rudin Fuchs erster vollam tlicher Gemeindeverwalter. W ährend fast zehn Jahren bewältigte er die Arbeiten allein. Ab 1957 stand ihm Fritz W olfsberger als Kanzlist zur Verfügung. Die Verwaltung war damals im alten Gemeinde haus an der Bretzwilerstrasse untergebracht und die räumlichen Verhält nisse waren nicht besonders angenehm. So stand beispielsweise für die Beheizung des grossen Kanzleiraumes ein kleiner Holzofen zur Verfü gung. An kalten Tagen bestand deshalb die Hauptaufgabe des Kanzlisten darin, Brennholz herbeizuschaffen, dam it eine einigermassen annehmba re Temperatur erreicht werden konnte. Aber auch die ganze Infrastruktur war veraltet und deshalb wurde nach heissen Debatten anlässlich der Ge meindeversammlung vom 29. Mai 1972 der Kredit für das neue Gemein dezentrum bewilligt. Dieser Neubau m it seiner etwas eigenwilligen Bau art wurde im Frühjahr 1975 bezogen und seit dem 1. November 1975 am tet nun Hans W agner als Gemeindeverwalter. Ihm stand immer eine ge lernte Arbeitskraft und seit 1979 auch eine Lehrtochter zur Verfügung. Im Jahre 1987 sind dies Eliane Rudin-Felber als Angestellte (seit m itte 1986 nur noch im Teilpensum von 60% ) und Nicole Feltsch als Lehrtochter. Für die Verrichtung der vielfältigen Arbeiten stehen dem Verwaltungsperso nal moderne Anlagen zur Verfügung (EDV für Einwohnerkontrolle, Steuer wesen, Finanzbuchhaltung und Debitoren, Offsetmaschine für säm tliche Druckarbeiten). Die Tätigkeiten aller Gem eindeverwaltungen sind unge fähr die gleichen. Speziell hervorzuheben wäre aber in unserem Fall das «M itteilungsblatt der Gemeinde Reigoldswil». Als Hans W agner seiner zeit seine Stelle antrat, wollte er unbedingt eine bessere Inform ation für die Einwohnerschaft und so erschien im Januar 1976 die erste Ausgabe des M itteilungsblattes. W as anfänglich in erster Linie eine Inform ations schrift über die Tätigkeit des Gemeinderates und der Verwaltung war, entwickelte sich schon bald zu einem Inform ationsträger allgemeiner Na tur und heute m öchte man dieses Blatt schon gar nicht mehr missen, denn es ist zu einem wichtigen Teil der Dorfgeschichte geworden. Eine bedeutungsvolle Aufgabe des Gemeindeverwalters ist auch die Pro tokollführung über Gem einderatssitzungen und Gemeindeversammlun gen. Ein Blick in alte Protokolle lohnt sich immer, denn man stösst auf Be gebenheiten, die einem ein Schmunzeln erlauben. So zum Beispiel die Tatsache, dass die Gemeindeversammlungen bis in die zwanziger Jahre jeweils am Sonntag, um 12 Uhr, stattfanden. Doch keine Regel ohne Ausnahme, denn am 22. März 1919, es war ein Samstag, trafen sich die Bürger um halb acht Uhr im Gemeindelokal zur Behandlung zweier Geschäfte: 1. Bericht des Regierungsrates und Ver handlung betreffend den Verkauf des Bürtengutes, 2. Erhöhung der Be soldung des Bürger- und Armenkassiers. Der damalige Gemeindepräsi dent Reinhard Dettwiler-Vögelin eröffnete die Sitzung m it dem Hinweis, «dass wir betreffend Verhandlung über den Verkauf des Bürtengutes vom Regierungsrat auf heutiger Abendpost noch einen weiteren Bericht er 136

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warten. Es sei deswegen vorerst Traktandum 2 zu behandeln, unterdes sen der Bericht einlaufen könnte.» Nun, der Bericht lief auch ein. Dieses Traktandum wurde übrigens vom damals bestehenden Politischen Verein verlangt, weil dieser der Meinung war, das Bürtengut rentiere nicht und sollte verkauft werden. Der Gemeinderat war aber nicht gleicher Meinung und beantragte die Erhöhung des Pachtzinses von bisher 1 800 Franken auf 2 200 Franken pro Jahr. Der Vertreter des Politischen Vereins war da m it nicht einverstanden und bezeichnete diesen Pachtzins als ein kleines Opfer im Verhältnis zu den jährlichen Unterhaltskosten. Ausserdem war damals die Gemeinde auch verpflichtet, jährlich 20 Ster Brennholz gratis an den Pächter abzugeben. Nach reger Diskussion verlangten schliesslich 55 Bürger geheime Abstim m ung über dieses Geschäft, während 57 Bür ger die offene Abstim m ung m it Nam ensaufruf wünschten. Die Abstim mung ergab, dass 90 Bürger gegen den Verkauf des Bürtengutes waren, während sich die übrigen 19 der Stim m e enthielten1. Anmerkung 1 Ga PrG II 1 / vom 22. März 1919. Die Gemeindeversammlung Die Versammlung, an der jedes Gem eindem itglied über die Angelegenhei ten der Gemeinde m itberaten und m itbeschliessen kann, ist die Gemein deversammlung oder die Legislative. Die Gemeindeversammlung hat fol gende wichtige Befugnisse: — Erlass und Änderung der allgemein verbindlichen Gemeindereglemente, — Beschlussfassung über Veränderung der Gemeindegrenzen, — Aufstellen der jährlichen Voranschläge, — Festsetzen des Steuerfusses, — Beschlussfassung über den Erwerb oder die Veräusserung von Grund stücken, — Erteilung von Krediten für Bauten und Einrichtungen, — Abnahm e der Jahresrechnungen der Gemeinde, — Genehmigung von Nachtragskrediten. Eine Gemeindeversammlung wird durch den Gemeinderat einberufen und vom Gemeindepräsidenten geleitet. Die Stim m berechtigten sind späte stens 14 Tage vor der Gemeindeversammlung, in der Regel durch ein an alle Haushaltungen der Gemeinde gehendes Rundschreiben, einzuladen. Früher war es der W eibel, welcher die Einladungen in die Haushaltungen brachte. Heute kennen wir in unserer Gemeinde das Am t des Dorfweibels nicht mehr, deshalb wird die Post für das Vertragen der Einladungen ein gesetzt. Für jede Gemeindeversammlung muss eine Traktandenliste oder ein Geschäftsverzeichnis erstellt und die Geschäfte müssen den Einwoh nern erläutert werden. 137

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Die Gemeindeversammlungen werden seit 1975 im Gemeindesaal des neuen Gemeindezentrums durchgeführt. Bis 1975 wurde in die Aula des Primarschulhauses oder in den Vorraum der Turnhalle eingeladen. In letzter Zeit hat sich der M ontag als günstigster Versammlungstag eingebürgert. An diesem W ochentag sind keine Vereine beschäftigt, und so ist dann auch der Besuch meistens gut. Er schwankt je nach der W ichtigkeit der Geschäfte. So waren an der Gemeindeversammlung vom 20. September 1976, als es um die Abtretung von Bauland im W identäli für eine Gemein schaftsschiessanlage ging, mehr als 100 Stimm berechtigte anwesend. Seit November 1970 dürfen sich die Frauen aktiv an den Versammlungen beteiligen. Trotzdem ist es die grosse Mehrheit, welche ihr Recht nicht benützt und noch nie an einer Gemeindeversammlung teilgenom m en hat. In der Regel ist es so, dass nach der Einwohnergemeindeversammlung gleich die Bürgergemeindeversammlung stattfindet. Die Bürger bleiben einfach nach der Einwohnergemeindeversammlung sitzen. Auch die Nichtbürger dürfen an der «Bürgergmeini» dabei sein, aber sie haben kein Stim mrecht. Auffallend ist, dass an den Gemeindeversammlungen immer sachlich und offen diskutiert wird. Eigentlich selten wird verlangt, eine Abstim m ung sei geheim durchzuführen. In der Regel wird durch offenes Handmehr abgestim mt und die zu Beginn der Versammlung bestim m ten Stim m enzähler können ihres Am tes walten. Manchmal gibt es recht lan ge Diskussionen, bevor über ein Geschäft abgestim m t werden kann. O ft mals sind es immer wieder die gleichen Einwohner, welche an den Ver sammlungen das W ort verlangen. Manchmal versuchen bestim m te Grup pierungen innerhalb einer Versammlung, gewisse Geschäfte in eine ande re Richtung zu lenken. Hin und wieder gelingt es, manchmal auch nicht; die Regel ist, dass den Anträgen des Gemeinderates zugestim m t wird. In den letzten Jahren werden auch oft an den Gemeindeversammlungen die Jungbürgeraufnahm en durchgeführt. Die jungen Leute bekommen da m it gleich einen Eindruck, was man unter Dem okratie und politischen Rechten und Pflichten versteht. Die ersten Protokolle von Gemeindeversammlungen in Reigoldswil gehen auf das Jahr 18191 zurück. In Gemeindeversammlungsprotokollen um 1900 herum ist ersichtlich, dass die Versammlungen immer sonntags stattfanden und dies meistens im Gemeindelokal; aber auch in die Kirche wurde aufgeboten. In den Protokollen ab 1909 ist nachlesbar, dass viel mals auf Sonntagnachm ittag 13 Uhr aufgeboten wurde, später sogar auf m ittags 12 Uhr2. So haben sich die Zeiten geändert! Anzahl der jährlich durchgeführten Bürger- und Einwohnergemeindever sam m lungen3: 1923 15 1935 14 1950 6 1960 6 1970 9 1978 9 1986 8 Anmerkungen 1 Ga II 1/1 2 Ga II 1/9 3 Ga 28.6, Jahresberichte des Gemeinderates 138

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S tä n d ig e K o m m is s io n e n d e r W a h lp e rio d e 1 9 8 4 -1 9 8 8 rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Geschäftsprüfungskommission, 3 Mitglieder Rechnungsprüfungskommission, 4 Mitglieder Besoldungskommission, 5 Mitglieder, Präsident: Raymond Franz-Bürki Fürsorgebehörde (früher Armenpflege), 7 Mitglieder, Präsident: Peter Rudin-Dettwiler W ahlbüro, 11 Mitglieder, Präsident: W alter Kobelt-Strub Primar- und Realschulpflege, 7 Mitglieder, Präsident: Rolf Gehrig-Schaub Sekundarschulpflege, 5 Mitglieder aus Reigoldswil, Präsident: Kurt Gschwind-Straub Hauswirtschaftkommission, 3 Mitglieder, Präsidentin: Marianne Feldner-Dettwiler Kindergartenkommission, 5 Mitglieder, Präsidentin: Christiane Gschwind-Straub Feuerwehrkommission (Amtsdauer unbeschränkt), 8 Mitglieder, Präsident: W erner Roth-Roth, Feuerwehrkommandant Zivilschutzkommission (Amtsdauer unbeschränkt), 8 Mitglieder, Präsident: Hans Feldner-Dettwiler, Ortschef T e m p o rä re K o m m is s io n e n Kommission zur Sanierung des Sekundarschulhauses, 8 Mitglieder, Präsident: Fred Gysin-Siegmann Landschaftsplanungskommission, 11 Mitglieder, Präsident: W illy Schaub-Perrenoud Planungskommission, 5 Mitglieder, Präsident: Dr. med. Rudolf Isler-Panozzo V e rtre te r d e s G e m e in d e ra te s in d e n K o m m is s io n e n Raymond Franz-Bürki, Besoldungskommission, Landschaftsplanung Andreas Abt-W erner, Kirchenpflege Fred Gysin-Siegmann, Primar- und Realschulpflege, Sekundarschulpflege, Stiftungs rat der Johann Rudolf Plattner-Stiftung, Verwaltungsrat der AGR, Baukommission Se- kundarschulhaus, Kindergartenkommission Fritz Schaffner-Aebersold, Feuerwehrkommission, Zivilschutzkommission, Betriebs kommission W asserversorgung Reigoldswil-Ziefen, Landschaftsplanung Hansruedi W irz, Besoldungskommission, Baukommission Realschulhaus, Fürsorge kommission, Haus- und Krankenpflegeverein Hansruedi Sutter-Makowski, Landschaftsplanung W e m d a s G e m e in d e p e rs o n a l u n te rs te llt is t Forstpersonal, Hansruedi Sutter-Makowski Schuiabwarte, Fred Gysin-Siegmann Verwaltungspersonal, Raymond Franz-Bürki W egmacher, Ernst Vogt-Schwab W e r fü r S a c h w e rte z u s tä n d ig is t Fred Gysin-Siegmann, Schulbauten und Fahrzeug Aebi Fritz Schaffner-Aebersold, Feuerwehrmagazin, Militärküche, Einrichtungen der M ili tärunterkunft, Pikettfahrzeug Ferdinand und Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr Hansruedi Sutter-Makowski, W erkhof für das Forstpersonal, Holzschopf Ämlis, Fahr zeug Landrover Ernst Vogt-Schwab, W erkräume für das Strassenpersonal, Unimog-Fahrzeug Hansruedi W irz, Trotte, öffentliche Gebäude (Lehrerhäuser, Mühlitäli, Tämpel, Ge meindezentrum) 139

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D ie S tim m b e re c h tig te n ' im Jahre 1875 im Jahre 1899 im Jahre 1913 im Jahre 1925 im Jahre 1938 im Jahre 1950 305 342 360 401 391 388 im Jahre 1955 im Jahre 1967 im Jahre 1968 im Jahre 1974 im Jahre 1980 im Jahre 1987 368 371 7672 800 844 995 AnmerkungenUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 1 Ga Ordner 0 (Abstimmungen) 2 Kantonale Abstimmung über das Frauenstimmrecht vom 4. Juni 1967, angenom men, ab 1968 in Kraft. M it der Annahme des Gemeindegesetzes vom 28. Mai 1970 wurde das Frauenstimmrecht auch in den Gemeinden eingeführt. Bei eidgenössi schen Angelegenheiten durften die Frauen ab 1971 mitbestimmen. Gemeindefeiern D ie B u n d e s fe ie r geht auf das Jahr 1 891 zurück, als in der ganzen Schweiz der 600jährige Bestand der Eidgenossenschaft feierlich begangen wurde. In Reigoldswil fand damals am Sonntag, den 2. August, am Vormittag ein Festgottes dienst in der Kirche statt, und am Nachm ittag bewegte sich ein grosser Festzug m it den Schülern und Vereinen von Reigoldswil und Titterten vom Oberbiel zum Festplatz auf die Gorisenweide1. In den folgenden Jah ren traten nach dem Glockengeläute am 1. Augustabend der M usikve rein, die Gesangvereine und die Turner m it Darbietungen auf. Eigentliche Feiern m it einer patriotischen Rede organisierte der 1927 wieder ins Le ben gerufene Verkehrs- und Verschönerungsverein, zuerst auf dem Dorf platz, später auf dem Schulplatz. Da aber seit ca. 20 Jahren der 1. Au gust in die Zeit der Fabrikferien fällt und um diese Zeit viele Vereinsm it glieder ortsabwesend sind, verzichtete man seit 1968 auf die Durchfüh rung einer 1. Augustfeier2. D e r B a n n ta g , früher Bannumgang geheissen, ist ein alter Brauch. Er fand sowohl in der Stadt Basel als auch in den meisten Gemeinden der Landschaft am Auf fahrtstage statt3. Sein Zweck war, den Bürgern den Grenzverlauf des Ge meindebannes. der damals noch nicht auf Grundbuchplänen festgelegt war, in stete Erinnerung zu rufen. Bei diesem Anlass hatte früher das Ge- scheid, die Behörde für die Grenzziehung, m itzuwirken. Bis zur Reform a tion beteiligte sich auch die Kirche am Bannumgang (Segnung der Flu ren). In den Gemeindeversammlungs- Protokollen4 finden sich folgende Eintra gungen über Bannumgänge in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: «12. Mai 1825 (Auffahrt) Bannumgang, Einteilung der Bürgerschaft in 6 «Los» (Rotten). 140

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Abb. 51. Banntag anfangs 80er Jahre. Chüeweid-Rotte auf dem Feldweg zum W iden holz. 12. Mai 1833 Um den Bann sind gegangen 24 Mann in 6 Abtheilungen. Heinrich Vögelin Debis war der erste, und Hans Roth, der Uhrenmacher, der letzte. (Die aufgebotenen Teilnehmer wurden nach Häuserzeilen bestim mt.) 15. Mai 1836 Von nun an Bannumgänge durch die Gescheidsmänner m it Zuziehung junger Männer. 28. Mai 1845 In Zukunft Bannumgang in 2 Abtheilungen durch die Ge meindebeamten m it Zuziehung (von Leuten) der Bürger schaft. 5. Mai 1850 Die Untersuchung der Bannsteine soll bei günstigem W et ter am Auffahrtstage stattfinden. Dem W unsch Lehrer Tanners wird beigepflichtet, es m öchten auch Repetier schüler an dieser Handlung teilnehmen.» In der Zeit zwischen 1915 und 1934 wurde kein Bannumgang veranstal tet. Eine W iederbelebung des alten Brauches erfolgte 19355. Ein Zirkular des Gemeinderates lud Bürgerschaft und Einsassen zum «Banntag» am Sonntag, den 28. April, ein. Die Teilnehmer versammelten sich beim Ka stanienbaum auf dem Dorfplatz und wurden dort in zwei Hälften geteilt. Die eine Hälfte marschierte in den Äm lis und teilte sich dort in zwei Rou ten (Gämpis-Vogelberg und Gillen-Chüeweid), die andere Hälfte zog auf 141

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das Sigsfeld und teilte sich dort ebenfalls in zwei Routen (Dünnlenberg- W asserfalle und Baberten-Rifenstein-Bütschen). Die Rottenführer (drei Ge meinderäte und der Gem eindeförster) erhielten 3 Franken Entschädigung. W ahrscheinlich schlief der Banntag noch vor den Kriegsjahren wieder ein. Erst 1950 wurde er wieder eingeführt und auf den 1. Oktobersonntag (Tag des Herbstm arktes) angesetzt6. Gegen 200 Teilnehmer, darunter vie le auswärtige Bürger, versammelten sich auf dem Gemeindehausplatz, wo sie von der Gemeindebehörde begrüsst wurden. Unter Vorantritt des Musikvereins m arschierte man ins Oberbiel. Dort trennten sich die 4 Rot ten. Der schöne Herbsttag m it guter Fernsicht verlockte die meisten Teil nehmer für die oberen Routen (W asserfalle und Vogelberg). Erstmals wur de an alle Teilnehmer am Ende der Route ein Imbiss offeriert. Ein Jahr später entschied sich die Gemeindebehörde für eine Vereinfa chung des Banntages; in einem Turnus von zwei Jahren wird seither zwi schen den oberen und den unteren Routen abgewechselt. Für die Bereit stellung der Verpflegung der Banntägler, die nur noch je an einem Ort ab gegeben wird (Jagdhütte Bärengraben für die oberen, Lucherenhöchi für die unteren Routen), sorgt ein Dorfverein m it einer mobilen Küche. Seit 1960 findet zur Eröffnung des Banntages im Pfarrhof eine kurze Feldpre digt statt, bei der auch der Musikverein m itwirkt. Als neueste Bereiche rung des Banntages hat sich 1983 eine uniform ierte Gruppe von Bann tagsschützen gebildet, die nach dem M uster des bekannten Liestaler Banntages m it ihren Vorderladern für die «akustische» Belebung des An lasses besorgt ist. Auch behelfsmässige Rottenfahnen werden m itge führt. Dam it der Sinn des alten Brauches, die Kenntnis des Gemeindeban nes, nicht verloren geht, wurde für jede Rotte ein heim atkundlicher Text verfasst, der den Rottenführern für ihre Erklärungen dienlich ist. Der Banntag könnte an Ansehen und an Reiz gewinnen, wenn er nicht jedes Jahr, sondern nur alle zwei Jahre stattfände und durch eingestreute ak tuelle Kurzvorträge (z.B. W aldsterben, Landschaftsplanung) aufgelockert würde.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA J u n g b ü rg e ra u fn a h m e 7 Diese fand früher an der 1. Augustfeier oder sogar am Banntag statt. In den letzten Jahren hat sich dieser Anlass als Teil einer Gemeinderatssit zung oder einer Gemeindeversammlung eingebürgert. Im Anschluss daran werden die Jungbürgerinnen und -bürger zu einem Imbiss eingeladen, dem sich eine Diskussion über öffentliche Fragen anschliesst. Die meist vollzählig erscheinenden jungen Leute erhalten ausserdem ein Buch und die von der Gemeinde herausgegebenen Drucksachen. E in w e ih u n g s fe ie rn Die Fertigstellung des Schulhauses auf Chläberen wurde am 13. Mai 1913 gefeiert8, diejenige der neuen Schulbauten (Sekundarschule und Turnhalle) am 19.-21. März 19659. Nach Abschluss der Bauarbeiten für das Gemeindezentrum im Unterbiel fand am 21. März 1975 die Schlüs selübergabe an Baukommission und Gemeinderat statt10. Die Feier wurde 142

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von Gesangs- und M usikvorträgen der Vereine um rahm t, anschliessend folgte die Freigabe der Räumlichkeiten zur Besichtigung. Anmerkungen 1 Paul Suter, 100 Jahre Männerchor Reigoldswil 1871-1971, 11. 2 Mitteilung von Gemeindeverwalter Hans W agner. 3 Bruckner, Merkwürdigkeiten 1074, 1389, 1797, 2474: Bannumgänge an allen Or ten der Landschaft. «... der alte Bauersmann zeigt seinem Sohne alle Marchsteine, und auf dise W eise erlanget ein Jeder die nöhtige Erkänntnis zu Verhütung vieler Streitigkeiten». 4 Ga PrG II 1/2, 1/3. 5 Zirkular des Gemeinderates vom 25. April 1935. 6 Zirkular des Gemeinderates an die Rottenführer von 1950. 7 Mitteilung des Gemeindeverwalters Hans W agner vom 16. Januar 1987. 8 BZ vom 20. und 21. März 1913. 9 Festführer zur Einweihung der Schulhaus-Neubauten Reigoldswil, 1965. 10 BZ vom 24. März 1975, Korr. H.W. Einweihung des Gemeindezentrums Reigolds wil. Die Gem eindepolitik Die Gemeindepolitik wird vielerorts von den politischen Parteien geprägt. Seit anfangs der siebziger Jahre gibt es zwar auch in Reigoldswil Orts sektionen von politischen Parteien. Dennoch wird unsere Gem eindepoli tik zur Hauptsache von verschiedenen Gruppierungen gelenkt. An Politik erinnert man sich hauptsächlich im Vorfeld von W ahlen und Abstim m un gen sowie von Gemeindeversammlungen. Das jeweilige Ereignis be stim mt som it die Gruppierung. W enn auf der Traktandenliste einer Ge meindeversammlung die Anschaffung eines Feuerwehrfahrzeuges ist, versamm elt sich die Feuerwehrkompagnie fast vollzählig im Gemeinde saal. Oder wenn es um irgendwelche Anlagen für Vereine geht, so be steht die Versammlung m ehrheitlich aus M itgliedern des interessierten Vereins. Es kann aber auch vorkommen, dass die Gemeindeversammlung über ein Geschäft zu befinden hat, von welchem eine Privatperson be troffen ist. Also setzt sich die Versammlung hauptsächlich aus Familien angehörigen, Verwandten und Bekannten zusammen. Ähnlich geht es bei W ahlen zu. Seit dem Bestehen von politischen Parteien geben diese zwar offizielle Empfehlungen als W ahlpropaganda ab. Doch meistens wird bei Nacht und Nebel eine ganz andere W ahlstrategie vorbereitet, und sehr oft führt diese sogar zum Erfolg. Um die Jahrhundertwende bestand in unserer Gemeinde ein politischer Verein, der sich während einiger Jahre sehr intensiv m it der Gem eindepo litik befasste. Heute würde man diesen Verein als Opposition bezeichnen, denn er war sehr kritisch gegen alles, was von der Gemeinderatsstube kam. Eine ähnliche Institution gab es in den Jahren 1975 bis ca. 1980 un ter der Bezeichnung «Bürgerinitiative Reigoldswil». 143

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Doch nun zu den eigentlichen politischen Parteien: Selbständige Sektio nen, teils zusammen m it umliegenden Gemeinden, führen die Evangeli sche Volkspartei (EVP, gegründet 1975), die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP, gegründet 1971)1 und die Sozialdem okratische Partei (SP, ge gründet 1971)2. Die beiden letztgenannten Parteien haben es sich zur Aufgabe gem acht, bei W ahlen Kandidaten aufzustellen, sowie durch öf fentliche Veranstaltungen die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben zu fördern und das politische Bewusstsein im Dorf zu stärken. Anmerkungen 1 Mitteilung von Esther Moser, Aktuarin FDP, vom 9. März 1980. 2 Mitteilung von Dr. Jakob Aellig, Präsident SP, vom 23. März 1980. Bekannte ReigoldswilerUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA J o h a n n F re y , O b e rs tle u tn a n t Johann Frey wurde am 4. März 1776 als Sohn der Eheleute M artin Frey, Martins, und der Maria Dätwyler in seinem Heim atort geboren. Daselbst besuchte er auch die Dorfschule. 1792 wurde er konfirm iert. Einige Jahre nachher trat er als junger Bursche in den französischen Kriegsdienst. W ohl unbeschadet erlebte er die napoleonischen Kriegszüge und avan cierte zum Hauptmann des 3. Linienbataillons. 1815 erhielt er die M edail le für «Treue und Ehre». Als Oberstleutnant kehrte er 1830 nach Basel zu rück, liess sich aber später als Gutsbesitzer in der Nähe von Konstanz nie der, wo er am 26. Juni 1836 starb und begraben wurde. Abb. 52. Johann Frey, Oberstleutnant. Nach einem Ölbild im Besitz von Max Schneider, Architekt. Zur Zeit der Basler W irren hielt sich Frey im oberen Baselbiet auf, wo er beim 1. Aufstand im Januar 1831 m it einem Detachem ent Soldaten die zum Teil unzuverlässigen Gemeinden kontrollierte. Beim 2. Aufstand im Sommer des gleichen Jahres war sein Standort Reigoldswil. Hier instru ierte und kom m andierte er m it Schneid die m ilizpflichtigen Soldaten des Reigoldswilertales und schlug sich m it den von Liestal vordringenden Aufständischen in mehreren Gefechten. Seine Initiative wurde aber durch 144

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die eidgenössischen Repräsentanten stark gebremst. Sie glaubten, die Ruhe würde bald einkehren, wenn Frey seine Truppen entlassen und er selbst sich äusser Landes begeben würde. Schweren Herzens unterzog sich Frey ihren Anweisungen. Seine Soldaten flüchteten sich in die Berge, um nicht von den Gegnern entwaffnet zu werden. Die Aufständischen aber drangen in die wehrlosen Dörfer ein, m isshandelten die Leute und schädigten sie an Hab und Gut. Quellen StAL E 9, 1 (Taufen, Totenregister) August Bernoulli, Basel und die Dreissigerwirren, II. Teil, Neuj.bl. 1908, 44 ff. Eduard Schweizer, Die Entwicklung der Dreissiger W irren im Kanton Basel. SA Basler Ztschr., Bd. 30, 263. Karl W eber, Die Revolution im Kanton Basel. Liestal 1907, 95 f. Abb. 53. Gustav Schneider, Ständerat.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA G u s ta v S c h n e id e r, S tä n d e ra t Seine Eltern waren Johannes Schneider und Verena, geb. Frey. Gustav wurde am 4. Juni 1868 als ältestes von 5 Geschwistern in Reigoldswil geboren. Sein Vater war Stuhlschreiner, hatte aber 1874 eine W irtschaft und Eisenhandlung übernommen. Der aufgeweckte Knabe besuchte nach der Primarschule die Bezirksschule in W aldenburg und anschliessend 3 Jahre die Gewerbeschule in Basel. Sein W unsch, ein akademisches Studi um anzutreten, wurde durch den frühen Tod des Vaters verunm öglicht. Gustav Schneider fühlte sich verpflichtet, seiner M utter und den Ge schwistern beizustehen, und so führte er das Geschäft des Vaters weiter und konzentrierte sich besonders auf den W einhandel. Er gründete später m it Selma Plattner, der Schwester des Sonnenwirtes Ferdinand Plattner, einen eigenen Hausstand. Dem Ehepaar wurden zwei Töchter geschenkt. Gustav Schneider brachte m it unerm üdlicher Arbeit seine Geschäfte zu grosser Blüte. 1912 veräusserte er W irtschaft und Eisenladen und widm e te sich in der umgebauten «Cheesi» nur dem W einhandel. In den zwanzi- 145

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ger Jahren verkaufte er die W einhandlung seinen Angestellten und über siedelte nach Liestal, wo er in der Nähe der Familien seiner verheirateten Töchter ein schönes Heim bewohnte. Dass ein Mann, ausgestattet m it geistigen Gaben, wie sie Gustav Schnei der in hohem Masse besass, nicht allein in Familie und Geschäft seinen Pflichtenkreis fand, ist verständlich. Erst 23jährig, wurde er 1891 in den Verfassungsrat gewählt. Dann gehörte er volle drei Jahrzehnte dem Land rat an, den er zweim al präsidierte. Im Kriegsjahr 1914 erfolgte seine W ahl in den Ständerat, wo er in mehreren wichtigen Kommissionen massgeb lich wirkte. Aber auch als langjähriger Bankpräsident der Kantonalbank und als M itgründer und Leiter der Elektra Reigoldswil leistete er vorbildli che Arbeit. Unvergessen bleibt auch seine Initiative für die Gründung der Sekundarschule Reigoldswil, deren Schulpflege er von 1913 bis 1924 prä sidierte. Im M ilitärdienst rückte er bis zum Bataillonskom m andanten vor, beim Ausbruch des 1. W eltkrieges nahm er als Oberstleutnant und Platz kom m andant von Liestal den Fahneneid der Baselbieter Truppen ab. Ein Herzleiden legte ihm in den letzten Lebensjahren Schonung und Zurück haltung auf. So musste er aus diesem Grunde die ihm angetragene W ahl zum Präsidenten des Ständerates ablehnen. Er starb am 11. Juni 1932, kurz nach seinem Eintritt in das 65. Altersjahr. Quelle: Zum Andenken an Gustav Schneider-Plattner. Liestal 1932.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA J a k o b S c h w e iz e r, E rfin d e r Jakob Schweizer wurde 1836 als Sohn von Johannes Schweizer und der Maria geb. Tschudin in Reigoldswil geboren, wo er aufwuchs und zur Schule ging. Als in W aldenburg die Uhrenindustrie eingeführt wurde, machte er m it anderen jungen Leuten eine Lehre als Uhrmacher im Berner Jura. Nach Aufenthalten in St-Im ier und Biel kehrte er nach W aldenburg zurück, wo er das Post- und Telegraphenbureau übernahm, sich aber da neben m it der Konstruktion von Maschinen für die Uhrenfabrikation be schäftigte. Zunächst baute er Apparate zur Herstellung einfacher Uhren teile. Dann zog er nach Biel, um dort für Uhrenfournituren- und Schrau benfabriken zu arbeiten. Später eröffnete er m it finanzieller Hilfe der Fir ma G.F. Roskopf eine eigene Fabrik. Hier gelang ihm seine bedeutendste Erfindung, eine Maschine zur autom atischen Herstellung von Schrauben und Drehteilen. Die ersten Autom aten verkaufte Schweizer einem Fabri kanten in Biel, der sie jedoch nicht bezahlen konnte. Da lernte er 1875 Josef Müller aus Solothurn kennen, welcher eine Kundenmühle betrieb. Dieser erkannte die grosse Bedeutung der Schweizer'schen Erfindung und richtete 1876 zusammen m it Schweizer in der ehemaligen Mühle eine Fabrik für Schrauben und Uhrenteile aus Stahl ein. Später kamen auch Artikel aus Messing hinzu. Jakob Schweizers Erfindergeist gab sich aber m it dem Erreichten noch nicht zufrieden. Er arbeitete an einer elek trischen Uhr und wertete diese Erfindung in Boécourt, nachher in Solo thurn aus, erlitt jedoch einen finanziellen Misserfolg. Nach vorübergehen dem Aufenthalt in Zürich kehrte er 1890 nach Solothurn zurück, wo er zusammen m it Josef Müller in dessen Fabrik eine Abteilung für Pivotage 146

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eröffnete, die sich in der Folge günstig entwickelte. Dann beschäftigte er sich auch m it autom atischen Gravierma schinen und war eine Zeitlang bei Escher, W yss und Co. in Zürich tätig. Schliesslich liess sich dieser bedeuten de Erfinder in Zürich nieder, wo er im Jahre 1913 hochbetagt starb. Quellen O. Dübi und P. Kohli, 75 Jahre Sphinxwerke Müller und Cie. AG Solothurn 1876-1951. So lothurn 1951. Den Hinweis auf den Erfinder Jakob Schweizer und auf die vorstehende Ju biläumsschrift verdanken wir Hans Probst- Speidel in Kaiseraugst.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Abb. 54. Jakob Schweizer, Erfinder E d m u n d T a n n e r, O b e rg e ric h ts p rä s id e n t Edmund Traugott Tanner wurde am 12. Septem ber 1854 als drittältester Sohn des damaligen Lehrers und späteren Spitalpflegers Jakob Tanner und der Anna, geb. Vogt in Reigoldswil geboren. Er besuchte die Primar schule in Liestal und Frenkendorf und anschliessend die Bezirksschule in Liestal. Nachher verbrachte er zwei Jahre bei seinem Onkel, Pfarrer Hans Heinrich Tanner in Langenbruck, der ihn auf den Besuch des Pädagogi ums in Basel vorbereitete. Nach bestandener M aturität an dieser Schule studierte er in Basel und Göttingen Rechtswissenschaft. Kaum von der Universität heimgekehrt, wurde er 1876 als 1. Obergerichtsschreiber ge wählt, welche Stelle er bis 1882 beibehielt, um sich dann während zwei Jahren der Anwaltspraxis zu widm en. Doch schon 1884 wählte ihn der Landrat zum Landschreiber, und Ende 1889 berief ihn das Vertrauen sei ner M itbürger in den Regierungsrat, wo er die Justizdirektion übernahm. Nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Reorganisation des Oberge richts im Jahre 1897 übertrug ihm der Landrat das Am t des Präsidenten des Obergerichts. Als Justizdirektor und später als Obergerichtspräsident schuf er eine Reihe wichtiger Gesetze über das Gerichts- und Prozesswe sen von Baselland. Im M ilitärdienst avancierte Tanner zum Hauptmann. Er kommandierte im Auszug die Füs. Kp. II/53, in der Landwehr war er Ba taillonsadjutant des Füs. Bat. 118. Viele Jahre gehörte er auch dem Divi sionsgericht V an. Obergerichtspräsident Tanner starb nach kurzer, schwerer Krankheit am 25. Oktober 1903. Er war verheiratet m it Anna Maria Brodbeck von Liestal, die 1947 hochbetagt starb. Der Ehe ent sprossen 6 Kinder. 147

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Quellen Nekrolog in der BZ vom 26. Oktober 1903. Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. Bd. 6, 1931, 635, Abb. 55. Hans Heinrich Tanner, Pfarrer. Nach einer Lithographie im Kantonsmuseum Liestal.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA H a n s H e in ric h T a n n e r, P fa rre r u n d S c h u ld ire k to r Er wurde am 14. Oktober 1833 als jüngstes von 5 Kindern einer beschei denen Posamenter- und Kleinbauernfamilie (Dorfname Adamheiris) in Rei goldswil geboren. Schon als kleiner Knabe musste er in der Hausindustrie als Spüelimacher und später auch bei den Feldarbeiten m ithelfen. Nach der Primarschule besuchte er die Bezirksschule W aldenburg und nachher, durch Schulinspektor Kettiger und Bezirkslehrer Nüsperli aufgem untert, die Kantonsschule in Aarau. Dann folgte das Studium der Theologie in den Universitäten Basel und Göttingen. 1857 bestand er das theologi sche Staatsexamen. Da gerade keine Pfarrstelle frei war, wirkte er als Vi kar an der Schule Frenkendorf und nachher an der M ädchensekundar schule Liestal. Bei dieser Tätigkeit zeigte sich die hervorragende Befähi gung Tanners für das Lehramt. 1859 wurder er als Pfarrer nach Langen bruck gewählt. Dort entfaltete er beinahe ein Vierteljahrhundert lang eine reiche Tätigkeit als Pfarrer und Begründer der Diasporagemeinde Balsthal. Ausserdem bildete er sich in Theologie, Geschichte und Literatur weiter, hielt zahlreiche Vorträge und redigierte das Volksblatt für die reform ierte Schweiz. Auch die Schule lag ihm am Herzen. Er präsidierte die Bezirks schulpflege W aldenburg, examinierte die Primarlehrer-Kandidaten und half m it, dass talentierte Jünglinge sich für den Lehrerberuf ausbilden oder akademische Studien antreten konnten. Die fruchtbare Tätigkeit Tanners in Baselland zog auch die Aufm erksam keit von Behörden und Pädagogen in den benachbarten Kantonen auf sich. 1882 erhielt er den Ruf, die Direktion der Mädchensekundarschule und des Lehrerinnenseminars der Stadt Bern zu übernehmen. Er sagte zu, weil die Aussicht auf einen ausgedehnten pädagogischen W irkungskreis seinem W esen entsprach. Auch die Rücksicht auf die weitere Ausbildung 148

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seiner Kinder spielte dabei eine Rolle, während die Haltung des Baselbie ter Volkes, das in jenen Jahren alle fortschrittlichen Neuerungen ablehnte, ihm den Abschied vom Heim atkanton nicht erschwerte. In Bern erwartete Direktor Tanner eine grosse Aufgabe: die Leitung einer Schule m it 34 Lehrkräften, 700 Schülerinnen und Sem inaristinnen. Er unterrichtete vor nehm lich an den Seminarklassen, übernahm aber auch einzelne Stunden für erkrankte Lehrer. Daneben erteilte er manchen schwächeren Schüle rinnen Nachhilfestunden. Das tat er aber nicht aus finanziellen Gründen, sondern aus Freude am Unterrichten. 8 Jahre konnte Tanner in dieser rastlosen W eise tätig sein. Im letzten Lebensjahr stellten sich hin und wieder gesundheitliche Beschwerden ein, die er anfänglich nicht beach tete. Dann aber befiel ihn eine Gesichtsrose, die bald ernsthaften Charak ter annahm und nach kurzem Krankenlager am 4. Februar 1891 zum Tode führte. Die Beisetzung fand auf dem Brem gartenfriedhof statt. An der Ab dankung in der vollbesetzten Heiliggeistkirche würdigten mehrere Red ner, unter ihnen auch der Baselbieter Erziehungsdirektor J.J. Brodbeck, die vorbildliche Tätigkeit des Verstorbenen als Pfarrer und Schulmann. Quelle: Leo Zehntner, Hans Heinrich Tanner, Pfarrer und Schulmann, 1833-1891. BHBI, Bd. 2, 1943, 182 ff. Abb. 56. Leo Zehntner, Dr. phil.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA L e o Z e h n tn e r, D r. p h il., G e m e in d e p rä s id e n t Die Familie Zehntner ist aargauischen Ursprungs. Ein Melcher Zehnder bürgerte sich anfangs des 17. Jahrhunderts in Augst ein. Von dort ver pflanzte sich das Geschlecht 1643 nach Arisdorf. Ein Zweig davon siedel te 1729 nach Titterten über, und von dort zog ein weiterer Vertreter nach Reigoldswil, wo er 1781 das Bürgerrecht erwarb. Er wurde der Stam m va ter der Reigoldswiler Zehntner. Der Vater Dr. Zehntners war der Arzt Jo hann Ulrich Zehntner (1815-1901). Im väterlichen Haus «zum Reifenstein» verlebte Leo Zehntner seine Ju gendzeit. Nach dem Besuch der Dorfschule pilgerte er 4 Jahre lang bei al- 149

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lem W etter über das Sigsfeld nach der Bezirksschule W aldenburg. Darauf schloss er an der Gewerbeschule Basel (Vorläuferin des M ath. Nat. Gym nasiums) seine Schulzeit m it der M aturität ab. Anschliessend widmete er sich an den Universitäten Basel und Bern einem intensiven Studium der Naturwissenschaften. 1888 erwarb der begabte Naturwissenschafter in Bern das Gymnasiallehrerdiplom und 1890 den Doktorhut. Darauf nahm er die Tätigkeit als Assistent des berühmten Genfer Insektenforschers M. de Saussure auf, m it dem er mehrere wissenschaftliche Arbeiten veröf fentlichte. Als im Jahre 1894 die Stelle eines Zoologen einer Untersu chungsstation in Java frei wurde, griff Dr. Zehntner frisch zu. Auf diesem Tätigkeitsfeld m achte er sich besonders durch die Bekämpfung tierischer Schädlinge der Zuckerrohrplantagen bekannt. Später betätigte er sich auf einer Untersuchungsstation für Kakaokultur im Innern von Java und lei stete auch dort vorzügliche Arbeit. Durch seine rege wissenschaftliche Tätigkeit war Dr. Zehntner auch in anderen Ländern bekannt geworden. In Brasilien, dem Hauptexportland für Kaffee, suchte man einen Direktor für das landwirtschaftliche Institut des Staates Bahia. Die W ahl fiel auf Dr. Zehntner. Dort war er während 6 Jahren bestrebt, die Untersuchungs m ethoden für den Anbau von Nutzpflanzen zu vervollkommnen, wie auch eine Pflanzschule für den wissenschaftlich fundierten Landbau zu schaf fen. In einer wohl dokum entierten Untersuchung über den Anbau des Ka kaos fasste er die Erfahrungen über den Kakaoanbau zusammen. 1920 kehrte er für immer nach Europa zurück. Als Ergebnis seiner Arbeit in 18 Tropenjahren liegen nicht weniger als 70 Publikationen vor, die zum klein sten Teil in deutscher Sprache, wohl aber in französischer, holländischer und portugiesischer Sprache verfasst worden sind. Seit den Jahren nach dem 1. W eltkrieg hielt sich Dr. Zehntner wieder im väterlichen Heim in Reigoldswil auf, wo er in der Familie seines Bruders gute Aufnahm e fand. Bald bot sich Gelegenheit, am öffentlichen Leben seiner engeren Heimat Anteil zu nehmen; denn im Jahre 1926 wurde er ehrenvoll zum Gemeindepräsidenten von Reigoldswil gewählt. W ährend mehr als 5 Am tsperioden (von 1926 bis 1941) steuerte er das Gemeinde schifflein m it fester Hand, bis er 77jährig auf eine W iederwahl verzichte te. Auf den Beginn seiner Am tstätigkeit fielen die bedrückenden Jahre des Niedergangs der Heimposamenterei. Es war keine leichte Aufgabe, zusammen m it den staatlichen Organen die Strassenverbindungen ins Laufen- und W aldenburgertal zu modernisieren, um die verdienstlose Zeit durch Notstandsarbeiten zu überbrücken. Auch für die nachher notwen dige berufliche Um stellung der Bevölkerung (Einführung neuer Industrien) käm pfte er m it Vehemenz. Sehr viel Arbeit verursachten auch die Bann vermessung (1926) und die Anlage einer neuen W asserversorgung (1936). Dr. Zehntner war mehrere Jahre M itglied des Erziehungsrates, auch gehörte er während einer Am tsperiode dem Landrat an. Nach der Gründung der M useum sgesellschaft Baselland übernahm er deren Präsi dium und war bei der Bereitstellung von M itteln für die Ausgestaltung des Kantonsmuseums erfolgreich tätig. Dem 1927 wieder auflebenden Verkehrs- und Verschönerungsverein Reigoldswil stand er hilfreich zur Seite. Ohne seinen Einsatz wäre der Ankauf der Ruine Rifenstein durch 150

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die Bürgergemeinde und die Restaurierung der Burg kaum m öglich gewor den. Nach seinem Rücktritt als Gemeindepräsident widmete sich Dr. Zehntner der Ordnung und Revision seiner Sammlungen; ausserdem verfasste er mehrere heim atkundliche Arbeiten, die alle in den «Baselbieter Heim at blättern» erschienen sind. Nachdem er im Dezember 1959 unter grosser Anteilnahm e der Bevölke rung seinen 95. Geburtstag gefeiert hatte, nahmen seine Altersbeschwer den im m er mehr überhand, und am Osterm ontag 1961 verschied Dr. Leo Zehntner nach kurzem Krankenlager im Kantonsspital Liestal. Quellen Nekrologe: Dr. H. Stöcklin in der BZ, Dr. P. Suter im Landschäftler, beide am 5. April 1961. Leo Zehntner, Aus meinem Leben. BHBI, Bd. 6, 1961, 41 ff. Paul Suter, Dr. Leo Zehntner, 1864-1961. BHB, Bd. 9, 1962, 250 ff. Die wirtschaftlichen Verhältnisse Die Erwerbsstruktur Durch seine Lage in der obersten Talweite des hinteren Frenkentales war Reigoldswil seit jeher ein M ittelpunkt des Baselbieter Hinterlandes m it verschiedenen zentralen Funktionen. So finden wir neben den Bauern und Heimposamentern verschiedene Handwerker und Gewerbetreibende. Nach einer genauen Erhebung vom Jahre 17741 werden bei einer Bevölkerung von 740 Personen folgende Berufsleute aufgezeichnet: «5 Bauern, 8 Tau ner, 108 Fabriquearbeiter (Heimposamenter), 4 Metzger, 5 Zimmerleute, 1 Schmied, 4 Schneider, 4 Beck, 1 Müller, 7 Schreiner, 1 Strum pfweber, 2 Kiefer (Küfer), 1 Ziegler, 1 Sager, 1 Maurer, 1 Chirurgus (W undarzt), 2 W eber (Leinenweber), 1 W agner, 1 Schuster, 1 Krämer, 1 W irth». Nahezu 90 Jahre später (1863) zählte Reigoldswil 1332 Einwohner und Heinrich Huber nennt in seiner Heim atkunde 2 folgende Gewerbe: 300 Heimwebstühle, 2 Getreidemühlen, 2 Sägen, 1 Dreschmaschine, 2 Ziegel hütten, 1 Hafner, 2 Schm idten, 1 Baumeister, 2 Zimmermeister, 3 Stuhl schreiner, 4 Schuhmacher, 1 Sattler, 3 Schneider, 1 Spengler, 3 Metzger, 4 Bäcker, 1 Hauptwirt, 2 Speisewirte, 7 W einschenken und mehrere Krämer. Über die heutigen Verhältnisse orientiert das Statistische Jahrbuch des Kantons Basel-Landschaft3: Ein wohner Erwerbs tätige Sektor 1 Land- u. Forst wirtschaft Sektor 2 Gewerbe u. Industrie 1970 1980 1308 1318 453 439 77 58 257 201 Sektor 3 Dienstlei stungen 119 180 151

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In dieser Statistik sind nur die in der Gemeinde arbeitenden Berufstätigen zuzüglich die Zupendler erfasst, während die W egpendler (1970 243, 1980 315) nicht berücksichtigt werden. Die Letzteren sind den Sektoren 2 und 3 zuzuzählen. Anmerkungen 1 StAL, Landsachen 1774, Allgemeines II F 13. 2 Hk 1863, 456. 3 Statistisches Jahrbuch 1979, 49; 1987, 49. Die Landwirtschaft Rückblick in die Vergangenheit1 Anhand der Bodenfunde, der Flurnamen und der schriftlichen Quellen (Urkunden, Bereine, Gerichtsbücher, Karten) lässt sich auch in Reigolds wil ein Bild der früheren Landschaft und ihrer Bewirtschaftung entwerfen. Als die alemannische Sippe des Rigolt in der obersten Talweite des hinter en Frenkentales Fuss fasste, fand sie wahrscheinlich eine Sippensiedlung im Oberbiel und einige gallo-römische Gutshöfe vor, wozu wir die Einzel höfe Gorisen, Bütschen und M archm att zählen. Die genannten Güter lie gen an den Aussenseiten des Gemeindebannes und blieben auch später als Herrengüter selbständig. Die Ausscheidung des Gemeindebannes folgte den natürlichen Grenzen: von der W asserscheide der W asserfalle bis zur Talenge unterhalb Bütschen, vom Plateaurand bei Titterten und dem Sigsfeldübergang bis zum Bergplateau von Lauwil und diesseits des Eichhöchi-Übergangs. Im Raume der beschriebenen Dorfm ark richteten die alemannischen Siedler ihren Bann ein. Das meiste Land wurde als Ackerflur ausgeschieden. Diese war in drei Schläge oder Zeigen geteilt. Holz- oder Grünhäge schlossen die drei Felder vom übrigen Gebiet ab. Auf dem Ackerland erhielt jede Haushaltung ihren Anteil, aber nicht arron diert, sondern auf jeder Zeig einen Drittel. Ein Los um fasste 30 bis 40 Jucharten. Auf den Zeigen pflanzte man in regelmässiger W iederkehr W inter- und Som merfrucht (Hafer) an. Im dritten Jahr blieb jede Zeig brach, das heisst ungepflügt bis Johanni; dann wurde sie zum erstenmal, im Herbst zum zweitenm al um gepflügt und hierauf m it W interfrucht an- gesät. Ausserhalb der Feldflur dehnte sich die Allm end aus, der ungeteilte Besitz aller Dorfgenossen. Sie bestand aus W ald und W eide. Die letztere diente während der guten Jahreszeit dem W eidgang der Viehherde; aus serdem wurden auch die Brachzeigen und nach dem Einbringen der Ernte die übrigen Zeigen beweidet. Der ausgedehnte Ackerbau erlaubte nur einen bescheidenen Viehstand. Für die W interfütterung lieferten die M at ten, ebene Flächen im Tal und Abhänge im gebirgigen Teil des Bannes (Bergmatten) Heu und Emd. Die Dreifelderwirtschaft wird m it den Ale mannen und Franken in Beziehung gebracht; sie war aber auch in Nord- und Osteuropa verbreitet und hat eine lange Entwicklung m itgem acht. 152

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Als noch ältere W irtschaftsform kennt man die sogenannte Egartenwirt schaft, wobei nur ein Teil der Flur eine Zeitlang als Acker bebaut und nachher wieder der W eide oder dem W ald überlassen wurde. In Reigolds wil erinnern die Flurnamen Chilchägerten, Eichenägerten und Tiefenäger- ten an diese Vorstufe der Dreifelderwirtschaft. Die Dreifelderwirtschaft hatte ganz und gar genossenschaftlichen Cha rakter. Gemeinsam besorgten die Dorfleute im Frühling und Herbst die Feldarbeiten, im Sommer die grossen W erke. Das Ausbessern der Stan- genhäge, das Zurückschneiden der Grünhäge und das Instandhalten der wenigen Feldwege geschah ebenfalls im Gemeindeverband. Im Ausdruck «gmeinwärche» lebt die Tätigkeit für das gemeine W ohl auch im heutigen Sprachgebrauch weiter. Eine zusätzliche Eigenschaft der Dreifelderwirt schaft war das Ausbauverbot. Über ein Jahrtausend fiel es niemand ein, sich auf den Zeigen oder auf der Allm end anzusiedeln; nur innerhalb des Etters, des Dorfhages, war die M öglichkeit des Hausbaus. In der Sied lungslandschaft des 17. Jahrhunderts finden sich nur 4 Hofgüter be zeugt, die zum Teil so alt wie die Dorfsiedlung sind. Das voranstehende Flurkärtchen von Reigoldswil (Abb. 57) versucht, die Dreifelderwirtschaft auch räumlich darzustellen2. Anhand der Feldaufnah men von Georg Friedrich Meyer (um 1681) und der Angaben in Bereinen (Güterverzeichnissen) konnte das Kartenbild rekonstruiert werden. Ent sprechend der extensiven Landwirtschaft nim m t der W ald eine kleinere Fläche als heutzutage ein. Die Chläberen- und Rifensteinzelg bilden abge rundete Flächen, während die Niestelenzelg in drei nicht zusam menhän gende Teile zerfällt. Die Randlage der W eiden und der alten Hofgüter tritt auf der Karte augenfällig in Erscheinung. Unterschieden sich die Parzellen auf den einzelnen Zeigen bei der aleman nischen Besiedlung nicht weitgehend, so änderte sich im Laufe der Zeiten ihre Grösse durch Käufe und Erbteilungen erheblich. Neben den Bauern erschien in der sozialen Schichtung ein weiterer Stand, der Tauner, das heisst der im Taglohn Arbeitende. Diese Leute hatten wenig oder gar kein Land, besessen nur Kleinvieh und standen zeitweise als Hilfskräfte im Dienste der grösseren Bauern. Die Einführung der Heimposamenterei am Ende des 17. Jahrhunderts schaffte vielen einen willkom menen Ver dienst, dass sie ihr Leben besser fristen konnten. Die Posamenter Kleinbauern bildeten im 18. Jahrhundert die Mehrzahl der Reigoldswiler Einwohnerschaft3. Bei der Nutzung der Gemeindeweide standen sie aller dings im Hintertreffen, da die hauptberuflichen Bauern m it ihrem grösse ren Viehbestand in erster Linie in den Genuss des allgemeinen W eidgangs kamen. So gehörten im Jahre 1750 von den 100 Kühen und Rindern der Kuhweide 80 Stück allein 8 Bürgern, und die 70 Stiere der Bergweide ver teilten sich nur auf etwas mehr als 15 Besitzer. Die Benachteiligung der Tauner und Posamenter führte nach 1750 zu sozialen Kämpfen, die 1768 durch Verm ittlung der Obrigkeit m it einem Vergleich abgeschlossen wur den. Darnach sollte jeder Viehbesitzer, «er seye reich oder arm, Bauer oder Tauner» auf der Kuhweide nur eine Kuh weiden lassen, während auf der Bergweide Zug- und Gustvieh gegen Entschädigung weiden durfte. Die Kühe blieben Tag und Nacht auf der W eide, zur Melkzeit wurden sie 154

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auf eine nächst dem Dorf gelegene W eidepartie getrieben, welche heute noch den Namen «Mälchgass» trägt. Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Einschlagsbewegung einsetzte und der Flurzwang durch verschiedene Hofgründungen an Bedeutung verlor, nahte das Ende der Dreifelderwirtschaft und des allgemeinen W eidgangs. In verschiedenen Gemeindeversammlungen (1838 und spä ter) wurde hauptsächlich von den Posamenterbauern die Parzellierung der Allm end gefordert. Im Jahre 1845 kam es endlich zum Beschluss. Jeder Bürger erhielt das Recht auf den Bezug von zwei «W eidteilen» zu je %2 Ju charte. 1860 wurde beschlossen, dass jeder Bezüger auf seinen Parzellen 3 Obstbäume zu pflanzen habe. 1870 erfolgte eine Neuvermessung der W eidteile durch einen Geometer. Sie war verbunden m it einer Neuvertei lung der W eidteile, die als «Verlosung» am 12. März 1876 in der Kirche stattfand. Die neue Einrichtung bewährte sich während Jahrzehnten recht gut. Eine Änderung trat erst in den letzten Jahren ein, als nach dem Rückgang der Heimposamenterei auch die Kleinbauernbetriebe ver schwanden. Heute werden von den ehemals 223 W eidteilen (184 Chüe- weid, 39 Bergweid) nur noch 10 durch Bürger genutzt, die übrigen aber von Hofbauern als Pachtland bewirtschaftet. Beurteilung der Landwirtschaft in Baselland durch Landvogt Christ und Schulinspektor Kettiger Über die Landwirtschaft im Baselbiet im 18. und 19. Jahrhundert berich tet Schulinspektor Johannes Kettiger (1802-1869) in einer 54-seitigen Broschüre, die dem Landwirtschaftlichen Verein von Baselland gewidmet ist4. In jener Zeit wurde das bis gegen das Ende des 18. Jahrhunderts übliche Dreifeldersystem langsam abgelöst durch den Anbau von Klee und Hack früchten (Kartoffeln, Rüben). Kettiger zitiert dann aus einem im Jahre 1764 publizierten Aufsatz von Hieronymus Christ (1729-1806), Landvogt zu M ünchenstein und Ehrenmitglied der Oekonomischen Gesellschaft zu Bern, m it dem Titel «Nachricht vom Zustand des Ackerbaus im Kanton Basel». Dort schreibt dieser: «Die Bewohner der oberen Landschaft soll ten sich mehrenteils des Ackerbaues und der Viehzucht befleissen. Allein die meisten derselben nähren sich von den Fabriken (gemeint ist die Heimposamenterei), lassen den Ackerbau liegen und trachten nur einige gute Stücke M attland einzuhandeln, m it welchen sie keine Mühe haben und solche also theuer bezahlen, dass der Bauer, der Zugvieh hält, solche muss fahren lassen und dadurch die Bauernbetriebe nach und nach ab gehen». Christ berichtet dann von Untersuchungen einer landwirtschaft lichen Kommission und fasst diese zusammen in vierzehn «Unbequem lichkeiten, welche so zu sagen m iteinander in die W ette den Aufnahm der Landwirthschaft hemmen». Neben schlecht bewirtschaftetem Land (Ae- gerten, wenig Dung), nennt er die Distanzen vom Dorfe zum guten Land, weil es verboten war, W ohnungen draussen in der Flur zu bauen und die Zerstückelung der Güter durch Erbteilungen. Die Forderungen, die sich daraus ergaben, waren u. a. W ohnungen oder wenigstens «Bestallung», wo nicht in der M itte, doch wenigstens in der Nähe der Ländereien. W ei tere Forderungen waren Aegerten zu Einschlägen zu bewilligen, Gras zu 155

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pflanzen, der Zerstückelung vorzubeugen durch das Vorrecht des Älte sten oder des Jüngsten, das Gut ungeteilt zu übernehmen oder wenig stens dem Ackerland eine gewisse Grösse zu bestimm en und weitere Verkleinerungen zu verbieten. All diese Vorschläge wurden nicht so rasch verwirklicht. Kettiger schreibt gute 90 Jahre später, dass zwar Fortschrit te zu erkennen seien, m eint aber dann: «Die Landwirtschaft steht erst dann auf dem Höhepunkt ihrer Vervollkom m nung, wenn der Landwirth die bewährtesten und naturgem ässesten Prinzipien m it Bewusstsein durchführt und dadurch dem Boden den m öglichst grossen Ertrag abge winnt.» An «Hemmnissen», welche der Erreichung dieses Ziels noch im W ege standen, nennt er das «hartnäckige Hangen am Alten», die Be schaffenheit des Bodens, die Heuausfuhr (nach Basel und ins Elsass) und — zwar m it einem Fragezeichen versehen — auch die Posamenterei. Dieser billigt er zu, dass es auch Um stände gäbe, welche die Landwirt schaft nicht so stark beeinträchtigen und rechnet dazu die gebirgige Landschaft, die M öglichkeit, den verhältnism ässig guten Verdienst in Heimarbeit zu haben. Als Ergebnis einer guten Entwicklung führt Kettiger weiter an: Das Gesetz über den Loskauf der Zehnten und Bodenzinse vom Mai 1804, das Abkom men von der Dreifelderwirtschaft und der da m it in Verbindung stehende Kleeanbau und die Stallfütterung, dazu aber auch «die längst eingetretene Befugnis, m itten im Lande, wir meinen ab seits von den Ortschaften, Häuser bauen zu dürfen». In dieser rund hundertjährigen Entwicklung spielten oekonomische Ge sellschaften und landwirtschaftliche Vereine eine führende Rolle. Anfäng lich befanden sich in diesen Vereinigungen mehr Leute aus der Stadt, welchen die Verbesserung der Zustände unter der Landbevölkerung ein Anliegen war. Der im Jahre 1837 gegründete Landwirtschaftliche Verein des Kantons Basellandschaft förderte die Landwirtschaft durch die Er richtung einer Ersparniskasse und Überführung in eine Hypothekenbank, die sich in der Zwischenzeit den Namen «Regiobank» gegeben hat. W ei tere Förderungsmassnahmen waren die Durchführung alljährlicher Vieh schauen für Rindvieh, Pferde und Schweine, wie auch die Durchführung von zwei landwirtschaftlichen Ausstellungen in den Jahren 1844 und 1845 und einer Gewerbeaustellung im Jahre 1847. Die beiden landwirt schaftlichen Ausstellungen waren die ersten in der Schweiz und fanden über die Kantonsgrenzen hinaus Beachtung. Sie zeigten die verschiede nen Produktionsm öglichkeiten in der Landwirtschaft auf und trugen we sentlich zu deren Entwicklung bei. Die heutige Landwirtschaft ProduktionsgrundlagenUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA A re a lv e rh ä ltn is s e u n d N u tz u n g s a rte n Über die Arealverhältnisse und die Landnutzung gibt die Eidgenössische Arealstatistik aus dem Jahre 1972 Auskunft. Neuere vergleichbare Zah len liegen leider nicht vor, doch ist für jeden aufmerksamen Beobachter 156

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unserer Landschaft klar, dass sich nicht nur im bevölkerungsreichen un teren Kantonsteil, sondern auch in unserer Gemeinde grössere Verände rungen in der Landnutzung ergeben haben. Die landwirtschaftlich nutzba ren Flächen sind m it der Ausdehnung der überbauten Flächen, durch Auf forstungen und wahrscheinlich auch durch das «Herauswachsen» des W aldes kleiner geworden. Über diese Veränderungen wird die neue Areal statistik, welche zur Zeit bearbeitet wird, Auskunft geben. W esentliche Hilfsm ittel dazu sind Luftfotografien, welche für den ganzen Kanton Basel-Landschaft als massstabgetreue, sog. Orthofotos, im Massstab 1:5000 zur Verfügung stehen. Die Eidg. Arealstatistik 197211 weist nachstehende Zahlen aus: Gesamtfläche der Gemeinde davon W ies-, Ackerland, Obstbau W eiden W ald überbautes Gebiet 928 ha 448 ha 77 ha 369 ha 34 ha 100,0 % 48,3 % 8,5 % 39,8 % 3,6 % Nach einer persönlichen M itteilung des Kantonsforstam tes vom 31. Dez. 1975 betrug die W aldfläche total 363 ha, wovon 288 ha im öffentlichen Besitz (Gemeinde, Kanton) und 75 ha im privaten Besitz waren.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA K u ltu ra rte n Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen wurden im Laufe der Jahre nicht immer gleich genutzt. Der Gemeindebann weist grössere Flächen auf, welche wegen der Topographie, der Bodenqualität oder der Höhenla ge eigentlich fast ausschliesslich als W eide genutzt werden. Daneben gibt es aber auch Flächen, welche sowohl als W iesland als auch als Ackerland genutzt werden können. Je nach Produktions- und Absatzver hältnissen; aber auch je nach den Bedürfnissen der Landesversorgung m it Lebensmitteln hat sich der Anteil des Ackerlandes stark gewandelt. W ir verfolgen die Entwicklung seit dem Zweiten W eltkrieg bis in die Ge genwart, indem wir Zahlen der Eidg. Betriebszählungen 19445, 19656, 19758 und der Eidg. Landwirtschafts- und Gartenbauzählung 198010 ta bellarisch zusammenstellen. 1944 war das Jahr m it der grössten Ausdeh nung der offenen Ackerflächen im Rahmen der sog. «Anbauschlacht» nach «Plan W ahlen». Prof. Friedrich Traugott W ahlen, der damalige Chef des kriegswirtschaftlichen M ehranbauwerkes legte schon vor Ausbruch des Zweiten W eltkrieges in einer denkwürdigen Rede dar, dass sich die Versorgung der schweizerischen Bevölkerung m it Lebensmitteln dann am besten sicherstellen liess, wenn m öglichst viele direkt für die m ensch liche Ernährung verwendbare Nahrungsm ittel (Getreide, Kartoffeln . . .) auf dem Ackerland produziert werden. In der Folge wurden in der ganzen Schweiz die Ackerflächen auf Kosten des W ieslandes ausgedehnt. Auch in unserer Gemeinde wurden Flächen unter den Pflug genommen und m it Getreide und Hackfrüchten m it grossem Arbeitsaufwand bebaut, welche beim heutigen Arbeitskräftem angel und der entsprechend notwendig ge- 157

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wordenen Mechanisierung für die Ackernutzung gar nicht mehr in Frage kommen. Im Rückblick auf die Kriegsjahre 1939/45 muss man aber auch dankbar feststellen, dass diese Jahre durch ausserordentlich gute W itte rungsverhältnisse begünstigt waren. Landnutzung nach Hauptkulturen (in gerundeten Zahlen) erfasste landw. Nutz fläche (ohne Sömme rungsweiden) davon: Offenes Ackerland davon Getreide Kunstwiesen (Kleegras) Ackerfläche in Rotation Naturwiesen und W eiden Obstbau-Intensiv Kulturen 1944 1965 1975 1980 ha % ha % ha % ha % 541 100 511 100 470 100 439 100 146 101 16 27 (18,7) 3 42 31 18 8,2 41 (6,1) 3,5 25 21 8,7 (5,3) 4,5 36 17 20 7,3 (3,4) 4,1 162 (30) 60 (11,7) 62 (13,2) 56 (11,4) 379 70 447 87,5 400 85,1 431 87,4 4 0,8 8 1,7 6 1,2 Die Zahlen aus den Eidg. Betriebszählungen sind nicht direkt vergleichbar m it den Zahlen der Eidg. Arealstatistik. Letztere m isst die Areale inner halb der Gemeindegrenzen. Die Betriebszählungen erfassen die Flächen, wie sie von den landw. Betrieben in der Gemeinde genutzt werden. So werden Eigentums- oder Pachtlandflächen auch ausserhalb der Gem ein degrenzen erfasst, wenn sie von einem Landwirtschaftsbetrieb der Ge meinde bewirtschaftet sind. Andererseits sind Flächen in Reigoldswil, welche von Landwirtschaftsbetrieben anderer Gemeinden bewirtschaftet werden, eben dort erfasst. In den Eidg. Betriebszählungen sind auch die Söm m erungsweiden flächenm ässig nicht erfasst, weil es noch viele Kan tone gibt, welche nur die Bestossung kennen. Seit dem Ende des Zweiten W eltkrieges m it der Verpflichtung der Land wirtschaft zu verm ehrtem Ackerbau ist die Ackerfläche in Rotation, also jene Flächen, bei welchen Ackerflächen und Kleegras einander abwech seln, von 30 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf 11-13 % zurück gegangen. Aus topographischen Gründen und wegen den hohen Nieder schlagsmengen muss Reigoldswil als Randgebiet des Ackerbaues gelten. Zudem schränkt der m eist schwere Boden die ackerbaulichen M öglichkei ten stark ein. Deshalb liegt heute das Schwergewicht in den meisten Be trieben auf der viehwirtschaftlichen Produktion. Auch auf den möglichen Ackerflächen werden durch M aiskulturen grosse Rauhfutterm engen pro duziert, welche nur über den W iederkäuermagen zu m enschlichen Nah 158

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rungsm itteln veredelt werden können. Die Züchtung frühreifer und ertrag reicher M aissorten hat den Anbau auch in klim atisch weniger begünstig ten Lagen m öglich gemacht. In den letzten Jahren kam die viehwirtschaftliche Produktion, für welche unsere Gemeinde von der Topographie, vom Klima und von den bäuerli chen Strukturen her günstige Voraussetzungen hat, leider unter den Druck zunehmender Absatzschwierigkeiten. Im Jahre 1977 mussten in der ganzen Schweiz jedem M ilchproduzenten einzelbetriebliche Kontin gentsmengen zugeteilt werden. Landwirte, welche über ihr Kontingent hinaus Verkehrsmilch ablieferten, mussten für die überlieferte Menge zu nehmend grössere Milchpreisabzüge in Kauf nehmen. Um diesem Preis abbau zu entgehen, wurden mehr Kälber im eigenen Betrieb abgetränkt und als M asttiere aufgezogen. Als Folge der vergrösserten Fleischproduk tion in der ganzen Schweiz stieg das Angebot auf dem Schlachtvieh m arkt, so dass auch auf diesem Sektor das Angebot mindestens zeitwei se grösser ist als die Nachfrage. Die vom Bundesrat festgesetzten Richt preise konnten daher oft nicht mehr realisiert werden. Glücklicherweise konnte der Produzentenpreis, auch vom Bundesrat festgelegt, der laufen den Teuerung immer wieder einigermassen angepasst werden. W ir woll ten auf diese Zusammenhänge hinweisen, weil diese Fakten die Landnut zung eben wesentlich beeinflusst.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA V ie h b e s ta n d Naturgemäss hängt der Viehbestand, m indestens soweit es sich um Tiere handelt, welche Gras, Ackerfutter und Dürrfutter fressen, m it der Areal nutzung zusammen. Dazu interessieren uns nicht nur die Tierzahlen son dern ebenso sehr die Entwicklungen der Anzahl Tierbesitzer und was sich daraus ergibt, die Bestandesgrössen pro Betrieb. W ir verfolgen diese Ent wicklungen wiederum in der gleichen Zeitspanne seit dem letzten W elt krieg. M it Ausnahme des Jahres 1965 konnten wir die Zahlenangaben den gleichen statistischen Unterlagen der Betriebszählung entnehmen (19445, 19758, 19 8010). Anstelle der nicht vorhandenen entsprechenden Zahlenangaben des Jahres 1965 verwendeten wir die Ergebnisse der Eidg. Viehzählung vom 21. April 19667. R in d v ie h Besitzer, Rindviehbestand, Kühe, Bestandesgrösse Anzahl Besitzer Gesamt-Bestand davon Kühe Tierzahl pro Besitzer - Gesamtbestand - Kühe 1944 1966 1975 1980 93 562 294 6 3,1 48 645 280 13,4 5,8 30 636 292 21,1 9,7 24 689 313 28,7 13 159

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Die Zahl der Rindviehbesitzer hat sich innerhalb von rund 35 Jahren, d. h. einer Generation, auf etwa einen Viertel reduziert. Gleichzeitig ist der Ge sam tbestand gestiegen um etwa 23 %, wobei aber der Kuhbestand prak tisch unverändert blieb. Aus diesen Zahlen ergibt sich auch eine starke Vergrösserung der Bestände pro Betrieb. Im Laufe dieser Zeit mussten da her praktisch überall die Ställe vergrössert werden. M it dem vergrösser ten Jungviehbestand wurden auch zusätzliche W eideflächen geschaffen, nämlich überall dort, wo vorher noch Handarbeit für die Futterernte nötig war.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA P fe rd e Besitzer, Bestand, Verwendung Anzahl Besitzer Pferde Ponies Verwendung in der Landw. Sportpferde und Fohlen 1944 1966 1975 1980 26 47 - - - 14 21 3 - - 5 19 11 6 13 7 20 1 1 4 16 Im Jahre 1944 wurden die Pferde noch für den Mehranbau benötigt. Im Schnitt zählte man fast 2 Pferde pro Betrieb. Allerdings war die Zahl der Pferdebesitzer wesentlich kleiner als die Zahl der Rindviehbesitzer. Die Zahl der Pferde als Zugkräfte in der Landwirtschaft ist sehr bescheiden geworden, dagegen findet das Sportpferd vermehrt wieder seine Anhän ger. Im Jahre 1965, vor 20 Jahren also, zählte man in Reigoldswil 33 Traktoren und 71 Einachstraktoren und Motormäher, im Jahre 1980 wa ren es 41 Traktoren und 62 Einachstraktoren und M otorm äher neben 4 Transportern und 5 Selbstfahrladewagen. Daraus wird klar, dass die m o torische Zugkraft das Pferd als Zugtier weitgehend verdrängt hat. K le in v ie h Unter den verschiedenen Kleinvieharten haben Schweine und Leghennen eine grössere wirtschaftliche Bedeutung. W eil das Futter meistens zuge kauft wird, handelt es sich hier um sogenannte bodenunabhängige Be triebszweige. W enn genügend Stallraum geschaffen wird, können diese Produktionsm öglichkeiten in kleineren Betrieben angegliedert werden, man spricht dann von «Aufstockung», um deren Existenzgrundlage et was zu verbreitern. Nachstehende Tabelle zeigt die Entwicklung seit 1944. Bei Schweinen und Leghennen stellt man eine ähnliche Entwicklung fest: Immer weniger Tierhalter halten mehr Tiere, also eine starke Vergrösse rung der Bestände pro Betrieb. W ährend man im Jahre 1966 pro Betrieb im Durchschnitt noch 5 Schweine hielt, waren es 1980 fast 60 Stück. 160

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Kleinvieh, Besitzer und Bestände Schweine - Besitzer - Anzahl Schweine Leghennen - Besitzer - Anzahl Leghennen Schafe - Besitzer - Anzahl Schafe Ziegen - Besitzer - Anzahl Ziegen 1944 1966 1975 1980 67 126 86 926 2 6 33 91 30 153 22 596 11 637 52 3107 18 4151 16 3703 8 133 7 31 10 105 6 14 10 109 5 12 Bei den Leghennen hat sich eine ähnliche Entwicklung ergeben. Im Jahre 1966 im Durchschnitt knapp 60 Leghennen, im Jahr 1980 über 230 Stück pro Betrieb. Dazu haben vor allem ein paar wenige Betriebe beige tragen, die sich auf diese Betriebszweige spezialisiert haben. Beide Tierarten weisen im Vergleich m it den übrigen Nutztieren die biolo gische Eigenart auf, dass sie sich durch eine sehr grosse Fruchtbarkeit auszeichnen. Von einer Leghenne erwartet man heute in guten Betrieben 250-300 Eier pro Jahr, welche direkt dem m enschlichen Konsum zuge führt werden können. Von einem M utterschwein erwartet man eine Nachkom m enschaft von 18-22 Ferkeln pro Jahr, welche m eist in spe ziellen M astbetrieben als «Specksamen» der Fleischproduktion dienen. Diese naturgegebenen M öglichkeiten, die allerdings durch züchterische Massnahmen verbessert worden sind, erm öglichen es, dass die Bestän de rasch grösser oder kleiner werden können. Das bedeutet auch, dass die Produktion an Schweinefleisch und Eiern relativ flexibel an die M arkt verhältnisse angepasst werden kann, aber auch, dass es bei diesen Tier arten ziemlich einfach ist, die Produktion quasi industriell aufzuziehen und dam it die herköm mliche Landwirtschaft zu konkurrenzieren. Es ist daher gar nicht einfach, die Grenzen zwischen «gewerblich-industriellen» und durch Aufstockung spezialisierten Betrieben zu ziehen. Gerade klei nere und m ittlere Familienbetriebe sind auf solche Aufstockungen ange wiesen. In Reigoldswil gab es nach der Landwirtschaftszählung 1980 nur 4 Betriebe m it total 114 M utterschweinen und Ebern. Ferkel und M astschweine über 2 M onate alt gab es aber nur 236 Stück. Es werden also viele Ferkel über die Gemeindegrenzen hinaus verkauft. 161

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Die «Gefahr» der gewerblich-industriellen Produktion besteht bei den an deren Tierarten, bei Schafen und Ziegen nicht. Diese sind auf die Boden produktion von Rauhfutter angewiesen und nutzen Naturwiesenflächen, welche von der Topographie her für die Futtergewinnung auch m it Hand arbeit nicht (mehr) geeignet sind. Interessant ist auch die gegenläufige Entwicklung bei Schafen und Ziegen. W ährenddem die Ziegen, deren Hal tung wegen der täglichen Melkarbeit mehr Zeitaufwand erfordert, eher rückläufige Tendenz aufweisen, haben die weniger anspruchsvollen Schafe eher zugenommen. Die Ziegenhaltung war offenbar besonders in den Kriegsjahren wegen ihrer M ilch- und Fleischerzeugung in recht ho hem Kurs. Für das Jahr 1980 standen uns aus der Landwirtschaftszählung auch Zahlen der Kaninchen- und Bienenhaltung zur Verfügung: Kaninchen Besitzer Anzahl Tiere 14 124 Bienenvölker Besitzer Anzahl Völker 11 78UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA B e w irts c h a ftu n g Auf Seite 1 58-161 haben wir eine Übersicht über die Produktionsgrund lagen m it Zusam m enstellungen über Arealverhältnisse und Tierbestände und ihre Entwicklungen seit 1944 gegeben. In diesem Abschnitt m öch ten wir darlegen, wieviel Menschen in den Betrieben tätig waren, das Land bewirtschafteten und Tiere hegten und pflegten. In einer ersten Übersicht, wo es um die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe geht, greifen wir zurück bis zum Jahr 1939. Die Zahlen für die Jahre 1939 und 1955 entnehmen wir dem landwirtschaftlichen Gutachten vom März 19709, welches im Jahr 19 6 9 von der Baudirektion des Kan tons Basel-Landschaft an die Arbeitsgem einschaft beratender Agrono men (AGBA) in Ebikon (LU) in Auftrag gegeben worden ist. Die Zahlen für die Jahre 1965, 1975, und 1980 entnehmen wir Publikationen der Eidgenössischen Zählungen6,8, 10). Zahl der Landwirtschaftsbetriebe Anzahl landw.Betriebe Betriebe von hauptberuflichen Landwirten Betriebe von nebenberuflichen Landwirten 1939 1955 1965 1975 1980 129 117 77 52 52 65 74 29 45 50 22 28 48 21 27 Die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe ist stark zurückgegangen. Man kann aber feststellen, dass die Zahl der hauptberuflich tätigen Landwirte vor allem am Anfang des betrachteten Zeitabschnittes stärker zurückging 162

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als die nebenberuflichen Landwirte. Deren Zahl hat in den Kriegsjahren sogar zugenommen, eine Erscheinung, die auch gesam tschweizerisch festgestellt werden konnte. Die bewirtschaftete Fläche unserer Gemeinde ist in dieser Zeit wegen der Ausdehnung des Baugebietes zwar auch kleiner geworden, aber nicht im gleichen Ausmass. Deshalb hat sich die Fläche pro Betrieb stark vergrös sert. Die nachstehende Tabelle zeigt die Entwicklung der Betriebsgrössen von 1955-1980: Entwicklung der Betriebsgrössen 0 - 1 ha 1 - 5 ha 5 - 10 ha 10 - 20 ha 20 - 50 ha über 50 ha Anzahl Betriebe 1955 1965 1975 1980 25 55 21 - 16 — 117 12 28 15 15 3 1 74 8 18 5 13 5 1 50 7 15 7 9 9 1 48 Z a h l d e r B e trie b e über 10 ha hat sich von 16 im Jahre 1955 nur auf Die UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 19 in den letzten 20 Jahren erhöht. Die starke Reduktion der Anzahl Be triebe betrifft also vor allem die kleineren Betriebe. Vergleicht man die Zahlen der hauptberuflichen Landwirte m it der Zahl der Betriebe in den verschiedenen Betriebsgrössen, kann man feststellen, dass sich im Jahre 1955 offenbar noch Landwirte m it Betrieben unter 5 ha zu den hauptbe ruflich Tätigen gerechnet haben. In den Jahren 1965, 1975 und 1980 ha ben sich nicht einmal mehr alle Landwirte m it Betrieben zwischen 5 und 10 ha zu den hauptberuflich Tätigen gezählt. Beobachtungen aus der Ge genwart zeigen, dass aus vielen Betrieben, die man früher als Haupter werbsbetriebe bezeichnet hat, m itarbeitende Familienglieder noch einem Nebenverdienst (z. T. allerdings nur im W inter) nachgehen. Notwendige Investitionen in Bauten und Maschinen, auch die Ansprüche an den höhe ren Lebensstandard, nicht zuletzt auch eine entsprechend hohe Verschul dung bringen einen grösseren Bedarf an laufenden finanziellen M itteln m it sich. Die Z a h l d e r B e s c h ä ftig te n in den hauptberuflichen Landwirtschaftsbe trieben ist laufend zurückgegangen. Das ist die Folge einerseits der guten Verdienstm öglichkeiten in Industrie und Gewerbebetrieben und anderer seits der M echanisierungsm öglichkeiten im Landwirtschaftsbetrieb selbst. W ir haben im Abschnitt Viehbestand auf den Rückgang der Pferde und die zunehmende Mechanisierung hingewiesen. Immerhin sind dem Rück gang der Arbeitskräfte durch die Vielseitigkeit der Betriebe, oft m it grös seren Obstbaum beständen und auch durch die Topographie, Grenzen ge 163

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setzt. Im Jahre 1980 wurden in 21 hauptberuflichen Landwirtschaftsbe trieben noch 38 ständige m ännliche Arbeitskräfte und 13 Frauen gezählt, neben 40 Männern und 34 Frauen, die gelegentlich ihre Arbeitskraft den insgesam t 48 haupt- und nebenberuflichen Betrieben zur Verfügung stell ten. Über das UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA V e rh ä ltn is v o n E ig e n la n d u n d P a c h tla n d gibt es erst seit der Be triebszählung 19758 für einzelne Gemeinden statistische Zahlen. 19 7 5 wurde eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 470 ha erfasst (siehe Sei te 158). 45 Bodenbenützer bewirtschafteten rund 220 ha als ihr Eigen tum. Das sind 46,8 %, oder pro Eigentümer knapp 5 ha. In die übrige Landfläche von 250 ha teilten sich 37 Bodenbebützer. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Pachtlandfläche von 6,8 ha. Ein Vergleich m it der Betriebszählung 1980 zeigt, dass das Eigentum durch Zukäufe von Selbstbewirtschaftern eine leichte Zunahme aufweisen dürfte, was vom Standpunkt der Landwirtschaft erwünscht ist. D ie B ü rg e rg e m e in d e a ls g rö s s te L a n d e ig e n tü m e rin Das Areal der Bürgergemeinde besteht zu gut drei Vierteln aus W ald, Fel sen, W egen und sog. unproduktivem Land. Aber nicht ganz 100 ha sind landwirtschaftlich nutzbares Land, welches zahlreichen Landwirtschafts betrieben durch Zupacht eine flächenm ässige Vergrösserung und dam it eine erweiterte Existenzgrundlage erm öglicht. Eine Übersicht über das Areal der Bürgergemeinde gibt die nachstehende Zusamm enstellung der Flächenangaben. W ies- und Ackerland W ald Felsen, W ege, unproduktives Land Total 93 ha 08 a 22 m2 278 ha 20 a 07 m2 11 ha 48 a 54 m2 382 ha 76 a 83 m2 Die Pachtverhältnisse des Bürgerlandes mussten immer wieder etwas an gepasst werden. Früher wurden m eist zwei «W eidteile», wie man sie nannte, im Halte von je 18 a durch die Bürger des Dorfes noch selber ge nutzt. Für die Posamenterbauern war diese Landnutzung m it ihrer Klein landwirtschaft eine bedeutsame Existenzgrundlage. Später, als die Heim posamenterei zurückging und immer mehr Leute in Industrie und Gewer be Arbeit und besseren Verdienst fanden, wurden die W eidteile von den Bürgern in Unterpacht an die verbleibenden Bauern im Dorf und auf den Höfen zur Bewirtschaftung gegeben. Schliesslich fand auf freiwilliger Ba sis eine Arrondierung der Areale statt, so dass die schwindende Zahl von Bauern grössere zusammenhängende Flächen besser bewirtschaften konnten. Vor kurzem wurde ein neues «W eidteilreglement» von der Bür gergemeindeversammlung beschlossen. Dieses regelt die direkte Ver pachtung durch die Bürgergemeinde neu und erlaubt die pachtweise Be anspruchung von Bürgerland nur dem Selbstbewirtschafter. 164

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H o fa re a le v o n R e ig o ld s w ilrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Im Gemeindebann von Reigoldswil ergeben die m eist zusam menhän genden Hofareale eine Gesamtfläche von 257 ha 69 a 52 m2. W ir haben die weiter vom Dorf weg liegende Hofareaie in einem Übersichtsplan (Abb. 58) dargestellt. Aus nachstehender Zusam m enstellung können die genauen Flächen entnom m en werden, wie sie als Eigentum zu diesen Höfen gehören. Name des Hofes Nr. gern. Abb. Gesamtareal in Aren W ies- und Ackerland W ald unprod. LandjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 1. M archm att 2. Grien 3. Seileren 4. Zapfholderen 5. W iden 6. Bärsberg 7. Eichen 8. Birchhübel 9. Niestelen 10. Dootsch 11. Gorisen 1 2. Gstad 1 3. Unt. Bütschen 14. Ob. Bütschen 1 5. Neuhof 1 6. Hoggen 1 7. Ob. Grund 1 8. Unt. Grund 1 9. Stöckm att 20. Bürten 21. Gillen 1686.11 936.87 1020.03 1811.96 627.53 1034.01 1178.45 1460.56 1295.79 644.77 3660.38 716.56 888.82 286.56 725.31 1484.48 1057.81 605.52 1397.02 2360.14 890.84 1485.05 882.92 968.04 1629.67 499.77 995.44 784.68 1255.34 1098.85 534.74 2335.67 566.22 670.83 273.35 650.79 1233.84 831.88 507.60 1325.31 2222.59 550.71 183.75 45.97 38.85 161.03 115.67 17.87 347.74 192.08 182.84 102.54 1301.41 141.70 210.85 6.32 66.85 227.52 216.77 93.77 62.96 126.08 299.65 17.31 7.98 13.14 21.26 12.09 20.70 46.03 13.14 14.10 7.49 23.30 8.64 7.14 6.89 7.67 23.12 9.16 4.15 8.75 1 1.47 40.48 Total 25769.52 21303.29 4142.22 324.01 Die von diesen Höfen aus tatsächlich bewirtschafteten Flächen können durch Zupacht grösser oder aber durch Verpachtung auch kleiner sein. So ist zum Beispiel der Neuhof heute kein Landwirtschaftsbetrieb mehr. Im Dorf bzw. am Dorfrand, finden wir zur Zeit nur noch vier Betriebe, wel che Grossvieh halten und als Haupterwerbsbetriebe gelten. W eil auch diese Betriebe als Folge der Rationalisierungsm öglichkeiten durch Land zupacht ihre Existenzbasis vergrössert haben, sind die Verhältnisse in den Ökonomiegebäuden leider laufend schlechter für die Bewirtschaftung und für die Tiere geworden. Bauliche Verbesserungen sind aber an den bestehenden Standorten praktisch nicht möglich. Deshalb müssten neue Standorte im Landwirtschaftsgebiet geprüft werden. Das sind keine leichten Aufgaben und dort, wo sie Lösungen zugeführt werden können, bleibt für die «Aussiedler» eine sehr grosse finanzielle Belastung. Auf den 165

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Aussenhöfen ist die Lage - m indestens was die Platzverhältnisse betrifft - etwas besser. Die finanzielle Belastung ist aber auch dort gross, wenn die Betriebe den neuen Verhältnissen baulich und in der maschinellen Ausrüstung laufend angepasst werden sollten. Die landwirtschaftliche Produktion Nach unseren Darlegungen über die Produktionsgrundlagen und über die Bewirtschaftungsverhältnisse gehen wir der Frage nach, was und wieviel an landwirtschaftlichen Produkten von unseren Landwirtschaftsbetrieben erzeugt werden. Die Antworten auf diese Fragen sind nicht einfach. Es ist nicht nur die Vielzahl von ganz verschiedenen Betrieben, die Mühe m acht, sondern auch die zahlreichen Absatzkanäle, über welche die ver schiedenen Produkte aus den Betrieben in den Handel kommen. Neben der Selbstversorgung der Bauernfamilie und der Abgaben an Verwandte und Bekannte, oft als Entgelt für gelegentliche M ithilfe, wird ein immer grösser werdender Teil der Produktion verm arktet, d. h. an Organisatio nen oder private Händler verkauft. M it Ausnahme von Milch, Getreide, Raps und Zuckerrüben ist der Bauer frei in der W ahl seiner Abnehmer. Der M ilchmarkt ist im Interesse von Landwirtschaft und Konsument straff organisiert. Es gibt - abgesehen von wenigen bewilligten Ausnah men - nur den Absatzweg über die M ilchgenossenschaft und den regio nalen Milchverband. Die M ilchproduktion ist auch für die Landwirtschaft unserer Gegend die wichtigste und vor allem auch eine regelmässige Ein kommensquelle. Sie verdient deshalb und vor allem auch im Interesse der Erhaltung von kleineren und m ittleren Bauernbetrieben den besonderen Schutz des Staates. W eil es für die Milch, die den Landwirtschaftsbetrieb verlässt, nur einen einzigen Absatzweg gibt, können wir über die verkauf te M ilchm enge sehr genaue Angaben machen. Es ist dabei interessant, die Entwicklung der letzten Jahre zu verfolgen. Die Zahlenunterlagen hat uns die M ilchgenossenschaft freundlicherweise zur Verfügung gestellt. W ir haben sie in Abb. 59 graphisch dargestellt. Im Jahre 1965 lieferten 37 M ilchproduzenten 564 645 kg in die Sam mel stelle ab. Im Jahre 1985 waren es noch 15 M ilchproduzenten, welche aber 816 004 kg Milch in die Sammelstelle ihrer Genossenschaft brach ten. Die Graphik zeigt die von Jahr zu Jahr etwas unterschiedlichen Milchmengen. Das ist zum grössten Teil durch witterungsabhängige Schwankungen in Menge und Qualität des Grün- und Dürrfutters bedingt. Die ganze Entwicklung zeigt eine deutliche Zunahme der M ilcheinliefe rungen. Das ist das Ergebnis der züchterischen Verbesserung unserer Kühe, vor allem aber auch die Folge von Qualitätsverbesserungen im Fut terbau, z. B. durch bessere Konservierungsm ethoden (Silagebereitung, Heubelüftung, usw.), aber auch durch den Einsatz von Ergänzungsfutter. W eniger Bauern produzierten auf etwa gleichbleibender Fläche und m it Abb. 58. Übersichtsplan mit den Arealen der Einzelhöfe. Numerierung nach Tabelle Seite 165. 167

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etwa der gleichen Kuhzahl wesentlich mehr Milch. M it der einzelbetriebli chen M engenkontingentierung sind aber die Produktionsm öglichkeiten bei der M ilch beschränkt und nicht wenige Bauern betreiben daher in ver mehrtem Mass Aufzucht und M ast von Rindvieh. Der untere Säulenteil in unserer Graphik zeigt die Entwicklung des sog. Ortsverkaufes, also derjenigen Milchmenge, die im Laden der M ilchgenos senschaft direkt an Konsumenten verkauft wird. Im Jahre 1965 blieben noch etwa 27 % der eingelieferten M ilch für den direkten Konsum im Dorf. In den Jahren 1981/82 waren es nur noch weniger mehr als 4 % ! Die übrige M ilch wird in die zentrale Molkerei nach Basel transportiert, dort als Konsummilch oder zu M ilchprodukten weiterverarbeitet und dem Konsum auf verschiedenen W egen zugeführt. Die Konsum gewohnheiten haben sich stark gewandelt: Man bevorzugt heute mehr verarbeitete M ilchprodukte, wie Past-Milch, Yoghurt usw. und verzichtet mehr und mehr auf Frischmilch, welche ein hervorragendes, vollkom m enes Nah rungsm ittel ist. Abb. 59. M ilcheinlieferungen und Ortsverkauf 1965-1985. Vom Jahr 1983 an konnte der Frischmilchverbrauch am Ort gesteigert werden, indem der im Jahre 1979 erweiterte und zur Selbstbedienung umgebaute Laden der M ilchgenossenschaft an einen tüchtigen M ilch fachmann verpachtet wurde und dieser m it grossem Einsatz eigene 168

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M ilchprodukte herstellt und dafür einen steigenden Anteil Frischmilch braucht. M ilchgenossenschaft und der initiative Pächter des Ladens lei sten dam it einen wertvollen Beitrag an die rationelle M ilchverwertung. Rein theoretisch betrachtet, könnte die von den M itgliedern der M ilchge nossenschaft abgelieferte M ilch die Versorgung einer nichtlandwirt schaftlichen Bevölkerung m it M ilch- und M ilchprodukten von etwa 1800 Personen sicherstellen. Für die ertragsmässig in unseren Betrieben wesentlich ins Gewicht fallen de Fleischproduktion (Grossvieh, Kälber, Schweine) sind Zahlen kaum aufzutreiben. Es gibt zu viele Absatzkanäle. Aus den Bestandeszahlen in den Tabellen S. 159/161 kann man den Schluss ziehen, dass auch die Fleischproduktion angestiegen ist. Im Unterschied zu den genannten Zweigen der viehwirtschaftlichen Pro duktion nehmen die Produkte des Ackerbaues ab. Das geht auch schon aus Tabelle S. 158 hervor, wo wir die Landnutzung nach Hauptkulturen dargestellt haben. Das Klima und das Gelände ist für den Ackerbau nicht besonders geeignet und als Folge der Mechanisierung in der Landwirt schaft werden nur noch die geeigneteren Flächen ackerbaulich genutzt. Unter den Ackerfrüchten hat der Getreidebau den Hauptanteil. Unter den Getreidearten hat der Anbau des weniger anspruchsvollen Futtergetrei des an Bedeutung zugenommen. Der Anbau von Futtergetreide wird vom Bund durch die Ausrichtung von Anbaupräm ien so gefördert, dass er m it dem Brotgetreide wirtschaftlich vergleichbar ist. Ein grosser Teil des Fut tergetreides wird auf den Betrieben selbst verwertet. Von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich, aber auch von Jahr zu Jahr sehr stark schwankend sind die Erträge aus dem Obstbau, vor allem aus dem Kirschenanbau. W eil die Zahl der Arbeitskräfte auf den Bauernbetrieben stark zurückgegangen ist, verliert der arbeitsintensive Kirschenanbau zu nehmend an Bedeutung. Eine für alle sichtbare Folge davon ist ein verän dertes Landschaftsbild, wie es besonders während der Blütezeit der Obstbäume deutlich wird. Anmerkungen 1 Paul Suter und Leo Zehntner, Zur Geschichte der Reigoldswiler Allmend. BHB, Bd. 1, 1942, 219 ff. 2 Peter Suter, Die Einzelhöfe von Baselland. QuF 8, 1969, 153. 3 Landsachen 1774, StAL, Allgemeines II F 13. Berufsarten in Reigoldswil: 5 Bau ern, 8 Tauner, 108 Fabrique arbeither (Heimposamenter). 4 Johannes Kettiger, Landwirtschaftliche Zustände von Basel-Land. Liestal 1857, Neuauflage durch den Armenerziehungsverein Baselland, Sissach 1984. 5 Eidg. Volkswirtschaftsdepartement, Land- und Alpwirtschaftlicher Produktionska taster der Gemeinde Reigoldswil, Aufnahme 1962. 6 Eidg. Statistisches Am t Bern, Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 402, Bern 1967: Eidg. Betriebszählung September 1965. 7 Eidg. Statistisches Am t Bern, Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 421, Bern 1968: Nutztierbestand der Schweiz 1966. 8 Eidg. Statistisches Am t Bern, Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 583, Bern 1976: Eidg. Betriebszählung Juni 1975. 169

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9 Franz Moos und Mitarbeiter, Landwirtschaftliches Gutachten der Regionalplanung beider Basel, bearbeitet im Auftrag der Kant. Baudirektion Baselland, März 1970. 10 Bundesamt für Statistik Bern, Statistische Quellenwerke der Schweiz: Eidg. Landwirtschafts- und Gartenbauzählung 1980. 1 1 Statistisches Am t des Kantons Basel-Landschaft, Statistisches Jahrbuch des Kan tons Basel-Landschaft, 22. Jg. Liestal 1985. Gewerbe und Industrie Alte GewerbeUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D ie M ü h le n Im Zusammenhang m it dem Ackerbau der Dreifelderwirtschaft war für eine Talgemeinde der Betrieb einer Getreidemühle lebensnotwendig. Eine solche wird für Reigoldswil im Jahre 1318 erstm als erwähnt1. In einer Ur kunde bestätigte Graf Volmar von Froburg, dass er von den Rittern Bur chard, W erner und Ulrich von Ramstein 40 Mark Silber entlehnt und hie- für «zwo mülinen, die wir hand (haben) ze Rigoltzwilr und ze Zivenne» verpfändet habe. Die Frage nach dem Standort dieser Mühle kann nicht eindeutig beantwortet werden. Nach dem 1447 bezeugten Flurnamen «im mülital» käme der Ausgang des Äm listälchens in Frage, doch ist auch die günstige Lage unterhalb des Bielstiches in Betracht zu ziehen. In einer weiteren Urkunde des Jahres 1345 werden «die mülinen» ange führt2, so dass man m indestens zwei solcher Anlagen annehmen kann. Etwas vor 1608 erbaute Hans Roth, genannt W eltschhans, eine neue Mühle im Oberbiel, «beim weyer gelegen» (d. h. auf dem Gelände der heutigen W eierm att). Schliesslich verzeichnet der Geometer Georg Fried rich Meyer auf seinen Feldskizzen des Jahres 1681 drei M ühlen3: die heu tige obere und untere Mühle am Dorfbach sowie eine Mühle am Ausgang des Äm listälchens, getrieben von einem «teüch», der von der Hofstetten quelle gespiesen wurde. Im 20. Jahrhundert war die obere Mühle (Besit zer Anton Fischer-W olf) bis 1944, die untere Mühle (Besitzer Robert Hartmann-Jakob) bis 1980 in Tätigkeit. Die Mühle am Äm lisweg muss schon um die W ende des 17./18. Jahrhunderts abgegangen sein. Eine in den letzten Jahrzehnten aufgefüllte künstliche Vertiefung hinter dem letz ten Haus am Äm lisweg weist auf einen ehemaligen, nach 1680 angeleg ten M ühleweiher hin, der vom Äm lisbach gespiesen worden ist. D ie S ä g e n Die bedeutende W aldfläche des W asserfallengebietes erm öglichte es schon in früheren Jahrhunderten, die W asserkraft des Dorfbaches auszu nützen. In den Bereinen von 1447 und 1534 werden zwei Sägen genannt, wovon die eine sich oberhalb der heute noch bestehenden Säge befand. Die Feldskizze von Georg Friedrich Meyer von 1680 verzeichnet die heuti ge Säge m it der Zuleitung des W assers von der Hofstettenquelle her, wo bei der Äm lisbach durchquert und von dessen W assermenge profitiert 170

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wurde. Im Gemeindebuch von Reigoldswil4 finden sich verschiedene Ab machungen m it dem damaligen Säger Jakob Schneider betreffs Säger lohn (1662, 1707). Im 19. Jahrhundert entstanden neben der vorhande nen (m ittleren) eine untere Säge im Unterbiel (1852) und eine obere im Chilchli (1882). Die noch bestehende m ittlere Säge wurde 1957 auf elek trische Kraft um gestellt, ihr Besitzer ist Peter Lipp-Bühler. Die obere Säge (Besitzerin Familie W irz-Berger) stellte 1940 den Betrieb ein, die untere Säge (Besitzer Emil W agner-Frey) 1960.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA H a n fre ib e , S ta m p fe , Ö ltro tte Diese Einrichtungen weisen unter anderen auf einen heute verschwunde nen W irtschaftszweig der früheren Selbstversorgung hin, den Anbau von Flachs und Hanf sowie die Gewinnung von Speiseöl aus Baumnüssen und Mohnsamen. Es handelt sich um Reibmühlen und Stam pf- und Poch werke, die ebenfalls durch ein W asserrad betrieben worden sind. Solche Anlagen werden 1609 bei der Mühle im Äm listälchen, 1666 bei der (m ittleren) Säge und 1692 bei der unteren Mühle erwähnt. Bei der letzte ren war auch eine Öltrotte und eine «Haberdarren» (Vorrichtung zum Dör ren des Hafers)5. Ein Gesuch zur Errichtung einer «Haberdörri» in einem Garten wurde schon 1607 vom Landvogt Rippel zu gunsten eines armen, invaliden Mannes, «der sonst anderst zu arbeiten nit vermag», gestellt6. Ausserdem besassen die (m ittlere) Säge 1819 eine Schleife (zum Schär fen von W erkzeugen aus Eisen) und die untere Mühle 1796 eine Gips mühle (Verwendung von Gipsmehl zu Düngezwecken). D re s c h m a s c h in e im R ü s c h e l Im Jahre 1855 erbaute der Sonnenwirt Friedrich Thommen im Rüschel (heute Rüschel 7) eine W ohnung m it Ökonomie und betrieb dort m it einer Zuleitung vom Rüschelbach eine Dreschm aschine7. Die W asserkraft wur de in den neunziger Jahren vom Stuhlschreiner Kasimir Roth-Joerin und nach ihm in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von seinem Sohne Leo Roth-Schäfer zum Betrieb der W erkstatt verwendet. D ie Z ie g e lh ü tte Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wird in einem Aktenstück der Ziegler Hans Roth ermahnt, bessere Arbeit beim «Ziegeln und Kalchbrennen» zu leisten8. In den Feldskizzen 1681 des Geometers Georg Friedrich Meyer erscheint am Fusse des Ziegelhölzlis neben einem W ohnhaus die Ziegel- hütte9. 1727 wirkte ein Cunrad Dätweiller als «Ziegeler». Sein W ohnort, die «Hütte», lebte bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts als Dorfna me einer Dettwiler-Fam ilie weiter. Um die M itte des 18. Jahrhunderts fan den verschiedene Reparaturen statt und das «fast verfallene» W ohnhaus wurde neu erstellt. Die Ziegelhütte wechselte in der Folge oft ihre Besit zer, war aber in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer noch im Betrieb10. Eine zweite Ziegelbrennerei entstand 1862 auf dem Einzelhof Eichen. Sie bestand einige Jahrzehnte. Ein Nasenziegel m it dem Namens 172

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zug «Samuel Hartmann» in der Historischen Ortssam m lung Reigoldswil erinnert an den damaligen Hofbesitzer und Ziegelbrenner.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA K n o c h e n s ta m p fe u n d S c h n a p s b re n n e re i Die m it W asserkraft (Turbine) betriebene Chnochestam pfi wurde in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts vom oben erwähnten Eichenhof bauer Hartmann erbaut11. M it einem Pochwerk verarbeitete man Tierkno chen zu Knochenmehl, das als Pflanzendünger Verwendung fand. Die Stam pfe war bis 1887 im Betrieb. Das kleine Gebäude diente nachher mehrere Jahrzehnte Basler Pfadfindern als Unterkunft. Seit einiger Zeit hat es der Hofbesitzer der Reigoldswiler Jagdgesellschaft vermietet. Vom Jahre 1888 datiert eine Dampfkesselanlage zum Betrieb einer Brennerei12 auf dem Eichenhof. Das m ächtige dazu gehörende Fabrikkamin war noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorhanden. Anmerkungen 1 ULB 192, 23, vom 9. 6. 1318. 2 ULB 281, 1, vom 10. 11. 1345. 3 StAL Georg Friedrich Meyers Entwürfe, Bd. 1, 200. 4 Ga II 11/2 Gemeindebuch Reigoldswil 1739-1821, irrtümlich als Gescheidsproto koll registriert. 5 StAL, Lehenbriefe W aldenburger Am t 1658-1709, vom 11. 10. 1692. 6 StAL 397, 25, vom Jahre 1607. 7 StAL LL 13, 665, vom 6. 3. 1855. 8 StAL 397, 28, vom Jahre 1612. 9 StAL, Georg Friedrich Meyers Entwürfe, Bd. 1, 199. 10 Hk 1863, Bd. 6, 456. 1 1 Peter Suter, Die Einzelhöfe von Baselland. QuF, Bd. 8, 1969, 92. 12 StAL LL 13, 1613, vom 6. 11. 1888. Die Ladengeschäfte Noch im 19. Jahrhundert hiessen die Inhaber von Kramläden und Hand lungen Krämer (Chreemer). Sie verkauften im allgemeinen Lebensmittel (Zucker, Reis, Gewürze u. a.), gelegentlich auch Schnaps, dessen Aus schank von der Obrigkeit nicht gerne gesehen wurde. Um die W ende des 19. zum 20. Jahrhundert war die Zahl der Krämer bis auf 12 angestiegen. Nach einer Aussage von Hans Grünblatt-Schaub, a. Gemeinderat, gebo ren 1885, waren damals in fast allen Dorfteilen solche Krämerladen: Frau Schneider-Lüscher, Plunijoggi (Plattner), Jönism arti (Schneider), Goggel- chreemer, heute Coop-Laden (Roth), Pauline (Frau Pauline Frey-Keller hals), Post (W eber), W eberheini (Plattner), Schwobdurs (Jenni), Gysin, W eber, Maler (Molerbeck), Jundt (heute Burestübli), Tschudeli (Dettwiler). L a d e n g e s c h ä fte 1 9 8 7 Bäckerei, Lebensmittel Fred Gysin-Siegmann, Dorfplatz 12, seit 1960, 3. Generation Gysin. 173

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Bäckerei Hartmann, Familie Hedwig Hartmann-Schweizer, Mittelbiel 2, seit 1958, Nachkommen von Jakob W eber, Molerbeck, in der 4. Generation. Boutique Anita, Anita Hoffmann-Glaser, Dorfplatz 14, seit 1969. Coop, Filiale Coop Liestal und Umgebung, Unterbiel 3, seit 1906, 1910 Bezug der heu tigen Liegenschaft. Drogerie zur Frenke, Paul Heiniger, Dorfplatz 5, seit 1966. Getränke-Handlung, Anton Abgottspon-Heiniger, Dorfplatz 8 b, Hinterhaus Gasthof z. Sonne, Tonis W ylädeli, seit 1984. Handlung Rebstock, Familie Anton Kaufmann-Tschanz, Lebensmittel und Eisenwaren, Dorfplatz 10, seit 1958. Innendekorationen und Stilmöbel, Alfonso Castiglia-Dürrenberger, Dorfplatz 13, seit 1969. Metzgerei Adolf Brodbeck, Bretzwil, Filiale Reigoldswil, Bretzwilerstrasse 13, seit 1986. Metzgerei zur Sonne, Heinz W ohlgemuth, Dorfplatz 8, seit 1980. Milchzentrale der Milchgenossenschaft Reigoldswil, Milchprodukte und Lebensmittel, Verwalter W alter Meyer, Käsermeister, Dorfplatz 1, seit 1958, Erweiterung durch Ma gazin 1968. Papeterie, Fotoartikel, Zeitschriften und Tabakwaren, August W eber-Bader, Dorfplatz 15, seit 1954, Umbau 1956. Schuhhaus Edith, Edith Ackermann-Probst, Schuhe, Lederwaren und Schirme, Dorf platz 12, seit 1976. Skisportartikel, Leo Dietrich-Meier, Oberbiel 22, seit 1955. Textilgeschäft Verena Regenass-Amsler, Unterbiel 7, seit 1982, gegründet durch Frau Amsler, Mutter der Inhaberin, 1947. Uhren und Bijouterie, Christian W eber-Schneider, Unterbiel 8, seit 1950, vergrössert durch Umbau der Ökonomie 1966. Unterhaltungselektronik, Ladengeschäft der W iedmann-Dettwiler AG, Bretzwilerstras se 8, seit 1976. Von den W irtschaften Am Ende des 16. Jahrhunderts gab es in Reigoldswil zwei W irte: «den by dem wyger und dan einen niden in dem dorff»1. Das W irtshaus zum W iger befand sich in der Nähe der W eierm att im Dorfteil Oberbiel, und das untere W irtshaus ist m it grosser W ahrscheinlichkeit der heutige Gast hof zur Sonne; denn im Jahre 1593 wird ein «Hans Roth, W irt zur Sonnen zue Rigendschweyl» genannt2. In späterer Zeit werden ausserdem W echsel- und M aienwirtschaften erwähnt, zum Beispiel Durs Schneider im Jahre 1692, Heinrich Roth 1819, Hans Jakob Zehntner 1820, Hans Uli Nägelin 1828. Nach m ündlicher Überlieferung sollen auch die in einem Deckenbalken eingebrannten Baselstäbe im Haus Chilchägerten 3 auf eine solche W echsel- oder Nebenwirtschaft hinweisen. Das 19. Jahrhundert brachte m it der Blüte der Heimposamenterei und der Vergrösserung der Einwohnerzahl auch Neugründungen von W irtschaf ten. So wurde zur Zeit der Kantonsgründung an der Bretzwilerstrasse das Gasthaus zum Adler erbaut, das bis in die fünfziger Jahre des 19. Jahr hunderts bestand. Eine Zeitlang wirtete man auch auf den Einzelhöfen 174

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Abb. 62. Gasthof zur Sonne um 1910. Aus dem 16. Jahrhundert stammt wohl die spätgotische Fensterreihe auf der Ostseite, während der vordere, zur Strasse giebelsei tige Bau in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zu datieren ist. Hoggen (1840), Hörnli (um 1840) und Neuhof (1879)3. Am Staacherweg entstand 1850 das Bad, wo 1853 der Badwirt Frei zum Baden, Schräpfen und Aderlässen höflichst einlud4. Am Pfingstm ontag 1853 führte er sogar ein Kegelschieben und bei «gut besetzter Musik» ein Tanzvergnügen durch. Beim Bau der W asserfallenbahn (1874/75) fanden im Bad die Lohnauszahlungen an die Arbeiter statt; das kleine Zimmer, wo dies statt fand, wurde von den späteren Bewohnern immer noch das «Goldstübli» genannt. Das Bad ging in den achtziger Jahren als W irtschaft ein. Das W asser der Badquelle galt anscheinend als heilkräftig; eine 1985 durch geführte Analyse5 hat allerdings ergeben, dass es sich kaum von gewöhn lichem Trinkwasser unterscheidet, aber wegen starker Verschmutzung m it Fäkalbakterien nicht als Trinkwasser verwendet werden darf. Am Dorfplatz (heute Haus Nr. 13) betrieb 1867 der Bäcker Johannes Zehnt- ner einige Jahre eine W irtschaft. Im 20. Jahrhundert bestand von 1918 bis 1952 im Einzelhof Niestelen ein Restaurant6, das, am Baselweg gele gen, gerne von Ausflüglern besucht worden ist.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA W irts c h a fte n 1 8 9 2 7 W irtschaft und Bäckerei: Eugen Jundt-Roth, Restaurant zum Rössli: Ja kob M üller-Stohler (Pferdeposthalter), Gasthaus zur Sonne: Ferdinand 175

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Plattner-Schneider, Restaurant W ittwe Schneider-Frey (heute Rebstock), W irtschaft und Bäckerei Jakob W eber, Molerbeck, W irtschaft zur W asser falle: Frau W eber-Roth, W irtschaft Emil W eber, Posthalter, W irtschaft zum Reifenstein: Otto Zehntner, Küfer.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA W irts c h a fte n 1 9 8 7 R e s ta u ra n t B u re s tü b li, Besitzer W . und D. Allemann-Freiburghaus, Bretz wilerstrasse 15, zur Zeit wegen Renovationsarbeiten geschlossen. Die frühere Bäckerei und W irtschaft Eugen Jundt-Roth kam 1918 in andere Hände und wechselte darauf mehrmals die Besitzer. Beim letzten Eigen tüm er Hans Freiburghaus-Fasler Erweiterung der W irtschaft und Anbau eines W ohnblocks m it Metzgereiladen. C a fé « Im s ü e s s e n E g g e » , Fred Gysin-Siegmann, Dorfplatz 12, seit 1960. Bereits 1907/08 führte sein Grossvater Adolf Gysin-Schneider, dann von 1939 bis 1960 sein Vater Adolf Gysin-Berchtold eine Kaffeewirtschaft. Sie erhielt ihren Namen während der Kriegszeit durch Soldaten des Ter. Bat. 139. Das heutige Café, m it Sgraffito »Tannzapfesuuger» von W alter Eglin, entstand 1947 durch Umbau der ehemaligen Scheune. W irts c h a ft u n d G la c e s tu b e , Familie Hedwig Hartmann-Schweizer, M ittel biel 2. Die frühere Bäckerei und W irtschaft Jakob W eber, «s'Molerbecke», florierte schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie wurde 1947 und 1967 durch Umbauten vergrössert und m odernisiert. R e s ta u ra n t R e b s to c k , Familie Anton Kaufmann-Tschanz, Dorfplatz 10, seit 1958. W irtschaft und Laden wurden um 1874 von Johannes Schneider-Frey erworben und 1897 durch Gustav Schneider, den späte ren Ständerat, weitergeführt. 1912 ging sie an Adolf Breitenstein-W agner und 1950 an Gottfried Guggisberg über. Durch verschiedene Umbauten wurden Laden und W irtschaft erweitert. R e s ta u ra n t R ö s s li, seit 1986 Oliver Twist Pub. Besitzer: M oritz Merz, Pächter: Heinz Zimmermann, Dorfplatz 3. Das frühere Restaurant Rössli war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis 1904 Endstation der Pferdepost Liestal-Reigoldswil. Die Besitzer waren Jakob Müller-Stohler, Pferdeposthalter, und nach ihm Fritz Müller-Baier. Zur Zeit der Neugestal tung des Dorfplatzes (1960) wurden W ohnhaus und Ökonomie abgetra gen und vom damaligen Besitzer W ilhelm Rudin der heutige Neubau er stellt. G a s th o f R y fe n s te in , Roland Tschopp-Bock, Unterbiel 1, seit 1985. Um 1880 befand sich an dieser Stelle die W irtschaft von Fritz Plattner- Stohler, Bote. Vom Jahr 1899 datiert die heutige Liegenschaft, die 1923 von Alfred M oser-Plattner übernommen wurde und später nach dem Standort der Brückenwaage den Namen «zur W aage» erhielt. 1970 er warb die Familie Paul Tschopp-Schäfer das Restaurant, worauf 1971 eine Gesam trenovation erfolgte und der neue Name «Gasthof Ryfenstein» ge wählt wurde. 176

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Besitzerin: Gasthof zur Sonne AG, geführt durch R e s ta u ra n t z u r S o n n e ,rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA A. und S. Bührer, Dorfplatz 8, seit 1980. Erstmals 1593 als «Sonne» er wähnt, doch schon vorher W irtschaft. Hier tagte im 17. und 18. Jahrhun dert das Dorfgericht Reigoldswil-Lauwil. Im 18. Jahrhundert wirkten die W irte zugleich als W undärzte und im 19. und 20. Jahrhundert als M etz ger. Von 1871 bis 1980 war die «Sonne» Familienbesitz der Plattner, die neben der Gastwirtschaft jahrzehntelang eine Fremdenpension und Som m erfrische führten. R e s ta u ra n t z u r W a s s e rfa lle , Familie W alter Simon-Schneeberger, Aemlis- weg 4, seit 1943. Nach den Akten des Staatsarchivs Liestal8 bestand schon um die M itte des 16. Jahrhunderts im Oberbiel ein W irtshaus zum W iger (das heisst beim W eiher, auf der W eierm att), zu dem eine um 1603 erbaute Mühle gehörte9. Als Lokalitäten kommen in Frage das spätgoti sche Haus, Aem lisweg 14, oder die heutige W irtschaft zur W asserfalle. Die Letztgenannte wurde 1690 als Herrenhaus des Gempisgutes erbaut oder um gebaut und dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Restaurant eingerichtet. Anmerkungen 1 StAL 295, 19, vom 12. 2. 1593. 2 StAL 708, 97, vom 6. 7. 1593. 3 StAL, W ein-Akten H IV, vom Jahre 1841 (Hoggen); M itteilungsblatt Nr. 2, 1986 (Neuhof, 1879). 4 Landschäftler vom 14. 5. 1853 (Inserat). 5 Bakteriologische Trinkwasserkontrolle des Kant. Laboratoriums vom 21. 8. 1985. 6 M itteilungsblatt Nr. 5, 1984 (Niestelen). 7 StAL G 2, Verzeichnis der W irtschaften 1892. 8 StAL 397, 11, vom 3. 1. 1600 (Supplication von Hans Roth). 9 StAL 397, 18, vom Jahr 1603 (Mühle von Hans Roth, genannt W eltschhans). Der Reigoldswiler M arkt E rs te r A n la u f Vom «28. Hornung 1803» datiert ein Gesuchen den Regierungsstatthal ter in Basel, unterschrieben vom Präsidenten Hans Jakob Schweizer und den M itgliedern der M unizipalität Reigoldswil, worin «m it einhälliger Ein stim mung einer gantzen ehrsamen Gemeinde» und dem Visum des Un terstatthalters Tschopp in W aldenburg m itgeteilt wird, «dass alljährlich drei Jahrm ärkte in unserer Gemeinde künfftigen Jahres sollten gehalten werden. W elche jeweilen auf nachbestim m te Tage fallen sollen. Nämlich auf den zweyten M ontag nach Ostern, der vierte M ontag im Heumonat und der erste M ontag nach M artini». Das noch ganz im Geist der Helvetik gehaltene Schreiben fand bei der Regierungskommission in Basel kein gutes Echo. Sie hielt es für bedenklich, diesem Begehren zu willfahren, und fügte bei, dass auch die Verwaltungskam m er die «Errichtung m eh 177

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rerer Markt-Plätzen in unserem Canton für den Verkehr» nicht notwendig halte; sie glaube im Gegenteil, «es befinden sich bereits genug dersel ben».UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D e r M a rk t w ird e in g e fü h rt2 Es vergingen volle 38 Jahre - die Zeiten der Restauration, darauf die stru- ben Trennungskämpfe und die ersten Jahre des selbständigen Kantons -, dann regte es sich von neuem im W asserfallendorf. 10 Bürger verlangten in einer Zuschrift vom 10. März 1841 eine Gemeindeversammlung, an der über die Einführung eines M arktes abgestim mt werden sollte. Am 14. März sprachen sich nach einer ausgiebigen Diskussion von 145 anwesen den Bürgern 116 gegenüber 29 für die Einführung aus. Es wurde eine M arktkom m ission gewählt, in der hauptsächlich die W irte vertreten wa ren. Am 30. März 1841 richtete der Gemeinderat auf dem Dienstweg über den Bezirksstatthalter ein entsprechendes Gesuch an den Regie rungsrat. Darin heisst es: «Da nun die grosse Mehrzahl der Bürgerschaft sich ausgesprochen hat, allhier M ärkte abzuhalten, glauben die Unter zeichneten nicht bezweifeln zu sollen, dass Sie in dieses Gesuch eintre ten werden, indem die Lage hierorts und die Bequemlichkeit derselben die schönsten Aussichten darbieten, nam entlich m it Umgebung vieler Ge meinden und Alphöfen, und insbesonders noch weil im ganzen Thaïe an keinem Orte kein M arkt gehalten wird.» In der Rückfrage durch den Be zirksstatthalter sollte der Gemeinderat berichten, wieviel M arkttage sie wünschten. Am 2. April 1841 meldete Gemeindepräsident Nägely: «All jährlich 3 Märkte, nemlich der erste auf künftigen Mey 1841, der zweyte im W einm onat, der dritte im Hornung». Im Am tsblatt vom 8. April 1841 erschien dann eine Anzeige, worin der Regierungsrat die Einführung der M ärkte in Reigoldswil genehmigte. L ic h t- u n d S c h a tte n s e ite n d e s M a rk te s Bei der Einführung der M ärkte hatten vor allem die Gastwirte grosses In teresse bekundet. W ahrscheinlich um den Gegnern der neuen Einrichtung entgegenzukommen, erklärten sie sich 1846 bereit: «Es soll ein jeder Ta- feren W irt (Tavernenwirt) per Jahr 8 Franken, und die Binten (Pintenwirte) im Dorf per Jahr 4 Franken bezahlen und zwar jeden M arkttag ein Dritteil, welcher vom Gemeinderath für die Schulkasse bezogen wird.» Verschie dene Reklamationen beweisen, dass es m it der Bezahlung dieser Taxen etwas haperte. Die Gegner des Marktes benützten diese Gelegenheit zu einer Aktion für die Aufhebung der Märkte. Die Gemeindeversammlung vom 11. Februar 1849 beschloss aber die Beibehaltung der Einrichtung. Im Jahre 1852 setzten 18 Bürger eine erneute Abstim m ung durch m it der Begründung, der M arkt müsse als ein die W ohlfahrt störendes Institut be zeichnet werden; er werde den Einwohnern zum Schaden, weil sie an der Arbeit versäum t würden3. In der Abstim m ung vom 18. April 1852 ent schied sich die Gemeinde aber m it 57 gegen 27 Stim m en für die Beibe haltung des Marktes. Ein Jahr später wurde die Taxe der W irte endgültig aufgehoben, weil «dieselben schon hoch taxiert würden». 178

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Abb. 63. Dorfplatz mit Marktständen am Maimarkt. In den fünfziger Jahren bürgte sich dann der sogenannte «Nachmarkt» ein, indem die jeweils am M ontag stattfindenden M ärkte um einen Tag verlängert wurden. Die Neuerung hielt aber nicht lange an. M it der Be gründung, dass «durch die Jahrm ärkte unserer Gemeinde in mehreren Beziehungen nur Schaden erwächst», verzichtete die Gemeindever sammlung vom 2. Dezember 1860 auf die Nachm ärkte4. Man begnügte sich in den folgenden Jahrzehnten m it je einem M arkttag am Fasnachts montag, am dritten M ontag im Mai (Maiemäret) und am ersten M ontag im Oktober (Herbschtmäret). Etwas vor 19325 fiel wegen mangelnder Frequenz auch der M arkt am Fasnachtsmontag aus, und dieser wurde in den folgenden Jahren nicht mehr abgehalten. Indessen wird in den M arktverzeichnissen der verschiedenen Kalender erstmals 1939 am Sonntag vor dem Herbstm arkt ein «Kilbi und W arenmarkt» angeführt. Aber schon vorher hatte sich die Gewohnheit ergeben, dass Schausteller ihre Darbietungen (Rösslirytti, Schiffsschaukel, Schiessbuden) jeden Sonntag vor den M arkttagen in Betrieb setzten. Die M ärkte hatten gute und schlechte Zeiten. W irtschaftskrisen und Re genwetter wirkten sich auf den Publikumsbesuch aus. Die nachfolgende Anekdote6 illustriert einen «mageren» Herbschtm äret zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Der M äret z Reigetschwyl het schynts früejer nit grad floriert. Einisch isch ame Herbschtm äret e Dorforiginal m it ere brennige Stallatärne um- mezoge wie synerzyt der Sokrates z Athen. Und wem m en en gfrogt het, 179

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was Chaibs as er do miech, het er gsait, er suech der Reigetschwyler Herbschtm äret. (E chleine Underschid zum Sokrates hets aber: Dä haig m it syner Latärne nit e Märet, aber M öntsche gsuecht !)UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D e r M a rk t h e u te Nachdem in den letzten Jahrzehnten die Reigoldswiler M ärkte jeweils am Sonntag und M ontag stattgefunden hatten, ging man seit 1979 auf Samstag und Sonntag über7. Die Verschiebung wirkte sich günstig aus: Der freie Samstag für Arbeitnehm er bringt mehr Besucher, und am Sonn tag als Schlusspunkt des M arktes belebt (besonders bei gutem W etter) eine grosse Volksmenge den W arenm arkt m it seinen 60-708 M arktstän den und den Rummelplatz. Für den M arkt eignet sich der neugeschaffene Dorfplatz vorzüglich, und die Schausteller schätzen auch den nahe gele genen Platz beim Gemeindezentrum. Anmerkungen 1 StAL 398,261. 2 Ga II 1/3 PrG 1841/51, 6-9; StAL Handel und Gewerbe G 2 (Korrespondenz betr. Einführung der Märkte). 3 Ga II 1/4 PrG 1851/59, 68 f. 4 StAL Handel und Gewerbe G 2 (Schreiben der Gemeinde an den Bezirksstatthalter vom 16. 12. 1860). 5 Ga Marktreglement vom 21. 9. 1927. Hier werden noch 3 Märkte angeführt, im Marktverzeichnis eines Kalenders von 1932 nur noch 2. Eine entsprechende Eintra gung im PrG und PrGr war nicht aufzufinden. 6 Eduard Strübin und Paul Suter, No ne Hampfle Müschterli. BHBI, Bd. 10, 1982, 146 f. 7 Ga Marktreglement der Gemeinde Reigoldswil vom 23. 12. 1978. 8 Hk 1863, 456 (Für 1863 werden 30-40 Marktstände angegeben). Die frühere Posamenterei W ährend beinahe drei Jahrhunderten war Reigoldswil - scherzhafterwei se gelegentlich «Bändeliwil» genannt1 - ein wichtiger Standort der Heim posamenterei. In verschiedenen Kapiteln unserer Heimatkunde wurden die Ausstrahlungen dieser verschwundenen Industrie aufgezeigt; an die ser Stelle m öchten wir in einem kurzen Rückblick2 die für unser Dorf cha rakteristische Zeitepoche darstellen. U rs p ru n g u n d E n tw ic k lu n g Die Bandweberei geht in der Stadt und Landschaft Basel bis ins 16. Jahr hundert zurück. Glaubensflüchtlinge aus Frankreich und Italien brachten die Seidenbranche nach Basel. Dort wurde sie erst handwerkmässig be trieben, dann aber bauten Handelsherren und Fabrikanten ein Verlags system auf und liessen frem de Aufenthalter und Einheimische auch auf der Landschaft arbeiten. Anfänglich wurde auf einfachen Stühlen oder 180

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Schemeln jedes Band einzeln gewoben. Durch die Einführung der Kunst stühle oder Bandmühlen um die M itte des 17. Jahrhunderts konnte man 16 Bänder in einem Arbeitsgang anfertigen. Zahlen über die Verbreitung der Bandstühle im 17. Jahrhundert sind aus den schriftlichen Quellen nicht ersichtlich, doch nach einem Brief des Obervogts auf W aldenburg «ernähren solche viele Menschen auf der Landschaft», und besonders das Am t W aldenburg war ein bevorzugtes Gebiet für die Heimarbeit. Vom 18. Jahrhundert liegen genaue Erhebungen vor, wonach 1754 auf der Landschaft Basel 1238 W ebstühle standen, davon 130 in Reigoldswil. 1790 waren es bereits 190 bei 188 Haushaltungen in diesem Dorfe. Im 19. Jahrhundert nahmen Bevölkerung und Zahl der W ebstühle noch mehr zu: 1856 1270 Einwohner 306 W ebstühle, 1908 1298 Einwohner 318 W ebstühle. Das M axim um wurde im Jahr 1913 m it 361 W ebstühlen er reicht. Im 19. Jahrhundert erfolgten mehrere Verbesserungen der W eb technik: Jacquärdtli (Lochkarten-Automat), Sägerlade, Doppellade. M an che dieser Neuerungen sind geschickten Baselbieter Stuhlschreinern zu verdanken.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA « H e e re u n d M e is c h te r» sind die Bezeichnungen für die Exponenten der Hausindustrie der Seiden bandweberei, die nach dem Fachausdruck Passementerie (Bortenwirke rei) auch Posamenterei genannt wird. Nach dem Verlagssystem befanden sich die Fabrikanten m it ihren Kontoren in der Stadt, die Bandweber (Po samenter), von den Fabrikanten als «Meister» angesprochen, auf dem Lande. Als Arbeitsräum e dienten die geräumigen, hellen W ohnstuben. Die W ebstühle waren meistens Eigentum der Fabrikanten, in wenigen Fällen gehörten sie den Posamentern, zum Beispiel in Reigoldswil 1754 21 von 130 W ebstühlen. Als Zwischenglied am teten die Visiteure, auch Ausläu fer genannt. Sie besuchten die Posamenter regelmässig und sahen zum rechten, wenn an der Einrichtung oder beim W eben etwas nicht in Ord nung war. In Reigoldswil wirkten in den letzten Jahrzehnten Emil Dettwiler-Bader, Johann Rudin-Roth und Fritz W eber-Kupferschmied als Visiteure. Ausserdem arbeiteten in verschiedenen Ortschaften Stuhl schreiner, die auf Rechnung der Fabrikanten neue Posamentstühle anfer tigten oder Reparaturen an bestehenden Stühlen besorgten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bestanden in Reigoldswil drei solche W erkstätten: Augst Frey-Plattner, Kasimir Roth-Jörin und Karl Schneider-Plattner. Für den Transport der Rohstoffe und der Fertigwaren sorgten besondere Fuhr- halter, die Boten (d Botte). Zweimal in der W oche fuhren sie nach Basel, übernahmen auch die Spedition von anderen W aren und von Kleinvieh. Die letzten Boten in Reigoldswil waren Fritz Plattner (Bild 65), Johann Grünblatt und Emil Frey. A rb e it u n d V e rd ie n s t Für die Bevölkerung des oberen Baselbiets bedeutete die Posamenterei eine willkom m ene Arbeitsbeschaffung. Vorherrschend war die Kombina tion der Heim industrie m it dem Kleinbetrieb der Landwirtschaft, was in 181

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Abb. 64. Posamenterstube der Elisabeth Roth im Rüschel. 1929. Stube m it schönem Fayenceofen, Schlagstuhl, Stabelle, auf der Kunst Zündholzstein, auf dem Ofen Glätt eisen. der scherzhaften Redensart «pasiburen und -mänte» zum Ausdruck kom mt. Zu Zeiten der Hochkonjunktur wurde der Landbau durch die Posamenter stark vernachlässigt; in Krisenzeiten trat er dann wieder in Vordergrund. Über die Arbeitszeit der Posamenter lagen bis weit ins 19. Jahrhundert keine Vorschriften vor; es gab Zeiten, da der Posamentstuhl nie Stillstand, indem Mann und Frau sich in der Tag- und Nachtschicht ablösten. Im er sten Fabrikgesetz von 1848 wurde die Arbeit in den Bandfabriken auf täg lich 12% Stunden festgelegt, während für die Heimposamenter noch 1908 15 Arbeitsstunden üblich waren. Gearbeitet wurde im Akkordlohn, wobei man das Herrichten des Stuhls (Auf- und Abmachen einer Rech nung) nicht besonders entschädigte. Ferner hatte der Posamenter für den Botenlohn und die Stuhlm iete Abzüge zu leiden. Nach einer Darstellung von 1797 verblieb ihm ein Netto-W ochenlohn von durchschnittlich 16 Batzen. Um 1830 verdiente ein Bandfabrikarbeiter in der Stadt 5 bis 7 Franken wöchentlich, ein Heim posamenter auf der Landschaft 3 bis 4 Franken. 1906 errechnete man für Heim posamenter einen m ittleren Tag lohn von Fr. 3.43 oder einen Jahrlohn von etwas mehr als 1000 Fran ken. In den letztgenannten Ansätzen wirkte sich die Elektrifizierung (in Reigoldswil 1903) aus; die vordem von Hand betriebenen Stühle wurden durch einen Elektrom otor angetrieben. Die Arbeit wurde nun sehr erleich tert und der Posamentstuhl leistete mehr; auf der anderen Seite aber drückte die Einführung von Doppelläufern auf den Lohn, auch die Installa tion des M otors und die Strom kosten hatte der Posamenter zu berappen. 182

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Abb. 65. Botenwagen aus Reigoldswil. W andbild von Otto Plattner im «Bottestübli» des Gasthofs zum Engel in Liestal. Recht früh kam es schon zu Schutzm assnahm en in Krisenzeiten. Von 1789 bis 1797 äufneten die Fabrikanten aus einem Lohnabzug von 1,7 % eine Hilfskasse für verarmte Posamenter. Auf Verlangen von Posamenter vertretern der Basler Nationalversam m lung wurde diese im Revolutions jahr 1798 aufgehoben und der Fonds von 121 180 Franken an die 2500 Posamenter der Landschaft zurückbezahlt. Eine Selbsthilfeorganisation der Landposamenter entstand 1904 im Zusammenhang m it der Einfüh rung der elektrischen Kraft. Es war der Posamenterverband Baselland. Er führte seit 1907 ein eigenes Organ, das m onatlich zweim al erscheinende Fachblatt «Der Posamenter», begab sich aber 1917 auf das Glatteis, in dem er die Selbstfabrikation einführte, die 1921 m it einem grossen Ver lust liquidiert werden musste. Jeder Genossenschafter hatte damals 200 Franken zu bezahlen, dam it das Defizit gedeckt werden konnte. Trotz der eher kargen Entlohnung der Heim posamenter brachten es viele zu einem bescheidenen W ohlstand. In Reigoldswil entstanden zahlreiche Ein- und Zweifam ilienhäuser m it Ökonomiegebäuden. Die Ersparnisse wurden auch zum Ankauf von Land verwendet, oder man legte Geld in einer Sparkasse zinstragend an.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA R ü c k g a n g u n d E n d e d e r H e im p o s a m e n te re i Nach dem 1. W eltkrieg führten die Zollschranken der Nachbarländer, dann die Änderungen der Damenmode und schliesslich die allgemeine W irtschaftskrise zu einem starken Rückgang der einst blühenden Heimin 183

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dustrie. Nach dem Höchststand des Jahres 1913 m it 361 W ebstühlen in Reigoldswil waren 1925 273, 1935 160, 1945 75, 1955 50, 1965 37, 1977 noch 2 W ebstühle3. 1977 wurde der letzte Posamentstuhl in Rei goldswil stillgelegt. 1982 stellte Eduard Strübin in den «Baselbieter Hei m atblättern» die drei letzten Heimposamenterinnen des Kantons vor4, 2 über 80 Jahre alte Posamenterinnen in Ziefen und eine 59 jährige Posa- menterin in Gelterkinden. Die Bandindustrie ist indessen nicht verschwunden. In Ziefen arbeitet die Firma Senn und Cie. m it modernen Nadel-Automaten; sie bedient den schweizerischen M arkt an Industrie- und Dekorationsbändern und expor tiert trotz ausländischer Konkurrenz m it Erfolg. Zur Erinnerung an die einst blühende Heim industrie in Reigoldswil wurde der Schlagstuhl des Posamenters Ernst W alliser-Roth, 1885-1977, im Heimatmuseum auf Feld aufgestellt; einen weiteren Posamentstuhl hat Schreinerm eister Ernst Probst in seinem Haus instandgestellt. In den Jah ren 1986/87 finden sogar unter Anleitung eines W ebermeisters der Firma Senn und Cie. W ebkurse statt, dam it der Posamentstuhl auf Feld ord nungsgemäss in Betrieb gesetzt werden kann.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA V o lk s k u n d lic h e s Die abwechslungsreiche Arbeit des Posamenters, an der Mann und Frau, aber auch die Kinder m it «Spüeli mache» teilnahm en, hatte auch ihre schönen Seiten. Die Familie blieb beieinander; in den grossen W erken ver tauschte man die Arbeit am W ebstuhl m it der gesunden Landarbeit, auch der Stall musste besorgt werden. Fleissig wurde gesungen, so sollen die Reigoldswiler ihr kräftigen Stim m en beim Übertönen des W ebstuhllärm s geschult haben. Manche Redensarten und Spässe über das Posamenten gingen um, und es fehlte nicht an schönen Berufsliedern5. Abschliessend eine Probe aus dem Gedicht «Posamenter auf dem Land» von W ilhelm Senn, 1845-1895, Sekundarlehrer und Dichter des Baselbieterliedes. Er schildert in zwei Teilen «die gute und die böse Zeit». Von den beiden sechsstrophigen Gedichten (vertont von W ilhelm Schaub) nachfolgend die zwei ersten Strophen. Die gute Zeit 184 Mir Pasimänter vom Land, holioh ! Mir füeren e Labe, s chönnt besser nit goh; Mir schaffe vom Morge, eb d Sunne lacht, und göhn nit vo der Arbet bis spot in der Nacht. Mer löse die Fäde und schwinge der Baum und singe derzue, das lauft wie im Traum Ganz luschtig, ganz luschtig, s chönnt besser nit goh: Holioh ! Mir Pasimänter vom Land, holioh! Mir schaffe und wäbe und leue nit no. Sobald as mer abhai, so gits wider Gäld. Und schafft denn um das nit die ganzi W alt? Die Schiffli, si fliege, si hai ne kei Rueh, Und vo der Lade rüefe sis zue: «S git Batze, s git Batze!» Drum leu mer nit no: Holioh !

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Die böse Zeit Mir Pasimänter vom Land, o jeh, Mir hai kei Verdienscht, kei Arbet meh, Im ganze Dörfli isch alles so still, Und keine weiss rächt, was er schaffe will. Und ghört me bi eim none W äbstuel goh, So loost me und blybt vor sym Hüsli stoh Und dankt: Du hesch au bald kei Arbet meh. O jeh ! Mir Pasimänter vom Land, o jeh, W o selle mer jetze au s Gäld här neh ? Der Chremer wett zahlt sy, und d Chinder wai Brot. W ahrhaftig, es git none grüsligi Not. W är weiss, wozue is da Stillstand zwingt, W enn hütte der Bott keini Zettel bringt! W o wette mer süscht au Gäld här neh? O jeh ! Anmerkungen 1 Die W acht zu Bändeliwil, ein alter Kunststreit. Feuilleton in der Basellandschaftli chen Zeitung. Nr. 34, 41, 44 1906. 2 Benützte W erke über die Seidenbandweberei in Stadt und Landschaft Basel: Emil Thürkauf, Verlag und Heimarbeit in der Basler Seidenbandindustrie. Stuttgart 1909. Paul Fink, Geschichte der Basler Bandindustrie 1550-1800. Basler Beiträge zur Ge schichtswissenschaft, Bd. 147, Basel 1983. Fritz Grieder, Glanz und Niedergang der Baselbieter Heimposamenterei im 19. und 20. Jahrhundert. QuF Bd. 25, Liestal 1985. 3 Diese Zahlen aus den Geschäftsberichten der Elektra Reigoldswil, 1915-1977. 4 Eduard Strübin, Bei den drei letzten Baselbieter Heimposamenterinnen. BHBI, Bd. 10, 1982, 189 ff. 5 Paul Suter, Die letzten Heimposamenter. Altes Handwerk, Heft 43, Basel 1978, 20 ff. (Die Posamenterei in der Literatur). 185

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Handwerkliche und gewerbliche Betriebe, Dienstleistungen 1987 Abt Elektronik, Andreas Abt-Werner, Elektroingenieur HTL, Unterbiel 13. Planung, Ent wicklung und Fabrikation elektronischer Steuerungen für die Industrie, seit 1974, 2 Beschäftigte. Architekturbüro Rolf Gehrig-Schaub, Rüschelmatten 11, seit 1983, 2 Beschäftigte. Architekturbüro Kurt Roth-Dettwiler, Unterbiel 5, seit 1963, 2 Beschäftigte. Automobilgenossenschaft Reigoldswil (AGR), Meiermatt, Ziefenstrasse 5, Konzessio nierter Kursbetrieb, Gesellschaftsfahrten, Kehricht-, Klärschlamm- und Kadaverabfuhr, Autoreparatur-W erkstatt, Garage, VW /AUDI-Vertretung, 1945 gegründet, seit 1971 im Neubau Meiermatt. Beschäftigte: 25 Angestellte und 11 Aushilfen. Bach-Garage Mario Pittaro, Seewenstrasse 2, seit 1983, 1 Beschäftigter. Bäckerei Fred Gysin-Siegmann, Dorfplatz 12, seit 1960, 5 Beschäftigte. Bäckerei Familie Hartmann, Mittelbiel 2, seit 1958, 2 Beschäftigte. Basellandschaftliche Kantonalbank, Agentur Reigoldswil, Dorfplatz 2, seit 1875 Ein nehmerei, etwas später Ortskasse, seit 1968 Agentur im neuen Bankgebäude, 2 Be schäftigte. Bau- und Möbelschreinerei, Sarglager und Leichentransporte Hermann Zehntner-Hug, Unterbiel 33, seit 1951, 1 Beschäftigter. Bauernmalerei, Restaurationen John Brun-Müller, Aemlisweg 18, seit 1972, 1 Beschäf tigter. Brennstoffe und Transporte Hans Frey-Kiumpp, Bretzwilerstrasse 27, seit 1960, 1965 Bezug der neuen Liegenschaft, 2 Beschäftigte. Bauunternehmung Hanspeter Feldner und Fabio Candolfi, Baselweg 7, seit 1984, 2 Beschäftigte. Cheminee- und Ofenbau W ilhelm Hoffmann-Glaser, Dorfplatz 14, seit 1963, 3 Be schäftigte. Coiffeur Fritz Dietrich-Nägelin, Unterbiel 50, seit 1945, 1 Beschäftigter. Coiffeursalon AugustW eber-Bader, Dorfplatz 15, seit 1954, 1 Beschäftigter. Damensalon Ruth Dettwiler-Bitterlin, Unterbiel 23, seit 1968, 1 Beschäftigte. Damensalon Brigitte Sutter-Renz, Fürstenbergweg 5, seit 1981, 1 Beschäftigte. Damensalon Erika, Verena Tschopp-Rudin, Dorfplatz 15, seit 1954, 3 Beschäftigte. Gartenbau AG Zehntner, Unterbiel 36, gegründet 1952 durch Heinrich Zehntner, seit 1981 weitergeführt von Christoph und Suse Zehntner-Gillmann, 13 Beschäftigte. Geflügelzuchtbetrieb Alfred Dettwiler-Gloth, Schmidtengasse 6, 1949 gegründet durch Erwin Dettwiler-Thommen, 1964 übernommen, 2 Beschäftigte. Huf- und Fahrzeugschmiede Thomas Dettwiler, Dorfplatz 16, seit 1980, 2 Beschäf tigte. Kaminfegermeister Kurt Nef-Bacher, Bolstelmatte 5, seit 1981, 3 Beschäftigte. Maleratelier W erner Flückiger, Grundgasse 1, seit 1977, 1 Beschäftigter. Malergeschäft Paul Nägelin-Schweizer, Oberbiel 18, seit 1946, Umbauten 1951 und 1962, 4 Beschäftigte. Pediküre Esther W eber, Rüschelgasse 9, seit 1987, 1 Beschäftigte. Physiotherapeutin Astrid Plattner-Gisin, Schulweg 8, seit 1985. Regionales Alters- und Pflegeheim Moosmatt, Oberbiel 27. Erbaut durch den Gemein nützigen Verein für ein Alters- und Pflegeheim sowie Alterswohnungen Reigoldswil und Umgebung (Gemeinden Arboldswil, Bretzwil, Lauwil, Reigoldswil, Titterten und Ziefen), eröffnet 1982. Heimleiter: Samuel Schweizer, Titterten, Ende 1986 16 Ange stellte im Vollamt, 29 im Teilzeitpensum. Ende 1986 16 Pensionäre, 45 Patienten, aus Reigoldswil 18 Insassen. 186

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Reklameatelier Ernst Schafroth-Erni, Bolstelmatte 8, seit 1984, 1 Beschäftigter. Rewefa AG, W illy Lanz-Anderset, Liz. rer. pol., Baselweg 4, Handel mit W erkzeugma schinen, seit 1981, 1 Beschäftigter. Rigold, W erkzeugschleiferei-Service, Toni Fritschi, Unterbiel 88. Gegründet 1957 durch seinen Vater Hans Fritschi-Bürgin, durch Anbau erweitert 1961, 1978 vom heu tigen Besitzer übernommen, 3 Beschäftigte. Sägerei und Holzhandlung Peter Lipp-Bühler, Oberbiel 5, gegründet 1912 durch seinen Grossvater Paul Rudin-Dettwiler, übernommen 1975, 2 Beschäftigte. Sattler- und Tapezierermeister W alter Schneider-Tschudi, Bachgasse 7. Sattlerei, Bett waren, Polstermöbel und Bodenbeläge. Seit 1939, 1945 Umbau der Oekonomie in W erkstatt und Ausstellungsraum, 1 Beschäftigter. Schärf-Service für Schreinerwerkzeuge Oskar Schällibaum-Aegier, dipi. Tiefbautechni ker, Rüschelmatten 5, seit 1978, 1 Beschäftigter. Schreinerei und Möbelhandel Ernst Probst-Zehntner, Seewenstrasse 6, m it Ausstel lungsraum Dorfplatz 7, seit 1965, 1976 Bezug der neuen W erkstatt, 6 Beschäftigte. Schreinerei W erner Schweizer, Rüschel 17, seit 1979, 6 Beschäftigte. Sozialtherapeutischer Verein Adlenberg, Unterbiel 62, Ruth und W erner Meyer-Dietler, seit 1977, 2 Beschäftigte, 4 Patienten. Spenglerei und Installationen Max Frey und Co., Bachgasse 1, Spenglerei, Sanitärische Anlagen, Blitzschutzanlagen, Kunststoffbedachungen, seit 1946, Vergrösserung der W erkstatt 1956, 3 Beschäftigte. Spenglerei, sanitärische Anlagen Anton Stalder-Rathgeb. Hörnli, Bretzwilerstrasse 43, seit 1964, 1 Beschäftigter. Tanko Robert Tschopp-W alliser und Bruno Jutzi-Tschopp, Seewenstrasse 4, Tankrevi sionen und Schlosserei, seit 1973, W erkstatt erbaut 1978, erweitert 1983, 6 Beschäf tigte. Therapeutische Gemeinschaft Kleine Marchmatt, seit 1984, 5 Beschäftigte, 8 Patien ten. Velos Christoph Schneider, Staacherweg 2, Verkauf von Schweizer Sporträdern, seit 1983, 1 Beschäftigter. Zimmerei und Schreinerei Max Schönthal, Chesiweg 10, seit 1934, Umbau der W erk statt 19, 1 Beschäftigter. Quellen Erhebungen bei den einzelnen Betrieben Jahresbericht des Alters- und Pflegeheim Moosmatt 1982 ff. Jahresbericht 1986 des Sozialtherapeutischen Vereins Adlenberg und der Therapeuti schen Gemeinschaft Kleine Marchmatt. Die Industrien Als das Städtchen W aldenburg in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhun derts die Uhrenfabrikation einführte, traten auch einige Jünglinge aus Rei goldswil m it Unterstützung der Gemeinde eine Lehre im W elschland an1. In den folgenden Jahren arbeiteten dann mehrere Uhrmacher im Dorfe selbst in einem Anbau der W irtschaft Jundt-Roth und im Laubenstübli des Hauses zum Reifenstein2. 187

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Im Jahre 1856 erwarb die Basler Bandfabrik Sulger und Stückelberger die Konzession zum Bau einer Fabrik in den Bachm atten m it Verwendung der W asserkraft der Hinteren Frenke3. Aber schon ein Vierteljahr später «ab strahierte die genannte Firma von dem Plane» und schenkte als Gegenlei stung der Armenkasse einen Beitrag von 50 Franken. Etwas später, 1892, schlossen die Uhrmacher Gebr. Buser und Berger aus Niederdorf m it der Gemeinde Reigoldswil einen Vertrag über die Er richtung einer Uhrenfabrik von 100 bis 150 Arbeitern ab, ebenfalls unter Ausnützung der W asserkraft. Die Bürgergemeinde wollte das benötigte Bauholz gratis liefern, und die Einwohnergemeinde beschloss, einen Kre dit von 50 000 Franken zu gewähren. Bald nachher aber trat die Bauherr schaft von dem Vertrag zurück und offerierte der Gemeinde eine Entschä digung von 500 Fr. für die entstandenen Unkosten4. Die gleiche Firma, nun Buser und Co. geheissen, fasste dann um die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts doch noch Fuss in Reigoldswil, indem sie in zwei ge m ieteten Ateliers (Oberstock der Konsumfiliale und Fabrikgebäude von Friedrich Blaser-Plüss) tätig war. Von 1928 bis 1947 arbeitete sie dann in einer umgebauten Liegenschaft bei der Schm idtenbrücke und schliesslich von 1947 bis 1983 in einem neu erstellten Fabrikgebäude an der Titter- tenstrasse. Sie beschäftigte eine Zeitlang 47, zuletzt noch 15 Arbeits kräfte5. Im Jahre 1906 erbaute die bekannte Uhrenfabrik Thommen AG W aldenburg im Oberbiel ein Uhrenatelier, das aber schon nach zwei Jah ren aufgegeben wurde. Das Gebäude ging 1910 an die Firma Klaus in Biel über, die ein Atelier für Pierristen (Uhrensteinschleifer) eröffnete. 1920 übernahm der damalige Chef dieser Branche, Friedrich Blaser-Plüss, den Betrieb auf eigene Rechnung. Er beschäftigte zu jener Zeit 45 bis 50 Ar beitskräfte. Als die W irtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre einsetzte, wurde ein Teil des Ateliers verm ietet (Buser und Co., dann Alfred Murait). Von 1955 bis 1971 führte der Sohn W erner Blaser-Haas die Uhrenstein schleiferei m it 15 Beschäftigten weiter, worauf das Gebäude zu W ohn zwecken um gebaut wurde6. In die Zeit des Niederganges der Heimposamenterei fällt die Tätigkeit des vom damaligen Gemeindepräsidenten Dr. Leo Zehntner angeregten Ver eins für Handarbeit7, der von 1928 bis 1936 mehreren Frauen und Töch tern Arbeit und einen bescheidenen Verdienst verschaffte. Unter Anlei tung der Arbeitslehrerin Adeline Schwander, später von Paula Schäfer, nähten sie zu Hause und in einem Lokal in der «Hinterschule» Herrenhem den, die anfänglich vom Ladengeschäft Conrad in Basel, dann von der Fir ma Probax AG in Liestal und zuletzt vom Verband Schweiz. Konsumverei ne übernommen wurden. Die Produktion belief sich in guten Jahren auf 6000 Stück jährlich bei einer Lohnsumme von über 6000 Franken. Als die Aufträge zurückgingen und schliesslich infolge M odewechsels (Polo hemden) ganz ausfielen, schritt man zur Liquidation und übergab 1951 das vorhandene Inventar (Nähmaschinen, Zuschneide- und Knopflochap parate) sam t dem kleinen Barvermögen der hauswirtschaftlichen Fortbil dungsschule Reigoldswil. Als in den Nachkriegsjahren nach 1945 die wirtschaftliche Hochkonjunk tur einsetzte, kam es in Reigoldswil zu verschiedenen industriellen Neu- 188

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gründungen. Im Jahre 1946 erstellte die Schuhfabrik Bally AG Schönen werd auf der M oosm att eine Fabrik, wo Schuhschäfte genäht wurden. Die Fabrikation dauerte bis 19738; unter der Leitung von Max Bieder mann-Beer wurden im Durchschnitt 30 Arbeitskräfte beschäftigt. Das leerstehende Gebäude diente nachher eine Zeitlang als Magazin. Um 1980 wurde es abgetragen; an seiner Stelle steht seit 1982 das regionale Alters- und Pflegeheim M oosm att. 1948 erbaute die Bandfabrik Schöler und Co. an der Tittertenstrasse eine kleinere Bandfabrik, die bis 1969 10 bis 12 Posamenter beschäftigte. Als W eberm eister wirkten Hans Börlin-W alliser, später Hans Dietrich-Schaad. Schliesslich entstand 1957 unterhalb des Schulhauses eine Niederlas sung der Rego-Uhrenfabrik R. Lapanouse AG in Bubendorf. Daselbst ar beiteten unter Leitung von Emil Tschopp-Plattner bis 1975 ca. 20 Uhrm a cherinnen und Uhrm acher9.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA In d u s trie n 1 9 8 7 Nach dem Rückgang der Bandweberei und der Uhrenindustrie haben sich die heutigen Industrien der Feinmechanik und der Elektronik zugewandt, wobei in verschiedenen Fällen vorhandene Arbeitsräum e benutzt werden. Als einzige bodengebundene Industrie ist ein Steinbruchbetrieb zu er wähnen, der auch die Zem entwaren- und Kunststeinfabrikation erm ög licht hat. Edriro Präzisions-Drehteile Gebr. Edgar und Richard Gentsch, Ziefenstras se 1. Seit 1980 in Reigoldswil, zuerst Rüschel 21, seit 1986 im neuerbau ten Fabrikgebäude, 4 Beschäftigte. Elektro Degen AG, gegründet 1963 von Kurt Degen-Rudin, dipi. Elektroin stallateur, Tittertenstrasse 2. Elektro-Installationen und Haushalt-Fachge schäft, erweitert 1970/71, 27 Beschäftigte, einschliesslich zweites La dengeschäft in W aldenburg. Elektromechanische W erkstätte Gottlieb Zehntner-Schneider, Titterten strasse 23. Allgem eine Präzisionsmechanik, elektrische und elektroni sche M aschinensteuerungen, Färb- und Glanzmessgeräte. Seit 1966, 1970 Bezug und Kauf des Fabrikgebäudes der Schöler und Co., 9 Be schäftigte. M icrobox Dr. W elp und Co., Rüschel 21. Graphische Datenspeicherung auf Filmlochkarten. Seit 1986. Geschäftsführer Kurt Steidle, 4 Beschäf tigte. Rego-Fix AG, gegründet 1957 von Fritz W eber-Roth, Tittertenstrasse 17. Präzisionswerkzeugfabrik. Fabrikgebäude 1964 erweitert, 1984 die ge genüberliegende, leerstehende Uhrenfabrik der Buser und Co. gem ietet, 1986 erworben, 82 Arbeitskräfte, davon 50 aus Reigoldswil. W iedm ann-Dettwiler AG. Generalunternehmen zur Erstellung von Fern sehgenossenschaften und Kabelbau, Unterhaltungselektronik m it Ver kaufsläden, Bau therm ischer Gemeinschaftsanlagen. Gegründet durch Er- 189

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Abb. 66. Muschelkalk-Stein bruch Ziegelhölzli, im Vordergrund Chilchli St. Hilar. win Dettwiler-Thommen, 1966. Sitz in Balsthal SO, Ladengeschäfte in Önsingen, Niedergösgen, Reigoldswil und Solothurn, 320 Beschäftigte, davon 25 aus Reigoldswil. Zementwarenfabrikation und Natursteine Franz Fontana-Glaser, Grund gasse 11, gegründet 1923 durch Hermann Fontana-Schad, 1926 Einrich tung der maschinellen Zementröhrenfabrikation, Herstellung von Garten bau-Artikeln, 1973 Übernahme des Betriebes durch Franz Fontana-Gla ser, 10-15 Beschäftigte, zuerst Leute aus Reigoldswil, heute meistens Ausländer. Zem entwaren- und Kunststeinfabrikation Gebr. Antonio und Dario Del Medico, Unterbiel 60. Gegründet 1893 durch Franz Fontana-Frey, aus Ca stello San Pietro Tl, 1941 weitergeführt durch Franz Fontana-Hipp, 1966 durch die beiden Inhaber übernommen, 4 Beschäftigte. Anmerkungen 1 Ga, PrG 1851/59, 242, 247. 2 Leo Zehntner, Erinnerungen, 19. 3 W ie 1, 242, 250. 4 Ga, PrG 1890/1903, 79, 96, 106. 5 Mitteilung von Emil Dettwiler-Dürrenberger, geb. 1914. 190

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Abb. 67. Dorfplatz mit W acht- und W aschhäuslein um 1900, davor Pferdepost Reigoldswil-Bad Bubendorf 6 Mitteilung von W erner Blaser-Haas, geb. 1911. 7 Ga, Protokoll des Vereins für Handarbeit Reigoldswil, 1928-1951. 8 Mitteilung von Max Biedermann-Beer, geb. 1916. 9 Mitteilung von Emil Tschopp-Plattner, geb. 1922. Der Verkehr Die Entwicklung des Verkehrs Verglichen m it dem vorderen Frenkental, das im relativ tiefen Bergsattel des Oberen Hauensteins wurzelt (Passhöhe 731 m ü. M.), liegt Reigolds wil im hinteren Frenkental sozusagen in einer Sackgasse; denn die W as serfalle bildet eine sehr hoch gelegene Einsattelung in der m ächtigen Passwangkette (Passhöhe 1013 m ü. M.). Und doch hat der Mensch schon in der Frühzeit der Geschichte versucht, diese Schranke der Natur zu überwinden. Das beweist die UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA R ö m e rs tra s s e \ die unterhalb Reigoldswil entdeckt worden ist, deren Verlauf im oberen Teil aber nicht genau be kannt ist. W ahrscheinlich führte sie über das Sigsfeld ins vordere Fren kental. Im M ittelalter, vielleicht aber schon vorher, wurde der Bergpfad über die W a s s e rfa lle 2 begangen. Da der W eg auf beiden Seiten des Ber ges sehr steil und beschwerlich ist, konnte er nur als Fuss- und Saumpfad benützt werden. Zumeist waren es solothurnische Bauern, Viehhändler und auch Juden, die von Süden her die W asserfalle passierten, um die 191

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M ärkte in Basel zu besuchen. Der Gegenverkehr (von Norden nach Sü den) spielte wohl eine kleinere Rolle, doch betätigten sich nachweisbar auch Einheimische von Reigoldswil und Lauwil als Säumer3. Für sie war der W eg nach Süden, der Besuch solothurnischer und bernischer M ärkte gegeben. Der grösste Verkehr wickelte sich in der guten Jahreszeit ab; denn im W inter hinderten Schneefälle und die Unwegsam keit des Pass weges dessen Überschreitung. Über die transportierten Güter geben die vom 15. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts verbuchten Einnahmen der UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Z o lls te lle R e ig o ld s w il sowie Zollordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts Auskunft4. Die Einnahmen waren sehr bescheiden: 1405 jährlich 3 Schilling 9 Pfennig, von 1530 1550 durchschnittlich 7 Schilling 10 Pfennig, von 1551-1600 durch schnittlich 11 Schilling 4 Pfennig, 1652 3 Pfund 10 Schilling. Um die M it te des 18. Jahrhunderts wurde zur Konkurrenzierung des Oberen Hauen steins von Solothurn die Passwangstrasse erbaut. Diese neue Verbindung hatte zur Folge, dass auch die W asserfalle benachteiligt wurde und der Zollertrag zurückging. Um das bescheidene Einkommen des Zöllners et was zu erhöhen, erhielt er von 1776 an den Auftrag, im ganzen Hinter land den Pfundzoll einzuziehen. Diese indirekte Steuer war eine Abgabe bei säm tlichen Viehverkäufen. Sie brachte im Jahr etwa 100 alte Franken ein, wovon der Zoller 20 % zurückbehalten durfte. Aus den vorhandenen Zollordnungen ist ersichtlich, dass hauptsächlich im 18. Jahrhundert viel Vieh (Rinder, Kälber, Schweine, Schafe) durchgetrieben wurde, wohl Schlachtvieh für die Stadt Basel. An W aren werden «anckhen und käse», Leder, Krämerwaren genannt. Der Zoller erhielt äusser einem Teil des Zol les von Zeit zu Zeit Tuch zu einem Rock (Kittel); er wohnte an der Strasse, wo auch der obrigkeitliche Zollstock aufgestellt war, z. B. Hans Bernhard Roth, Lehenmann zu St. Hilar um 1630; Guttenfels, Schmied und Zoller 1663; Jacob Schneider, Sager bis 1705; Niclaus Gutenfels, Schuhm a cher, «so auch an der strass wohnhafft», nach 1705. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts warf der Zoll zu Reigoldswil nichts mehr ab. Die Strassen über den Oberen Hauenstein und über den Pass- wang wurden immer mehr benützt, und der schlecht unterhaltene Pass weg über die W asserfalle kam ins Hintertreffen. Überdies hatten m utwilli ge Passgänger zu Beginn der Revolution von 1798 den Zollstock m it dem obrigkeitlichen Zeichen weggerissen, «und niemand mehr wollte etwas bezahlen». Allerdings blieb noch im 19. Jahrhundert ein bescheidener Trä gerverkehr über die W asserfalle weiter bestehen. Für den Transport von Gütern und Personen im Tale selbst bestanden während Jahrhunderten keine öffentliche Einrichtungen. Hingegen konn ten begüterte Bauern m it eigenem Pferdegespann und auch die städti schen Besitzer von Herrengütern Fahrten und Fuhren ausführen. Eine Ausnahme bildete das B o te n w e s e n 5 für die Heimposamenterei. Es lässt sich bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen, als die Heimindustrie sich im oberen Baselbiet in grösserem Masse auszu breiten begann. Die Boten beförderten m it ihren pferdebespannten W a gen äusser den Rohstoffen und den fertigen Bändern auch W aren, Klein vieh und Personen. 192

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Nach Einführung eines geregelten Postbetriebes um die M itte des 19. Jahrhunderts zirkulierte auf der Strecke zwischen Reigoldswil und Liestal täglich eine Kutsche als UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA P fe rd e p o s t6. Sie beförderte äusser den Postsa chen 6-7 Personen. Nach Eröffnung der W aldenburgerbahn 1880 wurde die Pferdepost nur noch bis Bad Bubendorf geführt, wo sich eine Post stelle befand. Im E is e n b a h n z e ita lte r7 tauchte im Jahre 1850 als direkte Verbindung von Basel nach Bern das Projekt einer Passwanglinie auf. Die Initiative ging 1870 von Reigoldswil aus, wo ein Bahnkomitee m it Vertre tern der Talgemeinden und der solothurnischen Gemeinden südlich der W asserfalle gegründet wurde. 1873 lagen die Pläne vor, und durch eine Volksabstim m ung erhielt die schon bestehende Centralbahn eine Konzes sion für die W a s s e rfa lle n b a h n 8. Bei der Vergebung der Arbeiten berück sichtigte die Centralbahn nicht eine erfahrene englische Firma, sondern die m indestfordernde deutsche Baugesellschaft Schneider, Münch und Jerschke. 1874 begannen dann die Bauarbeiten für den W asserfallentun nel zugleich in Reigoldswil und in M üm liswil. Aber schon 1875 gingen Klagen über unregelmässige Zahlungen an die Arbeiter und Lieferanten ein, und es stellte sich heraus, dass die Baufirma technisch und finanziell nicht auf der Höhe der von ihr übernommenen Aufgabe stand. Nachdem die Centralbahn anfänglich geholfen hatte, die Schwierigkeiten zu m ei stern, kam es zum Konkurs, und die Arbeiten wurden im September 1875 eingestellt. Ein Stollen vor dem Chilchli und die künstliche Aufschüttung davor, Planie genannt, erinnert heute noch an den angefangenen Tunnel bau. Ein neuer Anlauf für den Bahnbau erfolgte 1899, nachdem 1898 die Ver staatlichung der schweizerischen Hauptbahnen beschlossen worden war. Doch vergeblich wartete man in Reigoldswil auf die eidgenössische Kon zession. Inzwischen planten nämlich die Schweiz. Bundesbahnen eine Verstärkung der Gotthardlinie durch einen Hauensteinbasistunnel. Der Bau des Tunnels Tecknau-Olten wurde dann 1910 von der Bundesver sammlung beschlossen. Dam it war das W asserfallenprojekt zum zweiten Mal in der Versenkung verschwunden. Schon vorher, im Jahre 1880, war das W aldenburgertal zu einer Bahnver bindung gekommen. Das erm utigte die Reigoldswiler, ebenfalls für eine S c h m a ls p u rb a h n einzutreten, die entweder direkt von Liestal aus oder als Zweigbahn der W aldenburgerbahn vom Bad Bubendorf aus ins hintere Frenkental führen sollte. Da aber die Betriebsberechnungen ungünstig ausfielen, musste auf dieses Projekt verzichtet werden. Mehr Erfolg hatte die Initiative für eine A u to m o b ilv e rb in d u n g von Rei goldswil nach Liestal. Sie ging von den Talgemeinden und Liestal aus, und im Jahre 1905 kam es zur Gründung der A u to m o b ilg e s e lls c h a ft L ie s ta l- R e ig o ld s w il A G a, der ersten konzessionierten Autoverbindung der Schweiz. Der Fahrplan 1905/1906 enthielt täglich je 4 Kurse in jeder Richtung und ausserdem einen zusätzlichen Sonntagskurs. Die neue Einrichtung über nahm auch die Beförderung der Postsachen und löste die Pferdepost ab. Das Unternehmen entwickelte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten wegen des ungeeigneten W agenmaterials recht erfreulich, und unter der Direktion von W alter Zeller (Betriebsleiter von 1919-1965) konnte die 193

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Abb. 68. Noch heute sichtbarer Stollen des Vortunnels des 1874 angefangenen W as serfallentunnels, bei der heutigen Talstation der Gondelbahn. Stamm linie 1928 über Augst und Birsfelden nach Basel erweitert werden. Im Jahre 1930 erwarb die Gesellschaft den Berghof Vordere W asserfalle im Gemeindebann W aldenburg. Im gleichen Jahre erhielt das Verkehrsun ternehm en den neuen Namen Autobus AG. 1948 wurde die Zweiglinie Reigoldswil-Titterten-Arboldswil-Beuggen-Bubendorf eröffnet und damit die beiden Bergdörfer auf dem Frenkenplateau angeschlossen. Zur touri stischen Erschliessung des W asserfallen-Passwang-Gebietes trugen 1956 der Bau der Gondelbahn Reigoldswil-W asserfallen und des Skiliftes Vo gelberg sowie 1970 des Skiliftes Chellenchöpfli bei. Ausserdem entstand 1959 durch den Neubau des Berghofes W asserfallen (früher Vordere W as serfalle) eine willkom m ene Gaststätte. Nach dem Erwerb und dem Umbau der Bergwirtschaft Hintere W asserfalle wurde 1973 in der Nähe des Pass überganges auf Solothurner Boden ein weiteres Restaurant eröffnet. Der Verkehr auf der Stam m linie Reigoldswil-Liestal-Basel (Linie 70) hat in den letzten Jahren beständig zugenommen. Der Fahrplan von 1987 zählt täglich in jeder Richtung 33 Kurse. Neben dem normalen Rei severkehr (Einheimische und Ausflügler) werden die Autobusse haupt sächlich von Pendlern und Schülern benützt. Die Einführung von Halbtax- und Um weitschutz-Abonnem enten hat die Frequenz erheblich gesteigert. Als Ergänzung des Talverkehrs wurde 1945 auf Initiative der Verkehrs kommission Reigoldswil (Präsident Erwin Dettwiler) die UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA A u to m o b ilg e n o s - 194

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senschaft Reigoldswil (AGR)10 gegründet. Sie führte zunächst Arbeiter kurse ins vordere Frenkental durch, bewältigt aber heute den Verkehr zwi schen den Taldörfern und Nebengemeinden des Reigoldswiler- und W al denburgertales: W aldenburg-Oberdorf-Liedertswil-Reigoldswil-Lauwil- Bretzwil (Bus 91), Hölstein-Bennwil (Bus 92), Talhaus-Ram linsburg- Lampenberg (Bus 93). Die Post Ein Blick in die Postchronik11 zeigt, dass vor der Übernahme des Postwe sens durch die Eidgenossenschaft im Jahre 1849 in Reigoldswil bereits eine Gemeindepostablage bestanden hat. Bis zum 30. Juni 1855 kam drei mal wöchentlich der Bote Jakob Straum ann (später Heinrich Tschopp) von W aldenburg her und bediente auf seinem Gang nebst Reigoldswil auch noch die Ortschaften Oberdorf, Niederdorf, Bennwil, Holstein, Ramlinsburg, Ziefen, Lampenberg, Arboldswil, Titterten, Bretzwil, Lauwil und Liedertswil. Er hat hierbei die Postsachen gleich direkt den Empfängern überbracht! Auf den 1. Juli 1855 wurde das Postwesen in unserer Region durch die Kreispostdirektion Basel reorganisiert. So wurde ein Postwagenkurs Lie- stal-Reigoldswil-Liestal eingeführt, m it dem dann auch die Post für Rei- goidswil zu- und abgeführt wurde. M it der Firma Frey-Dürrenberger wurde ein Vertrag für die 26,8 km messende Strecke abgeschlossen. Für die Ge meinden Arboldswil, Titterten und Lauwil wurden Botengänge eingeführt, d. h. die Postboten dieser Gemeinden konnten ihr Postgut in Reigoldswil abholen. Diese Regelung besteht m it der Gemeinde Lauwil heute noch. Ab 15. Juni 1866 wurden die Postsendungen täglich 2mal zugestellt, ab 1. Juni 1880 sogar 3mal. Auf den 1. Juli 1905 wurde die Postverm ittlung dem Autokurs Liestal-Reigoldswil der Autobus AG übertragen. Dieses Unternehmen besorgt bis zum heutigen Tag die Zu- und Abfuhr der Post sendungen, und dies 4mal täglich. Auf Anfang 1920 wurde die Zustellung der Postsendungen wieder auf 2mal täglich reduziert und die Zustellung an Sonntagen gänzlich aufgeho ben. Diese Dienstleistung erbringt unsere Post auch heute noch. Solange man sich erinnert, befand sich das Postlokal immer im Haus Nr. 44 am Dorfplatz. Erst 1967 erstellte die Generaldirektion PTT ein eigenes Postgebäude im Unterbiel, dort konnten 1968 die neuen Räumlichkeiten bezogen werden. Das neue Gebäude gliedert sich sehr gefällig ins Dorf bild ein, und die Räume und Einrichtungen wurden so disponiert, dass die neue Post der Bevölkerung von Reigoldswil auch zukünftig zweckm ässig dienen kann.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D ie P o s th a lte r in R e ig o ld s w il Frey Johann W eber Johann W eber Emil W eber-Hartm ann Emil Franz-Bürki Raymond Ablagehalter Posthalter Posthalter Posthalter Posthalter 1855-1874 1874-1891 1891-1933 1933-1964 seit 1 965 195

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B lic k a u f d ie E n tw ic k lu n g d e s P o s tv e rk e h rs im V e rla u fe d e r le tz te n 1 0 0 rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA J a h re Jahr aufgehobene Paketsendungen Geldverkehr Brief Postsendungen Aufgabe Zustellung Ein- Auszahlung 1869 1901 1931 1951 1961 1967 1971 1978 1981 1986 5500 44000 38300 49200 60400 126200 131900 136000 137000 199370 Die Pendelwanderung 3080 5400 4600 6100 8400 13100 11700 9200 10980 13245 ? 12200 9100 13600 17500 27000 29000 29000 34080 40620 53 2500 6400 16300 32500 44500 46500 50100 53200 58900 122 3300 3400 4500 5300 7600 8150 7900 7800 7500 Zur Blütezeit der Posamenterei konnte die berufstätige Bevölkerung, ohne das Dorf zu verlassen, im eigenen Heim arbeiten. Als in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts der Niedergang der Bandweberei begann, brachten zunächst Strassenbauten als Notstandsarbeiten etwelche Be schäftigung. Dann aber vollzog sich notgedrungen eine berufliche Um stellung der Arbeitskräfte. Viele Posamenter fanden in den Fabriken des Ergolztales und des benachbarten W aldenburgertales Arbeit. Allerdings musste der neue Arbeitsort zu Fuss oder m it dem Fahrrad erreicht wer den. Nach Ende des 2. W eltkrieges konnten dann die Kurse der Autom o bilgenossenschaft Reigoldswil und der Autobus AG benützt werden und dam it setzte eine rege Pendelwanderung ein, die heute noch anhält. P e n d e lw a n d e ru n g '2 Jahr Einwohner Berufstätige Zupendler W egpendler Arbeitsplätze 1960 1970 1980 1192 1306 1318 569 625 645 46 78 109 219 247 315 im Dorf 396 456 439 Die deutliche Zunahme der Berufstätigen läuft parallel m it der wieder an wachsenden W ohnbevölkerung. Im Ansteigen der Zupendler kom m t die Einrichtung neuer gewerblicher und industrieller Betriebe zum Ausdruck. Bei den Pendlern sind in den obigen Zahlen alle Berufstätigen erfasst, die entweder m it den öffentlichen Autokursen oder m it eigenen Fahrzeugen ihren Arbeitsort erreichen. 196

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Anmerkungen 1 Siehe Kapitel: Aus der Geschichte des Dorfes, S. 10. 2 Paul Suter, Der W asserfallenweg, ein vergessener Juraübergang. Basler Jahrbuch 1932, 99 ff. - W erner Reber, Zur Verkehrsgeschichte der Pässe im östlichen Jura. QuF, Bd. 11, Liestal 1970, 158 ff. 3 Säumer: Jogy Schwitzer, der Säumer zu Lauwil. Reigoldswiler Gerichtsprot. 1773, Heirech Schnider, der Säumer zu Reigetschwil. Reigoldswiler Gerichtsprot. 1772, Hans Tanner, der Säumer zu Reigetschwil, Reigoldswiler Gerichtsprot. 1773, Hans Frey, alt Säumer zu Reigetschwil, Reigoldswiler Gerichtsprot. 1783. 4 Suter, W asserfallenweg 112 ff. 5 Paul Fink, Geschichte der Basler Bandindustrie 1550-1800. Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft, Bd. 147, 1983, 105 - Fritz Grieder, Glanz und Nieder gang der Baselbieter Heimposamenterei im 19. und 20. Jh. QuF, Bd. 25, Liestal 1983, 138 ff. 6 Hans Hess, Zur Postgeschichte der Frenkentäler. BHBI, Bd. 10, 1984, 413 ff. 7 Gustav Adolf Frey, Zur Geschichte der W asserfallenbahn. BHBI, Bd. 1, 1939, 205 ff. - Paul Suter, Die W asserfallenbahn. BHBI, Bd. 8, 1975, 594 ff. 8 W ie 7, Frey 216, Suter 595. 9 Otto Rebmann, 50 Jahre Autobus AG. Liestal 1957. - W alter Kohler, 75 Jahre Au tobus AG Liestal 1905-1980. Liestal 1980. 10 Geschäftsberichte der Automobiigenossenschaft Reigoldswil 1946 ff. 11 Kreispostdirektion Basel, Postchronik und statistische Angaben. 12 Statistisches Jahrbuch des Kantons Basel-Landschaft, 1966, 53; 1971, 61; 1985, 47. Die Lebensweise W ohnung und W ohnen In seinen «Erinnerungen aus Reigoldswil»1 berichtete Dr. Leo Zehntner aus eigener Anschauung von den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts: «Ganz schlim m sah es m it den W ohnungen aus, sowohl was ihre Einrich tung als die Raumverhältnisse betrifft. Unser Dorf zählte 1870 in zirka 150 Häusern 1409 Einwohner. Ausserdem enthielten die W ohnungen noch mindestens 300 Seidenband-W ebstühle, die in den besten und hell sten Stuben plaziert waren, oft zwei bis drei im gleichen Raum. Da keine Arbeitszeit vorgeschrieben war, wurde auch zur Nachtzeit gearbeitet; wenn die W are pressierte, die ganze Nacht durch. Als Beleuchtung dien ten die «Funzeln», einfache Blechgefässe m it einem Docht, ohne Lam penglas, die viel Dam pf und Rauch erzeugten. In jedem Arbeitsraum brannten gewöhnlich ihrer drei, eine beim W ebstuhl, eine bei der W indm a schine und eine beim Spüelirad. M it der Lüftung der Stuben hielt man zu rück, besonders zur W interszeit; denn Kälte und Feuchtigkeit beeinträch tigten den Gang der W ebstühle. Trotz der schlechten Luft schliefen viele Posamenter infolge Raummangels in den Stuben, wo die W ebstühle stan den. In manchen Orten hatte man sogar unter der «Chouscht» eine Art 197

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grosser Schubladen angebracht, die abends hervorgezogen wurden und dann als Bettchen für die kleinen Kinder dienten. (An diese Schlafgele genheit und weitere behelfsmässige Einrichtungen erinnert die alte Re densart: En Underschiebgütschli, en uufghänkts Tischli und e Zämeleg- sässeli). Als ich einmal als Primarschüler für meinen Vater bei einem Po samenter etwas besorgen musste - es war zur W interszeit -, entdeckte ich unter der «Chouscht» eine Anzahl Hühner, die dort überwinterten. Im Abteil daneben waren hinter einem Vorhang Turteltauben untergebracht. Diese interessierten mich sehr. Als ich frug, wozu diese Vögel dienten, er hielt ich von der Hausfrau die Antwort: «Die Tuube müesen is d Gsüchti ewäggrugge!» Die grösseren Kinder schliefen in Nebenstuben oder in abgewandeten Kammern, aber oft auch auf dem offenen Estrich. Das habe ich m it einem meiner Brüder auch m itgem acht, obschon in unserem Hause nicht posa- m entet wurde. Ich erinnere mich noch gut daran, wie im W inter bei star kem W ind wir am Morgen Schnee auf unserer Bettdecke fanden. Zum beschränkten Raum kam, dass die Stubenböden durchwegs aus breiten Dielen bestanden, die fingerbreite Fugen aufwiesen. Diese füll ten sich m it der Zeit m it allerlei Unrat, wo sich manches Ungeziefer auf hielt. W enn auch nicht genügend gelüftet wurde, so hielten die Leute doch auf Sauberkeit. Jeden Samstag wurden die Böden, Stühle und Bänke m it viel W asser und Sand gefegt und weissgescheuert. Aber durch dieses regelmässige W ässern wurde der Unrat in den Fugen aufge weicht, und da sich nam entlich die Jugendstadien der Flöhe dort aufhiel ten, entwickelten sich diese Insekten derart, dass sie eine wahre Plage bildeten. Die Küchen waren früher m eist in prim itivem Zustande und schlecht be leuchtet. In ihnen wim m elte es nur so von Schwabenkäfern (Küchenscha ben), die in der Nähe der Feuerherde gute Schlupfwinkel fanden.» Prim itiv waren auch die hygienischen Verhältnisse. Zwar besassen einige W ohnhäuser einen W asserhahnen in der Küche; aber viele Haushaltun gen mussten das Trink- und Gebrauchswasser in Kesseln und Kübeln von den öffentlichen Dorfbrunnen holen. Aborte befanden sich in einem Bret terverschlag, Hüüsli genannt, in der Nähe des Stalles, wo das «Gülle loch», der Jauchebehälter, untergebracht war. Als Dr. Zehntner in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts nach lan gem Aufenthalt im Ausland wieder nach Reigoldswil zurückgekehrt war, fand er das Heim atdorf stark verändert. Die Häuser und W ohnungen wa ren nun gut unterhalten; das Dorf sah sauber und aufgeräum t aus. Im Jahre 1904 wurde die Elektrizität eingeführt und dam it die Arbeit der Po samenter erleichtert. Ausserdem entstanden am Rand der Dorfsiedlung verschiedene Neubauten. M it dem Rückgang der Heimindustrie der Posa menterei verbesserten sich auch die W ohnverhältnisse, indem durch das Verschwinden der W ebstühle die geräumigen Stuben ausschliesslichen W ohnzwecken zur Verfügung standen. Die berufliche Um stellung der Po samenter hatte zur Folge, dass die landwirtschaftlichen Kleinbetriebe auf gegeben und die Oekonomiegebäude zu W ohnzwecken oder zu Garagen und W erkstätten um gebaut wurden. 198

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Die Verbesserung der W ohnqualität kom m t in den Zahlen der am tlichen Erhebungen2 augenfällig zum Ausdruck. 1870 1920 1960 1980 150 Häuser 190 Häuser 227 Häuser 339 Häuser 1409 Einwohner 1 244 Einwohner 11 92 Einwohner 1 368 Einwohner Behausungsziffer 9,4 Behausungsziffer 6,5 Behausungsziffer 5,2 Behausungsziffer 4 Aus der obigen Zusam m enstellung geht hervor, dass die Behausungszif fer (durchschnittliche Zahl der Bewohner eines Hauses) von 1870 bis 1980 sich um mehr als die Hälfte reduziert hat. Dam it steigerte sich dank der Zunahme der W ohnbautätigkeit und der Abnahm e der Haushaltungs grösse (kleinere Familien, Scheidungen, Konkubinate) die W ohnqualität. Allgem ein hat man mehr W ohnraum zur Verfügung, zudem besitzen 90 % der W ohnungen ein Bad oder eine Dusche und 75 % eine Etagen oder Zentralheizung. Nach der W ohnungszählung 19803 können die 339 Gebäude in Reigolds wil nach der Bauart in folgende Kategorien eingeteilt werden: 11 Ferien häuser, 232 reine W ohngebäude, davon 184 Einfamilienhäuser, 39 Bau ernhäuser, davon 24 Einzelhöfe, 59 andere W ohngebäude und 9 sonstige Gebäude, Daraus geht hervor, dass sich Reigoldswil vom früheren Bauern- und Posamenterdorf zur vorwiegenden W ohnsiedlung entwickelt hat. Die ansehnliche Zahl von 11 Ferienhäusern (nach Langenbruck und Lauwil die drittgrösste im Bezirk W aldenburg) spricht für die bevorzugte Lage des Dorfes als W ochenend- und Ferienort.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA A n m e rk u n g e n 1 Leo Zehntner, Allerlei Erinnerungen aus Reigoldswil in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. SA BHBI 1987. 2 Eidg. Statistisches Amt, Eidg. Volkszählungen 1870, 1920, 1980. 3 Statistisches Am t des Kantons Basel-Landschaft, M itt. 137, 1984 (W ohnungszäh lung 1980). Die Kleidung «Kleider machen Leute und Leute machen Kleider» hat uns der Dichter Gottfried Keller in einer seiner Seldwyler-Geschichten überliefert. Eine Feststellung, die heute noch zutrifft, obschon sich die Zeiten sehr geän dert haben. Zwar liegt in Reigoldswil die Selbstversorgung von Stoffen wie W olle und Leinen weit zurück. Die starke Ausbreitung der Heimindustrie der Band weberei seit dem 18. Jahrhundert hatte zur Folge, dass die Landwirt schaft und dam it auch die Schafhaltung und der Anbau von Gespinnst- pflanzen zurückgingen. Die verschiedenen Kleiderstoffe (W ollstoff, Halb lein, Leinwand, Gewebe aus Baumwolle) wurden im 19. Jahrhundert bei Schneidern’, in Ladengeschäften in Liestal und Basel, auf M ärkten und bei reisenden Tuchhändlern eingekauft. 199

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Bis in die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts erfolgte die Herstellung von Kleidern durch Handarbeit. Frauen übten den Beruf als UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA N ä h e rin n e n , später als D a m e n s c h n e id e rin n e n aus. In der zweiten Hälfte des 19. Jahr hunderts führte man Nähmaschinen m it Tretantrieb ein. In den dreissiger Jahren unseres Jahrhunderts kam dann der elektrische Antrieb auf. Die Schneiderinnen berief man im Falle eines grösseren Nähprogramms bis kurz vor dem Zweiten W eltkrieg m it Vorliebe «auf die Stör» ins Haus. Sie arbeiteten im Taglohn und assen m it der Familie. Auf diese W eise wurde es mancher Hausfrau möglich, bei den Arbeiten (Frauen- und Kinderklei der) selber Hand anzulegen, indem sie einfache Näharbeiten verrichtete, Fadenschlag auszog oder alte Kleider auftrennte, die geändert werden sollten. Die S c h n e id e r übten ihren Beruf in ihrer eigenen W erkstatt (Schnyderbu- tig) aus, wohin man zum Massnehmen und Anprobieren bestellt wurde. Sie verm ittelten auch Stoffe nach vorhandenen Kollektionen. Die Haus haltungen wurden ausserdem zweim al im Jahr von Tuchhändlern be sucht. Diese brachten, wenn sie ihre Tour fortsetzten, die bestellten Stof fe m eist tags darauf m it der Rechnung. Die Zahlung war erst beim näch sten Besuch gebräuchlich. Nach dem Zweiten W eltkrieg setzte eine markante W ende im Beklei dungswesen ein. W ährend vordem K le id e r v o n d e r S ta n g e wegen angeb lich m angelhafter Solididät nicht besonders hoch im Kurs gestanden hatten2, erfolgte nun ein grosses Angebot von Konfektion für Damen, Herren und Kinder, sei es in Läden oder im Versandgeschäft. Dies bedeu tete eine Um stellung von der bodenständigen Kleidung aus schweren Stoffen in Konfektionswaren in städtischem Stil. Vergegenwärtigen wir uns den W a n d e l in d e r B e k le id u n g der vergange nen Jahrzehnte anhand einiger konkreter Beispiele. W enn heute ein Kind zur W elt kom m t, erwartet den jungen Erdenbürger bereits eine reichhalti ge Ausstattung. Die werdende M utter, Angehörige und befreundete Frau en beginnen schon früh m it dem Stricken von Jäcklein, Höschen, Schüh- lein und dgl. Auch auf dem M arkt findet sich ein reiches Angebot. W ie ganz anders war es noch im letzten Jahrhundert! Noch vor dem Ersten W eltkrieg trugen die Büblein bis zu vier Jahren Röcke3 wie die Mädchen. Als Buben erhielten wir im Vorschulalter um 1920 kurze Hosen m it zu knöpfbarem «Laden». Gegen Ende der Schulzeit gab es die ersten Hosen m it Bein bis unter das Knie, zur Konfirm ation erstmals lange Hosen4. Bis ins zweite oder dritte Schuljahr trugen Mädchen wie Buben sogenannte Aermelschürzen. Schürzen spielten damals überhaupt eine weit grössere Rolle als heute. Sie konnten leicht gewechselt und gewaschen werden, schützten die Kleider vor Abnützung und Schm utz. Frauen trugen «gan ze» Schürzen im Haus, ältere Frauen um knüpfbare Halbschürzen, «Für- tuech» genannt. Auch manche Männer bedienten sich grüner oder dun kelblauer Schürzen m it einem Band über den Nacken und einer währ schaften Tasche in der Mitte. Es handelte sich um Schreiner, Schuhm a cher oder Posamenterbauern. Zum Bild des Dorfschm ieds gehörte eine ähnliche Schürze aus steifem Leder. Die Bekleidung der M ä d c h e n u n d F ra u e n war schon immer etwas gefälli- 200

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ger und vor dem Ersten W eltkrieg entsprechend der Mode m it Verzierun gen (Garnituren) ausgestattet. Die Röcke waren lang bis knapp über die Schuhe, überdies weit und faltenreich, die Blusen oder Jacken am Hals geschlossen und m it Fischbein-Einlagen bis zu den Ohren hochgezogen5. Auch die Mädchenröcke gingen unters Knie. Es gab keine M äntel für die kalte Jahreszeit. Dagegen waren grosse gestrickte oder gehäkelte Hals- und Schultertücher gebräuchlich6, die kreuzweise über Schultern und Arm e geschlungen wurden. Frauen strickten ausserdem wollene «Finger- lihändsche», den Kindern «Doopehändsche», welche m ittels einer ge knüpften, über den Nacken verlaufenden Schnur verbunden waren, dam it sie nicht verloren gingen. Dem Schutz gegen Kälte dienten auch die aus W olle gestrickten Pulswärmer, «Ermeli» oder «Amedysli» genannt7. W e rk ta g s - u n d S o n n ta g s k le id e rn ergaben sich früher grössere Zwischen UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Unterschiede als heute. Es erstaunt nicht wenig, wenn man in Anbetracht der vielseitigen Beanspruchungen und der einfachen, ja ärmlichen Ver hältnisse von damals feststellen kann, wie viel Arbeit, Mühe und Liebe für die Herstellung der Kleidungsstücke aufgewendet worden ist. Erin nern wir uns in dieser Beziehung an Spitzen, Rüschen, Hohlsäume, Puff ärmel und dgl. Sie zeugen von einer Lebenseinstellung, die über das M a terielle hinausging. Die weibliche L a n d e s tra c h t m it der kurzen, gefalteten Jippe und dem winzigen Hüübli (Beginli) verschwand bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seit dem Zweiten W eltkrieg aber können wieder solche beobachtet werden (Festtracht und Arbeitstracht), vor allem im Kreise von Trachten- und Volkstanzgruppen, die diese Sparte alten volkstümli chen Brauchtum s pflegen. Den Kleidern des schönsten persönlichen Festes, den H o c h z e its g e w ä n d e rn , wurde immer grosse Aufm erksamkeit geschenkt. Die Brauttracht war bis nahe an die vierziger Jahre schwarz, dann dunkelblau, und erst langsam wagten sich zunächst einmal «bessere» Töchter, W eiss zu tra gen. Keiner Braut fehlte aber der fast bodenlange weisse Schleier und das künstliche M yrtenkränzlein. Heute ist die weisse Farbe vielen Bräuten zu traditionell. Sie bevorzugen helle, zarte Farben, und oft wird anstelle des Schleiers ein Hut, werden Blumen im Haar oder es wird gar kein Kopfschm uck getragen. Der Bräutigam ist auch nicht mehr an das her kömmliche Schwarz gebunden. Der Phantasie sind praktisch keine Gren zen mehr gesetzt8. Die heutige D a m e n m o d e ist weitgehend als städtisch zu bezeichnen: elegant, lässig, chic oder auch sportlich. Auffallend sind allerdings die extremen Pendelausschläge der letzten Jahrzehnte, von lang zu kurz, von weit zu eng, von uni zu bunt. Auch die M ä n n e rk le id u n g hat sich stark gewandelt. Unsere Grossväter kannten noch das «Ermellybli», ein warmes, hellbraunes Gilet m it Aer- meln aus gleichem Stoff, Gilettäschlein für die Zündhölzer und einem leicht glänzenden Rücken aus einem serge-artigen Stoff9, wie es noch vom Maler Albert Anker dargestellt worden ist. Dieses währschafte Klei dungsstück m achte später einem armlosen Gilet Platz, das unter dem Kittel getragen wurde. Kittel und Hosen unterlagen der Mode: Hosen eng, dann wieder weit, Kittel einreihig oder zweireihig, in die Taille geschnitten 201

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oder wieder gerade. An Sonntagen trug man gestärkte Hemdkragen, als Kragenzier einen m it schwarzem Tuch überzogenen Knopf, später Kra watten, vorerst «am Stènderli», später als Selbstbinder. Der heutigen Lebenseinstellung gemäss sind die Leute toleranter und auch freier geworden. W enn man früher im Leid war oder an einem Lei chengeleit teilnahm , war schwarze oder mindestens dunkle Kleidung selbstverständlich. Heute zieht man sich entsprechend der Jahreszeit an und bevorzugt hauptsächlich im Som m er helle Farben. Leidtragende ma chen sich etwa kenntlich durch einen schwarzen Tuchknopf am Revers oder durch eine dunkle Krawatte. Ein grosser W andel vollzog sich bei den UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA K o p fb e d e c k u n g e n . Hüte genos sen bis in die ersten zwei Jahrzehnte unseres Jahrhunderts hohen Stel lenwert. Frauenhüte wurden im Dorf von M odistinnen angefertigt. Man brachte diesen Frauen für einen neuen Hut eine Unmenge von Seiden bändern und musste dann etwa hören, «si well luegen, öb si ächt län ge»10. Nebst Bändern verwendete man auch Federn, im itierte Beeren und Früchte als Verzierung. Gebilde solcher Art kamen hauptsächlich an Fe sten und besonderen Anlässen zu Ehren. Die Hüte der Männer waren - je nach der Jahreszeit - aus Stroh oder Filz. Es gehörte zum guten Ton, einen Hut zu tragen. Zur Konfirm ationsfeier bedurfte es unfehlbar eines Hutes. Eine Kopfbedeckung trug man zum Kirchgang, bei Beerdigungen, festlichen Anlässen, aber auch als Schutz vor Kälte und Niederschlägen. Natürlich waren auch Pelzkappen, Zipfelm ützen und Dächlimützen (Tschäppel) im Gebrauch. Seit Jahren werden Hüte (auch bei Beerdigun gen) selten mehr getragen, dagegen haben sich Bérets und sportliche Mützen eingebürgert. Auch bei den S c h u h e n lassen sich bedeutende Änderungen beobachten. Noch zu Beginn unseres Jahrhunderts haben die Schuhm acher Schuhe nach Mass angefertigt. In den letzten Jahrzehnten wurden die Schuhe in Fachgeschäften eingekauft, und die Schuhm acher hatten nur noch Flick arbeiten zu verrichten: Besohlen, Neubeschlag m it Nägeln und «Pläggli». Im Jahre 1952 hat Leo Dürrenberger, der letzte Schuhm acher im Dorfe, sich einem anderen Beruf zugewandt11. In den ersten Jahrzehnten unse res Jahrhunderts kannte man neben den Holzschuhen nur hohe Leder schuhe und Sandalen. Selbst für Frauen waren Halbschuhe noch wenig bekannt. Sie trugen hohe Schnürschuhe oder auch «Chnöpflistifeli». Seit den dreissiger Jahren hat für beide Geschlechter der Halbschuh Eingang gefunden, zuerst m it Ledersohle, dann immer mehr m it Sohlen aus Gum mi oder Kunststoffen. Der Beschlag m it Nägeln wurde durch die Gum m i Profilsohle unnötig. Für Garten- und Feldarbeiten haben sich bequeme und wasserdichte Stiefel aus Gummi oder Kunststoffen eingebürgert. Ende der dreissiger Jahre brachte die schweizerische Erfindung des R e is s v e rs c h lu s s e s die alten Knopf- und Druckknopfverschlüsse zum Ver schwinden. Dieser Verschluss sowie die ebenfalls neuen Haftverschlüsse hat man sich nam entlich in der Sportbekleidung (Pullover, W ind- und Schneeblusen) zu Nutze gezogen. Auf dem Gebiet der U n te rw ä s c h e hat durch Einführung moderner Strick maschinen seit der M itte der zwanziger Jahre eine Um stellung von den 202

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genähten zu den gewobenen Textilien stattgefunden. Die neue Technik brachte die Tricotwaren (Unter- und Sportkleider) zu voller Entfaltung. Schlief man zu Beginn unseres Jahrhunderts noch in den leinenen oder baumwollenen Taghemden, so trug man zunächst Nachthemden und seit den fünfziger Jahren nur noch die praktischen Pijamas aus Tricot. Der vorstehende Überblick zeigt skizzenhaft einige Linien der Verände rung in der Bekleidung der Bewohner unseres Dorfes. Diese Feststellung gilt aber allgemein auch für die anderen Dörfer des Baselbieter Hinterlan des. Eine alte Redensart aus Reigoldswil12 ist auch heute noch gültig: D Röck und d Hose verdecke mängi Mose. Anmerkungen 1 HK 1863: 3 Schneider in Reigoldswil. 2 G 1886 (Marie Rudin-Dettwiler). 3 G 1855 (Marie Dettwiler-Tanner). 4 Doris Muster-Staub, Brauchtum im Lebenslauf gezeigt am Beispiel der Gemeinde Reigoldswil von der Geburt bis zur Hochzeit. Ein Beitrag zur sprachlichvolkskund lichen Exkursion in die deutschsprachige Nordwestschweiz. 11.-14. Juni 1980. Mskr. Bern 1980. 5 G 1918 (Martha Rudin-Fuchs). 6 G 1918 (Elsi Schneider-Rudin). 7 G 1 923 (Klara Lipp-Rudin). 8 wie 4. 9 G 1918 (Martha Rudin-Fuchs). 10 G 1855 (Marie Dettwiler-Tanner). 11 HK 1 863: 4 Schuhmacher in Reigoldswil. 1 2 wie 10. Vom Essen und Trinken W enn von den Änderungen der Lebensweise gesprochen wird, beginnen ältere Leute meistens vom Essen zu reden. Noch in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts - auf sie beziehen sich unsere Ausführungen - leb te man in Reigoldswil von den Produkten aus eigenem Boden. Daraus er gaben sich natürliche Einschränkungen. Dazu kam die ungenügende Schulung der angehenden Hausfrauen, der Bauern-, Handwerker- und Po samenterfrauen. Für manche bestand das Rüstzeug allein darin, was sie sich im Elternhaus hatte aneignen können. Denken wir an jene junge Frau, welche die Spaghetti in den Laden zurückbrachte m it der Begrün dung, sie seien für ihre Pfanne zu lang. Für interessierte Töchter gab es wohl Kochkurse, jedoch nur auf freiwilliger Basis. Bei den meisten Leuten galt das alte Sprichwort: W as der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Ein kleines Erlebnis mag noch einen anderen Aspekt aufzeigen. Sprach ein zufällig eintretender Handwerkermeister beim Anblick unseres Abendtisches m it Geschwellten und Kopfsalat, M ilchkaffee und Brot: «Zue de Gschwellte het me Solz und das längt!» 203

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Blicken wir nun in einen UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA S e lb s tv e rs o rg u n g s h a u s h a lt von anno dazumal. W er eine Kuh, eine Ziege und ein Schwein im Stalle, ein paar Hühner in einem Gatter und das nötige Land für dieses Vieh besass, war zwar nicht als wohlhabend zu bezeichnen. Er verfügte aber über den grössten Teil dessen, was man zur täglichen Ernährung benötigte: Milch, Butter, Fleisch, Eier, aber auch Kartoffeln, Brot, Obst und Gemüse. W ar das Ge nossenschaftsfleisch, das von Notschlachtungen übernommen werden musste, manchmal als «Chueringgel» bezeichnet, alt und zäh, dass man davon kaum Fleischsuppe und Fleischchügeli oder Hackplätzli zubereiten konnte, so verdienten doch die M ilchgitzi im Frühjahr das Prädikat «vor züglich», wenn sie teils als Braten, als Ragout oder als Saueressen auf den Tisch kamen. Von besonderer Bedeutung war das Schwein. Neben bei bemerkt: Alle Abfälle, die sich beim Rüsten der Mahlzeiten ergaben, Resten, m it denen man nicht zu Rande kam, bis zum Geschirrwaschwas ser (natürlich ohne Putzm ittelzusatz), gelangten in die Säutränki. Der An fang vom Ende begann m it der festlichen Metzgete, m it Säuprägel und Lederäpfelschnitzli, Blut- und Leberwürsten (auch für die Nachbarn, die m it ihren Küchenabfällen zur M ast beigetragen hatten), Fleisch und Speck, der zunächst in die Beize, später in die Rauchkammer eines Nach barhauses und dann in die Cheemischooss über dem Holzherd gelang te. Nach altem Brauch gehörte zu einem währschaften M ilchkaffee ein Ge misch von Kuh- und Ziegenmilch. Auf der oberen Kunst standen fast jah rein, jahraus die weiten M ilchbecken, in denen sich die Nidle hochzog, m it der man, wenn der Nidlehafe voll war, im Kübeli Butter herstellte. Die se war freilich nicht immer sehr schm ackhaft, nam entlich nicht im Som mer. Dann kam es vor, dass sie eingesotten und zum Kochen verwendet wurde. Zur Milch gehört Brot. Das haben die Frauen im Holzofen m it einem dicken, knusprigen Ranft gebacken aus einem Teig, der zu je einem Drittel aus eigenem Mehl, gekauftem Backmehl und Roggenschrot bestand. Es duftete im ganzen Haus, und nichts war küstiger als ein frischgebackener Chropf. Zum Neujahr gab's eine weitere Köstlichkeit, das M ilchbrot. Vor dem Brotbacken wurden die W ähen in den Ofen geschoben, belegt m it Apfelschnitzli, Rhabarber, Zwetschgen sowie einem feinen Teigli aus et was Gries, Ei und Nidle. Hatte die Kuh gekalbt, dann gab's von der zwei ten und dritten M ilch den sogen. Briesch (Milch m it Zugabe von Ei, ge würzt m it wenig Zucker und Salz, in einem feuerfesten Gefäss im Ofen gebacken, bis sich darauf eine goldgelbe Haut bildete). Briesch ass man zusammen m it geschorenen, sauren Apfelschnitzli. Im Garten und Pflanzplätz zog man Salate, Frisch- und Dauergemüse (di verse Kohlarten, Rüben, Bohnen, Erbsen u.a.), aber auch verschiedene Beerenarten. Überaus reichlich war die Auswahl an Stein- und Kernobst. Daher gehörten diese Früchte zur Zeit der Reife und Lagerhaltung - nicht zur eitlen Freude der ganzen Tischgemeinschaft - zu jeder Mahlzeit. Apfelschnitzli und Apfelm us kamen meistens m it Chnöpfli auf den Tisch. Chnöpfli aller Art wurden selber zubereitet aus Mehl (Schnäggechnöpfli) Mais, Gries (auch gem ischt) oder Kartoffeln. Die Chnöpflim asse wurde in 204

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der M essingpfanne so lange gekocht, bis sich am Boden eine leichte goldgelbe Kruste bildete, die m it dem Löffel abgestochen auf der Platte einen appetitlichen Anblick bot, besonders wenn sie m it heisser Butter zusammen m it leicht gerösteten Zwiebeln überzogen war. Natürlich nahmen auch die Kartoffeln einen wichtigen Platz auf dem Speisezettel ein: Prägleti Härdöpfel (Rösti) zum Zmorge, die m it dem Löf fel direkt aus der Platte gegessen wurden, so lange die Tischgem ein schaft aus dem engeren Familienkreis bestand. Später schöpfte jedes in seinen eigenen Teller. Zum M ittagessen gab es Salzkartoffeln oder M öckli an einer Sauce m it Schnittlauch, sonntags öfters Kartoffelstock. Alles in allem war der Bedarf an zugekauften Lebensm itteln gering. Er be stand zur Hauptsache aus Teigwaren, Reis, Mais, Gries und Zucker. W äh rend einer langen Zeitperiode konnten die Haushaltungen den Bedarf an Gemüsen, Salaten, Obst und Beeren ausserhalb der Saison von einem Gärtner aus Bubendorf (mit Pferdegespann, später M otorfahrzeug) decken. In den letzten Jahrzehnten wurde dieser Dienst von den Angebo ten durch die ansässigen Lebensm ittelgeschäfte abgelöst. Der M ittagsm ahlzeit voraus gab's regelmässig eine hausgemachte Suppe (Grütze, Haferflocken, geröstetes Brot, Fleisch). Eine Kartoffelsuppe m it viel Gemüse und einem Servelat (Chlöpfer) ergab meistens am Samstag die Hauptm ahlzeit. Eine Spezialität war Erbs- oder Mussuppe aus ge trockneten, ungeschälten Erbsen. M ontag, M ittwoch und Freitag waren fleischlose Tage. Männer, die ihre Arbeit als Handwerker oder Landwirte verrichteten, erhielten täglich ein Znüni oder Zoben, bestehend aus einem Getränk (Most, Grog, Tee), Brot, Käse oder Speck. An alten, einheimischen Gerichten, die auch heute wieder zu Ehren gezo gen werden, m öchten wir erwähnen: Apfelbraten m it Kartoffelm öckli, Apfelchrauschi (Mischung von Äpfeln und geröstetem Brot), Apfelpappe, Schnitz und Speck (Apfelschnitzli m it Kartoffeln und Speck), Chirsipfäf- fer, Zwetschgendam pf, Zibelegschmeus und Brotwürscht, Fotzelschnit- ten, Vogelheu. Den Ernährungsgewohnheiten im ersten Viertel unseres Jahrhunderts stellen wir nun die heutigen Verhältnisse gegenüber. M it dem Rückgang der Heim industrie der Posamenterei in den zwanziger Jahren und der be ruflichen Um stellung der Bevölkerung sind die Posamenter-Kleinbauern betriebe verschwunden und die M ittelbauernbetriebe im Dorfe stark zu rückgegangen. Dam it endete auch die Selbstversorgung in Getreide und Fleisch. Hingegen hat sich die Versorgung m it Gartengewächsen (Gemü se, Kartoffeln) in den letzten Jahrzehnten stark verbessert. Die Eigentü mer der Liegenschaften im Dorf und der zahlreichen Einfamilienhäuser in den neuen W ohnquartieren pflegen m it Liebe und Ausdauer ihre Gärten und Pflanzplätze. Auch die Ausbildung im Kochen für Mädchen und neu erdings Knaben wird in den Schulen m it Erfolg betrieben. Es finden auch Kurse für Erwachsene statt, und ein M ännerkochklub sorgt bei gem ein nützigen Anlässen für die Verpflegung. Überhaupt gibt es nicht wenige Hobbyköche. Der Speisezettel der Familien ist dank dem Angebot der Dorfläden und Metzgereien sehr reichhaltig geworden; gestiegen ist be 205

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sonders der Fleischkonsum. Auch werden anstelle der früher hausge machten Gerichte vorpräparierte Speisen und Suppenkonserven verwen det. An Festtagen (M uttertag, Geburtstage) nehmen oft ganze Familien zur Entlastung der Hausm utter das M ittagessen in einer Gaststätte des Dorfes oder in der Umgebung ein. Die heutige gehobene Lebenshaltung m it entsprechend mehr Freizeit wird durch den guten Verdienst in den in dustriellen, gewerblichen und dienstleistenden Betrieben ermöglicht. Quellen Fränzi Suter, Alte Baselbieter Menus. BHBI, Bd. 5, 1956, 91 ff. Peter Suter, Baselbieter Rezepte. Arboldswil 1978. Schönheits- und GesundheitspflegeUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA H a a rtra c h t Die ersten Löcklein eines Kindes, die der Schere zum Opfer fielen, wur den früher sorgsam in einem Schächtelchen aufgehoben. Noch im zwei ten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts flochten die Mädchen ihre Haare zu langen Zöpfen. Ein Bubikopf in der 3. oder 4. Klasse (um 1927) kündete einen neuen Trend an. Bis zur Konfirm ation verschwanden vielleicht die Hälfte aller Zöpfe, die anderen etwas später. Die Zeit der Chignons, land läufig «Bürzi» genannt, war vorbei. Diese Haarknoten steckten einst ganz oben auf den Köpfen und gelangten dann m it der Zeit weiter nach hinten bis in den Nacken. W urde der Haarwuchs dünner, konnte ein gleichfarbi ges Fach beigefügt werden. Frauen m achten von den Dienstleistungen der Coiffeusen schon früher gerne Gebrauch: Glatte Haare wurden ondu liert, in den letzten Jahrzehnten m it Dauerwellen versehen, getönt oder gefärbt. Jünglinge und Männer tragen ihre Haare kurz bis m ittellang, seitlich ge scheitelt oder nach hinten gekäm m t. Die einst allgemein bekannten «Schnäuze» (Fliegen, Mücken, Schnurrbärte) sind zur Seltenheit gewor den. Über Generationen war man glatt rasiert; seit einiger Zeit sind Bärte auch bei jungen Leuten als Spitz-, Backen oder Vollbärte wieder häufiger geworden. W ährend zu Beginn des 20. Jahrhunderts der wöchentliche Gang in die Rasierstube noch üblich war, ist in den letzten Jahrzehnten der Gebrauch von Rasierapparaten m it Klingen und Elektro-Rasierern all gemein geworden. K ö rp e rp fle g e Die Arbeit am Bandwebstuhl oder an der W erkbank des Uhrmachers for derte vor allem Reinlichkeit. Diese beschränkte sich nicht nur auf die W ohnräume, sondern galt auch für die Körperpflege. An Hand- und Ge sichtsseife wurde nicht gespart. W enn bei allzu gründlichem Reiben ein Brennen auf der Haut sich bemerkbar machte, fügte man dem W asch wasser etwas Borax bei. Das Badewasser für Kleinkinder erhielt durch 206

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Kamillenblüten oder Kleie eine wohltuende W irkung. W enn in der Kirschen ernte oder beim Entfernen der grünen Nussschalen die Hände sich stark verfärbten, wurden sie beim Kneten des Brotteiges wieder sauber. Heute erzielt man die gleiche W irkung, wenn man ein paar Johannisbeeren m it den Händen zerdrückt und sie nachher m it Brunnenwasser abspritzt. Im übrigen waren schon früher - nam entlich zur W interszeit - Vaseline- und Glycerinsalben zur Pflege der Haut bekannt. Die Verschönerung resp. Verjüngung des Gesichts m it kosm etischen M itteln (Lippenstift, Puder ua.) ist beim weiblichen Geschlecht erst seit den letzten Jahren bekannt, sie wird, soweit in Gebrauch, eher diskret angewendet.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA G e s u n d h e its p fle g e Das Sanitätswesen in Stadt und Landschaft Basel1 unterstand im 18. Jahrhundert einem Sanitätsrat von 8 M itgliedern. Als ausübendes Organ wirkte der Stadtarzt, der zugleich Landphysikus war. Ihm und dem Sani tätsrat unterstanden die ländlichen W undärzte, auch Bader, Scherer oder Chirurgen genannt. In Reigoldswil kennen wir aus verschiedenen urkund lichen Quellen2 (Kirchenbücher, Kaufbriefe, Gemeindebuch) die folgenden W u n d ä rz te : Jacob Abt (1715), Johannes Anderegg aus W angen BE (1730) und Heinrich Ludwig Osiander aus Lauffen am Neckar (1768). Alle drei Genannten führten die W irtschaft zur Sonne, Anderegg und Osiander erwarben ausserdem das Bürgerrecht von Reigoldswil. Im 19. Jahrhun dert etablierte sich der Reigoldswiler Bürger Hans Ulrich Zehntner (1815-1901) als gelernter A rz t 1840 im neu erbauten Haus zum Reifen stein, heute Unterbiel 36. Im gleichen Haus und später im ehemaligen Schulhaus unterhalb der Kirche praktizierte der Arzt Reinhard Erzer aus Seewen SO (1866-1922). Nach seinem Tode übernahm der Arzt Robert Dürrenberger aus Lauwil (1897-1975) die weitläufige Praxis. Er wurde 1964 durch Dr. med. Hans Tanner abgelöst, der seit 1976 zusammen m it Dr. med. Rudolf Isler im Unterbiel 26 eine Arztpraxis ausübt. Im Gegensatz zu früher gehören die meisten Leute einer K ra n k e n k a s s e an. In Reigoldswil sind vertreten: Krankenkasse Grütli, Helvetia, KKB, Uni tas, Krankenfürsorge W interthur (früher Bezirkskrankenkasse W alden burg). Im z a h n ä rz tlic h e n B e re ic h ist Reigoldswil weniger gut versorgt. Zwar zo gen früher schon die W undärzte und später die Hausärzte schadhafte Zähne, doch musste man zum Plombieren oder zum Anfertigen einer Prothese auswärtige Zahnärzte aufsuchen. Kurze Zeit richtete Zahnarzt Blenk aus Allschwil eine Praxis in der «alten Cheesi» ein, und seit 1965 besteht im Untergeschoss der Hauswirtschaftsschule eine temporäre Schulzahnklinik. Im übrigen können heute dank der guten Verkehrsverbin dungen die Zahnärzte in Bubendorf, Liestal und Oberdorf konsultiert wer den. Im Hause des früheren Elektraverwalters Johann Rudin-Roth, Unterbiel 13, bestand zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine D ro g e rie , genannt Apo theke, die von Ferdinand Roth-Kreis geführt wurde. 1938 richtete Andre as Glaser am Dorfplatz 14 eine Drogerie ein, die später in einen Neubau, 207

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Dorfplatz 5, verlegt wurde und seit 1966 von Paul Heiniger geleitet wird. Bei leichteren Krankheiten oder Verletzungen wird in manchen Fällen zu erst die Drogerie aufgesucht, bevor man sich zur Konsultation beim Arzt entschliesst. Früher half man auch m it Hausm itteln, indem man bei Erkäl tungen Tee aus Heilkräutern verwendete und Schürfungen und kleine W unden m it Kirschwasser desinfiszierte. Heisser «Anken» m it Zucker lin derte Halsschmerzen, bei Verdauungsstörungen waren W erm uttee und Balsam nützlich. «W intergfrüüsch» (Frostbeulen) an den Füssen pinselte man m it einer in «Steinöl» (Petrol) getauchten Hühnerfeder. Eine fortschrittliche Einrichtung der Gemeinde war die Anlage eines UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA V o lk s b a d e s im Neubau des Schulhauses auf Chläberen im Jahre 1913. Für die Erwachsenen standen 3 Kabinen m it Badewannen, für die Schüler ein Duschenraum zur Verfügung. Bei der Erweiterung der Schulanlagen im Jahre 1965 entschied man sich für ein Lehrschwim m becken und Du schenräume im Untergeschoss der neuen Turnhalle. Diese Badeeinrich tung wird von säm tlichen Schulen des Sekundarschulkreises Reigoldswil sowie von Vereinen regelmässig besucht, ebenso ist sie als Familienbad beliebt. Und als erfreuliche Tatsache darf festgestellt werden, dass die heranwachsende Generation im Schwim m en ausgebildet wird. Anmerkungen 1 GLB, Bd. 2, 20 f. (Sanitätswesen). 2 Paul Suter, Die Geschichte eines Landgasthofes (Gasthaus zur Sonne). BZ vom 9. Mai 1980.; Gerhard Jockers, Von Badern und W undärzten in der alten Landschaft Basel. BHBI, Bd. 11, 1987, 145 ff. 208

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Familie und Kindererziehung Statistisches Aus den Erhebungen der eidgenössischen Volkszählungen1 kennt man die Zahl der in einer Fam iliengem einschaft lebenden Haushaltungen. Im Jah re 1870 erreichte Reigoldswil das bis heute nicht mehr erlangte M axi mum von 1409 Einwohnern m it 242 Haushaltungen und einem Durch schnitt von 5,82 Personen je Haushalt. Seither ist dieser Zahlenwert ständig zurückgegangen. 1910 betrug er 4,77 bei einer Einwohnerzahl von 1298 m it 272 Haushaltungen, 1950 3,69 bei einer Einwohnerzahl von 1148 m it 311 Haushaltungen und 1980 noch 3,00 bei einer Einwoh nerzahl von 1318 m it 438 Haushaltungen2. Daraus ist ersichtlich, dass anstelle der früher zahlreichen Grossfamilien die Kleinfam ilien vorherr schen. Im Jahre 1980 gab es 198 private Haushalte m it 1-2 Personen, das heisst etwas weniger als die Hälfte aller Haushalte, 69 m it 3 Perso nen, 95 m it 4 Personen, 50 m it 5 Personen und 26 m it 6 und mehr Perso nen. Früher kam es oft vor, dass drei Generationen in einer Familienge m einschaft zusammenlebten, heute sind es meistens zwei. Zahlreich sind die Beispiele (1980 91), dass Verwitwete oder ältere Ledige einen eigenen Haushalt führen und erst dann sich für den Eintritt in ein Altersheim ent schliessen, wenn sie pflegebedürftig sind. Vornamen Sie gehören zum persönlichsten Besitz unserer Bevölkerung. Früher be schränkte man sich während Jahrhunderten auf die herkömmlichen deut schen und biblischen Namen. In den letzten Jahrzehnten hat eine grosse W andlung stattgefunden; die Namenliste wurde erweitert; entsprechend dem Zuzug aus anderen Gegenden der Schweiz, des Auslandes und dem Einfluss der Medien (Zeitschriften, Radio, Fernsehen) fanden neue, sogar fremd klingende Vornamen Eingang. Die nachstehende Zusam m enstellung3 erfasst die Vornamen der Ortsan sässigen nach ihrer Häufigkeit in in vier 10jährigen Perioden ab 1850. 1850-1859UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA M ä d c h e n : Elisabeth 21, Karolina 17, Emilie 15, Maria(e), Anna 13, Anna Maria 11, Lydia 10, Bertha, Emma 9, Anna Barbara 7, Verena 6, Katharina 5, Lina, W ilhelm ine 4, Anna Elisabeth, Amalia, Elisa, Luise, Rosina 3, Ida 2, Cäcilia, Josephine, Julia, Margaretha, Regina, Sara 1, total 167. K n a b e n : Johann(es) 24, Jacob 20, Karl 17, August 10, Heinrich, Julius, Reinhard 9, Emil, Eduard, Johann Jacob 7, Friedrich, Johann Heinrich, Rudolf 6, Adolf 5, M artin 4, Albert, Robert 3, Arnold, Ferdinand, Jere mias, Johann Rudolf 2, Alois, Anton, Edmund, Hermann, Jonas, Niklaus, Paul, W ernhard, W ilhelm 1, total 169. 209

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1890-1899UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA M ä d c h e n : Selma 15, Anna 12, Maria 11, Frieda 10, Bertha, Emma 9, Flora 8, Hulda 7, Ida, Klara, Lina, M artha 6, Elise(a), Fanny 4, Emilie, Hanna, Helena, Louise, Mathilde, Rosa 3, Alm a, Elisabeth, Hedwig, Margaritha, Olga 2, Adeline, Barbara, Cécile, Elsa, Gertrud, Karolina, Lea, Marie, Mina, Sophie, Valerie 1, total 154. K n a b e n : Emil 21, Rudolf 13, Johann(es), Fritz 12, Ernst 10, Jakob, W alt(h)er 8, Hans, Heinrich, Hermann, Leo, Robert 6, August, Karl 5, Juli us, Paul, W ilhelm 4, Albert, Adolf, Alf red (fried ), Friedrich, Gottfried, Gu stav, Traugott 3, Erwin, Reinhard, Samuel 2, Albin, Eduard, Ferdinand, Franz, Max, Otto, Peter, Theodor, Theophil, W illiam 1, total 173. 1931-1940 M ä d c h e n : Ruth 7, Annarös(rösli), Rosmarie 4, Dora(li), Rosa (Rösly), Pau la 3, Agnes, Alice, Anna Marie(a), Elisabeth, Gertrud, Klara, Lotti, Rita, Theres(ia) 2, Adelheid, Andrea, Anny, Bethli, Brigitte, Christine, Doris, Do rothea, Elsa, Elsbeth, Emma, Erika, Esther, Eva, Flora, Helene, Irene, Irma, Jacqueline, Juta, Katharina, Lea, Lore, Mariann, Marie, Martha, Nelly, Ra hel, Salome, Sonja, Susanne, Verena, Vreneli 1, total 76. K n a b e n : Hans, Max 7, Ernst, Kurt, Roland 5, Paul 4, Bruno, Hans Rudolf (Ruedi), Heinz, Peter, Robert, W erner 3, Alfred, Marcel 2, Alex, Andreas, Bernhard, Christoph, Eugen, Felix, Fred, Friedrich, Fritz, Gottlieb, Hans Peter, Hugo, Leo, Ludwig, Lukas, Niklaus, René, Ruedi, Rudolf, W ilhelm 1, total 75. 1971-1980 M ä d c h e n : Karin, Sabina(e) 4, Beatrice(ix) 3, Barbara, Christine, Cornelia, Daniela, Debora, Denise, Gabriela, Janine, Maria, Nicole, Patricia, Regi- na(e), Regula, Sara, Verena 2, Andrea, Claudia, Damaris, Franziska, Jacqueline, Irene, Katharina, Maja, Marinella, Mireille, Nadine, Nadja, Natalie, Natascha, Petra, Rahel, Sandra, Sibylle, Sonja, Susanne, Sylvia, Tabea, Tanja, Ursula, Véronique, Yvette, Yvonne, Xuan 1, total 69. K n a b e n : Daniel 7, Patrik(ck), Philipp, Roger, Thomas 4, Andreas, Chri stoph, David, Michael, Stephan(fan), Tobias 3, Antonio, Jan, Marco, M ar tin, M atthias, Raffaele, Raphael 2, Adrian, André, Aron, Bastian, Benja min, Bernhard, Claude, Dominique, Elio, Emanuel, Eric, Erich, François, Franz, Gaedan, Gerhard, Gerardo, Gilles, Hans Rudolf, Jens, Jonas, Jona tan, Jörg, José, Kurt, Manuel, Marcel, Markus, Michel, Mirco, Pascal, Pasquale, Roman, Ruben, Samuel, Sergio, Silvan, Simon, Urs 1, total 95. Die Gesamtzahlen der vorstehenden Namennennungen sprechen für die grossen Kinderzahlen im 19. Jahrhundert. Der Rückgang von 336 (Peri ode 1850/59) auf 164 (Periode 1971/80) beträgt mehr als die Hälfte. Darin kom m t der Trend zur Kleinfam ilie augenfällig zum Ausdruck. In ge wissem Sinn ausgleichend wirkte auch der starke Rückgang der Sterb lichkeit der Kleinkinder. 210

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Bei den Namen fällt auf, dass beliebte Mädchennamen wie Elisabeth von 21 auf 2 zurückfielen, dafür dann (1931/40) auch die Kurznamen Bethli, Elsa und Elsbeth bevorzugt wurden. Bei den Bubennamen war 1850/59 Johann(es) m it 24 an erster Stelle, 1890/99 m it 12, 1931/40 als Kurzna me Hans m it 7, 1971/80 nur noch m it fremd klingenden Kurzformen Jan und Jens vertreten. Vollständig verschwunden sind die im 19. Jahrhun dert häufigen Mädchennamen Karolina und Emilie sowie die stark bevor zugten Bubennamen Karl, Jacob und August. Sie haben modischen Na men wie Karin, Sabine, Patrick und Roger Platz gemacht. Man hat den Eindruck, dass es den namengebenden Eltern kaum mehr um Tradition und Bedeutung eines Namens geht, ausschlaggebend sind W ohlklang oder etwa auch Vorbilder aus der Film- und Sportwelt. Kinderarbeit und Kinderspiele Im Posamenterdorf Reigoldswil wurden die Kinder schon früh zur Arbeit herangezogen. Die Mädchen hatten in der Küche m itzuhelfen, die Buben im Stall und auf dem Felde. Vor allem aber bot der W ebstuhl für beide Ge schlechter eine nicht immer willkom m ene Beschäftigung. Da hiess es4: «Bueb, de muesch ans Spüelirad, an d W indm aschine und s Abfahrrad. Muesch Bouele winde und Spüeli mache, chasch di nit vili luschtig mache.» Ich erinnere mich, dass in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts, als die Steinschleiferei in verschiedenen Familien als Heimarbeit betrie ben wurde, ältere Sekundarschüler nach den Schulstunden bereits am «Etabli» arbeiteten und oft etwas Mühe hatten, die Schulaufgaben zu be wältigen. M it dem Rückgang der Heimposamenterei und der Steinschleiferei ist die se Art von Kinderarbeit verschwunden. Trotzdem werden in manchen Fa milien die Kinder zur Entlastung der Hausm utter zu kleinen Handreichun gen herangezogen. Aber seit jeher bestehen für die Jugend gewisse Frei räume, wie zum Beispiel die Abende bis zum Betzeitläuten, die schulfrei en Nachm ittage und die Ferien, die zum Spielen in der Familie oder m it Kameraden einladen5. So hielten noch in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts beim Einzug des Frühlings die Ball- und Chrückerlispiele Ein zug. Bevor Gummi- und Tennisbälle erhältlich waren, behalf man sich m it Baumwolle- oder W olleknäueln, die m it einem netzartigen M uster über strickt wurden. «Chrückerli» in verschiedenen Farben bewahrte man in einem Säcklein auf. Zum Spielen gehörte auch ein schöner «Bötsch» aus farbigem Glas. Als Ballspiele waren bekannt: «Hickle» oder «Feufläbe», wobei der Ball auf ein tief herunterhängendes Scheunendach ohne Dach kännel geworfen wurde, «Rössli- und Eggeballe». Beliebt waren auch Ver steckspiele, zum Beispiel «Dorfbärgerlis». In den Som m erm onaten wur den die Reifen (bemalte Holzreifen oder vom Schlosser angefertigte Rei- 211

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fen aus Rundeisen) hervorgeholt und m ittels eines Steckleins in Bewe gung gesetzt. Originelles Spielzeug lieferte die einheimische Pflanzen welt: Körbchen aus W egerichstengeln, Kränziein aus Massliebchen, «Brülle» aus Löwenzahnstengeln und -blüten, «Hippi» und «W aldhörner» aus Salweiden, «Holdermännli», (Stehaufm ännchen aus Holdermark), Schifflein aus Föhrenrinde, «Schindleschybe» aus Schindeln, «Öpfel- schnüre» aus Haselnüssen und Äpfeln. Typische Knabenspiele waren das «Spachteln» und «Stelzenlaufen». Die Mädchen hatten ihre «Dittistube» und ihre M iniatur-Küchen; sie übten sich im «Seilgumpe» und kannten viele Arten von Hüpfespielen. Im W inter vergnügte man sich am Bielstich und im «Neuströssli» m it Schlitteln, wobei man «Chruckli», «Gätterli-» und Einbeinschlitten gebrauchte, bevor die «Davoser» und die modernen Plastikrutscher in Gebrauch kamen. Vorläufer der Ski waren die selbstver fertigten «Fassduuge». Heute bietet der Turnunterricht viele Anregungen zu weiteren Spielen und Sportarten. Auf den geteerten Strassen und den PLätzen der Schulanlage tum m eln sich gewandte Rollbrett- und Velofah- rer(innen), andere üben sich beim Schulhaus im Tischtennis oder anhand verschiedener Markierungen an Hüpfespielen. Zum Abschluss erwähnen wir ein paar Modespiele, die in gewissen Jah ren auftraten und dann wieder verschwanden. So erschien nach 1910 das «Diabolo», ein W urfkörper, der in die Höhe geworfen und m it einer ge spannten Schnur wieder aufgefangen werden musste. Um 1930 begei sterte das «Yo-Yo», eine m it einer Schnur versehene Spule, die durch Auf- und Abwärtsbewegung sich ständig drehte, jung und alt6, und um 1958 war eine Zeitlang das «Hula-Hoop» Mode, ein farbiger Reifen aus Kunst stoff, der durch kreisende Bewegung der Hüfte m öglichst lange in Bewe gung gehalten wurde. Ein anderes Mädchen-Spiel, der Gummi-Twist (Figuren-Hüpfen m it Elastikschnur), das 1964 aufgekommen ist, ist bis heute beliebt geblieben. Kindergarten und Spielgruppe Die Anfänge des Reigoldswiler Kindergartens gehen auf die wirtschaft lichen schwierigen dreissiger Jahre zurück. Familie W eber-Kupfer schm ied7 hatte damals 6 kleine Kinder, und die überlastete M utter sann auf eine M öglichkeit zu einem sinnvollen Kinderhütedienst, der auch an deren zugute kommen könnte. So suchte sie von Haus zu Haus, zunächst im Unterbiel, andere M ütter, die ebenfalls an einem Kindergarten interes siert waren. Vielerorts war man skeptisch. Ein Vater sagte ihr: «Ich will mys Chind scho au schicke, aber das Züüg gheit gly wider zäme!» Als Frau W eber den hintersten Teil des Textilladens Amsler, der damals als separates Säli einer wöchentlichen Bibelstunde der Chrischonage- m einschaft diente, tagsüber gratis zur Verfügung gestellt bekam, wagte sie es und fand in Fri. Neeser aus dem Aargau eine geeignete junge Kraft, um die Kindergartenarbeit versuchsweise aufzunehmen. Eine spezielle Ausbildung für Kindergärtnerinnen kannte man damals noch kaum. Der Konsumverein Liestal stellte auf Anfrage ein leeres Zimmer oben im hiesi 212

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gen Konsumladen zur Verfügung, welches bald m it ein paar geliehenen M öbelstücken ausgestattet war. Hier konnte Fri. Neeser wohnen. Essen durfte sie bei der sonst schon zahlreichen Familie W eber-Kupferschmied. Nun konnte der Betrieb m it einem Dutzend Kinder beginnen. Bald waren es mehr. Jedes musste jeweils am M ontag 20 Rappen m itbringen. Da und dort half ein Gönner weiter. Eine Schachtel voll alte, geschenkte Spielsa chen war der Grundstock der Ausrüstung. Jedes Kind durfte auch eigene Spielsachen m itbringen. Bald war das «Kindergarten-Tanti» sehr beliebt und wurde reihum zum M ittagessen eingeladen. Dr. Leo Zehntner, damals Gemeindepräsident, war dem Kindergarten auch sehr gewogen. Er sorgte für Reiswellen, um im W inter den grossen Kachelofen zu heizen, und dann auch für kleine Bänklein, statt der gros sen Stühle im Lokal. Bald nachher rief Frau W eber, zusammen m it Frau Selma Schneider-Frey in der Ziegelhütte, ein Strickkränzli der Kindergartenm ütter ins Leben, und 1932 wurde ein erster Bazar abgehalten, welcher der guten Sache auch weiterhalf. Überhaupt zeigte es sich, dass ein Kindergarten im Dorf einem grossen Bedürfnis entsprach. Besonders die Frauen der Heimposamenter waren froh, ihre Kinder regelmässig schicken zu können. Nach der Verheiratung von Fri. Neeser fand man in Fri. Tschopp aus Zie- fen eine neue Kraft. Sie wohnte und ass daheim, was die Sache wesent lich vereinfachte. Nach ihr konnte Herr W eber Schwester W inifred Schön holzer, eine ausgebildete Rüschlikoner Diakonisse, als Kindergärtnerin ge winnen. Sie bezog die W ohnung über dem Kindergarten und blieb ihrer Arbeit 25 Jahre lang treu, bis sie 1959 vom M utterhaus aus Gesundheits rücksichten in eine andere Tätigkeit gewiesen wurde. Schwester W inifred hat sich um unser Dorf sehr verdient gem acht. Sie betreute im engen Lo kal oft weit über 30 Kinder, und war m it Liebe und Geschick für alle da. Viele Reigoldswiler halten sie in lebendiger, dankbarer Erinnerung. Nach dem für kurze Zeit eine zweite Schwester als Hauspflegerin dagewesen war, übernahm sie auch deren Arbeit und setzte sich in selbstloser W eise ein, wo sie gerade nötig war. Vielleicht lag in dieser allzugrossen Arbeit, die sie sich selber zumutete, der Keim ihres späteren jahrelangen, schwe ren Leidens in der Pflegestation des M utterhauses Rüschlikon, während dem sie in Gedanken oft in Reigoldswil war und viele Besuche aus dem Dorf erhielt. Die segensreiche Institution eines Kindergartens war nicht mehr aus dem Dorf wegzudenken. Daher übernahm schon Ende der dreissiger Jahre der Frauenverein Reigoldswil das Patronat über den Kindergarten von Frau W eber. Eine Kommission wurde m it der Verwaltung betraut. 1968 konnte dank eines grosszügigen Legates von Jakob Rudin-Frey, eines kleinen Dorf festes und weiterer Spenden ein neuer, schm ucker Kindergarten am Bergli- weg gebaut und bezogen werden. Die weiteren Kindergärtnerinnen waren bis heute: Monika Desirée Jung, Susi Schweizer, Annelies Rudin, Regula Linsig, Lisbeth Alig, Marlies Plüss-Harsch und Madeleine Däscher, Anke Schönenberger-Bekkering, Elisabeth Siegenthaler, Sonja Tizeroual-Hägler. Auf die Initiative von Frau Graziella Isler entstand im Rahmen des Frauen vereins Reigoldswil 1979 eine UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA S p ie lg ru p p e 8, wo 4- und 5jährige Kinder 213

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Abb. 69. Kindergarten, Bergliweg 5. unter der Leitung von zwei M üttern im vorderen Musiklokal wöchentlich zweimal je 1% Stunden gemeinsam spielen, werken und basteln. 1986 konstituierte sich für diese Spielgruppe ein besonderer Trägerverein, dem Frau Dorothea Casagrande-Strübin als Präsidentin vorsteht. Anmerkungen 1 Statistisches Jahrbuch des Kantons Basel-Landschaft 1986, 50 f. 2 W ie 1, 55. 3 Ga, Zivilstandsakten, Geburtenregister 1850 ff. 4 Paul Suter, Die letzten Heimposamenter. Altes Handwerk, Heft 43, Basel 1978, 28 (Pasimänter-Gedicht aus Ziefen). 5 Gustav Müller, Von alten Kinderspielen. BHBI, Bd. 1, 1936, 5 ff.; 52 ff. (Selbstge machtes Spielzeug); Derselbe, Unsere einheimische Pflanzenwelt im Dienste des kindlichen Spieles. BHBI, Bd. 1, 1942, 127 ff. 6 Fritz Klaus, Heimatkunde von Liestal. Liestal 1970, 352. 7 Persönliche Schilderung durch Frau Rosa W eber-Kupferschmied, Reigoldswil. 8 100 Jahre Frauenverein Reigoldswil, 1881-1981, 12 (Bericht der Spielgruppe). 214

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Die Schulen Aus der Schulgeschichte In der Basler Reform ationsordnung von 1529 wird den Pfarrern unter an derem besonders die Belehrung der Jugend und ihre Erziehung zur Got tesfurcht und zur christlichen Zucht ans Herz gelegt. Aus dem kirchlichen Jugendunterricht, der Kinderlehre, ist die Volksschule hervorgewachsen. Allerdings beschränkte sich die kirchliche Unterweisung auf die soge nannten fünf Hauptstücke: das Unservater, die zehn Gebote, die zwölf Artikel des christlichen Glaubens, die Einsetzungsworte für die Taufe und das Abendm ahl. Vor allem wurde das Lesen und Auswendiglernen geübt, vom Schreiben und Rechnen war kaum die Rede. Als erster Ort der Landschaft Basel besass das Städtchen Liestal eine ei gene Schule. Sie bestand schon in vorreform atorischer Zeit1 und war das Vorbild für die von der Obrigkeit unterstützten UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D e p u ta te n s c h u le n der Landschaft Basel. Für den unteren Teil des Reigoldswilertales (Kirchge meinde Bubendorf und Umgebung) wurde 1626 die Deputatenschule Bu bendorf gegründet2. Aber schon vor 1624 erhielt Bretzwil eine sogenann te G e m e in d e - o d e r B a u e rn s c h u le , die vom Pfarrer der Kirchgemeinde Bretzwil-Lauwil-Reigoldswil betreut wurde3. Aus den Kirchenbüchern die ser Pfarrei geht hervor, dass auch Reigoldswil als grösste Gemeinde un gefähr zur gleichen Zeit eine Schule besessen haben muss, denn 1653 führte das Totenregister den gewesenen Schulm eister Lux Bürgi an, und etwas später, von 1705 an, am tete Johannes Heuberger als Schulm eister und Sigrist zu Reigoldswil, der nach 42jähriger W irksam keit 1749 im Al ter von 72 Jahren starb4. Sein Nachfolger war Durs Roth (1710-1789), dessen Nachkommen m it dem Dorfnamen Schuldurs, Schulheirech ge nannt wurden. Bei den Erhebungen des Erziehungs-Comités im Jahre 1798 wird Johannes Bürgi, 70jährig, als Schullehrer angeführt. Der da malige Pfarrer von Reigoldswil, Johann Jakob Bachofen5, war als ehema liger Lehrer am Gymnasium in Basel in der Lage, einen guten Unterricht in der Kinderlehre und in der Unterweisung zu erteilen. Er nahm sich auch eifrig der Schule an, was aus seinem Bericht an das Erziehungs-Comité hervorgeht: Er fand unter den 52 Schulkindern «kaum 19 Leseschüler und nicht einen Rechnungsschüler und Sänger». Als sich der Schullehrer m it dem Mangel an «Subjekten» zu entschuldigen suchte, gab er ihm zu ver stehen, «er sei noch wegen andern Dingen in seine Schule gekommen, als nur das Nachtm ahlbüchlein rezitieren und nach seiner W eise erklären zu hören». Von der Schulhaltung des Lehrers war Pfarrer Bachofen auch sonst nicht erbaut. Er schreibt: «Zum Rechenlehrer hat der Schulm eister weder Tüchtigkeit noch Zeit. Bis alle Kinder das Auswendiggelernte auf gesagt, gelesen und buchstabiert haben, sind drei bis vier Stunden hin.» Doch konnten auch in Reigoldswil die meisten Leute rechnen, nämlich m it römischen Ziffern! Nach dem Tode von Pfarrer Bachofen am tete Carl Ulrich Stückelberger bis zur Kantonstrennung in Reigoldswil. Er machte sich ebenfalls um die 215

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Schule verdient und trat eifrig für eine Vergrösserung des kleinen Schul hauses ein. Damals unterrichtete Lehrer Erhard Denger (von 1808 bis 1826 in Reigoldswil) die 130 Schüler des Dorfes. Aus seiner Am tszeit hat sich im Pfarrarchiv ein Paket von 83 Aufsätzen erhalten, die anlässlich der Reform ationsfeier von 1819 verfasst worden waren und die für die tüchtige Arbeit der Schullehrer in Reigoldswil und Titterten zeugen. Nach der Kantonstrennung wechselten die Lehrer rasch; man hat den Ein druck, dass sich die Pädagogen nach besser bezahlten Stellen umsahen. Im Jahre 1836 wurde endlich eine zweite Lehrstelle geschaffen6 und nach mehreren Anläufen (im Schuljahr 1863/64 195 Alltags- und 93 Repetier schüler!) 1874 eine dritte Lehrstelle7. Die Einführung der M ädchenhand arbeit erfolgte schon 1841; die erste Lehrerin war Frau Barbara Probst- Baumann. Der Schulalltag wurde nur selten durch festliche Anlässe unterbrochen. Im Jahre 1837 organisierten die Lehrer des Reigoldswiler Tales ein Kinder fest. Eine Schulreise wurde 1835 erstm als «bewilligt», von 1865 an folg ten sie in 2 bis 3 jährigem Turnus. Vor Einführung der Autokurse wurden die Schüler bei der Rückkehr von ihrer Schulreise jeweils von der nächsten Bahnstation m it pferdebespannten Leiterwagen abgeholt. Das jährliche Examen bildete den Höhepunkt des Schuljahres. 1860 wurden erstmals Schulprämien an gute Schüler abgegeben, und die 6. Klässler, welche die Alltagsschule verliessen, bekamen ein W eggli. Später hört man nichts mehr von den Prämien, dafür erhielten alle Schüler das ersehnte W eggli. Von den alten Schulhäusern W ährend in vielen Gemeinden der Lehrer seine eigene Stube als Unter richtslokal zur Verfügung stellen musste, besass die Gemeinde Reigolds wil «zu oberst an der Kirche ein Schulhäuslein». Dieses wird auf der Skiz ze des Geometers Georg Friedrich Meyer vom Jahre 1681 noch nicht auf geführt, findet sich aber auf der Federzeichnung Emanuel Büchels vom 1. August 1754. W ahrscheinlich wurde es am Ende des 17. Jahrhunderts als kleiner Vielzweckbau m it Scheune und Stall erbaut. Im Jahre 1700 wurde daselbst ein «Pfarrstübli» eingerichtet8, wo sich der in Bretzwil wohnende Pfarrer vor der Predigt umkleiden konnte. Nachdem im Jahre 1765 Reigoldswil m it Titterten zur selbständigen Pfarrgemeinde erhoben worden war, kam dieser kleine Raum der Schule zugute, die im oberen Stockwerk untergebracht war, während sich die Lehrerwohnung im Erd geschoss befand. Als 1819 die Schülerzahl auf 130 angewachsen war, genügte der Schulraum von 260 Quadratfuss (23,4 m2) kaum mehr für den Unterricht. Auf die Initiative des Pfarrers Stückelberger schritt die Gemeinde endlich zur Vergrösserung des Schulhauses9. An Stelle der Ökonomie wurde dieses «15 Schuh gegen M itternacht» erweitert und der Gang zwischen Haus und Kirchhofm auer überdacht und als Hausgang einbezogen. 1842 erhielt das Schulhaus einen neuen Dachstuhl, und 1855 ersetzte ein Gipsplafond die übliche Holzdecke, weil das Schulzim mer «im W inter zu dunkel und schwer zu erwärmen» war. 216

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Abb. 70. Kirche und Schulhaus. Nach einem Aquarell von Matthias Bachofen, um 1810. 1770 zählte Reigoldswil 750 Einwohner, 1850 waren es 1270 und 1870 1409 Einwohner. Dieser starke Bevölkerungszuwachs steht im Zusam menhang m it der damals blühenden Hausindustrie der Posamenterei, de ren Zentrum Reigoldswil bildete. Für die Schule genügte das Schulhaus längst nicht mehr. Die zweite Schulabteilung (seit 1836) wurde ein paar Jahre im grossen W ohnhaus hinter der «Sonne» untergebracht, und zu letzt behalf man sich durch Unterteilung des Schulzimmers an der Chilch- ägerten. 1840 entstand endlich südlich der Kirche die sogenannte Ober schule, ein typischer Vielzweckbau, dessen unausgebaute Scheune 1851 auf Kosten des Lehrers fertiggestellt wurde, während die Gemeinde das notwendige Baumaterial lieferte. 1866 brannte das Gebäude, wahrschein lich durch Unachtsam keit von Schülern, ab. Der Neuaufbau kam auf 6920 Franken zu stehen. Auch hier befand sich die Lehrerwohnung im Erdgeschoss, die Schulstube im 1. Stock. Im Jahre 1869 beantragte die Schulpflege die Errichtung einer dritten Schule10. Sie bekam den Namen Hinterschule, weil sie am W eg nach Bretzwil zu stehen kam. Das Gebäu de war 1856 als Spritzenhaus erstellt worden; durch Ausbau des 1. Stockes im Jahre 1874 (5Jahre nach dem Antrag der Schulpflege) ent stand ein Schulzim m er und eine kleine Lehrerwohnung11. In der Folge war die untere Schulabteilung in der Hinterschule, die m ittlere in der alten Schule und die obere wie seit 1840 in der Oberschule untergebracht. 217

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Die Gründung der Sekundarschule und der Schulhausbau 1912/13 Trotz der eher konservativen Einstellung der Bevölkerung von Reigoldswil fehlte es nie an Männern, denen eine gute Ausbildung der jungen Genera tion oberstes Anliegen war. Schon im Herbst 1865 regte Pfarrer Johann Rudolf Linder in der Schulpflege die Errichtung einer Sekundarschule an, und ein Jahr später, am 30. Dezember 1866, fand im Gasthaus zur Sonne eine gut besuchte Versammlung von Vertretern aller Gemeinden des Hin terlandes statt, welche die Gründung einer höheren Schule im Reigolds- wilertal bezweckte12. Die Gemeinde Reigoldswil unterstützte das Begeh ren einhellig, fand aber beim Staat Baselland kein Entgegenkommen. Man begnügte sich damals eben m it den 4 Bezirksschulen und betrachtete den weiten W eg nach W aldenburg als eine gesunde körperliche Übung für die jungen Leute. Als viele aufstrebende Gemeinden des Baselbiets anfingen, auf eigene Kosten Sekundarschulen zu errichten, regte es sich auch in Reigoldswil. Auf die Initiative des Landrates Gustav Schneider be schloss die Einwohnergemeinde vom 28. April 1901 m it grosser M ehrheit die Einführung einer solchen Schule. Da kein Schulzim m er vorhanden war, offerierte Gustav Schneider unentgeltlich ein grosses Zimmer im ehemaligen Käsereigebäude. Doch in den Kreisen der Landwirtschaft und bei vielen Posamentern fanden diese Bildungsbestrebungen eine kühle Aufnahme. Ein Rekurs gegen den Gemeindebeschluss wurde zwar vom Regierungsrat abgewiesen; aber ein von 90 Einwohnern unterschriebenes Begehren verlangte eine ausserordentliche Gemeindeversammlung. An dieser nahm sogar Erziehungsdirektor Gustav Adolf Bay teil. Trotz dem vehementen Einsatz des kantonalen M agistraten erfolgte m it 102 gegen 63 Stim m en die Annullierung des ersten zustim m enden Beschlusses13. Zehn Jahre vergingen; der Initiant und Freund einer guten Schulbildung, Landrat Schneider, warb unverdrossen im stillen weiter und fand schliess lich 1912 eine grosse M ehrheit für die Einführung einer zweiklassigen Kreissekundarschule und die Erstellung eines neuen Schulhauses auf Chläberen für Primär- und Sekundarschule, m it Turnhalle, Schulküche und zwei Lehrerwohnungen14. Die Pläne entwarf der Reigoldswiler Bürger Hermann W alliser. Das aus Bruchsteinen von der Gillenflue erbaute, im po sante, hochgiebelige Gebäude kostete 180 000 Franken. Kurz nach der Vollendung warf einer der m ilitanten Gegner des Neubaus auf der Hinter seite eine Anzahl Fensterscheiben ein; das Schulhaus stand aber zur Freude der meisten Reigoldswiler da und leistete während eines halben Jahrhunderts gute Dienste. Bei seiner Eröffnung beherbergte es 4 Primar abteilungen und die Sekundarschule. Im 50. Jahr seines Bestehens waren noch 3 Primär-, aber 6 Realschulabteilungen, ein Lehrerzimmer, die Koch schule und ein Handarbeitsraum für Knaben darin untergebracht. Die heutigen SchulverhältnisseUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D ie n e u e n S c h u lb a u te n 1 9 6 2 /6 5 u n d d e re n E rw e ite ru n g 1 9 8 6 /8 7 Nachdem zu Beginn der sechziger Jahre im Schulhaus säm tliche Räume belegt worden waren - während zweier Jahre wurde sogar im Duschen- 218

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Abb. 71. Schulbauten, Augst 1987. Von links nach rechts: Sekundarschulhaus (1965) mit Erweiterung (1987), davor Turnhalle, Hauswirtschaft und Abwartwohnung (1965), Primarschulhaus (1913). raum und im Samm lungszim m er Schule gehalten - war die Erstellung neuer Schulräume kein Luxus mehr. So wurde nach einem Planierungs W ettbewerb von Architekt Max Schneider, einem Reigoldswiler Bürger, ein neues Realschulhaus nebenan in der Rüschelm atte geplant15. Dazu kamen eine Turnhalle und ein Hauswirtschaftstrakt m it Abwartswoh nung. Als erste Gemeinde im Kanton wagte man, im Untergeschoss der Turnhalle ein Lehrschwim m becken m it einzuplanen. Bereits im Frühjahr 1962 bezogen zwei Klassen den Rohbau des Realschulhauses, und im Frühjahr 1963 waren säm tliche Klassen im neuen Schulhaus unterge bracht. Seit dem W intersem ester 1964/65 wurde auch die neue Turnhalle benützt. Die am 19.-21. März 1965 eingeweihten Schulbauten kamen auf 5,1 Mio. Franken zu stehen. Nach beinahe 25-jähriger intensiver Benützung zeigten sich im Sekundar schulhaus (seit 1981 heissen die Realschulen wieder Sekundarschulen) nach energietechnischen Untersuchungen verschiedene Schwachpunkte; auch forderte das erweiterte Fächerangebot der Sekundarschule ver mehrte Arbeits- und Nebenräume16. Eine Baukommission wurde be stim mt, die m it dem Architekturbüro Kurt Roth in Reigoldswil und dem Ingenieurbüro Gysin und Ehrsam AG in Pratteln ein Sanierungs- und Er weiterungsprojekt ausarbeitete. Nach 114 jähriger Bauzeit konnten die Bauarbeiten m it einer würdigen Einweihungsfeier am 23. Mai 1987 abge 219

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schlossen werden. Das Bauprogramm um fasst folgende Arbeiten: Erneu erung der W and- und Bodenbeläge, Erweiterung des Baukörpers nach Osten, Untergeschoss m it W erk- und Materialraum; Erdgeschoss: Vorbau in Metall und Glas als W intergarten, Vergrösserung der Eingangshalle, Lehrersitzungs- und Arbeitszim m er, Rektorat und Kopierraum, Schülerbi bliothek und Aufenthaltsraum ; Obergeschoss: Sing- und Musizierzimmer, Medien- und Inform atikraum . M it seinen hellen, freundlichen Räumen in m itten einer wohltuend grünen und baumbewachsenen Umgebung ist das Sekundarschulhaus ein Schm uckstück unseres Dorfes. Die Bauko sten beliefen sich auf 1,6 Mio. Franken; die neu erstellten Räume bezahlte der Kanton, für die Renovationen kam die Gemeinde Reigoldswil auf.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D ie P rim ä r- u n d R e a ls c h u le W ährend Jahrzehnten wirkten in der Primarschule 3 Lehrkräfte: eine Leh rerin für die 1. und 2. Klasse, ein Lehrer für die M ittelstufe (3.-5. Klasse) und ein Lehrer für die Oberstufe (6.-8. Klasse). Nachdem durch gesetzli che Verfügung die Klassenbestände reduziert worden waren, bestanden ein paar Jahre 5 Abteilungen, ausserdem bestand bis 1981 eine Klein klasse m it einer Lehrkraft m it heilpädagogischer Ausbildung. Seit 1983 sind es nun 4 Abteilungen: je eine Lehrerin für die 1.-3. Klasse und ein Lehrer für 4./5. Klasse. Bis zu ihrer Pensionierung haben geamtet: Jakob Schwander, Erwin Abt und Hans Däscher. Die Oberklassen der Primarschule werden seit 1970 als Realschulabtei lung m it Französisch geführt. Zunächst bestand in Reigoldswil eine Ab teilung. 1985 wurde eine Kreisrealschule m it zwei Abteilungen (1. und 2./3. Klasse) eingerichtet, der neben Reigoldswil auch die Schüler der Ge meinden Lauwil und Ziefen angehören. Seit 1965 beteiligt sich Reigolds wil an der in Ziefen eingerichteten regionalen Berufswahlklasse, einem 9. Schuljahr für Real- und Sekundarschüler. Das Primarschulhaus wurde in verschiedenen Etappen restauriert und auch im Innern m odernisiert. 1965 passte man das Äussere den neuen Schulbauten an. Dann kamen die einzelnen Räume, u.a. auch das Lehrer zimmer, an die Reihe. 1987 erhielt jedes Klassenzimmer einen W andbrun nen. Im Vergleich zu den Schulverhältnissen im 19. Jahrhundert m it den engen Räumen und überfüllten Schulabteilungen sind die heutigen Verhältnisse als ideal zu bezeichnen. Die Primarschule schafft einerseits die Grundla gen zu den weiterführenden Schulen, anderseits bietet sie in den Real und Berufswahlklassen ihren Schülern eine gute Vorbildung für das Be rufsleben. V e rz e ic h n is d e r L e h rk rä fte d e r P rim ä r- u n d R e a ls c h u le v o n R e ig o ld s w il s e it 1 8 7 1 17 P rim a rs c h u le Johann Jakob Schwander von Eptingen Johann Zimmermann von Kempfhof ZH Heinrich Sutter von Bretzwil Jeremias Tschopp von Ziefen 220 * = Rektor 1871-1902 1879-1887 1879-1882 1883-1900

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Theophil Tanner von Holstein August Feigenwinter von Reinach Reinhard Plattner von Bretzwil Hans Gautschi von Gontenschwil AG Jakob Schwander von Eptingen Nathan Hägler von Langenbruck Friedrich Gisin von Tenniken Lina Jundt von Bubendorf Friedrich Gersbach von Basel Jakob Müller von W artau SG Emmy Schlumpf von Ziefen Martin Traxler von Balterswil TG Greth Mährer von Möhlin Erwin Abt von Bretzwil Marie Schweizer von Itingen Emil Probst von Reigoldswil Olgi Dürrenberger von Lupsingen Oskar Studer von Frutigen BE Sylvia Sialm von Disentis GR W alter Vogt von Lauwil Dorothea W alser von Teufen AR und Oberdorf Jacqueline Castiglia-Dürrenberger von Lauwil Robert Tobler von Alt St. Johann SG Hans Däscher von Luzein GR * W erner Plüss von Vordemwald AG Alice Müller von Sarnen OW Peter Gysin von Oltingen Marlies W ennberg von W eggis LU Elisabeth Martin von Sissach Albert E. Schär von Eriswil BE * Ursula Minder-Aebischer Franziska Suter von Arboldswil u. Reigoldswil Inse Kepka von Basel Priska W itschi von Basel Sybille Bühler-Lutz Sabine Rudin-Maier von Lauwil 1887-1891 1891-1892 1893-1907 1900-1908 1901-1942 1908-1914 1914 1908-1920 1915-1922 1919-1928 1920-1931 1928-1941 1931-1942 1941-1973 1942-1943 1942-1946 1944-1949 1946-1951 1949-1954 1951-1968 1954-1957 1957-1974 1958-1967 1962-1985 1965-1971 1967-1968 1968-1969 1968 bis heute 1968-1970 1971 bis heute 1972-1975 1972 bis heute 1975-1978 1976-1981 1979-1984 1984 bis heute K re is -R e a ls c h u le R e ig o ld s w il u n d U m g e b u n g rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Fritz Schaffner von Anwil Marlies Medina-Brönnimann von Köniz BE A rb e its - u n d H a u s h a ltu n g s s c h u le Katharina Schwander-W eber von Reigoldswil Lisette Schneider-Frei von Reigoldswil Lina Schneider von Reigoldswil Adeline Schwander von Eptingen Marie Dettwiler von Reigoldswil Anna Dettwiler-Thommen von Reigoldswil Frieda W eber-Senn von Reigoldswil Leonore Heim von Neuendorf SO Elisabeth Schweizer Annemarie Hug von Ziefen Heidi Bur von Günsberg SO und Lausen Yvonne Vuille von La Sagne NE u. Sissach 1971 bis heute 1985 bis heute 1872-1918 1879-1900 1899-1921 1901-1936 1920-1949 1936-1938 1936-1970 1956-1961 1971-1974 1974-1985 1975 bis heute 1985 bis heute 221

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L e h re r u n d K la s s e n b e s tä n d e 1 9 8 7 /8 8 rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Primarschule 1. Klasse: Sabine Rudin-Maier 2. Klasse: Marlies W ennberg 3. Klasse: Franziska Suter 4 ./5. Klasse: Albert E. Schär, Rektor Lehrkräfte mit Teilpensen Robert Erb: Zeichnen Richard Haberstich: Turnen Erna Nachbur: Legasthenie Realschule 1. Klasse: Marlies Medina-Brönnimann 2 ./3. Klasse: Fritz Schaffner Arbeits- und Hauswirtschaftsschule Heidi Bur: Hauswirtschaft und W erken (Real.) Yvonne Vuille: Handarbeit (Primär, u. Real.) 10 Schüler 1 8 Schüler 1 9 Schüler 23 Schüler 70 Schüler 8 Schüler 24 Schüler 32 Schüler D ie S e k u n d a rs c h u le Die im Jahre 1913 gegründete Kreis-Sekundarschule war zuerst eine Ge samtschule, indem ein Lehrer alle Fächer in 2 Schulklassen (7. und 8. Schuljahr) unterrichtete. 1931 entschloss man sich für eine zweite Lehr kraft, wobei in 2 Abteilungen 3 Klassen m it Anschluss an die 5. Primar- klasse geführt wurden. M it dem Schulgesetz von 1946 erhielt die Sekun darschule eine dritte Lehrkraft, ausserdem wurde sie Staatsschule und bekam den neuen Namen Realschule. Durch den Anschluss der Gemein den Arboldswil und Ziefen stieg die Schülerzahl rasch an, und es m uss ten Doppelklassen geführt werden. Seit 1981 heisst die Realschule wie der Sekundarschule und sie um fasst 4 Doppelklassen m it 9 Lehrkräften. Im erweiterten Schulhaus sind alle Einrichtungen für einen erfolgreichen Unterricht vorhanden: Sprachlabor, W erkräume, Schulbibliothek, Photo raum, M usizierzim m er u.a. Die vor Jahrzehnten eingeführten Neuerun gen: Maschinenschreiben und Photographieren als Freifächer, Klassenla ger der 4. Klassen, haben sich eingelebt und auch die Projektwoche am Schluss des Schuljahres bewährt sich bestens. W ährend noch in den dreissiger und vierziger Jahren nur wenig austretende Schüler weiterfüh rende Lehranstalten besuchten, ist es heute meistens die Hälfte der pro gymnasialen Klasse. Der Rückgang der Schülerzahlen war in den letzten Jahren auch in der Sekundarschule spürbar, 1984/85 betrug die Gesam t zahl 168, 1987/88 noch 144. Von der Lehrerschaft ist zu bemerken, dass nach einem starken W echsel in den sechziger Jahren in den letzten Jahren wenig M utationen vorge kommen sind. Bis zu ihrer Pensionierung haben in Reigoldswil gewirkt: Dr. Jakob Aellig, W illy Schaub und Dr. Paul Suter. Der Letztgenannte hat die Entwicklung der Sekundarschule von der einstigen Gesamtschule bis zum vollständigen Ausbau m iterlebt. 222

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L e h rk rä fte d e r S e k u n d a rs c h u le s e it d e r G rü n d u n g 1 9 1 3 rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA * = Rektor Theodor Probst von Reigoldswil Paul Suter, Dr. phil., v. Arboldswil u. Reigoldswil* Hans Bandii von Safien-Bäch GR Rudolf Haas von Holstein Jean Ballmer von Itingen Ruth W eiss von Basel Lukas Moser von Basel Erhard Keller voin Seuzach ZH Peter Suter, Dr. phil., von Arboldswil W ilhelm Schaub von Ramlinsburg u. Reigoldswil Heinrich Müller von Sarnen OW Jakob Aellig, Dr. phil., von Adelboden BE * Ursula Geisinger von Vernate Tl Christa-Verena Gehrig von Trub BE Oskar Siegenthaler von Langnau BE * Peter Ettlin von Kerns OW * W alter Vogt, Dr. phil., von Lauwil Stephan von Däniken von Ober Erlinsbach SO Gerhard W irth von Villaz-St. Pierre FR Felix Schweizer von Basel und Bretzwil W erner Speich, von Leuggelbach GL A rb e its - u n d H a u s w irts c h a fts le h re rin n e n Frieda W eber-Senn von Reigoldswil Heidi W üthrich von Eggwil BE Leonore Heim von Neuendorf SG Rosmarie Schweizer von Titterten Alice Honegger Elsbeth Schweizer Annemarie Hug von Ziefen Heidi Bur von Günsberg SO und Lausen Yvonne Vuille von La Sagne NE und Sissach H a u p tle h re r u n d K la s s e n b e s tä n d e 1 9 8 7 /8 8 Klasse 1a: Felix Schweizer Klasse 1b: Peter Ettlin Klasse 2a: W erner Speich Klasse 2b: Peter Suter, Dr. phil. Klasse 3a: Stephan von Daeniken Klasse 3b: W alter Vogt, Dr. phil. Klasse 4a: Gerhard W irth Klasse 4b: Lukas Moser Rektor: Oskar Siegenthaler Heidi Bur: Yvonne Vuille: Hauswirtschaft und W erken Handarbeit und W erken L e h rk rä fte m it T e ilp e n s e n 19131925 1925-1964 1931-1956 1947-1954 1950-1956 1954-1957 1 956 bis heute 1957-1961 1958 bis heute 1960-1986 1961-1968 1962-1984 1962-1963 1963-1975 1 964 bis heute 1 968 bis heute 1969 bis heute 1 978 bis heute 1 980 bis heute 1 984 bis heute 1 986 bis heute 1936-1970 1961-1975 1956-1961 1970-1971 1971-1973 1973-1974 1974-1985 1 975 bis heute 1 985 bis heute 1 9 Schüler 1 9 Schüler 14 Schüler 18 Schüler 1 7 Schüler 1 7 Schüler 1 5 Schüler 1 5 Schüler 144 Schüler Susi Dörflinger: Hansruedi Hochuli: Maria Metz: Monika Rüegg: Fritz Schaffner: Handarbeit Textil Chemie und Biologie Singen und Musiklehre Turnen Handarbeit Metall Christa Schuler: Kurt Schweizer: Franziska Suter: Christine W irth: Patricia W ittstich: Zeichnen Handarbeit Holz Maschinenschreiben Französisch und Singen Italienisch 223

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D a s H a u s « z u m F e ld » 18rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Nach dem Tode von Rudolf Plattner, 1886-1978, kam die Sekundarschu le durch testam entarische Verfügung in den Besitz des Bauernhauses (Stockwerkeigentum ) sam t Liegenschaften auf Feld. Der Erblasser hatte in Erinnerung an das gute Verhältnis zu Schülern und Lehrern der Schule eine Stiftung errichtet, welche die Schaffung und den Unterhalt eines Heimatmuseums bezweckte, wo die reichhaltige historische Schulsam m lung untergebracht werden sollte. Ein Stiftungsrat, bestehend aus Leh rern und Schulpflegern der Sekundarschule, wurde m it der Leitung be treut. Im Jahre 1986 entstand ferner als Trägerverein die «Gesellschaft zum Feld», die durch Ausstellungen, Führungen und Vorträge Geschichte und Brauchtum den M itgliedern und einer weiteren Öffentlichkeit nahe bringen möchte. Das Interesse der Bevölkerung für die neue Einrichtung ist vorhanden. Verschiedene W echselausstellungen seit der Eröffnung im Jahre 1982 zeigten einzelne Abteilungen der gesammelten Objekte. 1986 besuchten 889 Personen das «Feld»: 251 Besucher an 13 Sonntagen, 464 Personen an Sonderführungen, 72 Lehrer und Schüler an Schüler führungen, 102 Personen an Klassenzusam m enkünften. Ausserdem fin den Zusamm enkünfte der Lehrerschaft, Sitzungen von Vereinen in der ge m ütlichen W ohn- und Jagdstube des Feldhauses statt19. D ie J u g e n d m u s ik s c h u le b e id e r F re n k e n tä le r W ährend Jahrzehnten erteilten Reigoldswiler Primarlehrer und Primarleh rerinnen Blockflötenunterricht. Eine diplom ierte Klavierlehrerin (Maria Traxler) wohnte von 1938 bis 1940 in Reigoldswil und unterrichtete auf privater Basis. Später kam eine Basler Klavierlehrerin (Félicie Gutknecht) während rund 20 Jahren wöchentlich einmal ins Dorf. Auch sie unterrich tete auf privater Basis. Nach dem Aufkom m en der Jugendm usikschulen in unserem Kanton be gann auf Initiative von Susanne Huber im Jahre 1969 ein musikalischer Grundkurs, dessen Finanzierung zunächst allein Sache der Eltern war. Te resia Klenzi, Sängerin, aus Basel, baute diesen auf und leitete ihn bis 1977. Zu Beginn der siebziger Jahre schloss sich Reigoldswil der Jugendm usik schule Liestal an, wobei die Eltern für Blockflötenunterricht und Grund kurs nach wie vor selber aufzukom men hatten. Nach der Gründung der Jugendm usikschule beider Frenkentäler, die ab Schuljahr 1983 die Tätig keit aufnahm, meldeten sich im m er mehr M usikschüler an. Der Schüler bestand der JM S in allen angeschlossenen Gemeinden beträgt im Som mersemester 1987 813, wovon 64 Schüler und Schülerinnen aus Rei goldswil stammen. An der JM S beider Frenkentäler erteilen insgesam t 50 ausgebildete Lehrkräfte M usikunterricht. Ab Herbst 1986 finanziert die Gemeinde Reigoldswil in verdankenswerter W eise den Grundkurs (Herbst 1. Schuljahr bis Ende Sommer 2. Schuljahr) zu hundert Prozent. Beim In strumentalunterricht beträgt der Anteil der Eltern 40 %, der Gemeinde 35 % und des Staates 25 %. Leiter (Sandro Filannino) und Sekretärinnen der JM S (Marianne Schweizer und Vreni Sulser) benützen Büroräum lich keiten des Gemeindezentrums. Die Schule hat ihren Sitz in Reigoldswil. 224

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Anmerkungen 1 Karl Gauss, Schulgeschichte der Stadt Liestal. Liestal 1918, 2. 2 Johann W ahrmund Hess, Geschichte des Schulwesens der Landschaft Basel bis 1830. Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Bd. 4, Basel 1894, 164. 3 W ie 2, 169. 4 StAL, KB E 9, 2. 5 Johann Jakob Bachofen, 1743-1808, 1768-1778 Lehrer am Gymnasium, 1778-1808 Pfarrer und Dekan in Reigoldswil, in Reigoldswil bestattet. 6 Ga, PrP 1835/68, 8. 7 Ga, PrG II 1,5,320; II 1,6,14,78. 8 Bruckner, Kollakteen, UB Basel A V 4. 9 StAL, KB E 9, 2 (C.U. Stückelberger, Kurze Geschichte des Schulhauses im Jahre 1819. 10 Ga, PrG II, 1,5,31 1. 11 Ga, PrG II, 1,6,145. 12 Ga, PrG II, 1,6,252. 13 Ga, PrG II, 2,13. 14 Ga, PrP II, 5a, 2,160 f. 15 Festführer zur Einweihung der Schulhaus-Neubauten Reigoldswil, 19.-21. März 1965. 16 BZ vom 22. Mai 1987 (Sanierung und Erweiterung der Sekundarschulbauten Rei goldswil, 23. 17 Nach «Schulbehörden und Lehrerschaft des Kantons Basel-Landschaft», ver schiedener Jahrgänge sowie nach Auskünften der Rektorate und des Schulin spektorates Baselland. Beim Verzeichnis der Primarlehrer konnten einige Daten wegen lückenhaften Quellen nicht erhoben werden. 18 Gesellschaft zum Feld Reigoldswil, Neujahrsblatt 1985, 2 ff. 19 W ie 18, Neujahrsblatt 1987, 53. 225

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Kirche und kirchliches Leben Zur Geschichte der Gotteshäuser M erkwürdigerweise steht die «alte Pfarr deren von Rigoltsweiler» nicht im Dorfe selbst, sondern im Banne von Lauwil. Es ist die UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA S t. R e m ig iu s k irc h e ', deren Fundamente durch eine archäologische Grabung im Jahre 1950 fest gestellt worden sind. Der Flurname Chilchhübel bezeichnet den Standort des Gotteshauses; zum Kirchengut gehörten die benachbarten Alphöfe St. Romai. Der Name des Kirchenpatrons geht auf den hl. Remigius, Bischof von Reims, 437-534 n.Chr., zurück. Demnach muss die Kirche zur Zeit der fränkischen Herrschaft, im 7./8. Jahrhundert n. Chr., gegründet worden sein. In jener Zeit bildeten Reigoldswil und Lauwil eine Kirchgemeinde. Die erste urkundliche Erwähnung stam m t aber erst aus dem Jahre 1246, als ein Leutpriester Berchtold als Zeuge auftritt. Da er «plebanus de Luwilr» (Leutpriester von Lauwil) genannt wird, wohnte er in der Nähe der Kirche oder im Dorfe Lauwil. Am Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Kirchen dienst in St. Romai von einem Klosterbruder vom Schöntal bei Langen bruck versehen. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war St. Romai ohne geist liche Betreuung, weder ein Priester, noch ein Klosterbruder standen zur Verfügung. Dieser Notstand bestand auch im zweiten Gotteshaus der Kirchgemeinde, S t. H ila riu s 2 im Reigoldswiler Bann, südlich des Dorfes, am alten Saumweg über die W asserfalle. Sein Kirchenpatron, der hl. Hilarius, 315-367, Bischof in Aquitanien (Frankreich), weist ebenfalls auf die Zeit der Herrschaft der Franken im Alem annenlande hin. Der Fund einer mero- wingischen Münze3 aus dem 7. Jahrhundert n.Chr. als Grabbeigabe auf dem frühm ittalalterlichen Gräberfeld am Ziegelhölzli unterstützt diese Da tierung. Im späten M ittelalter waren die Grafen von Frohburg Besitzer des Dorfes Reigoldswil und seiner Kirchen. 1345 erhielten es die Herren von Ramstein als Lehen vom Bischof von Basel. Bei der Teilung des Hauses ging St. Hilar an die Gilgenbergerlinie des Geschlechts über. Im 14. Jahr hundert war St. Hilar m it seinen zwei Priestern und einem ansehnlichen Kirchengut ein nicht unbedeutendes Gotteshaus. Aber schon 1484 wird gemeldet, St. Hilar sei «bisher durch die erbaren Herren zu Schönthal or dentlich versehen», das heisst durch Angehörige des Klosters kirchlich be treut worden. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts, also noch vor der Reforma tion, setzte der Niedergang ein. W ie oben erwähnt, besassen damals we der St. Romai noch St. Hilar Priester. In dieser Notlage vereinigten die In haber der Kirchensätze von St. Romai (Vikar des Bischofs von Basel) und St. Hilar (Edle von Ramstein-Gilgenberg) in den Jahren 1514/16 die beiden Kirchensätze. Die Kirchgemeinde Reigoldswil-Lauwil erhielt einen Priester, der zugleich Leutpriester zu St. Romai und Kaplan zu St. Hilar war und in Reigoldswil wohnen sollte. Nach Eintragung im Urbar 1636 und in den Kirchenbereinen 1728 und 1794 befand sich das erste Pfarrhaus («des Leutpriesters Haus») auf der Liegenschaft Unterbiel Nr. 11, die heute noch das «Höfli» genannt wird. Der neu ernannte Priester hatte an zwei Sonn tagen in St. Romai, am dritten Sonntag in St. Hilar eine Messe zu lesen. 226

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Abb. 72. W ie die Kirche St. Romai im 16. Jahrhundert ausgesehen haben mochte. Nach einer Zeichnung von Peter Suter aufgrund des festgestellten Grundrisses. Im Jahre 1529 fand die Reformation in der Stadt und auf der Landschaft Basel Eingang. Das Besetzungsrecht für die Kirchen ging nun an die Stadt Basel über. Vom Jahr 1536 melden die Kirchenrechnungen den Brand der Kirche St. Remigius. «Als die kilch verbrunnen, da man die ysenen gädter ussgebrochen und behalten (hat)». Die für Reigoldswil abgelegene Kirche wurde nicht mehr aufgebaut, dafür vorübergehend die Kirche St. Hilar für den reform ierten Gottesdienst eingerichtet. Der Obervogt von W alden bürg erhielt 1540 den Auftrag, «den Canntzel in Sant Hylarien Capell zu Rychetschwyl etwas bas (zu) erhöchen und suberer zurichten, darzu an ettliche gemeine Stuel Leenen (machen), dam it sich alt und krank Lüt daran stüzen mögen». Bis 1555 war dann St. Hilar die Kirche für die Pfar rei Reigoldswil-Lauwil. In diesem Jahr erfolgte die Vereinigung der Ge meinden Bretzwil-Reigoldswil-Lauwil zu einer Pfarrei. Dadurch wurde St. Hilar und nach 1562 die neue Dorfkirche von Reigoldswil zur W echselkir che der erweiterten Kirchgemeinde. Dieser Zustand dauerte volle 210 Jahre. 1765 wurde dann Reigoldswil abgetrennt und zusmmen m it Titter- ten, das vordem zu St. Peter bei Oberdorf gehört hatte, zu einer selbstän digen Kirchgemeinde erhoben, die in den Jahren 1765/67 auch ein neues Pfarrhaus erhielt. Nach 1562 hatte St. Hilar als kirchliches Gebäude ausgedient. Zwar wur den die Pächter des Kirchengutes vom Stand Solothurn, dem Besitzer der Kirche seit 1527, angehalten, die ehemalige Kirche «in gutem Bauw und Ehren» zu halten, doch wurde diese Verpflichtung nicht genau eingehal- 227

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Abb. 73. Chilchli St. Hilar gegen Norden. Von rechts nach links: W ohnhaus mit Stütz pfeiler, Dachausbau neu, Scheune mit Stall und Einfahrtsrampe, Schopf. Dachreiter seit 1970. ten. Das leerstehende Kirchlein diente wohl zum Einlagern von landwirt schaftlichen Geräten und Früchten. 1806 erwarb die Gemeinde Reigolds wil St. Hilar sam t dem Kirchengute um 4000 Franken. Ein Teil des um fangreichen Landbesitzes vereinigte man m it dem Gemeindeland, das übrige kam zum Verkauf an die Bürger des Dorfes. Das Kirchlein wurde zum W ohnhaus um gebaut und m it einer Oekonomie versehen. Im Jahre 1970 erwarb Hermann Fontana, ein M itbeseitzer der Liegenschaft, den zum Abbruch bestim m ten Dachreiter m it der Schlaguhr des Schulhauses von Liedertswil, und liess ihn an die gleiche Stelle versetzen, wo noch im 18. Jahrhundert ein Türmchen gestanden hatte. Bei dieser Gelegenheit wurde das «Chilchli» unter Denkm alschutz gestellt. Es erhielt folgende Bauinschrift: Ehemalige fränkische Kirche St. Hilarius, 7./8. Jahrhundert. 1527 von Solothurn erworben. 1540-1562 reformierter Gottes dienst. Nach 1800 Bauernhaus. 1970 Aufsetzen des Dachreiters vom Schulhaus Liedertswil. Seit 1970 unter Denkmalschutz. D o rfk irc h e 4 am Fusse des Hoggenhübels be- Die 1562 eingeweihte, neue UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA sass ein Schiff m it eingezogenem polygonalem Chor und einem Dachrei- 228

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ter. Die Breite des Schiffes m it Innenmass 9,40 m wurde von der alten Kirche in St. Romai übernommen. Schon 1705 wurden der Einbau eines Lettners und die Vergrösserung der Fenster notwendig. Bei der Erweite rung der Kirche zur Hallenkirche 1768/69 trug man den spätgotischen Chor sam t Chorbogen ab, verlängerte und erhöhte das Schiff. 1889/90 wurde der Dachreiter durch einen Turm m it Spitzhelm und Uhrengiebeln an der Nordwestseite des Schiffes ersetzt, und ein wohlklingendes, fünf stim m iges Geläute (Es G B C Es) löste die beiden kleinen Glocken des Dachreiters ab5. Nachdem der Kirchturm im Jahre 1934 renoviert worden war, wurde 1948 der Friedhof gegen Norden erweitert, wobei man die Gräberfelder neu gestaltete und durch Lebhäge abgrenzte. In die Jahre 1950/51 fällt die Gesam trenovation der Kirche: Einbau einer Holzdecke m it Temperamalerei von W alter Eglin, Erstellung eines neuen Lettners auf der Schmalseite des Schiffes, Erstellung eines Anbaus für eine neue Or gel, Sakristei und Toilette, Einrichtung der elektrischen Heizung. Das In nere der Kirche erhielt durch W erke des Reigoldswiler Bildhauers Jakob Probst eine willkom m ene Bereicherung: Taufstein (M utter und Kind), Re lief Ikarus. Von Jacques Düblin stammen die W appenscheiben Reigolds wil und Titterten, von Emil Schäfer eine ovale Glasscheibe zu Ehren von Pfarrer Ernst Lotz, eingesetzt bereits 1936. Eine Gedenktafel an der südli chen Aussenmauer des Schiffes erinnert an die in Reigoldswil bestatte ten früheren Pfarrer Zacharias Roth (1728-1778), Johann Jakob Bacho fen (1743-1808), Johann Rudolf Linder (1812-1879). Im Jahre 1978 er hielt auch der Meridian an der Südwestecke, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Bestimmung der genauen M ittagszeit angebracht wurde, die schon längst gewünschte Auffrischung. 1981 endlich kam es zur endgültigen Erweiterung und Neugestaltung des Friedhofs und zum Bau einer Leichenhalle m it Kühlanlage, welche den behelfsmässigen Lei chenraum im Erdgeschoss des Kirchturms ersetzte. Die evangelisch-reform ierte Kirchgemeinde Die Anfänge der reform atorischen Bewegung in unserer Gegend gehen auf das W irken des Reformators Oekolampad in Basel zurück. Sein Ge dankengut bewegte auch den damaligen Reigoldswiler-Pfarrer UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA J e rg G a p - d e n h e im e r6. Als einer der ersten in der Landschaft Basel weigerte er sich im Oktober 1527, die Messe zu lesen, und setzte sich dam it in offenen Gegensatz zur katholischen Kirche. Er musste seine Unterlassung m it kurzem Aufenthalt im Gefängnis und dann m it der Am tsentlassung büs- sen. Er wurde darauf Pfarrer in Laufen, und im folgenden Jahr 1528 fin den wir ihn bei Zwingli an dessen Berner Disputation. M it einigen ande ren Pfarrern und Laien, die m itkamen «um zu losen», rückte er in Bern ein. Zur Zeit der eigentlichen Reformation, die in unserer Gegend dann im Jahr 1529 auf obrigkeitlich-basierisches Dekret hin eingeführt wurde, amtete M ic h a e l S c h ä fe r1 als Pfarrer der Kirchgemeinde Reigoldswil-Lau- wil. Als auf Veranlassung von Oekolampad die Landpfarrer auf ihre Fähig keiten als Theologen und Prediger geprüft wurden, hiess es von ihm: 229

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«Pfarrer von Rigotschwil soll in der Gemeinde belassen werden. Dann soll er sich einer neuen Prüfung unterziehen. Falls er nicht geschickter und gelehrter befunden, soll er entlassen werden». Ob er die zweite Prüfung bestanden hatte, weiss man nicht; sicher ist, dass er von 1527 bis 1538 in Reigoldswil tätig war. W ie schon im vorangegangenen Abschnitt aus geführt wurde, vereinigte man 1555 die beiden Gemeinden Reigoldswil und Lauwil m it Bretzwil zu einer Pfarrei. Diese Verbindung dauerte bis 1765, wobei der W ohnsitz des Pfarrers m it einer Ausnahme (Pfarrer Hut macher) immer in Bretzwil war. Erst von 1767 an besass Reigoldswil als Kirchort auch ein eigenes Pfarrhaus. Illustre und bemerkenswerte Pfarrherren Die Liste aller Pfarrer des Baselbieter Hinterlandes enthält viele Namen. W ir beschränken uns auf die in Reigoldswil wohnhaften Pfarrer, von de nen Aufzeichnungen vorliegen, oder deren Tätigkeit im kulturellen Leben der Gemeinde Spuren hinterliess.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA J o h a n n e s H u tm a c h e r8, 1533-1590, am tete 1565/66 in der Kirchgem ein de Bretzwil-Reigoldswil-Lauwil, nachdem er vorher 11 Jahre in Tenniken gewirkt hatte. Er wohnte nachweisbar in Reigoldswil, wahrscheinlich im «Höfli». W ie schon seine Vorgänger hatte Pfarrer Hutm acher Anstände m it dem gewalttätigen Gastwirt des Dorfes. Seine Mahnungen nützten aber nichts; denn anlässlich eines Mahles m it den Unterbeam ten griff der W irt den Pfarrer tätlich an, worauf sich dieser m it einem Dolche wehrte, wobei der Angreifer tödlich verletzt wurde. Darauf flüchtete sich Hutm a cher ins Schwarzbubenland, und schrieb von dort einen in Latein abge fassten Brief an den Rektor und Dekan «der hohen schull», der noch er halten ist. Nach einer Notiz von Peter Ochs9 fand die Gerichtsverhandlung in Form eines Landtages auf der W asserfalle statt. Die Tat galt als Not wehr, und Hutm acher wurde frei gesprochen, «jedoch m it dem Anhang, dass er im Baselgebiet nicht mehr predigen sollte». Der unglückliche Pfar rer verliess nun die Landschaft Basel und wandte sich ins Bernbiet, wo er Verwandte hatte. Er wirkte in mehreren Pfarreien, am längsten in Büren an der Aare. Hutm acher versah seine Am tsgeschäfte überall m it grossem Einsatz; zuverlässig waren auch seine in schöner, leserlicher Schrift ge schriebenen Eintragungen in die Kirchenbücher und Notizen über die Be gebenheiten. Anstoss aber erregte er durch seine Kritik- und Streitlust, die ihm schon in den Studienjahren in Basel die Bezeichnung «conciona- tor» (Aufwiegler) eingetragen hatten. Schliesslich wurde Hutmacher im Jahre 1589 in Diem tigen im Simm ental als Pfarrer verabschiedet, worauf er sich nach Bern begab. Dort betätigte er sich bei der Volkserhebung ge gen den um strittenen Schultheissen von W attenwyl als Verfasser von Schm ähschriften. Bald aber wurde er als Autor erm ittelt, verhaftet und nach kurzer Untersuchung zum Tode verurteilt und 1590 m it dem Schwert gerichtet. Nach seinem Tode liess die aufgebrachte Obrigkeit bei seiner Hinterlassenschaft nachforschen, ob «keine argwönige gschriften» vorhanden seien. W ahrscheinlich war alles Suchen erfolglos, und das 230

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Abb. 74. Kirche Reigoldswil. «kunstbuch» m it Aufzeichnungen Hutmachers von 1561 bis 1590 über seinen Lebenslauf und zahlreiche Notizen, Anweisungen, Rezepte (508 Nummern!) blieb vor der Vernichtung bewahrt. Dieses interessante, kul turhistorische Dokum ent wurde in den zwanziger Jahren bei der Neuein richtung der Kantons-Bibliothek Baselland von Dr. Otto Gass unter den nichtkatalogisierten Büchern und Drucksachen gefunden. W ie es nach Liestal gekommen ist, bleibt leider unerfindlich. Der erste Pfarrer der Kirchgemeinde Reigoldswil-Titterten war UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Z a c h a ria s R o th '0, 1728-1778. Er war der ältste Sohn des Arztes Dr. Albrecht Roth Schlichter. Nach Abschluss des Studium s (1759) am tete er von 1762 bis 1765 als Adjunkt des Grossen Spitals, worauf er an die neue Pfarrstelle gewählt wurde. In seine Am tszeit fällt der Bau des neuen, zweiten Pfarr hauses11 in Reigoldswil. Pfarrer Roth war m it Helene Miville verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Über die Lebensumstände dieses Pfarrers konnte aus dem Familienarchiv nichts Näheres erschlossen werden. Zacharias Roth wurde als einziger Pfarrer in der 1768/69 erweiterten Kirche begra- 231

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ben; das gemauerte Grab wurde bei der Renovation 1950 wieder aufge funden. Nach m ündlichen Berichten entdeckte man dasselbe schon 1900, als der Fussboden im Chor erneuert wurde. Als man damals die Deckplatte hob, sei die Leiche des Pfarrers, m it seidenem Schlafrock und Zipfelm ütze bekleidet, in der Gruft gelegen, bei Luftzutritt aber sofort in Staub zerfallen. Nach der Sage besass ein Pfarrer des 18. Jahrhunderts zwei Pferde. Je desmal, wenn ihm etwas über die Leber gekrochen, liess er einspannen und sprengte in seiner Kutsche gegen Titterten, wobei er die beiden Tiere seine W ut fühlen liess. Von Bewohnern des Oberbiels wurde erzählt, dass dieser Pfarrer deshalb keine Ruhe im Grab finde. In dunkeln Nächten höre man ihn unter wilden Hü und Ho-Rufen an der m ittleren Säge vorbeira sen! - Da Pfarrer Roth nachweisbar der erste Pfarrer im neuen Pfarrhaus war, von ihm wenig zu erfahren ist, während seine Nachfolger in den schriftlichen Quellen als friedfertige Menschen belegt sind, kann man an nehmen, dass er als der «böse Pfarrherr» in die Volkssage eingegangen ist. Pfarrer UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA J o h a n n J a k o b B a c h o fe n '2, 1743-1808, stam m te aus dem bekann ten, aus dem Kanton Zürich zugezogenem Basler Bürgergeschlecht, das der Stadt bedeutende Industrielle und Gelehrte geschenkt hat. Seine El tern waren J. J. Bachofen, Pfarrer in Pratteln, und M. M. Holzach. «Von diesen hat er eine sorgfältige Erziehung genossen. Nach Besuch der Klas sen des Gymnasiums war er 1761 M agister und 1766 Candidatus Mini- sterii». Von 1768 bis zu seiner W ahl nach Reigoldswil (1778) wirkte J. J. Bachofen als Lehrer des Gymnasiums. Er war verheiratet m it Susanne Barbara Müller, der Tochter des Pfarrers von Lausen. Dank seiner Lehrtä tigkeit am Gymnasium war er in der Lage, einen guten Unterricht in der Kinderlehre und in der Unterweisung zu erteilen. Auch das Pfarrarchiv hielt er in m usterhafter Ordnung. Von 1798 bis zu seinem Tod war er De kan des W aldenburger Kapitels. Pfarrer Bachofen hinterliess nach seinem Tode eine zahlreiche Familie: zwei Söhne und drei Töchter, eine vierte Tochter war schon einige Jahre dem Vater im Tode vorangegangen. Einer der Söhne, M atthias, 1776-1829, Zeichenlehrer, ist durch die Reigoldswi ler Landschaft zu schönen Bildern angeregt worden. Eine kolorierte Feder zeichnung (Abb 70) hält die Ansicht von Kirche und Schule Reigoldswil etwas vor 1810 fest. An der Kirchhofm auer hat der Künstler pietätvoll m it einer Inschrift der frühverstorbenen Schwester gedacht: «Hinter disen Mauren ruhet unsere sei. Schwester A(nna) C(atharina) B(achofen)». Ein weiteres, grossform atiges Oelgemälde (reproduziert in Eduard Strübins «Baselbieter Volksleben»), stellt den sonntäglichen Kirchgang der Pfarrfa milie und der Landleute dar, wobei Kirche, Schule und Pfarrhaus den Hin tergrund beleben. C a rl U lric h S tü c k e lb e rg e r'3, 1783-1851, von 1806 bis 1808 Pfarrer zu St. Jakob, von 1808 bis 1833 Pfarrer in Reigoldswil, von 1839 bis 1851 Pfar rer an der Strafanstalt in Basel. Er stam m te aus einer alten Basler Familie, sein Grossvater war Feldprediger gewesen, sein Vater Obersthelfer und einer seiner Söhne Pfarrer in Oltingen. Stückelberger war verheiratet m it Judith Sulger. W ie sein Vorgänger Bachofen, hat er das Pfarrarchiv vor 232

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bildlich nachgeführt und sich für die Dorfschulen in Reigoldswil und Tit terten m it Erfolg eingesetzt. Als die Dreissiger W irren begannen, hielt er tapfer auf seinem Posten aus und musste 1833 bei der Trennung beider Basel nach 25jähriger treuer Am tstätigkeit Reigoldswil verlassen. Vier Jahre nach der Vertreibung wurde der beliebte Pfarrer von der Kirchge meinde Reigoldswil-Titterten angefragt, ob er eine Berufung an die da mals vakante Pfarrstelle annehmen wolle14. Da nach dem Urteil des Basel bieter Obergerichts von 1835 eine Am nestie der weggewiesenen Pfarrer nicht vorgesehen war, verzichtete Pfarrer Stückelberger schweren Her zens auf die Rückkehr nach Reigoldswil. Aus seinen Erlebnissen beim ersten Aufstand im Januar 1831 berichtete Stückelberger in seinem Tagebuch15: «W ir waren im Dorf ohne (Basler) Soldaten, da alle über Bretz wil gen Basel hin geflohen waren, und der Feind rückte wütend und schnaubend an. Meine Frau liess Reis und Fleisch kochen, soviel sie konnte und hatte. W ir stärkten uns vor Gott und flehten zu ihm. W ir waren entschlossen, in Gottes Namen zu warten. Die Magd ging in ihr Elternhaus. Und meine Frau und die Kinder sagten, wenn ich arretiert würde, so wollten sie m it mir gehen. Die Feinde waren ziemlich lang im Dorf, ehe sie zu uns kamen. Ungefähr gegen zwei Uhr kamen drei Kanoniere m it gezogenen Säbeln zur Hoftüre herein. Meine Frau ging m it mir, sie zu empfangen und öffnete die Haustü re. Sie forderten höflich zu essen. Der eine gab mir die Hand und sagte, sie kämen als Freunde und hätten Respekt vor dem Reigoldswiler Pfarrer. Aber dem Ziefner Pfarrer sei es übel gegangen; man habe ihm alles zerschlagen. Bald ging die Hoftüre wieder. Nun gings bis etwa um halb fünf an ein Essen- und Trinkengeben. Studierzimmer, W ohnstube, Hausgang und Küche waren fast immer mit Soldaten gefüllt. Ein Scharf schütz, der sich als Schutz für uns dargab, wollte mit den Töchtern flattieren. Meine Frau sagte ihm etwas, da erwiderte er ziemlich zornig, wenn er nicht vexieren dürfe, so wolle er auch nicht schützen. Da wir lauter silberne Löffel hatten, so kam ein Mann in Bürgerkleidern, der sich für einen Kriegskommissär im Namen der provisorischen Re gierung ausgab, und brachte die Löffel meiner Frau: Sie haben da Leute bei sich, vor welchen die Löffel nicht sicher seien. Bald darauf brachte er blecherne Löffel. Er schickte die Leute hinaus aus der Stube, zog den Schlüssel ab und gab ihn mir. So machte er es auch mit dem Sekretärschlüssel meiner Frau. So unbändig der Geist war, der unter diesen Leuten herrschte, so ward er doch gewiss durch höhere Gewalt im Zaum gehalten.» W ährend der Tätigkeit Pfarrer Stückelbergers war das Reigoldswiler Pfarrhaus ein Ort, wo man sich auch künstlerisch betätigte. So zeichnete der junge Johann Jakob Faikeisen, 1804-1883, vielleicht ein Schüler des Zeichenlehrers M atthias Bachofen, im Jahre 1819 das Pfarrhaus und ver schiedene Dorfansichten, und aus dem Jahre 1820 stam m t ein prächti ges Aquarell des Pfarrhauses und seiner Umgebung von Elise Bauer, das 1986 vom Kantonsmuseum Baselland erworben wurde. J o h a n n R u d o lf L in d e r16, 1812-1879. Sein Vater war Pfarrer in Pfarrer UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Bennwil und später Professor der griechischen Sprache an der Universität Basel. Johann Rudolf war ein begabter Schüler. An der M aturitätsfeier des Gymnasiums hielt er als Primus eine lateinische Rede und wurde be reits m it 21 Jahren als Pfarrer ordiniert. Zunächst betätigte er sich als Lehrer der alten Sprachen am Gymnasium in Basel. 1838 wurde er als Pfarrer von Reigoldswil-Titterten gewählt. Seine Gattin war Jakobea Est her Haas. «Fast 42 Jahre hat er das Pfarram t in der grossen Kirchgem ein de m it Eifer und Treue verwaltet; in dieser nämlichen Gemeinde ist er jung 233

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gewesen und alt geworden. Hier hat er während der Zeiten der Frische und Rüstigkeit des Tages Last und Hitze getragen, hier den Abend seines Lebens in Arbeit und Beschwerde zugebracht. Er hat gegen 3000 Kinder getauft, etwa 1800 konfirm iert, über 2000 Gemeindegliedern hat er die Leichenpredigt gehalten.» Der gute Kenner der alten Sprachen war M it glied der theologischen Prüfungsbehörde. In der Gemeinde lag ihm das Schul- und Arm enwesen am Herzen. Unterricht und Unterweisung m ach ten ihm als früheren Lehrer keine Schwierigkeiten. 1874 schenkte ihm die Gemeinde Reigoldswil das Ehrenbürgerrecht unter lobender Erwähnung, dass er ein freisinniger Prediger sei. Er war in jeder Beziehung ein voraus strebender, tätiger Mann, der sich zum Beispiel für die Fremdenindu strie und die W asserfallenbahn begeistert einsetzte17. Bekannt war seine journalistische Tätigkeit als Korrespondent des W aldenburger Bezirksblat tes und der Basellandschaftlichen Zeitung. Noch heute erinnert man sich, dass er mehrere Jahre den Konfirmanden nicht nur einen Bibelspruch, sondern auch einen poetischen Beispruch auf den Lebensweg mitgab, zum Beispiel einer Konfirmandin vom Nebenhof Gillen: Droben auf der Gillen Höhen, Kannst du Gottes W under sehen. Oder 1874 beim Bau der W asserfallenbahn: Heinrich im Staacher, in wenig Jahren Siehst du den Zug vorüberfahren. Ein Epitaph der dankbaren Kirchgemeinde erinnert an das langjährige W ir ken dieses Pfarrers: Schlaf Simeon! Genug gewacht allhier In Liebesmüh und Fleiss. Es ist vollbracht. Der Himmel rufet dir zum schönen Siegespreis.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA E rn s t L o tz 's, 1862-1947, von 1886 bis 1936 Pfarrer in Reigoldswil. Seine Gattin war Elisa Suter. M it vollen 50 Am tsjahren steht er an der Spitze säm tlicher Pfarrherren des Baselbieter Hinterlandes. Auch er erhielt 1932 das Ehrenbürgerrecht der Gemeinde Reigoldswil. Er war jahrzehntelang Aktuar der Primär- und Sekundarschulpflege und Förderer der Abstinenz bewegung. M it seinem freundlichen W esen steht er bei der Bevölkerung der Gemeinden Reigoldswil und Titterten in dankbarer Erinnerung. Eine von Pfarrkonvent und Kirchendirektion Baselland gestiftete schöne W ap penscheibe an der Ostwand des Chors ist dem Andenken dieses Pfarr herrn gewidm et. V e rz e ic h n is d e r P fa rre r v o n P e ig o ld s w il s e it d e r R e fo rm a tio n (1 5 2 9 )'s 1527 Jörg Gapdenheimer, wohnte in Reigoldswil 1529 Michael Schäfer, in St. Remigius, wohnte in Reigoldswil 1538 Bartlome N., in St. Hilarius, wohnte in Reigoldswil 1 540 Jerg Haas, in St. Hilarius, wohnte in Reigoldswil 1 542 Jakob Rötlin, in St. Hilarius, wohnte in Reigoldswil 234

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1 5 5 5 -T 7 6 5 K irc h g e m e in d e B re tz w il-R e ig o ld s w il-L a u w ilrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA M it Ausnahme von J. Hutmacher W ohnsitz der Pfarrer in Bretzwil 1556 Abraham Aland 1565 Johannes Hutmacher, wohnte in Reigoldswil 1566 Philipp Vetterlin 1597 Bernhard von Reinach 1607 Emanuel Iselin 1612 Leonhard Litzelmann 1627 Hans Lucas Just 1630 Johann Heinrich Bruckner 1665 Theodor Hertenstein 1667 Bonifazius Liechtenhan 1671 .Emanuel à W engen 1675 Theodor Burckhardt 1688 Jeremias Meyer 1708 Friedrich Merian 1737 Samuel Paravicini 1760 Emanuel Merian 1 7 6 5 b is h e u te K irc h g e m e in d e R e ig o ld s w il-T itte rte n 1765 Zacharias Roth, t 1778, begraben im Chor der Kirche 1778 Johann Jakob Bachofen, t 1808, begraben an der Südwand des Schiffes 1808 Carl Ulrich Stückelberger 1833 Karl Ulrich W ick 1838 Johann Rudolf Linder, + 1879, begraben an der Südwand des Schiffes 1880 Karl August Geizer 1886 Ernst Lotz 1936 Heinrich Oskar Kühner 1941 Ernst Bots 1954 Theophil Schubert 1960 Bendict Steiger Die religiöse Entwicklung der Gemeinde Ein wichtiger Faktor für die Entwicklung der Gemeinde waren zweifellos die Einflüsse des deutschen Pietismus im 18. Jahrhundert. Aus dem Ar chiv des ehemaligen Antistitium s in Basel geht hervor, «dass in Reigolds wil ein Mann namens Friedli Nägelin der Geistlichkeit und der Regierung viel zu schaffen gab. Er verwarf die Kindertaufe und wollte der Obrigkeit den Eid nicht leisten, weil ihn Christus verboten habe. Er wurde auf zehn Jahre aus dem Lande verwiesen und musste, ehe er sich wieder nieder lassen konnte, vor dem Kirchenkonvent eine Prüfung bestehen und erst hierauf wurde die Taufe seiner Kinder m it besonderer Feierlichkeit vollzo gen»20. Neben der in Treuen geleisteten Arbeit vieler Pfarrergenerationen haben auch solche Gemeindeglieder zur Besinnung und Glaubensvertie fung in der Gemeinde verholten und ein religiöses Bewusstsein geweckt, von dem heute noch etwas zu spüren ist. Ihre Haltung, wenn zunächst auch extrem, wirkte, wenn sie durchgegoren war, belebend auf die Kirche. Natürlich spürt man heute auch in Reigoldswil, dass die kirchliche Arbeit zeitbedingt gewiss nicht einfacher und die Beteiligung nicht grösser wird - im Gegenteil! Und doch ist festzustellen, dass unser Dorf eine gute kirchliche Tradition hat, die sich auch im Vergleich m it anderen Gemein den im relativ guten Kirchenbesuch zeigt. Aussenstehende sind auch im mer wieder vom lebendigen Gemeindegesang beeindruckt. Speziell bei Beerdigungen dokum entiert sich das Zusam m engehörigkeits bewusstsein im Dorf in eindrücklicher W eise, indem oft praktisch aus je dem Haus jemand dabei ist. Bis vor kurzem besammelte man sich beim 235

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Trauerhaus und begleitete den von einem Pferd gezogenen Leichenwagen in langem Leichenzug bis zum Friedhof, wobei sich unterwegs überall weitere Gruppen von Gemeindegliedern den anderen anschlossen. Seit die notwendig gewordene Leichenhalle in Betrieb genommen worden ist (Herbst 1981), besamm elt man sich zu den Abdankungen daselbst, und das eindrückliche Leichengeleit durch das Dorf gehört der Vergangenheit an. Die evangelisch-reform ierte Kirchgemeinde Reigoldswil-Titterten steht unter der Leitung einer achtgliedrigen Kirchenpflege und zweier Vertreter in der kantonalen Kirchensynode. Finanziell ist die Kirchgemeinde von den politischen Gemeinden und vom Staat abhängig, indem die notwen digen Kirchensteuern immer noch in die Staats- und Gemeindesteuer ein gebaut sind. Ein gutes gegenseitiges Einvernehmen erleichtert seit vielen Jahren die Zusammenarbeit. W o irgend in nah oder fern Hilfe nötig ist, darf man jeweils m it der Spen defreudigkeit unserer Kirchgem einde rechnen. Die Mission war von jeher in Reigoldswil und Titterten fest verwurzelt, und die Spenden sind m it zu nehmendem W ohlstand immer gewachsen. Seit eh und je gehört es zum Selbstverständlichen und wird allseits sehr geschätzt, dass die singenden und musizierenden Vereine sich von Zeit zu Zeit an der Gestaltung der Gottesdienste in unserer Dorfkirche beteiligen. Seit 1960 beginnt der alljährliche Reigoldswiler Bannumgang am ersten Oktobersonntag m it einem Gottesdienst im dazu sehr geeigneten Pfarr hof, wom it die Zusam m engehörigkeit von Einwohner- und Kirchgemeinde immer neu dokum entiert wird. Zusamm enarbeit und freundliches Nebeneinander charakterisiert auch das Verhältnis zur innerkirchlichen Gem einschaftUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA P ilg e rm is s io n S t. C h ris c h o n a , die im benachbarten Ziefen ihr Zentrum hat und sich auch hier am kirchli chen Leben beteiligt, indem sie regelmässig Bibelstunden abhält. D ie K a th o lik e n in R e ig o ld s w il Schon 1863 werden 28 Katholiken in unserem Dorf erwähnt21. Nachdem Reigoldswil seit der Reform ation recht lange einheitlich reform iert geblie ben war, sind heute eine ganze Anzahl katholische Familien zugezogen und haben sich sehr gut integriert. Zuständig für die Reigoldswiler Katho liken (1982 154)22 ist das römisch-katholische Pfarram t Oberdorf. Seit einigen Jahren wird die Dorfkirche einmal im M onat zu einem katholi schen Abendgottesdienst zur Verfügung gestellt. Gelegentlich werden auch oekumenische Gottesdienste durchgeführt. D ie A d v e n tis te n g e m e in d e Aus kleinen Anfängen in den dreissiger Jahren hat sich in Reigoldswil bis heute eine festgefügte Gemeinde der 7. Tags-Adventisten m it eigener Ka pelle gebildet. Diese zählt 49 Mitglieder, davon 17 aus Reigoldswil. Schon seit längerer Zeit erfreut man sich unter allen Konfessionen einer guten und konstruktiven Zusammenarbeit. 236

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Anmerkungen 1 Paul Suter, Zur Geschichte der Gotteshäuser des Baselbieter Hinterlandes. BHBI, Bd. 8, 1972, 206 ff. (St. Romai). 2 W ie 1, 252 ff. (St. Hilar) - Paul Suter, Von der ehemaligen Kirche St. Hilar bei Rei goldswil. In: Dr. Schwarzbueb, 1985, 55 ff. 3 Rudolf Moosbrugger-Leu, Das münzdatierte Grab von Reigoldswil. BHB, Bd. 13, 1977, 339 ff. 1 4 W ie 1, BHBI, Bd. 8, 1973, 309 ff. (Kirche Reigoldswil). 5 Paul Suter, Die Glocken des Bezirks W aldenburg. In: Vom Bezirk W aldenburg. W aldenburg 1982, 46 ff. 6 Karl Gauss, Geschichte der Landschaft Basel und des Kantons Basellandschaft. Bd. 1, Liestal 1932, 415. 7 W ie 6, 436, 442. 8 Paul Suter, Pfarrer Hutmacher und seine Aufzeichnungen. BHB, Bd. 7, 1956, 220 ff. 9 Peter Ochs, Geschichte der Stadt und Landschaft Basel. Bd. 6, Basel 1 821, 484. 10 Paul Suter, In Reigoldswil gestorbene und bestattete Pfarrer. Baselbieter Kirchen bote, 60. Jg., 1967/68 (Seite für die Kirchgemeinde Reigoldswil-Titterten). 11 Paul Suter, Zur Geschichte des Pfarrhauses Reigoldswil. Baselbieter Kirchenbote 1968/69, Nr. 12 (Seite für die Kirchgemeinde Reigoldswil-Titterten). 1 2 W ie 10. E. Merian, Leichenrede bei der Beerdigung von Pfr. J. J. Bachofen, gehal ten in Reigoldswil, den 4. Juli 1808. Basel 1808. 13 Karl Gauss, Basilea reformata I, Basel 1930, 149 f. (C. U. Stückelberger). 14 Schreiben des vertriebenen Pfarrers Stückelberger an die Kirchgemeinde Reigolds wil und Titterten. Christl. Volksbote aus Basel, Nr. 3 vom 18. Januar 1837. 15R. W st., Aus den Basler Dreissigerwirren. W as eine alte Handschrift berichtet. Sonntagsblatt der National-Zeitung 1946, Nr. 388 und 400. 16J. R. Oeri, Leichenrede, gehalten bei der Beerdigung von Pfarrer H. R. Linder in Reigoldswil, den 3. Dezember 1879. Basel 1879. 1 7 Leo Zehntner, Anekdotenhaftes zur Geschichte der W asserfallenbahn (1874/75). BHBI, Bd. 1, 1939, 255. 18 W ie 13, 106 (E. Lotz). 1 9 Nach Basilea reformata I und II. - Paul Suter, zu Fussnote 1 : Verzeichnis der Prie ster und Pfarrer. BHBI, Bd. 8, 1975, 629 ff. 20 Hk 1863, 465 (Friedli Nägelin). 21 Hk 1863, 454 (Zahl der Katholiken). 22 Statistisches Jahrbuch des Kantons Basel-Landschaft 1983, 29 (W ohnbevölke rung nach Geschlecht, Alter, Zivilstand und Konfessionen 1982). 237

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Künstler aus und in Reigoldswil Die Gemeinde Reigoldswil scheint ein guter Boden für die schönen Kün ste zu sein. In alphabetischer Reihenfolge finden sich nachstehend 15 Künstler, die in Reigoldswil wohnen (wohnten) oder Reigoldswiler Bürger sind (waren). John P. Brun, Bauernmaler und Restaurator Er wurde am 4. November 1908 in seiner Heim atstadt Basel geboren und besuchte die städtische Primär- und Sekundarschule. Nachher absolvier te er eine Lehre als Schlosser, entschied sich aber 1929 für den Beruf eines Kaufmanns und Hoteliers. Anschliessend führte er von 1933 bis 1972 ein Hotel in Brienz. Schon seit seiner Jugendzeit war das Zeichnen von Landschaften und Stadtbildern sein bevorzugtes Hobby. Durch Kurse an der Kunstgewerbeschule Basel und der Schnitzlerschule Brienz wurde er sehr gefördert. In seiner Freizeit widm ete er sich auch der Bauernmale rei und dem Restaurieren von alten bemalten Möbeln. Im Jahre 1972 er warb er am Äm lisweg in Reigoldswil ein altes Bauernhaus, das er m it viel Originalität und Geschick zu einem gemütlichen Heim m it W erkstatt und Ausstellungsraum gestaltete. In diesen stilgerechten Räumlichkeiten be m alt er für eine bereits erworbene Stam mkundschaft Bauernmöbel neu, oder er restauriert und frischt alte Möbel auf. Daneben zeichnet er m it ge übter Hand schöne Bauobjekte und Landschaften im hinteren Frenkental.jihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA R E /tO sw ie , A E H L iSw E C 3.8R UM 79 Abb. 75. John Brun, Bauernhaus und W erkstatt, Ämlisweg 18. 238

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John P. Brun verheiratete sich 1947 m it Martha Müller aus Zofingen. Der Ehe entspross 1956 eine Tochter. Erica Maria Dürrenberger, Lyrikerin, 1908 - 1986 Erica Maria Dürrenberger wurde als Tochter eines Lehrerehepaares am 28. Februar 1908 in Basel geboren, wo sie die Schulen besuchte und sich zur Kindergärtnerin ausbilden liess. Schon in früher Jugendzeit zeigten sich bei ihr vielerlei künstlerische Begabungen, u. a. eine ausgeprägte M usikalität. Sie erlernte an der M usikschule das Klavierspiel, welches sie bis zu ihrer Krankheit pflegte. Auch betätigte sie sich als Klavierlehrerin, bildete sich im Orgelspiel aus und am tete jahrzehntelang in der Reigolds wiler Kirche als Organistin. Im Jahre 1930 heiratete sie den Landarzt Robert Dürrenberger und kam in das Arzthaus unterhalb der Kirche zu wohnen. Der Ehe entsprossen ein Sohn und vier Töchter, die ihr viel Arbeit und Verantwortung brachten. W ährend des Zweiten W eltkrieges half sie beim Roten Kreuz tatkräftig in der Flüchtlingsbetreuung mit. Schon als Schülerin war ihre sprachliche Gestaltungskraft aufgefallen. Sie hat Zeit ihres Lebens geschrieben und wurde von nam haften Litera turkritikern, u. a. von Max Rychner (ehemalige «Tat»), gefördert. In Litera turbeilagen grosser Tageszeitungen erschienen ihre Gedichte. Sie erhielt später auch den Kantonalen Literaturpreis von Baselland zugesprochen. Neben einigen Kurzgeschichten besteht ihr dichterisches W erk zum grössten Teil aus Lyrik in der Schriftsprache, während das Heft «Roti But te» (1982 Romay-Verlag, Reigoldswil) eine Auswahl erfrischender M und artgedichte enthält. Erica Maria Dürrenberger war eine Persönlichkeit, die offen sagte, was sie bewegte, dazu brauchte es sehr oft M ut. Ihr M ut wurde nie gebrochen, auch nicht, wenn sie schwere Schicksalsschläge zu ertragen hatte. Nach dem Tode ihres Gatten (1975) und ihres Sohnes (1979) wandte sie sich ver m ehrt dem Schreiben zu. Es entstanden viele Gedichte von starker Aus sagekraft zu den Themen Natur, Um welt, Musik, Liebe, Tod. Noch in den letzten W ochen ihres Lebens diktierte sie Gedichte, z. B. Pfingsten 1986 Monreale Der grosse Christus strahlt im Abendscheine. W ir knien vor ihm und bitten um das Eine: Veni Creator Spiritus. Nach längerer schwerer Krankheit starb sie am 26. Juni 1986 im Kan tonsspital Liestal. Musik Schenk mir das W ort, das richtige, dich zu verkünden! Durchdringst mich ganz, betörende Gewalt. Schwingst dich zum Höchsten aus geheimen Gründen - Als W olkenschatten folg ich deiner Lichtgestalt. W as Geist und Ton, kann keines Menschen Hand berühren. Das Ohr allein darf selig in dir werden. Ertaubt - im Tasten könnt ich deinen Takt noch spüren; mich sehnen nach dem reinsten Glück auf Erden. (1984, aus «Und werde still») 239

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Fritz Fontana, Maler, 1890-1972 Fritz Fontana wurde am 7. Juni 1890 als ältester Sohn des M aurermei sters Franz Fontana und der Marie geb. Frey in Reigoldswil geboren. Der Heim atort der Familie ist Castello San Pietro Tl. Er besuchte die Primar schule in Reigoldswil und anschliessend die Bezirksschule in W aldenburg. Nachhher half er einige Zeit im väterlichen Geschäft und trat dann 1908 eine Malerlehre bei W ilhelm Kaiser in W aldenburg an, die er nach drei Jahren m it sehr gutem Erfolg abschloss. Anschliessend bildete er sich, wie es damals für jeden Handwerker üblich war, in der Fremde weiter. Zu nächst arbeitete er eine Zeitlang bei Dekorationsm aler Emil Knup in Ro manshorn; dann erlernte er 1914 im kunstgewerblichen Institut für Maler von H. Schm id-Engweiler in Zürich die Kunst der Holz-Im itation. Nachher betätigte er sich zwei Jahre beim Kirchenm aler S. Gilardi in Mendrisio. Darauf kehrte er wieder nach Reigoldswil zurück, wo er sich 1920 m it Selma Rudin verheiratete und in der Folge als selbständiger Maler tätig war. 1924 erbaute er im Unterbiel ein geräumiges Haus m it W erkstatt. Dem gut ausgebildeten Fachmann fehlte es nie an Arbeit. Schon in seinen Jugendjahren hatte Fritz Fontana sich im Zeichnen und Malen geübt. In vielen M ussestunden entstanden nun schöne Land schaftsbilder aus der näheren und weiteren Umgebung. Der begabte M a ler wagte sich auch an W andbilder. Für Theateraufführungen fertigte er Abb. 76. Fritz Fontana, Unterbiel Reigoldswil gegen Osten. Aquarell im Besitz von Dr. med. Hans Tanner. 240

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schöne Kulissen an, die noch vorhanden sind und hin und wieder verwen det werden. In seinem W esen blieb Fritz Fontana bei seinen grossen Qualitäten als Berufsmann ein dienstfertiger und bescheidener Mensch. Er starb nach kurzer Krankheit am 10. Oktober 1972. Klaus Huber, Musiker, Komponist, Kom positionslehrer Klaus Huber wurde am 30. November 1924 in Bern geboren. Er studierte Violine bei Stefi Geyer und Komposition bei W illy Burkhard in Zürich und bildete sich in Berlin weiter. Er war Lehrer für Violine am Konservatorium Zürich, für M usikgeschichte in Luzern und seit 1973 für Kom position an der Staatlichen Hochschule für Musik in Freiburg i. B. Dort leitet er auch das Institut für Neue Musik. Im Jahre 1963 zog er m it seiner Familie nach Reigoldswil. Er ist Vater von drei Söhnen und zwei Töchtern. Seit den sechziger Jahren fand Klaus Hubers Musik zunehmend interna tionale Anerkennung. Die Them atik seiner W erke geht u. a. aus von Tex ten christlicher Hoffnung (Bibel), Visionen der Hildegard von Bingen bis zu zeitgenössischen Gedichten von Heinrich Böll und Dorothe'a Solle. Be drohungen und Nöte der Gegenwart, apokalyptisches Geschehen und nie verstum m endes menschliches Hoffen verm ittelt uns seine an Klangfar ben reiche Musik. Bei Klaus Huber haben viele jüngere und bereits be kannte Komponisten studiert. 1969 gründete er das Internationale Kom ponistensem inar Boswil, das er bis 1980 massgeblich m itbestim m te, 1984 war er Gastprofessor an der Mc Gill University in Montreal, 1985 an der Academia Chigiana in Siena. Klaus Huber erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Die bedeu tendsten davon sind: Abb. 77. Partiturausschnitt aus Klaus Hubers «Cantiones de circulo gyrante». 241

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1959, Rom. Internat. Kompositionswettbewerb der SIMC Italien, 1962, London. Arnold Bax Society. 1970, Bonn. Beethovenpreis für «TENEBRAE». 1975, Komponistenpreis des Schweiz. Tonkünstlervereins. 1978, Kunstpreis der Stadt Basel. 1985, Reinhold-Schneider-Preis der Stadt Freiburg. Der Künstler ist auch M itglied der Bayerischen Akademie der Künste und der Akademie der Künste Berlin. An zahlreichen W eltm usikfesten wurden und werden seine W erke aufge führt. Paul Kübli (pakü), Maler, 1916-1977 Paul Kübli wurde in Meinisberg am 25. Juni 1916 in eine Handwerkerfam i lie hineingeboren. Er war Bürger von Gsteig bei Saanen BE. Ab Pauls 10. Lebensjahr wohnten sie in Frenkendorf. Auf W unsch seines Vaters m uss te er den M aurerberuf erlernen. Seine Neigungen galten schon in früher Jugend dem Zeichnen und Malen. 1955 erlitt er einen Arbeitsunfall, der ihn zunächst teilinvalid und ab 1969 vollinvalid machte. Seit 1955 in zweiter Ehe m it Linda M eury aus Rei goldswil verheiratet, nahm das Ehepaar 1969 hier W ohnsitz. Seit 1955, als er den erlernten M aurerberuf nicht mehr ausüben konnte, malte er. Als eigenwilliger Autodidakt suchte er seinen W eg, nahm u. a. Abb. 78. Paul Kübli, W ohnen. Im Vordergrund herkömmliche Bauten, hinten W ohn blöcke und Hochhäuser. Ölbild. 242

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auch Unterricht bei Cuno Am iet. Zunächst malte er Stilleben und Land schaften auf gegenständliche W eise. Später bewegten ihn Um weltproble me, die er abstrakt in Linien, Flächen und Formen, m eist in kräftige Farb töne umsetzte. Manche dieser Bilder wirken eindrücklich und aufrüttelnd. W ir finden solche Bilder im Gemeindezentrum und im Alters- und Pflege heim M oosm att. Im Spätsom m er 1971 gab K. Rieder von der Rathausstrasse 66, Liestal, Paul Kübli die M öglichkeit, seine Bilder im dortigen Kleidergeschäft auszustellen. Es war seine erste Ausstellung. Am 17. Dezember 1977 starb der Kunst maler nach m ehrwöchigem Spitalaufenthalt. Nach seinem Tod fand 1978 bei der Firma Suter und Suter in Basel nochmals eine Ausstellung statt. Jakob Probst, Bildhauer, 1880-1966 Er wurde am 17. August 1880 als Sohn der Eheleute Jakob Probst, Uh renmacher, und der Karolina Zehntner geboren. Nach der Schulzeit erlern te er in Reigoldswil das Zim m erm annshandwerk und begab sich nachher auf die W alz in die Innerschweiz. 1906 besuchte er die Architekturschule in München und arbeitete anschliessend 1908 in einer Fabrik für Holzbau ten in Genf. In dieser Zeit entstand unter seiner Leitung das schmucke Chalet Lehm attgärtli im Unterbiel von Reigoldswil. 1910 entschied er sich für die Bildhauerei, indem er sich im Atelier von Bourdelle in Paris betätig te. Darauf folgte 1912 ein Aufenthalt in Florenz und Rom. Schliesslich er öffnete er 1913 in der Güterstrasse Basel ein eigenes Atelier, das er bis 1932 innehatte. In dieser Zeit enstanden auch das W ehrmannsdenkmal in Liestal und andere Kunstwerke. 1924 hielt er sich eine Zeitlang in Ägyp ten auf. 1930 schuf er die grossen Relieftafeln für den Bahnhof Cornavin in Genf. Im Jahre 1931 verbrannte der Glaspalast in München, wo Probst verschiedene W erke ausgestellt hatte. M it der Versicherungssumme für die zerstörten Plastiken erwarb er ein kleines Landgut in Peney bei Genf. Dort war dann sein W ohnsitz in den nächsten 30 Jahren. Im Jahre 1945 verheiratete sich Jakob Probst m it Menga Hemmi von Zürich. In den Jah ren 1944/45 vollendete er das Hodlerdenkmal in Genf und 1946/48 das Dornacher Schlachtdenkm al. 1952 stellte er 26 Skulpturen auf der Bien nale in Venedig aus. 1963 erwarb er sich ein Haus in Vira am Lago M ag giore, behielt aber die Liegenschaft in Peney bei. 1964 besuchte eine Delegation des Gemeinderates Reigoldswil und der Kunstkreditkom m is sion Baselland das Atelier Peney und überbrachte Jakob und Menga Probst die Ehrenbürgerurkunde der Gemeinde Reigoldswil. Nachdem der Künstler auf der Internationalen Ausstellung in Brüssel 1965 m it der Goldmedaille ausgezeichnet worden war, starb er 1966 in Vira nach kur zer, schwerer Krankheit. Die Trauerfeier fand im Krematorium in Aarau statt; die Abschiedsworte sprach im Namen seiner Freunde Konservator Guido Fischer aus Aarau. Auf W unsch des Verstorbenen wurde die Asche im W ehrmannsdenkmal Liestal beigesetzt. Die Gemeinde Reigoldswil darf sich glücklich schätzen, mehrere Kunst werke ihres berühmten M itbürgers zu besitzen. In der Dorfkirche steht als 243

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Quellen Piero Bianconi, Jakob Probst. Locarno 1965. Max Tüller, Jakob Probst. BHB, Bd. 6, 1954, 7 ff. Derselbe, Das Spätwerk Jakob Probsts. BHB, Bd. 10, 1966, 63 ff. Derselbe, Der sterbende Krieger (Ja kob Probst + 1966). BHB, Bd. 11, 1969, 266 f. Paul Suter, Jakob Probsts Vorfahren, BHBI, Bd. 1, 1940, 326 f. Abb. 79. Jakob Probst, David, beim Sekundarschulhaus. Taufstein ein Granitblock m it dem schönen Halbrelief «M utter und Kind», während auf der Empore das Gipsrelief m it dem stürzenden Ikarus aus der griechischen Heldensage angebracht ist, beides Geschenke des Künstlers anlässlich der Kirchenrenovation 1950/51. Auf dem Friedhof bewundert man als Brunnenfigur den Säemann, ursprünglich das Grab denkmal für Probsts Vater, sowie zwei weitere Grabsteine. In der Grünan lage zwischen Primar- und Sekundarschulhaus setzt der junge David sei nen linken Fuss auf den Kopf des getöteten Riesen Goliath und erhebt siegreich die Linke m it dem Schwert. Diese Bronzeplastik wurde vom kantonalen Kunstkredit nach Fertigstellung der neuen Schulbauten 1965 gestiftet. Verschiedene Gipsmodelle befinden sich im Sekundarschul haus, in der Gem eindeverwaltung und im Alters- und Pflegeheim M oos m att. Ein m ächtiger Ikarus vor dem Gemeindezentrum bildet einen m ar kanten Akzent des dortigen Platzes. Schliesslich schm ückt ein weiterer Säemann den Ruheplatz beim W eiher am Fusse des Rifensteins. Max Schneider, Architekt und Zeichner Max Schneider wurde am 16. Februar 1916 als Sohn des Stuhlschreiners W alter Schneider und der Mina, geb. Plattner in Reigoldswil geboren. Er besuchte in seinem Heim atort die Primar- und Sekundarschule und absol vierte das 9. Schuljahr in der Bezirksschule W aldenburg. Daran schloss 244

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sich eine Lehre als Bauzeichner im Architekturbüro Brodtbeck und Bohny in Liestal. Nach praktischer Tätigkeit bei der Firma Gnemmi AG, Liestal, und bei den Architekten Frey und Schindler in Olten/Zürich folgte das Studium am Technikum Burgdorf, das er 1944 m it dem Diplom als Bau techniker beendigte. Neben seiner beruflichen Tätigkeit in Schaffhausen und Genf bildete er sich in Vorlesungen über Städtebau und Denkm alpfle ge an der Eidg. Technischen Hochschule in Zürich weiter. Dann eröffnete er 1949 in Liestal ein Architekturbüro und betätigte sich ausserdem seit 1946 als M itarbeiter bei der Inventarisation der Kunstdenkmäler des Kan tons Baselland. Max Schneider verheiratete sich 1953 m it Jolanda M artin aus Frenken dorf. Der Ehe entsprossen drei Söhne. Seit 1958 ist Max Schneider M itglied des Schweiz. Ingenieur- und Archi tektenvereins (SIA); und seit 1978 am tet er als Präsident des Baselbieter Heim atschutzes und M itglied des Zentralvorstandes des Schweiz. Hei matschutzes. In Reigoldswil wurden ihm 1950/51 die Renovation der Kirche, 1963/65 die Planung und Bauleitung der Schulbauten übertragen. Ausserdem wur den in Reigoldswil und anderen Orten verschiedene Umbauten nach sei nen Plänen und unter seiner Leitung erstellt. In den letzten Jahren wurde Max Schneider durch seine vielfältigen künstlerischen Zeichnungswerke bekannt, die unter dem Patronat von Bund und Kanton erschienen sind: 4 Kunstmappen Dachlandschaften von Abb. 80. Max Schneider. Mittelbiel Reigoldswil. Federzeichnung 1943. 245

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Baseiland und angrenzenden Regionen, 1 Kunstmappe Dachlandschaften des Laufentals, 2 Kunstmappen Juralandschaften, 1 Dokum entation Rei goldswil, eine weitere ist in Vorbereitung. Max Schneider hat sich auch erfolgreich um das Lebenswerk anderer Künstler bemüht: Sammlung und Restaurierung der Gipsmodelle des Bild hauers Jakob Probst, Initiant für das August Suter-M useum in der alten Mühle von Eptingen, Herausgabe einer Mappe m it Zeichnungen des Architekten Hans Mähly, 1888-1977. Louise Suter-Roth, Mundart-Erzählerin, 1899-1965 Sie erblickte am 26. August 1899 als älteste Tochter des Stuhlschreiners Kasimir Roth und der Louise, geb. Jörin, in Reigoldswil das Licht der W elt. Im elterlichen Hause im Rüschel erlebte sie m it ihren zwei jüngeren Brü dern eine frohe Jugendzeit. Nach sechs Jahren Primarschule besuchte sie in W aldenburg die Mädchensekundarschule, und die letzten M onate ihrer Schulzeit beendete sie an der neugegründeten Sekundarschule in Reigolds wil. Nach einem Jahr M ithilfe im Haushalt und dem Besuch des Konfir m andenunterrichts trat sie ein W elschlandjahr bei einer Grossbauernfami lie in Sottens VD an. Nachher galt es, sich für einen Beruf zu entschei den. Ihren W unsch, Lehrerin zu werden, wollten ihr die Eltern nicht erfül len, sie musste in Liestal eine Lehre als Damenschneiderin absolvieren. Nach erfolgreichem Abschluss arbeitete sie im Elternhaus selbständig als Schneiderin. Ihre Hilfe war dort auch sonst notwendig geworden, weil bald darauf der Vater, erst 55-jährig, an den Folgen eines Unfalls starb und das Stuhlschreinergeschäft, das eine Zeitlang m it frem den Arbeitern weitergeführt wurde, die Krise in der Bandweberei zu spüren begann. Im Jahre 1926 verheiratete sich Louise Roth m it dem Reigoldswiler Se kundarlehrer Dr. Paul Suter. Dem Ehepaar wurden zwei Kinder geschenkt, die sie m it Liebe und Hingebung betreute. Die M itarbeit bei Heim atsen dungen des Studios Basel und bei den Aufnahm en für den deutsch schweizerischen Sprachatlas entsprach ihrer sprachlich-literarischen Be gabung auf dem Gebiete der M undart. M it verschiedenen dramatischen Versuchen und Kurzgeschichten trat sie an die Öffentlichkeit. Zweimal nahm sie an literarischen W ettbewerben teil und wurde beidemale m it einem Preis bedacht. Louise Suter starb am 5. März 1965 nach kurzer schwerer Krankheit. Uf im Baschwang Ausschnitte aus einer Bergschilderung, erschienen im BHB, Bd. 5, 1950, 205 ff. Spöter, eso quasi in de «Lehr- und W anderjohre», wo me so rächt gspürt het, ass me läbt, isch me z truppelewys, Maitle und Burschte, uf e Baschwang go luege, wie d Sunne uufstoht. Zue däm bruuchts e schöni Maienacht. Eso gege de Zweune ane isch Uufbruch; me nimmt e W äg, wo ring isch z laufe. Zerscht wird gsungen und gjuhaiet; derno wärde Müschterli verzellt, ass me fascht nimm zum Gigelen uus chunnt. Zwü- schenyne verschnuuft men e chly und chehrt si um. W ie heimelig blinzle d Liechter vo de Dörfer zringsum und d Reiteri vo Basel zündet bis hööch uufe. E lychte W ind strycht dur d Bäum, es fot afo grüschelen im Holz. E chly unheimlig dunkts eim aber doch. Und wie uf e Chnopf drückt, rucken e paar Gspängschtergschichten uuf, ass 246

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eim bim e Hoor afot gramsele. Isch nit im Gämpis obe in früechere Zyte e schöni Stadt gsi, wo d Lût in Suus und Bruus gläbt hai! W är rächt loost, kört hie und do e truurig- schöni Musig. Das isch der Gämpisgyger, wo bis in alli Ewigkeit mues spile. Er het sälbmol d Lüt verfüert, ass si nümme gschafft hai, und das syg sy Strof. Und der Je- ger, wo über d Bürteflüe z tod gfallen isch und in der Todesangscht no in sy Horn blost het, hesch dä no nie kört hürne, wenns ander W ätter git, unds im Schelmeloch hinde chuttet wie lätz! Chunnt nit grad jetzt der Bachpfattli d Säuschwänki uuf z dychen und gluuret di a, ass s der choit der Rüggen uuf lauft! Nei, ganz ghüür ischs bygoscht keim meh von is. W ohle tuets eim erseht, wos afot timbere und die erschte Vögel lut gäbe. Jedes tuet im Gheimen e tiefe Schnuuf, me nimmt s hinder Bei vüre und der letscht Aastig in Aagriff. Numme langsam wycht d Nacht; Himmel und Àrde scheide si. Mer stönde schon e Rung uf im Güpfi, wo si wyt, wyt im Oschten e rosefarbige Schyn vürelot. Ganz süfer- lig wird er breiter und breiter. S isch s Morgerot. Die erschte Strahle vo der Sunne schiessen in d Hööchi und nit lang, chunnt si sälber Wien e glüeigi Chugelen unden- uufe cho styge. D Schneebärge föngen afo glänzen und vo de Tautropfen um is umme funklets in alle Rägebogefarbe. Mer stönde in der Sunne. S isch Wien e W under, me luegt und stuunt. Chly und nüttig chunnt me si vor. Ufs Mol weiss men au, worum d Möntschen in urolte Zyte d Sunne abättet hai und me jetz no uf d Hööchi goht go lue- ge, wie si uufstoht. S isch nit z verwundere, ass dä Bruuch all no wyter läbt. Hans W eber, Maler Hans W eber wurde als ältester Sohn des Heinrich W eber und der Lina, geb. Vogt am 1. Juli 1922 in Oberdorf geboren. Sein Bürgerort ist Rei- Abb. 81. Hans W eber, Leo Schneider, «Jönis-Leo» beim W ellenmachen im Oberbiel. Öl bild 1985. 247

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goldswil. Schon sein Grossvater Heinrich W eber, in Reigoldswil, m it dem Dorfnamen Molerheiri genannt, wie sein Vater, der seit 1922 in Oberdorf wohnte, arbeiteten als tüchtige Flachmaler und beschäftigten sich neben bei auch m it der Landschaftsmalerei, wofür verschiedene W andbilder, z. B. im Gasthaus zur Sonne zu Reigoldswil, Zeugnis ablegen. Nach seiner Schulzeit in Oberdorf erlernte Hans W eber bei seinem Vater den Malerberuf. Nachher arbeitete er zwei Jahre im W elschland und be suchte im Jahre 1941 die Kunstgewerbeschule in Vevey. Im Jahre 1948, nach dem Tode seines Vaters, übernahm er das Malergeschäft. 1950 ver heiratete er sich m it Dora Heid. Der Ehe entsprossen 4 Kinder, von denen zwei Söhne sich ebenfalls als Maler ausbilden liessen und dam it in der vierten Generation das Handwerk des Urgrossvaters weiterführen. Hans W eber hatte schon in seiner Jugendzeit Freude am Zeichnen und Malen. In seiner karg bemessenen Freizeit entstanden zahlreiche Aquarel le und Ölbilder von Landschaften und Häusergruppen im oberen Basel biet. Auch die Blum enpracht in den Gärten diente als Sujet zu farben prächtigen Darstellungen und Stilleben. Die erste Ausstellung fand im Herbst 1976 in der um funktionierten Scheune des ehemaligen Bauern hauses Hauptstrasse 36 (unterhalb der Post) statt. Ein Jahr später erhielt das renovierte Haus an der südlichen Giebelseite einen dekorativen W andschm uck, indem die Entwicklung des ehemaligen Bauern- und Po sam enterdorfes Oberdorf zur W ohn- und Industriegemeinde bildlich dar gestellt wurde. In diesem typischen Dreisässenhaus befindet sich nun die «Galerie Onoldswilerhof», wo seither jährlich gut besuchte Gemäldeaus stellungen von Hans W eber stattfinden. Ausserdem wurden Bilder von ihm in W aldenburg, Allschwil und Sissach ausgestellt. Hans W eber ist keiner besonderen Kunstrichtung verpflichtet, seine Bilder sind gegenständlich und erfreuen durch ihre warmen, satten Farben. Überall spürt man seine Liebe zur Natur, Landschaft und zu den heim eli gen Bauformen des Baselbiets. Heinrich W eber, Maler, 1892 1962 Heinrich W eber wurde als sechstes von 7 Kindern des Bäckermeisters Jacques und der Marie W eber-Scharff in Birsfelden geboren. Die Familie stam m t aus Reigoldswil, ist aber seit vier Generationen in Birsfelden wohnhaft. Er besuchte die Primär- und Sekundarschule in seinem W ohn ort Birsfelden. Da er schon als Schüler im Zeichnen und Malen sich aus zeichnete, war es gegeben, dass er anschliessend in einer Basler Bandfa brik 1907 bis 1910 eine Lehre als Dessinateur absolvierte. Daran schloss sich von 1910 bis 1913 ein Aufenthalt in Paris an, wo er sich weiter aus bildete. Nach seiner Rückkehr wurde er in den Salubrawerken in Gren zach als Dessinateur angestellt. In seiner nahezu 48jährigen Tätigkeit in dieser Firma stieg er zum künstlerischen Leiter und M itglied des Direktori ums auf. In seiner Freizeit entstanden zahlreiche Aquarelle und Oelbilder: Ortsbilder und Landschaften der näheren und weiteren Umgebung, die in ihren naturfrischen Farben vielen Liebhabern Freude bereiten. Heinrich 248

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Abb. 82. Heinrich Weber, Kiesgrube im Sternenfeld und Birsfelden. Ölbild im Kantons museum Liestal. W eber war m it Helene Koebelé verheiratet, die ihm vier Kinder schenkte. Der Maler starb nach kurzer Krankheit 1962, zwei Jahre nach seiner Pen sionierung. Louis W eber, Bildhauer, 1891-1972 Louis W eber wurde am 13. April 1891 als Sohn des Leo W eber, Metzger und W irt, und der Magdalena, geb. Eberenz als Bürger von Reigoldswil in Burgfelden geboren. Er wuchs in Basel auf und besuchte die Primar- und die Untere Realschule. Bald darauf trat er eine Holzbildhauerlehre in einer M öbelfabrik an. Diese Firma geriet indessen bald in finanzielle Schwierig keiten. Dann arbeitete er eine Zeitlang auf dem Bau und begab sich 1909 nach Paris, wo er sich als Gelegenheitsarbeiter durchschlug. Nach Basel zurückgekehrt, betätigte er sich wieder auf dem Bau und fertigte dane ben für einen Arzt Anatom iezeichnungen an. 1911 zog es ihn erneut nach Paris; dort arbeitete er für den Bildhauer August Suter als Steinm etz. 1912 folgte er einer Einladung des Basler Bildhauers Carl Burckhardt, um die von diesem Künstler entworfenen Reliefs für das Kunsthaus in Zürich in Stein auszuhauen. Nach Vollendung dieser Arbeit folgte in den Jahren 1914/18 der Aktivdienst, den W eber als Füsilier der Baselbieter Bataillone 52 und 53 leistete. 1915 verheiratete er sich m it Clara Glaser aus Basel. Der Ehe entsprossen zwei Töchter. In den nächsten Jahren war Louis W eber erneut für Bild- 249

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Quellen W erner Hug, Genealogie der Familie W eber aus Rei- goldswil. Claude Richard Stange, Der Bildhauer Louis W eber. BHB, Bd. 8, 1959, 29 ff. Abb. 83. Louis W eber, Porträtbüste Traugott Meyer. hauer August Suter tätig; ausserdem beteiligte er sich m it Erfolg an W ett bewerben. Er schuf auch verschiedene Brunnenfiguren und erhielt mehre re Aufträge für Portraitbüsten, zum Beispiel Charly Hindenlang, Traugott Meyer, Prof. Karl Henschen. In Baselland zeugen für seine Kunst das Re liefm edaillon für das Carl Spittelerdenkm al in Bennwil, der «Güggelbrun- nen» in Frenkendorf und das Denkmal für das Bruderholzgefecht 1499 bei Reinach. Louis W eber hat es m eisterhaft verstanden, die W esensart der dargestellten Personen im harten Material des Steins oder der Bronze zu verlebendigen. In mehreren abstrakten Darstellungen bewies er ferner, dass er auch das moderne M ittel der reinen Form trefflich zu handhaben wusste. Er starb hochbetagt in Basel am 30. Oktober 1972. Gustavo W ennberg, Maler, 1920-1983 Gustavo W ennberg wurde am 25. Januar 1920 als Sohn eines schwedi schen Arztes und einer Spanierin in Barcelona geboren. In dieser Stadt verbrachte er seine Jugendzeit. Nach der M aturitätsprüfung studierte er zunächst Medizin, wandte sich aber, seiner inneren Berufung folgend, der Malerei zu. Das Zeichen- und M alstudium setzte er von 1936 bis 1939, während des spanischen Bürgerkrieges, in Stockholm fort. 1940 kehrte er nach Spanien zurück und bildete sich in Barcelona und am Prado in Madrid in der spanischen Malerei weiter. 1942 erhielt er das spanische Bürgerrecht. Ein Stipendium der französischen Regierung erm öglichte ihm die Ausbildung in der klassischen französischen Malerei in Paris. In Barcelona führte er von 1948 bis 1950 ein Atelier für Bühnengestaltung und Dekoration, das «Estudio W ennberg». Später arbeitete er als Zeichen- 250

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Abb. 84. Gustavo W ennberg, Pferde. Ölbild 1971. lehrer an der Schweizerschule in Barcelona. 1961 heiratete er die Schwei zerin Marie-Louise Betschart. Dem Ehepaar wurden vier Söhne geschenkt; es siedelte 1968 nach Reigoldswil über, wo Frau W ennberg als Primarleh rerin gewählt wurde. In seiner künstlerischen Ausbildung erkennt man bei W ennberg die Ein flüsse des Kubismus und des Franzosen Jacques Villon. W ährend aber die Anhänger dieser Kunstrichtung zur völligen Abstraktion gelangten, benützte W ennberg das W esen des Kubismus nur, indem er dessen ele mentare Strukturrhythm en zum Grundprinzip seiner Malerei machte. In nerhalb dieser Struktur, die sich bei ihm auf Drei- und Vierecke be schränkte, blieb seine Malerei gegenständlich. In Spanien wurde der M a ler m ehrfach m it Kunstpreisen ausgezeichnet. Nachdem W ennberg seine W erke 1959 in Luzern ausgestellt hatte, folgten weitere Ausstellungen, die letzte 1977 in der Galerie Castiglia in Reigoldswil. Eine grossflächige, in drei Teile gegliederte W andmalerei wurde ihm 1971 von der Gemeinde Escholzm att für ihr Schulhaus übertragen. Als eigentli ches Lebenswerk sind die von 1972 bis 1975 geschaffenen Kirchenfen ster der röm isch-katholischen Kirche Bruder Klaus in Oberdorf zu be trachten. Auf 4500 in Blei gefassten Gläsern m it 84 Farbtönen gestaltete der Künstler eine Gesamtfläche von 58 m2 zu einer szenischen Bildreihe voll Licht und Farbe. Die Bilder reichen von der Schöpfung bis zum Leben und zur Vollendung des Sohnes Gottes und Herabkunft des Heiligen Gei stes. Es handelt sich hier um ein Kunstwerk, das europäisches Format auf weist. In Reigoldswil entstand als letztes Glasbild W ennbergs ein Rundbo- 251

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genfenster m it einer eindrucksvollen Reiterszene im Hause von Erwin Dettwiler-Thom m en. Im Jahre 1981 erkrankte der Künstler schwer und starb nach langem Leiden am 28. Januar 1983. David W olf, M undartlyriker David W olf ist im Jahre 1965 in Reigoldswil zugezogen, nachdem er das von Hans Bandii, Sekundarlehrer, erbaute Haus am Bergliweg erworben hatte. Das W esentliche über seinen Lebenslauf entnehmen wir seinen beiden Gedichtsbänden. Er wurde am 25. April 1918 in Kleinbasel geboren. Seine obligatorische Schulzeit verbrachte er in M ünchenstein. Anschliessend zog seine Fami lie wieder nach Basel. Es folgten weitere Schulen und eine Banklehre. Diese legte den Grundstein zu seiner Existenz. David W olf lebte einige Jahre in Basel m it seiner ersten Frau, später in Allschwil, Arlesheim und seit 1965 in Reigoldswil m it seiner zweiten Frau. Er ist Vater von drei Töchtern. Neben seinem Basler Bürgerrecht hat er auch noch dasjenige von Reigoldswil erworben. Sein erstes Gedicht schrieb er im siebten Schuljahr anstelle eines Aufsat zes. Zur Baseldeutschen Lyrik ist er erst im Alter von etwa sechzig Jahren gekommen. «Publizieren wollte ich eigentlich nie. Das Schreiben genügte mir. Und wozu sollte ich das Heer der Dichterlinge vermehren; — Nun habe ich es doch getan. Das hat mir ein schlechtes Gewissen eingetra gen. Dieses hinwiederum finde ich befriedigend.» Es ist sehr gut, dass die Gedichte veröffentlicht wurden. Es handelt sich (bis jetzt) um die beiden Bändchen «Der Mensch isch wiene Kiiselstai», 1984 und «W as blybt?», 1986, beide im Verlag Gute Schriften, Basel. Da vid W olfs Gedichte widerspiegeln in einer schlichten, aber prägnanten Sprache ein warmes Lebensgefühl. Sie zeugen trotz dunkler Töne von einer zuversichtlich-frohgem uten W eltschau. Friejohrsaafang I glaub, jetzt isch der Frielig doo. En Amselruef, e Finggeschlag sinn wien e Bitt am frieje Daag: Mach uff, dass i kaa yyne koo! I spring zuem Bett uus und mach uff: der Laade, s Fänschter und my Seel. Doo glänzt my Land wien e Juweel! us Gold mit Diamante druff. Uf eimool duet mi eppis tschuppe, wien i so stand und lueg und stuun. — Und ych ha gmeint, i syg immuun und s gab fir mii kai Friejohrsschnuppe! Albert Zehntner, Maler 1895-1975 Er war Bürger von Reigoldswil, verbrachte jedoch sein ganzes Leben in Gelterkinden. Der gleichnamige Vater, verheiratet m it Josephine geb. von 252

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Abb. 85. Albert Zehntner, Kirche von Gelterkinden. Aquarell. Müllinen, besass dort ein M alergeschäft und vererbte seinem Sohn ein künstlerisches Talent. «Bärti», wie man ihn nannte, durfte nach den Schulen in Gelterkinden und Bockten die Kunstklassen der Gewerbeschu le in Basel besuchen und wäre gerne freier Künstler geworden. Doch füg te er sich dem W unsch seiner Eltern und machte in der väterlichen W erk statt eine Malerlehre. Die Gesellenjahre in einem angesehenen Basler M a lergeschäft förderten m it interessanten Arbeiten seine Begabungen. Er verheiratete sich m it Klara geb. Socin und eröffnete ein eigenes Geschäft in Gelterkinden, das er bis ins hohe Alter betrieb. Bald häuften sich die Aufträge auf dem Gebiet der Schriften und der Dekoration (Urkunden, Heraldik, Embleme, Vereinsfahnen etc.), was ihm bei der Schaffung der Baselbieter Gemeindewappen und der offiziellen Gemeindestempel sehr zustatten kam. Künstlerisch anspruchsvoller war die Restaurierung neu entdeckter W andbilder in alten Kirchen (Buus, Tenniken, M uttenz, Rümlin- gen, Ziefen, Gelterkinden), z.T. m it Otto Plattner zusammen. Seine Liebe aber galt der freien Malerei - genauer der poetisch überhöhten Darstel lung der Landschaft des Oberbaselbietes, der alten Dorfstrassen, der W aldbächlein, in der Stim mung der wechselnden Jahreszeiten. Daneben entstanden seine typischen Stilleben und Blumen-, vor allem Rosenbilder. Albert Zehntner war ein M eister des Aquarells, einer Technik, die gegen 253

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über dem Oelbild an den Augenblick gebunden und kaum korrigierbar ist. In der Stille schuf er im Laufe von fünf Jahrzehnten eine Fülle von Oelbil- dem und Aquarellen aus seiner engeren Heimat, aber auch Impressionen aus den Ferien - alles aus dem Bedürfnis, freudig Geschautes und Erleb tes im Bilde festzuhalten. Er blieb seiner Malweise und seiner Bildwahl treu sein Leben lang; denn er wollte nicht im Strom der Ismen schwim men und die W elt schockieren. Im Gegenteil, er wollte seinen Landsleu ten in unverwechselbarer Sprache seine schlichte Botschaft verm itteln: «Die W elt ist wunderschön, und ich darf drin spazieren gehn.» Louis Zehntner, Gesanglehrer und Komponist, 1868-1949 Louis Zehntner wurde am 28. Januar 1868 als Sohn von Emil und Maria Luise Zehntner-Schäfer in Sissach geboren. Seine Eltern siedelten später nach Basel über, und von seinem 8. Lebensjahr an erhielt er seine Schu lung in Basel. Nach der M aturität studierte er deutsche Literatur und Kunstgeschichte. Gleichzeitig bildete er sich an der M usikschule in M u siktheorie, M usikgeschichte und im Violin- und Klavierspiel aus. Dem Rate von Sängervater Grieder folgend, setzte der hochmusikalische Louis Zehntner seine Studien an den Konservatorien in Leipzig und Stuttgart fort. In Leipzig begann er 1891 seine Dirigententätigkeit als musikalischer Leiter der Schweizergeselischaft und als Dirigent der Gesangssektion des Arbeitervereins «Helvetia». Nach seiner Rückkehr in die Schweiz war er von 1893 bis 1908 als M usikdirektor und Musiklehrer in Rheinfelden tä tig. Er bezeichnet später diese Zeit als die schönste in seinem Leben. Be reits 1896 begann auch sein W irken als Gesangslehrer an der Unteren Re alschule in Basel, welches volle 35 Jahre andauerte. Später berief ihn die Erziehungsdirektion Basel als Musiklehrer an das kantonale Lehrersemi nar. Viele seiner Schüler wurden Musiker oder Gesangvereinsdirigenten. Zehntner selber war Dirigent mehrerer Chöre. Schon in seinen Schuljahren versuchte sich Louis Zehntner in der Kompo sition vokaler und instrum entaler W erke. In strengster Selbstkritik ver nichtete er später alle Jugendwerke, m it Ausnahme des «Baselbieter Jo delliedes». Das am meisten gesungene Lied «Heimkehr» m it Text von Heinrich Leuthold entstand 1898 im Garten des damaligen Doktorhauses «zum Reifenstein» in Reigoldswil. Ein vielbeachtetes W erk war seine «Anleitung zum Singen nach Noten ohne Benützung eines Instrum entes und ohne Vorsingen», das sich auf die Charakteristik der Intervalle des Sängervaters Heinrich Grieder stützte. Es wurden weiter viele Männer chor- und Gemischtchorlieder veröffentlicht, dann auch «Zehn Lieder für Sopran und Klavier». Im Jahre 1913 führte das Stadttheater Basel die er ste Fassung eines Bühnenfestspiels auf, welches Louis Zehntner später erweiterte, 1934 kam es unter dem Titel «Amfeld, der Söldner» zur Auf führung. Louis Zehntner war in erster Ehe m it Emilie M ühlethaler verheiratet, aus welcher Ehe eine Tochter und ein Sohn entsprossen. Aus seiner zweiten Ehe m it Berta Zehntner entspross ein Sohn. Nach manch schönen Jahren 254

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im Ruhestand wurde es still um den Musiker. Er starb am 3. Juni 1949 im Alter von 81 Jahren, drei Jahre nach seiner Frau.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA B a s e lb ie t (1916) Text und Melodie von Louis Zehntner Baselbiet, dir gilt mys Singe! Dir sells froh vo Härze chlinge. Luegsch us Halde, Gstrüüch und Fälder Früntlig uus zu Gottes W älder, Und vo Bärge, Flue und Feisewand Do gseht me frei sys Schwyzerland. Baselbiet, du Heimetgarte, Liebi Rascht uf frohe Fährte, Dinn im Huus und duss im Freie, Völchli, wie ne Struuss im Maie! Und vo Tal zu Flue und Feisewand Si singe stolz vom Vatterland. W enn si rüefe, wenn si stürme, Gloggeglüt vo alle Türme. Hai si s'Gwehr in feschte Hände, Chrieg und Unglück vonis zwände. Und vom Rhy zu Flue und Feisewand Si schützen all ihr Schwyzerland. Gestaltung der Freizeit Freizeit im Hause und auswärts Als die Heimposamenterei in Reigoldswil noch die Hauptbeschäftigung der Leute war, gab es wenig Freizeit, und diese wurde für die Landwirt schaft ausgenützt. Vom ausgehenden 19. Jahrhundert wird überliefert, dass das W achthäuslein auf dem Dorfplatz ein Treffpunkt der alten M än ner war1. Hier kamen sie nach Feierabend und an den Sonntagen zusam men, rauchten ihre Pfeife und unterhielten sich über das Neueste im Dorf. Als das baufällige Gebäude 1910 abgetragen wurde, fanden sich die «W ächtler» auf verschiedenen Bänklein vor den Häusern ein und schliesslich erlaubte ihnen die Familie Paul Rudin-Dettwiler auf der m ittle ren Säge den Aufenthalt im heizbaren «Sagestübli», wo an Sonntag Nachmittagen sich sogar Gelegenheit zu einem Jass ergab2. Diese Zu sam m enkünfte dauerten bis in die dreissiger Jahre. In den letzten Jahr zehnten hat sich der Brauch eingebürgert, dass kleine Gruppen von M än nern oder Frauen an einem bestim m ten Nachm ittag oder Abend zu einem Jass in einem Restaurant zusammenkommen. Im übrigen findet der W irt schaftsbesuch meistens im Anschluss an eine Übungsstunde irgend eines Vereins statt oder wird m it einer Vorstands- oder Vereinssitzung verbunden. In einem Dorf, wo viele Handwerker und Gewerbetreibende tätig sind, be steht der Anreiz zu B a s te la rb e ite n . So entstand im letzten Jahrhundert im Zusammenhang m it der Stuhlschreinerei eine in einer Flasche m ontierte Garnwinde. In letzter Zeit konstruierte der W erkzeugm aschinenm eister Urs W agner das genaue Modell von einem «Schnägge», einer alten Kom bination von Schlitten und W agen. Flachmaler beschäftigten sich neben- 255

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Abb. 86. Modell eines «Schnägge», angefertigt im Massstab 1 : 6 von Urs W agner. bei als Maler von Landschaften und Blumen (Fritz Fontana, Adolf Plüss, Paul Nägelin), Paula Moser-Schäfer und John Brun pflegen die Bauernma lerei. Der Maurer und Steinbruchbesitzer Hermann Fontana-Schaad und Frau Lilly Schaub-Perrenoud schafften hübsche Kunstwerke in Mosaik. Der Schreiner Jakob Rudin-Walliser legte eine Sammlung alter W erkzeuge an, und John Brun, Alfons Abt und Hermann Zehntner restaurieren noch heute alte Möbel. Heinrich Grossglauser, M aschinist, fertigte ein hüb sches Modell der Gotthardbahn im Freien an, das von seinem Sohn Ernst Grossglauser-Miesch vervollkom m net worden ist. Als Bastler und ausge bildeter Aeronaut betätigt sich Erich Plattner, Mechaniker, im Delta Segelflug, wobei er am Fuss der Hinteren Egg startet, über das Dorf in elegantem Flug segelt und beim Bielgarten landet. Mehrere Bauern und pensionierte Angehörige technischer Berufe widm en sich m it Erfolg der Imkerei. Schliesslich seien auch die Sammler von Antiquitäten, Münzen und Briefmarken erwähnt, die m it viel Eifer ihre Sammlungen äufnen. Über den UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA L e s e s to ff in unserem Dorf in früheren Zeiten erhält man aus den Bücherbeständen der historischen Ortssammlung einigen Aufschluss. Unsere Vorfahren lasen vorwiegend religiöse Bücher und Zeitschriften. Einige Exemplare von alten Zeitungen (Basellandschaftliche Zeitung, Landschäftler, Christlicher Volksbote u.a.) sprechen dafür, dass man sich auch für die Geschehnisse in der weiteren W elt interessierte. Eine Ge m e in d e b ib lio th e k gab es zwar nicht, doch standen in der Am tszeit von Pfarrer Ernst Lotz (ab 1886) Bücher aus dem Pfarrhaus zur Verfügung. In den vierziger Jahren wurde der Schulbibliothek eine Abteilung für Er wachsene angegliedert, doch nach mehreren Anläufen des Bibliothekars musste die Einrichtung mangels Interesse der Bevölkerung in den sechzi ger Jahren aufgegeben werden. Es wird aber im Dorf gleichwohl viel gele sen. Verschiedene Leute kauften die Hefte der «Guten Schriften» oder 256

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Abb. 87. Ausschnitt aus dem Modell der Gotthardbahn, angefertigt von Heinrich und Ernst Grossglauser, Oberbiel 46. Abb. 88. Landung des Delta-Fliegers Erich Plattner. beziehen heute Bücher irgend einer Buchgem einschaft (Büchergilde Gu tenberg, Ex Libris, u.a.). Über die Lektüre im allgemeinen berichtet die Heimatkunde 1863: «Zeitungen und Bücher werden mehr zur Unterhal tung als zur Belehrung gelesen». Heute registriert die Post 298 Abonnen ten der Basellandschaftlichen Zeitung (BZ) und 50 der Basler Zeitung (BaZ). Darnach halten ungefähr 3/4 der Haushaltungen eine Tageszei tung, eine stattliche Zahl von lesefreudigen Reigoldswilern! Ausserdem bestehen in Reigoldswil 483 Inhaber von Konzessionen für das Radio und 393 für das Fernsehen3. 257

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Im alten Reigoldswil besuchte man höchstens die F re iz e it a u s w ä rts .rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA M ärkte in Liestal und Basel, und gelegentlich hatte man auch etwas im «Laden» des Seidenherrn zu tun. Diese Reisen erfolgten meistens zu Fuss oder man benützte den Botenwagen. Eigentliche Vergnügungsfahr ten kamen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf; sie wur den von den Vereinen organisiert. Eine Reihe von Jahren führte der Elek- traverwalter Hans Rudin-Roth m it befreundeten Ehepaaren Schweizerrei sen aus. Seitdem die ansässigen Autom obilunternehm ungen Autobus und AGR Reisefahrten ausschreiben, ist die Beteiligung an Carfahrten in die Schweiz und in die Nachbarländer stark angestiegen. Ausserdem wer den häufig auch private Ausflugs- und Ferienfahrten m it Personenwagen (in Reigoldswil ca. 500 Pws!) durchgeführt. Das Vereinswesen In der alten Landschaft Basel und in den ersten Jahrzehnten des neuen Landkantons gab es in Reigoldswil keine Vereine. Auch in der Heim atkun de 1863 stellt der Chronist fest; «Man liebt Geselligkeit, fröhliches Zu sammenleben, ohne förmliche oder bindende Vereine zu bilden». Die älte sten Organisationen dieser Art finden sich im S c h ie s s w e s e n . Im Zusam menhang m it der Landmiliz wird 1720 die «Rigetschwiler Schiessgesell schaft» und 1826 die «Schützengesellschaft» erwähnt. 1866 bis 1870 existierte ein Schiessverein «Helvetia» und 1874 wurde die Schützenge sellschaft I gegründet. Daneben gab es eine Schützengesellschaft II, die nur das Obligatorische Programm schoss. Aus der Schützengesellschaft I entsprossen 1894 die Rifensteinschützen, während aus einem «Schüt zenklub» und einem Schützenverein 1947 der heutige Schützenverein entstand. Scheibenstände befanden sich auf der M oosm att, im Bergli und in der Risleten. 1938 errichteten die Rifensteinschützen ein Schützen haus m it Kehrscheibenanlage, 1985 die Gemeinde Reigoldswil eine m o derne Schiessanlage (300 m und 50 m) im W identäli. Etwas später ent wickelte sich das G e s a n g s w e s e n in unserem Dorf. 1846 wird erstmals von einem Gesangverein, wahrscheinlich einem Männerchor, berichtet. Dieser Verein erhielt für einige Jahre ein Stück W eideland in der «Schwei- ni» zur Bewirtschaftung. In den sechziger Jahren bestand sodann ein Männerchor, der dem Kantonalverband angehörte. Der heutige Männer chor wurde 1871 gegründet. Ein paar Jahrzehnte existierte ausserdem ein Kirchenchor und ein Gemischter Chor. Heute besteht immer noch der Männerchor, der m it dem Männerchor Ziefen eine Chorgem einschaft bil det sowie ein Frauenchor. Im Jahre 1886 kam es zur Gründung des T u rn v e re in s , nachdem schon einige Jahre vorher zweimal kurze Zeit ein Turn verein bestanden hatte. Platz- und Lokalfrage machte diesem Verein im mer zu schaffen; erst im 1913 eröffneten Schulhaus war ein geordneter Turnbetrieb möglich. Die Tradition des M u s ik v e re in s geht ebenfalls weit zurück. Musikanten (Trommler und Pfeifer) werden schon im 18. Jahrhun dert genannt. W ahrscheinlich handelt es sich um Angehörige der Landmi liz oder um Reigoldswiler in fremden Diensten. Bei der Reform ationsfeier 258

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im Jahre 1819 wirkten im Gottesdienst zwei Posaunenbläser als M usikan ten m it. In der Heimatkunde 1863 wird erstmals von zwei Blechm usikge sellschaften berichtet. An einem Schauturnen auf Otto Zehntners M atte im Jahre 1887 begleitete eine Reigoldswiler Musik die allgemeinen Übun gen. Schliesslich traten im Festzug der grossen Bundesfeier 1891 (600 Jahre Eidgenossenschaft) im Festzug auf die Gorisenweide «die beiden M usikgesellschaften» auf, wovon die eine der im Frühjahr 1891 gegrün dete Musikverein war. Die vier genannten Vereine bilden noch heute den festen Kern im kulturellen Dorfleben in Reigoldswil. In den letzten Jahr zehnten wurden zudem, wie die nachfolgende Zusam m enstellung4 zeigt, nicht weniger als 28 weitere Vereine und Institutionen gegründet, die alle für irgend einen ideellen oder praktischen Zweck sich einsetzen und da m it eine vernünftige Freizeitbeschäftigung ausüben. Die Vereine bilden ausserdem eine demokratische Organisation, welche besonders den jun gen M itgliedern dem onstriert, wie die öffentlichen Institutionen Gemein de, Staat und Bund verwaltet werden. Dabei verlangen sie von ihren M it gliedern Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Disziplin, um zu einem Ziel zu kommen. W enn etwas von dieser straffen, ordnungsliebenden Haltung auch in die Familien und in die Berufsarbeit übergeht, zeitigt das Vereins leben neben der eigenen Befriedigung eine erfreuliche Nebenwirkung, die auch der Allgem einheit zugute kom m t.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Musische Vereine F ra u e n c h o r R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsidentin: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1944 Elsbeth von Siebenthai-Rickenbacher Dirigent: W illy Schaub-Perrenoud 25 Ausbildung und Veredlung des Volksgesanges, Pflege der Freundschaft und Geselligkeit unter den Mitgliedern W öchentlich eine Gesangstunde, Geburtstagsständchen, Teil nahme an Bezirks- und Kantonal-Gesangfesten. Jährlich ein Konzert- und Theaterabend und eine Vereinsreise. J o d le rc h ö rli E n z ia n e flu e Gründungsjahr: Präsidentin: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1982 Marlise Fischer-Furrer Dirigent: Samuel Hartmann 11 Pflege des Jodelgesanges W öchentlich eine Gesangsprobe. Durchführung von Heimat abenden, M itwirkung an Jodler- und anderen volkstümlichen Anlässen. Teilnahme an W ettgesängen K o n z e rtv e re in R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederhzahl: Zweck und Tätigkeit: 1985 Sandro Filannino, Arboldswil ca. 200 Organisation von 5 bis 6 Konzerten, deren Stilrichtung unge bunden ist. Man kann vom Klavierabend bis zum Jazzkonzert alles geniessen. 259

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L ä n d le rk a p e lle M o s e r-B u e b e rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Gründungsjahr: Mitglieder: 1982 (vorher Ländlerkapelle Rifenstein, gegründet 1940) 5 (Vater Fritz Moser-Schäfer mit seinen Söhnen Alfred, W erner und W alter sowie Kurt W enk-Straumann). Zweck und Tätigkeit: Die Kapelle pflegt die volkstümliche Musik und spielt bei ver schiedenen Gelegenheiten. M a n n e rc h o r R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Zweck: Tätigkeit: 1871 Max Schneider-Klumpp Dirigenten: W illy Schaub-Perrenoud und Erwin Dürrenberger- Plattner Pflege des Volksgesanges und des Volksliedes W öchentlich eine Singprobe, Mitwirkungen an Gesangfesten, Geburtstagsständchen. Seit einigen Jahren Chorgemeinschaft mit dem Männerchor Ziefen. M u s ik v e re in R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1891 Hanspeter Vogt-Tschopp Dirigent: Hans W agner-Buess 55 sowie Jugendmusik: 28 Pflege guter Blasmusik und der Kameradschaft unter den M it gliedern. Ausbildung von jungen Musikanten. In der Regel wöchentlich 1 bis 2 Proben. Traditionelle Anlässe im Dorf: W interkonzert, Osterkonzert, Muttertagskonzert, M it wirkung am Banntag und am Altjahrabendgottesdienst. Frei konzerte, Hochzeits- und Geburtstagsständchen. Auswärts nimmt der Verein jährlich an 1 bis 2 kantonalen Musiktagen teil. Sehr oft Teilnahme an grossen Festzügen (Expo 1964, Eidg. Schützenfest in Thun, Eidg. Schwingerfest in Basel, Grün 80, Comptoir Suisse Lausanne 1985). S c h w y z e rö rg e li-F rü n d e R e ig o ld s w il 1986 Gründungsjahr: Obmann und Leiter: W alter W irz-Burgdorfer Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 5 Pflege der Volksmusik Teilnahme an gesellschaftlichen Anlässen Sportliche Vereine J a g d g e s e lls c h a ft B ä re n g ra b e n Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Finanzierung: Tätigkeit: 260 1959 Franz Maurer-Clopath 10 Pächter und 2 Jagdaufseher Hege und Pflege des W ildbestandes im Revier Jeder Pächter ist verpflichtet seinen Pachtanteil zu entrichten. Dieser beträgt zur Zeit 950 Fr. pro Jahr. Abschüsse: 1. Juni bis 15. August Böcke mit schlechter Erb veranlagung; 16. August bis 30. September allgemeine Bock jagd; 1. Oktober bis 31. Dezember laute Jagd auf Bock und Geiss.

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Abb. 89. Schützenhaus und Scheibenstand im W identäli.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA P is to le n s e k tio n d e r R ife n s te in s c h ü tz e n Gründungsjahr: Obmann: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1953 Christoph Rindlisbacher 104 Ausbildung im Schiessen mit der Faustfeuerwaffe. Pflege der Kameradschaft. Schiessübungen (Bundesprogramm und Feldschiessen), Teilnah me an Schiessanlässen im Rahmen der verschiedenen Verbände. R ife n s te in s c h ü tz e n R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: M itgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1894 André Dietrich-W agnerjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 110 Pflege des Schiessportes und Erhaltung der W ehrkraft unserer Armee. Pflege der Kameradschaft. Schiessübungen (Bundesprogramm und Feldschiessen. Teil nahme an Schiessanlässen im Rahmen der Verbände im Bezirk, im Kanton und in der Eidgenossenschaft. Durchführung der Jungschützen-Ausbildung. S c h ü tz e n v e re in R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1947 Felix W eber-Fegbli 85 wie Rifensteinschützen Schiessübungen (Bundesprogramm und Feldschiessen) sowie Teilnahme an Schützenfesten. 261

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S k irie g e R e ig o ld s w il u n d U m g e b u n g rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1945 Otto Rudin-Lüthy, Lauwil 340 sowie 60 in der Jugendorganisation (JO) Förderung des Skisportes auf kameradschaftlicher Grundlage Skiturnen ab Herbst, Training im Skifahren in den Voralpen und auf der W asserfalle. Teilnahme an regionalen und nationalen Skirennen. Durchführen des W asserfallen-Derby, zweitägige Skitour im Vorfrühling, Pfingsttour, Bergwanderung. Führung der JO mit grosser Beteiligung. S p o rtfis c h e r-C lu b R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Finanzierung: Tätigkeit: 1979 Kurt Roth-Dettwiler 10 Hege und Pflege des Fischbestandes unserer Bäche Jedes Mitglied übernimmt seinen Pachtanteil, zur Zeit 325 Fr. pro Jahr. Jährliches Einsetzen von Sömmerlingen nach kantonaler Vor schrift. Kontrolle und gelegentliches Säubern der Bachläufe. Fi schen m it der Rute. T e n n is -C lu b R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1981 Peter Rudin-Dettwiler Trainer: Jules Held 74 sowie 18 Junioren Erstellung einer Tennisanlage am Rüschelbach, die 1983 eröff net wurde. Einführung und Pflege des Tennisspiels Unterhaltung der Tennisanlage. Regelmässige Übungen und Turniere. T u rn v e re in R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1886 Urs Dettwiler-Tschopp Oberturner: Christoph Dietrich-Grossglauser 30 Körperliche Ertüchtigung der Mitglieder. Pflege der Kamerad schaft W öchentlich 2 Turnstunden, Teilnahme an Turnerwettkämpfen. Leitung der Jugendriegen. Durchführung von Anlässen: Schlussturnen, Kant. Turner-Skitag, Turnfahrt, Eierlesen, St. Ni kolaus. Untersektionen des Turnvereins D a m e n rie g e Gründungsjahr: Präsidentin: Mitgliederzahl: Tätigkeit: 262 1957 Rosmarie Nägelin-Pitarro Leiterin: Claudia Pflugi 25 W öchentlich eine Turnstunde. Teilnahme an Turnfesten, Mithilfe an den Unterhaltungsabenden des Turnvereins.

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F ra u e n rie g e rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Gründungsjahr: Präsidentin: 1959 Alice Dettwiler-Senn Leiterin: Verena Vogt-Minder 35 W öchentlich eine Turnstunde. Abwechslungsweise Turnen oder Schwimmunterricht im Lehrschwimmbecken. Mitgliederzahl: Tätigkeit: M ä n n e rrie g e Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Tätigkeit: 1961 Fred Gysin-Siegmann Leiter: Kurt Degen-Rudin 24 W öchentlich eine Turnstunde. Mithilfe an den Abendunterhal tungen des Turnvereins. W eitere sportliche Veranstaltungen, doch ohne Vereins-Organisation A lte rs tu rn e n M u c k itu rn e n J u n g s c h a r seit 1973, erste Leiterin: Paula Moser-Schäfer, heutige Leiterin: Hulda Hartmann-W olfsberger, wöchentlich einmal, 8 Teilneh merinnen. (Mutter und Kind-Turnen), seit 1973, Leiterin seit 1984 Therese Jenny-Dietrich, wöchentlich einmal, Teilnehmerinnen 12 M üt ter mit ihren Kindern. seit 1984, Leiter: Hans-Jörg Jenny-Dietrich, monatlich dreimal, Teilnehmer: 20 Mädchen und Knaben. Gemeinnützige Vereine B la u k re u z v e re in R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident u. Leiter: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1909 W erner Rudin-W eber 12 Abstinenz und Evangelium Aus christlicher Verantwortung und Liebe versucht das Blaue Kreuz mit bescheidenen Kräften zu dienen und zu helfen. Der Alkoholismus ist nicht verschwunden, sondern nimmt bei uns wie in der ganzen W elt wieder zu. F ra u e n v e re in R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsidentin: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1881 Lisbeth Siegenthaler-Buser 160 Erfüllung von Aufgaben, die der Öffentlichkeit dienen. Führung des Kindergartens in Verbindung mit der Gemeinde Unterhalt der Liegenschaft Kindergarten. Eine Kindergarten kommission übt die Aufsicht über den Kindergarten aus. G e m e in n ü tz ig e r V e re in fü r e in A lte rs - u n d P fle g e h e im R e ig o ld s w il u n d U m g e b u n g Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: 1972 W alter Frey-Schweizer Leiter der «Moosmatt»: Samuel Schweizer-Minder ca. 500 263

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Abb. 90. Oberbiel mit Alters- und Pflegeheim Moosmatt. Zweck: Finanzierung: Tätigkeit: Bau und Unterhalt des Alters- und Pflegeheims Moosmatt, später Bau von Alterswohnungen Beiträge der beteiligten Gemeinden Arboldswil, Bretzwil, Lau wil, Reigoldswil, Titterten und Ziefen aus den Fürsorgekassen 1973, 100 Fr., 1980, 150 Fr. pro Einwohner. Vorbereitungen für den Bau des Heimes durch den Vorstand und später durch eine Baukommission. Bau 1979-1982. Eröff nung im Frühjahr 1982. Seit 1979 besteht eine Heimkommis sion für die Einrichtung und Führung des Heimes.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA H a u s p fle g e v e re in R e ig o ld s w il u n d U m g e b u n g Gründungsjahr: Präsidentin: Mitgliederzahl: Zweck: 1942 Theres Däscher-Plattner 400 Der Verein stellt sich seinen Mitgliedern in Fällen von Krank heit, Unfall, W ochenbett und Rekonvaleszenz durch geeignetes Pflegepersonal zur Verfügung. Reigoldswil, Bretzwil, Lauwil, Titterten Tätigkeitsgebiet: S a m a rite rv e re in R e ig o ld s w il Gründungsjahr: 1942 Präsidentin: Mitgliederzahl: Annegreth Mura-Dettwiler Leiter: Max Abt-Dettwiler 45 264

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Zweck: Tätigkeiten: Ausbildung und W eiterbildung der Mitglieder in Erster Hilfe, Un terstützung der Bestrebungen des Schweiz. Roten Kreuzes Regelmässige Kurse für Mitglieder, Organisation von Nothelfer kursen für Jedermann, öffentliche Vorträge über das Unfall-, Rettungs- und Gesundheitswesen, Durchführung von Blut spendeaktionen. S o z ia lth e ra p e u tis c h e r V e re in A d le n b e rg rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Gründungsjahr: Leitung: Mitgliederzahl: Zweck: 1984 Ruth und W erner Meyer-Dietler, Vreni Schaffner 8 Betrieb und Entwicklung der Grossfamilie im Adlenberg. Auf nahme und Pflege psychischkranker und betreuungsbedürfti ger Menschen 1985/86 lebten in der Grossfamilie: die Hauseltern, 2 Pflege kinder, 4 pflegebedürftige Frauen sowie während 2 Monaten 2 Schulkinder und während eines halben Jahres eine depressive Mutter mit 2 Kleinkindern. Tätigkeit: V e re in T h e ra p e u tis c h e J u g e n d h ilfe Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1975 Pfarrer A. Kunz, Basel 85 Rehabilitation von Drogenabhängigen und Drogengefährdeten in der Kleinen Marchmatt Gruppentherapie (Gestalten, Bioenergie, Massage), Arbeitsthe rapie (Gartenbau, Biologischer Gemüsebau, Kräuter, Heilpflan zen, Färbepflanzen, W ollverarbeitung, Färben mit pflanzlichen Stoffen, Spinnen, Häuser renovieren, Baubiologie, Kleintierhal tung). V e rk e h rs - u n d V e rs c h ö n e ru n g s v e re in R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Zweck: Tätigkeit: 1927 Peter Graber-Dürrenberger Naturschönheiten und Aussichtspunkte zugänglich machen, W anderwege und Ruhebänke erstellen und pflegen. entsprechend dem Zweck Andere wichtige Organisationen und Vereine C a m e ra -C lu b R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1961 Peter Rudin-Dettwiler 18 Förderung der Mitglieder auf dem Gebiete der Amateurphoto graphie und des Schmalfilmens in technischer, künstlerischer, wissenschaftlicher und literarischer Beziehung Periodische Zusammenkünfte, gemeinsame Arbeiten, vereins interne W ettbewerbe, Teilnahme an nationalen und internatio nalen Photowettbewerben. G e s e lls c h a ft z u m « F e ld » , R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: 1984 Felix Schweizer, Sekundarlehrer 75 265

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Zweck und Tätigkeit: Unterstützung der Johann Rudolf Plattner-Stiftung finanziell und durch aktive Mitarbeit im Ortsmuseum «Feld». Organisa tion von Vorträgen.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA G e w e rb e v e re in R e ig o ld s w il u n d U m g e b u n g Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1950 W alter Meyer-Mühlethaler 56 Förderung des einheimischen Gewerbes und des Handwerks Durchführung einer W eihnachts- oder Gewerbeausstellung in zweijährigem Turnus in den Räumlichkeiten der Schulanlage. Reigoldswil soll für die Region das Einkaufszentrum bleiben. Slogan des Gewerbevereins: Reigoldswil dein Einkaufsziel ! M ilc h g e n o s s e n s c h a ft R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1899 Hansueli Frey-Gosteli Aktuar und Rechnungsführer: Paul Rudin-Fuchs; Leiter der Milchzentrale: W alter Meyer-Mühlethaler, Käsermeister bei der Gründung 56, 1987 19 Förderung der beruflichen Kenntnisse der Mitglieder durch Vor träge und Kurse. Verwertung der in der Gemeinde produzierten Verkehrsmilch Versorgung der Einwohnerschaft Reigoldswil mit Milch, M ilch produkten und anderen Lebensmitteln. O b s tb a u - u n d V o g e ls c h u tz v e re in R e ig o ld s w il u n d U m g e b u n g Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: 1922 Arnold Klaus, Lauwil 179 Pflege der Obstbäume und Schutz der einheimischen Vogel welt. Anbringen und Kontrollieren von Nistkästen Durchführung von Baumschnittkursen und Exkursionen zur Er forschung der Vogelwelt Tätigkeit: S p a rv e re in R e ig o ld s w il Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: 1939 Heinz Vogt-Minder 262 Förderung des Sparens durch regelmässige Einlagen der M it glieder Die Mitglieder verpflichten sich zu monatlichen Einlagen. Die Auszahlung der Sparguthaben erfolgt alle 5 Jahre, kurz vor W eihnachten. Erste Auszahlung 1943, 20 704 Fr., letzte Aus zahlung 1984, 478 000 Fr. V ie h z u c h tg e n o s s e n s c h a ft R e ig o ld s w il u n d U m g e b u n g Gründungsjahr: Präsident: 1904 Hans Hartmann-Schweizer, Bürten Zuchtbuchführer: Georg Recher-Tschopp, Ziefen 27 Landwirte mit 385 weiblichen und 10 männlichen Zuchttie- ren Verbesserung der Viehbestände durch Zukauf guter Zuchtstie re (bei der Gündung der Genossenschaft). Inzwischen hat die künstliche Befruchtung Oberhand genommen. Mitgliederzahl: Zweck: 266

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Tätigkeit:UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Jährliche Viehschau am ersten Oktober-Samstag auf der W ei ermatt. Die Schau dient einerseits der Vorführung der besten Tiere, anderseits der Pflege der Kameradschaft der Mitglieder. Die Genossenschafter besuchen gelegentlich auch Ausstellun gen und Gutsbetriebe in der näheren Umgebung. Z ie g e n z u c h tg e n o s s e n s c h a ft R e ig o ld s w il u n d U m g e b u n g Gründungsjahr: Präsident: Mitgliederzahl: Zweck: Tätigkeit: Anmerkungen 1918 Peter Fankhauser-Recher, Lupsingen Zuchtbuchführer: Rudolf Senn-Frei, Bennwil Ziegenbockhalter: Hans Baumgartner-Felber, Fürstenberg 25 Förderung der Ziegenzucht Beteiligung an den Viehschauen in Reigoldswil. Durchführung von Vereinsausflügen. 1 Die W acht zu Bändeliwil, ein alter Kunststreit. BZ, Nr. 34, 41 und 44, 1905. 2 G Paul Rudin-Fuchs,* 1918. 3 Mitteilung von Raymond Franz, Posthalter: von 483 Radio-Konzessionen 101 nur Radio, 382 Radio und Fernsehen (Stand Ende 1986). 4 Quellen zum Verzeichnis der Vereine und Genossenschaften: Erhebungen bei den einzelnen Organisationen, ausserdem Jubiläumsschriften: 100 Jahre Männerchor 1871-1971, 75 Jahre Musikverein 1891-1966, 50 Jahre Reifensteinschützen 1894-1944, 25 Jahre Ski-Riege 1945-1970, 75 Jahre Turnverein 1886-1961, 100 Jahre Turnverein 1886-1986. Feste und Bräuche im Jahreslauf Der W echsel aller Dinge wird einem beim Vergleich der Bräuche von einst und jetzt ganz besonders bewusst, wobei wir uns «einst» gegen 70 Jah re zurückzudenken haben. J a h re s w e c h s e l. Am letzten Tag des Jahres achtete man bewusst darauf, wer zuerst aus den Federn stieg. Er war der «Fällelilüpfer». Den letzten nannte man den «Silvester» und weckte ihn m it dem Sprüchlein «Sil- veschter, stand uuf, streck d Bei zum Bett uus!» Zum z M ittag gab's einen «Chirsipfäffer» aus gedörrten schwarzen Kirschen und «prägleti Härdöp- fei.» Schon am Vortag wurde das unvergleichliche M ilch- oder Neujahrs brot gebacken, von dem auch einige Laibe den W eg zu Verwandten und Bekannten fanden. In der Silvesternacht besuchte man den Altjahrsgot tesdienst, der durch passende Vorträge des Musikvereins um rahm t und immer gut besucht war. Nachher sass man in der Stube gem ütlich bei sammen. Im Laufe des Abends tischte die M utter eine Bratwurst m it Sau ce und gedäm pften Zwiebeln oder ein gebratenes Rippli von der letzten M etzgete m it einem Stück M ilchbrot auf, wie man es auf keinem Herren tisch besser finden konnte. Um ein Viertel vor 12 Uhr begannen die Kir chenglocken zu läuten, voll und schön, weil sich die grossen Burschen 267

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dazu drängten, das Altjahr aus- und nach dem Zwölfuhrschlag das neue Jahr einzuläuten. Zum Neujahrsmorgen lernten wir den W unsch: «I wünsch ech e glückhafts und gsägnets Neujohr und gueti Gsundheit!» worauf es zurücktönte: «Dankschön, und s glychi wünsch der au.» Die sen Neujahrswunsch entbot man auch Verwandten und näher Bekannten auf der Strasse. Heute beschränkt sich der Gruss m eist auf ein knappes «E guets Neus!» oder «Alls Guets im neue Johr!» Öffentliche Tanzbelusti gungen am Neujahrstag waren und sind bis heute im Dorf nicht üblich. Hingegen haben sich seit den neuen Schulbauten (1965) verschiedene gut besuchte Vereinsanlässe während des W intersem esters in der M ehr zweckturnhalle eingebürgert, die m it Freinacht und Tanz verbunden sind: Konzert des Musikvereins, Unterhaltungsabende m it Theater der Gesang vereine, Heimatabend des Jodelchörlis.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D re ik ö n ig s ta g , 6 . J a n u a r. Dreikönigskuchen aus der Bäckerei kennt man erst seit M itte der fünfziger Jahre. F a s n a c h ts z e it. Die Alte Fasnacht oder Bauernfasnacht kündete sich m it ausgestellten Larven in den Schaufenstern von «Paulines Lädeli» und im «Rebstock» an. Dann gab's die ersten Frösche, Luftheuler, «Schwyzer- chracher», «Judefürz» und sternspeiende Stöckli u.a. Am Ascherm itt woch wusste man sich aus irgendwelchen Aschenfässern Kohle zu be schaffen, um dam it sich selber und anderen das Gesicht zu schwärzen. Am Fasnachts-Sonntagabend besammelte sich die Jugend bei der Kirche zum Fackelzug, der sich unter der Begleitung des Musikvereins zunächst ins Oberbiel, dann zum Dorfplatz und von hier in den Rüschel, schliess lich ins Unterbiel und wieder zurück zum Dorfplatz bewegte. Bei diesem Anlass wollte der Grossteil der Kinder dabei sein im Gegensatz zu heute, da der Fackelzug von einer Guggemusig angeführt wird. W ährend des Umzuges brannte früher auf dem Hoggenhübel oder auf der Gillenflue das Fasnachtsfeuer, ein Stoss W ellen und Holz, das die Buben im Dorf und im W ald gesam m elt hatten. Seit den sechziger Jahren gehört das Fasnachtsfeuer der Vergangenheit an. Im Anschluss an den Fackelzug füllte sich das m it Papiergirlanden bunt dekorierte Restaurant Burestübli rasch m it Schaulustigen an, die von den ersten «Fasnechtsdappeli» angesprochen und geneckt wurden. Am M on tagabend war in der W irtschaft Moser der «Chluriball» und am Dienstag unter Massenbeteiligung im Gasthaus z. Sonne der Grosse Maskenball. W ährend Jahren hat der Turnverein ein Fasnachtsprogramm m it W agen und Schnitzelbank zur Unterhaltung der Bevölkerung zum besten gege ben. Seit einigen Jahren wird das Fasnachtsleben im Dorf1 von einer Gugge musig, den W asserfallenschränzern, einer Schnitzelbankgruppe, den Tannzapfensuugern, und einer Trommler- und Pfeiferclique, der Feufliber- clique, geprägt. Die letztere tritt morgens 4 Uhr am Fasnachtsmontag in gemächlichem Rhythmus «gässelnd» in Erscheinung. Die beiden anderen Cliquen beteiligen sich an der Fasnacht in Oberdorf im W aldenburgertal. Ein Spektakel besonderer Art bildet das Guggem usigtreffen zum Fas nachtsausklang am Freitagabend. Etwa 10 Gruppen marschieren zeitlich 268

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gestaffelt und musizierend auf den Dorfplatz. Nach einem Abstecher ins Unterbiel folgt auf dem Dorfplatz ein Konzert von Einzelvorträgen. Die Cli quen kostümieren sich alljährlich m it wesentlichem Aufwand neu. Die oh renbetäubenden Vorträge widerhallen von den Häuserfronten des Dorf platzes und sind weithin hörbar. Zur Fasnacht gehört - früher und heute - ein köstliches Hausgebäck: «Fasnechtschüechli» (auch Chnüplätz genannt) und «Schänkeli». Einst war's der Stolz jeder Hausfrau, m it Spitzenprodukten aus der eigenen Kü che aufzuwarten; heute kommen mehr und mehr Produkte aus den Bäckereien zum Zug. A p ril. Seit ehedem ist es üblich, einen arglosen Dorfgenossen in den 1. UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA April zu schicken. Kinder, denen dies gelingt, spotten: «Aberelle gsprängt, Aberelle gsprängt, der Joggeli het in d Gülle glängt.» P a s s io n s z e it u n d O s te rn . Eier, welche die Hühner am Karfreitag gelegt hatten, galten früher als besonders kräftig und heilsam. Sie waren den männlichen Familiengliedern vorbehalten, wurden als Spiegeleier geges sen und sollten Brüche verhüten. W ährend Jahrzehnten hat der Musikverein den Ostermorgen m it Vorträ gen eingeleitet. Punkt 6 Uhr wurde das halbstündige Konzert m it einem Choral eröffnet, zunächst beim Chänzeli oder am Gätterliacherweg für das Oberbiel und um halb sieben Uhr am Plattenweg oder beim Dresch schopf für das M ittel- und Unterbiel. Seit einigen Jahren wird das Ständ chen auf den Abend und auf den Dorfplatz verlegt. Nachostern war früher der Tag des Osterhasen. Das Jahr hindurch sam melte man die «Zibelehültschete», wom it man einen starken Sud zuberei tete, worin gleichzeitig die Ostereier, vordem m it Schlüsselblumen, Chün- gelichrut und Gräsern eingebunden, gekocht wurden. Besonders gut zum Aufbinden eigneten sich auch die fleischigen Blätter der Meerzwiebeln und das Zuckerpapier, in dem die Zuckerstöcke eingepackt waren. M it Schere oder Messer schnitt man Initialen und Figuren aus, die aus dem warmen Braun der Eierschalen hell hervorleuchteten. Vereinzelt bekam man auch m it Kunstfarben gefärbte Eier zu Gesicht. W o das Färben von Ostereiern im Kreise der Familie geübt wurde, entfiel dem Osterhasen die Pflicht, die Eier in ein verstecktes Osternest zu legen. Vor etwa 40 Jahren setzte sich die Sitte durch, den Osterhasen- und Ostereierbrauch auf Ostern zu verschieben. Der Nachostern-Sonntag ist der Tag der Eierlesen2. M itglieder des Turnve reins sammeln die Eier oder Geld ein, um welche zu kaufen. Die Eierlesen fanden zuerst an der Postgasse, später im Rüschel und neuerdings auf Chläberen statt. Bei einem doppelten Eierlesen werden zwei Reihen Eier auf der Strasse ausgelegt, 3 Stück je Laufmeter, jedes auf ein Häuflein Sägemehl, jedes 10. Ei hart gesotten und gefärbt, die anderen roh, jede Reihe bis zu 120 Stück. Früher wurde der W ettkam pf zwischen den Eier lesenden und den Läufern ausgetragen. W ährend zwei Turner die Eier auf lasen und sie in die m it Spreu belegten W annen warfen, massen sich zwei Kameraden zeitlich m it einem Lauf nach Ziefen und zurück. Heute vollzieht sich der W ettstreit stafettenartig zwischen den Eierlesenden der 269

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Abb. 91. Eierlesen im Rüschel Reigoldswil. ersten Reihe m it einem Grüpplein von Rundläufern im Quartier und der zweiten Reihe m it den entsprechenden M itspielern, wobei es weniger auf das Gewinnen als auf den Plausch ankom m t. Das geht schon daraus her vor, dass auch die Untersektionen (Damen- und Jugendriege), alt und jung m itm achen. Nach dem Eierlesen sind die aktiven Teilnehmer und die Spender der Eier zu einem geselligen «Eierdätsch» eingeladen.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA M a ib ä u m e . In der Nacht auf den 1. Mai werden verschiedene öffentliche Brunnen m it Maibäumen geschm ückt. Familien, die in der Nähe solcher Brunnen wohnen, versehen sich m it dem nötigen Zubehör: Seidenbänder, Papierrosen, wom it ein junges Tännchen verziert und auf den Brunnen stock aufgesetzt wird3. Seit einigen Jahren werden im Auftrag der Ge meinde die Brunnenstöcke auf dem Dorfplatz, beim Spengler Frey und vor der Post m it Geranien geschm ückt. Unterhalb des Hutes befinden sich Konsolen aus Bandeisen, die als Träger der Blum entröge dienen. Der prächtige Blum enschm uck wird bis in den Herbst hinein von Frau Lisette Schweizer-Trachsler regelmässig betreut. M a ib u m m e l. Allgem ein beliebt waren früher auch die Maibummel, die an schönen Sonntagen zu Anfang des M onats stattfanden. Als Doppelziel des morgendlichen Ausflugs von Mädchen und Burschen galt das Be trachten des Sonnenaufgangs auf dem Passwang oder dem Chellenchöp- fli sowie das Suchen von Frühlingsblumen im grünenden W ald4. Auffahrt 270

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und Bettag waren die beiden Grenzpunkte der som m erlichen W anderun gen der Dorfbewohner, wobei man die Aussicht auf die «Schneeberge» geniessen und in einem Bergwirtshaus einkehren wollte.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA B a n n u m g a n g . Der Auffahrtstag war früher dem Bannumgang gewidm et, bis man aus Rücksicht auf die landwirtschaftlichen Kulturen um 1950 den ersten Oktobersonntag, der zugleich M arkttag ist, als Banntag be stim m te. (Siehe Abschnitt Gemeindefeiern, S. 140) Bei günstiger W itte rung feiert die Kirchgemeinde seit einigen Jahren am Auffahrtstag einen Feldgottesdienst auf dem Hoggenweidli. Diese Feldpredigt steht in einem Turnus von zwei Jahren im W echsel m it einer Carfahrt der Kirchgem ein demitglieder. M u tte rta g . Der zweite Sonntag im Mai lebt seit einigen Jahrzehnten als M uttertag im Bewusstsein unserer Leute. Zu diesem Anlass werden viele Blumen geschenkt, und manch eine Familie nim m t an diesem Tag das M ittagessen zur Entlastung der M utter auswärts ein. Der Musikverein be schliesst den M uttertag am Abend m it einem Ständchen auf dem Dorf platz. - In Anspielung auf den Ehrentag der M ütter bezeichnen die M ili tärdienstpflichtigen den Tag der W affeninspektion als ihren Tag, den V a te rta g , ein Ereignis, das seinerzeit gebührend begossen worden ist. V e re n a ta g . Am 1. September, Namenstag der hl. Verena, galt die Bauern regel: «Alli Stiili zyttig», d.h. von da an durfte man ohne Bedenken Obst aller Art geniessen. H e rb s tm a rk t. Über die Geschichte der Reigoldswiler M ärkte wird im Kapi tel über die wirtschaftlichen Verhältnisse berichtet (S. 177). Der belieb teste M arkt für die Kinder war immer der M arkt am ersten Oktobersonn tag, weil jedesmal eine respektable Rösslirytti aufgefahren kam. Sie hatte ihren Standort auf dem alten Gemeindehausplatz, später auf dem Kon sumplatz, dann wegen des Verkehrs auf dem Schulhauspiatz. Seit mehre ren Jahren sind nun eine kleine Kinderrytti, eine Schiffsschaukel und eine Schiessbude auf dem Platz beim Gemeindezentrum stationiert. Die M ärk te haben in den letzten Jahren wieder stark an Bedeutung gewonnen, und die M arktstände säumen die Strasse vom Gemeindezentrum im Un terbiel bis zum Kastanienbaum om oberen Ende des Dorfplatzes. S a n tic h la u s . Einst trat der Santichlaus am 6. Dezember hauptsächlich in Häusern m it kleinen Kindern auf. Er wusste Bescheid über die Kinder und sprach ihnen zu, liess sie Värsli aufsagen und verteilte als Bescherung Nüsse, Erdnüsse, Mandarinen und Lebküchlein. Seit einigen Jahren em p fiehlt er sich nun m ittels Annonce im «M itteilungsblatt» aus dem Kreise des Turnvereins5. W enn er erwünscht ist, erhält er m it der Anm eldung einen «Spickzettel» m it Sündenregister und W ünschen, während die Ge schenke bei seinem Besuch vor der Türe bereitstehen. Der Turnverein spendiert die obligate «Fitziruete», in seine Kasse fallen auch die Trinkgel der der Eltern. A d v e n ts z e it. Seit Jahren verbreitet mancher Adventskranz etwas vor weihnachtliche Stimm ung in den W ohnstuben. Auch der Altar in der Kir- 271

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Abb. 92. Nünichlingler.rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA che ist m it einem Kranz aus Tannenreisig, vier Kerzen und einem Seiden band geschm ückt.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA H e ilig e r A b e n d . Am 24. Dezember genau um 21 Uhr besammeln sich die «Nünichlingler» m it Kuhglocken beim Dreschschopf. Es handelt sich um 10 bis 12 konfirm ierte Burschen, die auf einer knapp einstündigen Tour das Dorf durchziehen. Sie üben diesen alten Brauch ohne Kostüm, aber wegen der Kälte in einem Kaput und m it Hut oder Zipfelm ütze aus. Route: Dorfplatz - Chilchägerten - Gätterliacherweg - Bad - Oberbiel - Biel- wegli - Rüschelmatte - Chläberen - Rüschel - Unterbiel - Dreschschopf. Bis etwa 1960 begannen die Burschen den Rundgang um 23 Uhr, wurden aber gleichwohl als Nünichlingler bezeichnet. Als neuer Brauch hat sich seit den sechziger Jahren am Heiligen Abend und in der W eihnachtswoche bei Reformierten und Katholiken auf den Gräbern das Anzünden von Kerzen der Blumenarrangements oder der Ad ventskränze eingebürgert. W e ih n a c h te n . Einst brachte das Christkindlein den W eihnachtsbaum sam t den Geschenklein in der Heiligen Nacht, so dass die Überraschung der Kinder erst am W eihnachtsm orgen eintrat. Am W eihnachtsabend wurden beim Schein der Kerzen die vertrauten W eihnachtslieder gesun gen. M eist hat man den W eihnachtsbaum bis in den Januar hinein in der Stube behalten. Seit den sechziger Jahren wird in vielen Familien am Hei ligen Abend gefeiert. 272

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Anmerkungen 1 G Hans W agner, Gemeindeverwalter, *1939. 2 G Urs Dettwiler, *1952 und Peter Lipp, *1953, beide vom Turnverein Reigoldswil. 3 Paul Suter, Dörfliche Bräuche zu Anfang des Monats Mai. BHB, Bd. 3, 1945, 236 ff.; Eduard Strübin, Brauch im Aufwind: Maibäume als Brunnenschmuck im Basel biet. BHB, Bd. 15, 1986, 179 ff. 4 wie 3. Suter 242 ff. 5 G Peter Lipp, *1953. Feste und Bräuche im Lebenslauf Für die nachstehenden Ausführungen konnte die ausführliche Arbeit von Doris M uster-Staub über «Brauchtum und Lebenslauf, gezeigt am Beispiel der Gemeinde Reigoldswil», benützt werden. W ir danken der Verfasserin für ihre eingehende Untersuchung1 und fügen nur wenige Ergänzungen bei.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA S c h w a n g e rs c h a ft u n d G e b u rt. Eine schwangere Frau war «in Erwartung», «in der Hoffnig», in «andere» oder «gsägnete Umständ». Vor Ankunft des jungen Erdenbürgers wird die Bébéausstattung hergerichtet. Das neuge borene Kind bettete man in ein ovales «Buschi-Zainli» und stellte es an ein warmes Plätzchen, auf die «Chouscht» oder die Ofenbank. Heute sind vornehm lich Stubenwagen in Gebrauch, die unter Verwandten aus geliehen werden. Noch zu Beginn unseres Jahrhunderts waren die Hausgeburten üblich. Dann setzten in den zwanziger Jahren die Spitalgeburten ein. Das veran lasste die letzte Hebamme, Ruth Fontana, die 1987 nach 42-jähriger se gensreicher Tätigkeit zurücktrat, sich in den letzten Jahrzehnten als Ge sundheitsschwester zur Verfügung zu stellen. Sie wird in den nächsten Jahren in ihrem früheren W irkungskreis (Sekundarschulkreis Reigoldswil und Liedertswil) die M ütterberatung weiterführen. Früher war es üblich, den ersten Sohn nach dem Namen des Vaters, die erste Tochter nach demjenigen der M utter zu taufen. Später kam er vor, dass den Kindern der Name der Eltern als Zweitnam en gegeben wurde. Über die heutigen Taufnamen siehe den Abschnitt über die Vornamen. T a u fe . Einst taufte man ein Kind meistens bald nach der Geburt, weil es M utter und Kind verboten war, ins Freie zu gehen, bevor die Taufe statt gefunden hatte. Heute halten sich die meisten Familien daran, das Kind innerhalb eines Vierteljahres nach der Geburt taufen zu lassen. Hiesigen Kindern standen in der Regel drei Paten zu Gevatter, den Buben zwei Göt ti und eine Gotte, den Mädchen umgekehrt. In letzter Zeit zeigt sich die Tendenz, nur je einen Götti und eine Gotte zu fragen. Noch in den zwanzi ger Jahren wurden die Kinder im Anschluss an den Gottesdienst getauft; heute bildet die Taufe im Beisein der Gemeinde einen Teil des Gottesdien stes. Im Gegensatz zu früher kann eine M utter nun den ganzen Tag m it 273

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der Taufgesellschaft verbringen. Sie muss meistens nicht selber kochen, indem das M ittagessen in einem Gasthaus eingenommen wird. Das Tauf geschenk von Gotte und Götti hiess früher «Ybund». Das war ein Bogen Papier, kunstvoll zu einer Rosette gefalzt. Darauf war der Name des Täuf lings, des Paten, das Datum der Taufe und manchmal noch ein passender Bibelspruch geschrieben, und in diesem «Ybund» war dann auch der Göt tibatzen in Form einer Gold- oder Silbermünze untergebracht. In neuerer Zeit verwendete man auch vorgedruckte und kunstvoll verzierte Taufzet tel. Als weitere Taufgeschenke sind Goldketteli m it Anhänger, Bestecke und Silberbecher beliebt.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA K o n firm a tio n . Der Religionsunterricht in der Schule und die Unterweisung der 15jährigen Mädchen und Knaben bilden die Grundlagen der Konfirm a tion. Durch sie werden die jungen Leute als vollwertige Glieder der Kirche aufgenommen. Auch ist es ihnen von diesem Zeitpunkt an erlaubt, am geselligen Leben des Dorfes teilzunehmen. W ichtig für die Burschen war früher, dass sie nun öffentlich rauchen und die W irtschaften besuchen durften, während den Töchtern etwas mehr Zurückhaltung geboten war. Am Konfirm ationstag trugen die Töchter ein schwarzes oder dunkelblau es Kleid und ein weisses Häubchen über ihre Zöpfe, die auf diesen Tag zum erstenmal aufgesteckt wurden oder der Schere zum Opfer fielen. Auch in der heutigen Zeit erhalten die Burschen ihren ersten Anzug zur Konfirm ation, die Mädchen ein hübsches Kleid nach ihrer W ahl. Die Be kleidung ist viel individueller geworden, und die Häubchen sind seit 1962 verschwunden. Die Konfirm ation findet immer am Palmsonntag statt; sie wird in den Familien m it Konfirmanden festlich begangen und ist m it einem auswärtigen Essen verbunden. Die Konfirmanden erhalten vom Pfarrer einen persönlichen Bibelvers, der ihnen als W egweiser für das Le ben dienen soll. R e k ru te n a u s h e b u n g . Die stellungspflichtigen Burschen begeben sich zur Aushebung seit jeher in die Kaserne von Liestal. Sie statten sich auf ir gend eine originelle Art und W eise aus, sei es in der Bekleidung oder in bezug auf das Transportm ittel. Einst bildete ein Pferdegespann das ordi näre Fahrzeug, heute gilt dieses als exklusiv. W e rb u n g u n d V e rlo b u n g . Das Sichkennenlernen von Burschen und M äd chen unterlag früher besonderen Regeln. Da man weniger mobil war, richtete sich das Interesse naturgemäss auf die «Schönen» des Dorfes. Daher auch die alte Redensart: «Hyrootsch über e M ischt, so weisch, wär si isch». W er eine ernsthafte Bekanntschaft hatte, ging «uf d W ybi». Aus wärts bei einem Mädchen «z Chilt» zu gehen, stiess bei den dortigen «Knaben» auf aktiven W iderstand. Das galt natürlich auch im umgekehr ten Fall, wenn ein Auswärtiger hier anzubändeln versuchte. Eine M öglich keit, sich kennenzulernen, waren die Tanzanlässe im Gasthaus zur Sonne anlässlich der Reigoldswiler Märkte und an Nachostern. Ab und zu fand überdies ein Vereinsabend statt, oder man besuchte einen Anlass in ei nem Nachbardorf. Bekannt sind verschiedene Tanzmusikkapellen (Ziegler juli, Ryfenstein, Ländlerkapelle Moser-Buebe, Schwyzerörgelifründe Rei- 274

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goldswil). Hatte ein junger Mann die Zusage von seinem Mädchen und dessen Eltern erhalten, so dauerte es nicht mehr lange, bis sich die bei den verlobten. M eist gab es ein Essen, bei dem sich beide Eltern zum er stenmal trafen. Das junge Paar tauschte als Zeichen des Zusam m engehö rens die Ringe, in welche das Verlobungsdatum eingraviert war. An der Hochzeit fand kein Ringwechsel mehr statt, auch wurde nicht immer noch das Hochzeitsdatum eingraviert. Daran mag man erkennen, dass früher die Verlobung der entscheidende Akt war. Heute hat sich bei der Verlobung Verschiedenes geändert. Es gibt Paare, die Anzeigen verschicken und ein Familienfest veranstalten; andere verlo ben sich überhaupt nicht und tragen auch keine Ringe.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA H o c h z e it. Häufig wurde früher am Vorabend der Hochzeit von Vereinska meraden des Bräutigams m it «Chatzechöpf» (Mörsern) oder Gewehren für das Brautpaar geschossen. Galt es einer Braut, die das Dorf nach der Hochzeit verliess, deutete man, sie werde zum Dorf hinausgeschossen. Der Brauch des Schiessens ist in den letzten Jahren stark zurückgegan gen, vielleicht nicht zuletzt wegen einigen schweren Unfällen. Polter abende gehören nicht zu den hiesigen Gepflogenheiten, doch ist es üb lich, dass Kameraden des Bräutigams zu einem W irtshaushock eingela den werden. Die Brautaussteuer besorgt die Braut ohne den Bräutigam. Er kauft seiner zukünftigen Frau ein Andenken zum Hochzeitstag, m eist ein Schm uck stück, das er ihr am Hochzeitsmorgen übergibt. Geschwister und Freunde des Brautpaars helfen m it bei der Festvorbereitung. Regel ist immer noch, dass die zivilstandsam tlich getrauten Paare ihren Ehebund kirchlich be stätigen lassen. Die Ziviltrauung findet meistens am Vorabend des Hoch zeitstages, z.B. am Freitagabend statt, früher bisweilen am Hochzeitstag selber unter Rücksichtnahme auf von auswärtskom mende Trauzeugen. Noch zu Beginn unseres Jahrhunderts war die Hochzeit ein weniger fest licher Anlass, indem dem Hochzeitsakt ein bescheidenes M ittagsm ahl im erweiterten Familienkreis folgte, worauf der Tag m it dem üblichen Ar beitspensum weiterging. Später folgte der kirchlichen Trauung eine Kut schenfahrt in ein Gasthaus der Umgebung zu einem Festmahl oder zu einem Aperitiv, wenn das Essen am W ohnort der Braut eingenommen wurde. Seit der Einführung des m otorisierten Verkehrs bedient man sich bei der Ausfahrt eines Autocars, wobei auch entferntere Ziele angegan gen werden können. Öfters kom m t es vor, dass der Hochzeitsgesellschaft zu Beginn der Rund fahrt von Befreundeten m it einem Seil oder einer Kette «gespannt» wird, wobei den Brautleuten m it besten Glückwünschen ein Gläschen W ein und etwas Naschwerk offeriert wird. Dabei ist es üblich, dass auf dem Tischchen, wo die W einflasche und die Gläser stehen, in einem Teller eine Banknote liegt. Der glückliche Ehemann hat dann die Pflicht, diese m it einer wom öglich grösseren Note «zuzudecken», womit die angetraute Frau gebührend von den Ledigen losgekauft wird. In den meisten Fällen gehen die Neuvermählten auf eine Hochzeitsreise oder verbinden ihre Flit terwochen m it einem Ferienaufenhalt. 275

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Diese entspre J a h rg ä n g e r-, K o n firm a n d e n - u n d K la s s e n z u s a m m e n k ü n fte .rqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA chen einem Bedürfnis nam entlich jener ehemaligen Schüler und Konfir manden, die ihren Lebens- und W irkungskreis auswärts gefunden haben. Hin und wieder sind solche Zusamm enkünfte beim Gottesdienst in der Kirche anzutreffen, wo sich die Teilnehmer einfinden, um dann gem ein sam einen Tag zu verbringen, den Kontakt zu pflegen und Erinnerungen auszutauschen. In der Regel steht im Zentrum des Treffens das M ittags mahl in einer Gaststätte, sodann ein Spaziergang oder der Besuch des Ortsmuseums auf «Feld». Im Rahmen des Dorffestes vom 27./29. Au gust 1982 besammelten sich die Angehörigen von insgesam t 12 Jahr gängen (1912-1962) zu einem grossen Klassentreffen2. H o h e G e b u rts ta g e . W enn Bürger und Einwohner des Dorfes ein hohes Al ter erreicht haben (80. Geburtstag und darüber), wird dies im «M ittei lungsblatt der Gemeinde Reigoldswil» m it einem Glückwunsch ange zeigt. Auch erfreuen die Gesangvereine und der Musikverein die Jubilare, wenn es sich um einen «runden» Geburtstag handelt, m it einem Ständ chen. T o d e s fä lle u n d B e s ta ttu n g e n . W enn jemand stirbt, werden Verwandt schaft im Dorfe und Nachbarn m ündlich benachrichtigt, ausserdem er scheint eine Todesanzeige in der Tageszeitung. Der früher übliche Lei chenzug bei der Bestattung ist seit der Vergrösserung des Friedhofes und dem Bau einer Leichenhalle im Jahre 1981 weggefallen. Früher kannte man nur die Erdbestattung, seit einigen Jahrzehnten kommen auch Kre m ationen vor. Die Gräber werden heute m it einem Kleintrax ausgehoben, die Särge immer noch von den Totengräbern m ittels Seilen versenkt. Die Teilnehmer einer Beerdigung, m eistens aus jedem Haus eine Person, besammeln sich auf dem Friedhof, die Angehörigen im Abdankungsraum der Leichenhalle. Nach einem Gebet des Pfarrers wird der Sarg oder die Urne zum Grab geleitet, und nach dem Verklingen des Grabgeläutes folgt die Bestattung und anschliessend die Trauerfeier in der Kirche. Anmerkungen 1 Doris Muster-Staub, Brauchtum im Lebenslauf, gezeigt am Beispiel der Gemeinde Reigoldswil. Von der Geburt bis zur Hochzeit. Ein Beitrag zur sprachlich volkskundlichen Exkursion in die deutschsprachige Nordwestschweiz, 11.-14. Juni 1980. Maschinenschrift, Bern 1980. 29 Seiten. 2 M itteilungsblatt der Gemeinde Reigoldswil, August 1982. 276

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Volkskundliches Zum Abschluss unserer Heimatkunde einige Sagen, M üschterli und Verse aus dem reichhaltigen überlieferten Volksgut der Gemeinde Reigoldswil.UTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D e r H o s e h ü b e l. W enn si früecher in der Goryse uf im Hübel hinderim Hof s letscht Heu yne do hai, het allimol dä Chnächt, wo glade het, zum Lohn ane e Paar Hosen übercho. W äge däm het me däm Stück Land Hosehübel gsait. (Baselbieter Sagen, Nr. 963) E n y g m u u re te G e is c h t. Uf der Obere Bütsche isch vor ville Johre allewyl e Frau erschine. Si hai derno e Chapizyner gholt, dä het dä Geischt bannet. Es stoht dort in ere Ussemuure e sone Steibolle vüre, dort drunder syg er ygmuuret. (Baselbieter Sagen, Nr. 951) Steibolle = Mauerbrust, oft an alten Gebäuden festzustellen (z.B. Untere Bütschen, am Oekonomiegebäude), wird als Fruchtbarkeitszeichen ge deutet. V o m D o k te r E rz e r. Einisch chunnt der Dokter Erzer z Reigetschwyl in »d'Sunne». Der Tote- greber Schaub sitzt au scho dinne. «Guete Tag, Heer Versänkigsrot», grüesst en der Dokter. Druuf är nit fuul: Guete Tag, Heer Liferant! (M üschterli us em Baselbiet, Nr. 432) V o m T u m m e te -J u li Der Tummete-Juli het W älle gm acht. Derby ziet er allewyl d Nescht unde- vüre us im Ryshuuffe. Do het in ein gfrogt, worum ass är d Nescht unde- vüre zieji, das syg doch e chaibe Müe. Uf das abe sait-er: Dasch eso: Der Ärnscht (sy Bueb) nim m t se scho obenabe, är isch der jünger.» (M üschterli us em Baselbiet, Nr. 667) V e rs e Vogel isch hööch obe, Bürten undedra, Louel lyt im Bode, Reigetschwyl im Tal. W enn die wilde Tuube rugge Und der Gugger nit will gugge, Mues me spare Heu und Strau Bis der Gugger gugget au. Z Brätzbel uf der Eich, z Louel uf im Deigs, z Reigetschwyl im Oberbiel goht der W ind wien er will. (Gesammelt in der Sekundarschule Reigoldswil vor 50 Jahren). 277

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Abkürzungen BHB BHBI BJ Bruckner, Merkwürdigkeiten BZ G Ga GLB HBLS Hk 1863 Id. KB Baselbieter Heimatbuch, 1942 ff. Baselbieter Heimatblätter, 1936 ff. Basler Jahrbuch, 1879 ff. Daniel Bruckner, Versuch einer Beschreibung histori scher und natürlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel. Basel 1748-1763. Basellandschaftliche Zeitung. Liestal 1832 ff. Gewährsperson. Gemeindearchiv Reigoldswil. Karl Gauss, Ludwig Reivogel, Otto Gass, Karl W eber, Ge schichte der Landschaft Basel und des Kantons Basel landschaft. 2 Bände, Liestal 1932. Historische-Biographisches Lexikon der Schweiz. 7 Bän de und 1 Supplement, Neuenburg 1921-1934. Heinrich Huber, Heimatkunde von Reigoldswil. Hand schriftliche Heimatkunden, Band 6, 417 ff. Staatsarchiv Liestal. Schweizerisches Idiotikon. W örterbuch der schweizer deutschen Sprache. Frauenfeld 1881 ff. Kirchenbücher von Bretzwil-Reigoldswil. Staatsarchiv Liestal, E 9. Kantonsmuseum Baselland in Liestal. Der Landschäftler. Liestal 1948-1964. KM Landschäftler Lutz, Neue Merkwürdigkeiten Markus Lutz, Neue Merkwürdigkeiten der Landschaft 0 1904 PrG PrGr PrP PrSR QuF Seiler, Mundart S. StAB StAL Strübin, Volksleben Strübin/Suter, Müschterli Suter, Flurnamen 278 Basel. Band 2, Basel 1805, 189 ff. Theodor Probst, Ortschronik von Reigoldswil, 1904 1911, Staatsarchiv Liestal. Protokolle der Gemeindeversammlungen von Reigolds wil. 1819 ff.; vorher Gemeindebuch 1739-1821. Protokolle der Gemeinderatsverhandlungen von Rei goldswil. 1851 ff. Protokolle der Primarschulpflege von Reigoldswil. 1835 ff. Protokolle der Sekundär- und Realschulpflege von Rei goldswil. 1913 ff. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landes kunde des Kantons Baselland. 1952 ff. Gustav Adolf Seiler, Die Basler Mundart. Basel 1879. Seite. Staatsarchiv Basel. Staatsarchiv Baselland in Liestal. Eduard Strübin, Baselbieter Volksleben. Sitte und Brauch im Kuiturwandel der Gegenwart. Basel 1952. Eduard Strübin und Paul Suter, Müschterli usem Basel biet. Liestal 1976; No ne Hampfle Müschterli. Liestal 1962. Paul Suter, Die Flurnamen von Reigoldswil. TNGB, Band 8, 1930, 3 ff.

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Suter, Einzelhöfe Suter, Gotteshäuser Suter, Gemeindewappen Peter Suter, Die Einzelhöfe von Baselland. QuF, Band 8, 1969. Paul Suter, Zur Geschichte der Gotteshäuser des Basel bieter Hinterlandes. BHBI 1957-1975. Paul Suter, Die Gemeindewappen des Kantons Basel land. QuF, Band 1, 1952. - 4. Aufl. 1984. Suter/Strübin, Baselb. Sagen Paul Suter und Eduard Strübin, Baselbieter Sagen. QuF, Suter/Zehntner TNGB UB ULB Zehntner, Erinnerungen Bildernachweis Hans Bandii, Sekundarlehrer Ursula Bischof John Brun Gottlieb Burckhardt, Basler Heimatkunde Camera-Club Reigoldswil: Emil Plattner Dr. Lukas Hauber, Basel Klaus Huber Kantonsmuseum Baselland Kupferstichkabinett, Basel Landestopographie W abern-Bern Dr. Gottlieb Loertscher, Solothurn Microfilmstelle Baselland Hans Preiswerk, ing. agr. Peter Roth Lilly und W illy Schaub-Perrenoud Max Schneider, Liestal Adolf Suter, Muttenz Dr. Paul Suter Dr. Peter Suter, Arboldswil Kant. Vermessungsamt BL Patrick W agner Papeterie August W eber Band 14, 1975; Nachlese, 1981; Letzte Ernte, 1986. Paul Suter und Leo Zehntner, Zur Geschichte der Rei- goldswiler Allmend. BHB, Band 1, 1942, 219 ff. Tätigkeitsberichte der Naturforschenden Gesellschaft Baselland. 1902 ff. Universitätsbibliothek Basel. Heinrich Boos, Urkundenbuch der Landschaft Basel. 3 Teile, Basel 1881-1883. Leo Zehntner, Allerlei Erinnerungen aus Reigoldswil in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. BHBI 1952 1954, Separatdruck 1987. 3 31 75 10 11, 14, 20, 22, 26, 27, 28, 36, 37, 39, 40, 45, 46, 48, 49, 51, 61, 62, 63, 66, 67, 69, 70, 71, 76, 78, 79, 80, 81, 84, 86, 87, 88, 89, 91, 92 9 a 77 4, 5, 6, 7, 8, 55, 69, 82 12 19 85 23, 83 47, 58, 59 41 2, 15, 16, 17, 38 52, 60, 79 42, 43, 44, Flurnamenkarte 1, 13, 20, 21, 24, 25, 32, 34, 53, 54, 56, 64, 65, 68, 93 9 b, 18, 29, 30, 33, 57, 72, 73, 74 35 50 90 279

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