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Geldversorgung BLKB
Bis 1968 gab es in Reigoldswil eine Ortskasse der Basellandschaftlichen Kantonalbank. Diese befand sich in der Liegenschaft „Zur Apotheke“ im Unterbiel Nr. 13 (wo heute die Familie Abt-Werner wohnt) und wurde vom „Schönen Hans“ und Mathilde Rudin, seiner Ehefrau, geführt. Die Ortskasse diente der Einwohnerschaft von Reigoldswil insbesondere für die Hinterlegung von Bargeld, das aus Heimarbeit, der Heimposamenterei oder auch aus dem Verkauf von überschüssigem Gemüse stammte, das auf dem Pflanzplätz der Familie gezogen wurde. Die Einzahlungen fanden in der grossen Posamenterstube statt. Jedoch musste man sich zuerst auf die eingeheizte Kunst setzen, um über Neuigkeiten aus dem Dorfleben zu plaudern. Schwieriger wurde die Angelegenheit, wenn man zulasten des grünen Sparbüchleins Geld wieder abheben wollte. Es wurde eine Erklärung verlangt, wofür der bezogene Batzen ausgegeben werden soll. Das war früher gang und gäbe.
Im Oktober 1968 wurde die Ortskasse aufgehoben und die Bankgeschäfte in die durch Architekt Max Schneider, Liestal, neu erstellte Liegenschaft am Dorfplatz 2 verlegt. Zu Beginn war die Agentur der Basellandschaftlichen Kantonalbank nur nachmittags geöffnet. Dies wurde in einer Kurzanzeige kommentiert, geschrieben und publiziert vom damaligen Eichenhofbauer Wüthrich und übertitelt mit „Reigoldswil hat eine Bank und hält sie geschlossen“. Die damalige Bankleitung reagierte prompt auf diesen Hinweis und die Bank wurde danach auch vormittags, unter der kundigen Leitung des Verfassers und unter Mithilfe seiner Ehefrau geöffnet. Nach kurzer Zeit wurde das Team um eine ständige Sekretärin ergänzt.
Eröffnung der Bankfiliale im Oktober 1968, die ersten beiden Kundinnen erhielten je einen Blumenstrauss.
Vlnr: Unbekannt, Markus Lander, Alice Jenni-Rudin
Die Bankfiliale wurde nach und nach zur Drehscheibe der Dorfbevölkerung. Wurden anfänglich mehrheitlich Sparkässli über den Schalter geschoben, rückte in Reigoldswil mehr und mehr das Eigenheim in den Fokus. Finanzierungen liefen über die Theke, natürlich immer mit dem Segen der Direktionen in Waldenburg und Liestal. Auch machte die Modernisierung der Bank nicht vor der Implementierung von EDV-Applikationen Halt. Noten- und Münzzählmaschinen wurden installiert. Auch wurden täglich namhafte Barbeträge von der Post auf die Bank gebracht. Dieser Geldumlauf war seinerzeit üblich. Der Bankkunde bezog zulasten seines Kontos Geld und zahlte dann mit dem gelben Postbüchlein seine offenen Rechnungen am Schalter der Post. In der Folge musste die Post überschüssiges Bargeld sicherheitshalber wieder an die Bank überbringen. Die Bank wiederum musste dieses per Geldsendung an die Zweigstelle der Nationalbank in Liestal abliefern.
Bankgeschäfte fanden manchmal auch abends, wenn es dunkel wurde, im Treppenhaus statt. Diese Kunden wollten anonym bleiben und nicht gesehen werden.
Einmal fand an einem Samstag in Reigoldswil eine Gant statt. Der Bankleiter war aber bis Mitternacht ortsabwesend und so musste seine Ehefrau den Ganterlös abends gegen Quittung entgegennehmen. Sie hat dann das Geld in ihrem Bett unter der Matratze versteckt, bis sie um Mitternacht von ihren Geldsorgen erlöst wurde.
Eine Kuriosität war natürlich auch der Weber Guschti mit seinem umgehängten Ledergeldbeutel, wenn er die Runde durchs Dorf machte, und die monatlich fälligen Sparvereinbatzen einzog und sie auf das Konto des Sparvereins bei der Bankagentur einzahlte.
Die mannigfaltige Tätigkeit des Verfassers in den Vereinen von Reigoldswil förderte die Verbundenheit der Einwohnerschaft mit der Bank. Leider erfolgten im Jahre 1981 zwei Banküberfälle. Diese führten zur Ablösung des Filialleiters und zu Neubesetzungen in der Bankagentur.
Nach und nach hat sich das Bild am Dorfplatz von Reigoldswil verändert. Die Kunde, dass die Bank gelegentlich geschlossen werden soll und man sich fortan das Bargeld am Bancomaten beschaffen muss, machte die Runde. Als Ersatz für die schliesslich Ende 2017 geschlossene Bank wurde zweimal wöchentlich neben dem Restaurant Ryfenstein eine mobile Bank vorgefahren. Die Dorfbevölkerung nutzte diese Möglichkeit rege, hatte man doch immer Fragen zu Kontoeröffnungen, Banküberweisungen oder auch Problemen im Bereich des Onlinebanking. Unterdessen wurde auch die mobile Bank aufgehoben. Heute erinnert noch der Bankomat und der Schriftzug am Dorfplatz an die ehemalige Filiale.
Beitrag Heimatkunde Reigoldswil zum Thema Geldversorgung, verfasst von Markus Lander im Oktober 2023